Hallo an alle! Hier ist meine neue Übersetzung einer französischen FF von Alixe: L'Autre. Ich hoffe, sie wird euch genau so gut gefallen wie mir.

Disclaimer: Wie immer gehören die Zaubererwelt und ihre Charaktere und Orte nur J.K. Rowling. Das Konzept von mehreren Harrys, die sich treffen, kommt aus der Schreibgemeinschaft lesneufmondes. Natürlich verdienen Alix und ich nichts damit.

Spoiler: Die ersten fünf Bände von Harry Potter.

Anmerkung des Übersetzers: Wegen des Verbots werde ich auf dieser Seite nicht auf die Reviews antworten. Wenn ihr eine Antwort kriegen möchtet, sollt ihr euch einloggen beziehungsweise auf meinem Profil unter 'My Forums' schauen.

Der Andere:

Kapitel 1: Ankunft

Es war fast neun Uhr morgens, doch spazierte ich ein letztes Mal in der Schule herum, anstatt mit meinen Kommilitonen zu frühstücken. Heute war nämlich der erste Juli, und das Schuljahr war zu Ende. Bevor ich nach Hause kehren würde, ging ich in meinem geliebten Hogwarts ein letztes Mal herum.

Ich war kein Prüfungsmensch aber dieses Schloss war für mich ein Spielfeld ohnegleichen, und der Ort, an dem ich mit meinen besten Freunden zusammen sein konnte. Ihr dürft nicht glauben, dass ich traurig war, nach Hause zurück zu kehren. Ich war froh, Ferien zu haben und meine Eltern und meine jüngere Schwester, die ich seit langer Zeit nicht mehr gesehen hatte, wieder zu treffen.

Aber ich wusste, dass mir Hogwarts fehlen würde. Hogwarts und seine Ecken, seine grandiosen Säle, sein Park, sein Riesenkrake und sein Verbotener Wald. Hogwarts und sein Verbotener Teil der Bibliothek, der von mysteriösen Büchern voll war, ein Zaubertrankzutatenarsenal, seine Geheimgänge, um heimlich zum Honigtopf zu gehen. Ich liebte meine Eltern, aber ich liebte auch die Freiheit, die mir diese Monate weit von ihnen während des Schuljahrs gaben.

Ich sah auf meine Uhr und bemerkte, dass ich kaum die Zeit hatte, zum Gryffindor-Turm hinaufzulaufen, um meine Sachen zu holen, bevor es Zeit wurde zu fahren. Um einige Minuten zu gewinnen, traf ich die Entscheidung, eine Abkürzung zu nehmen, selbst wenn sie mich durch einen Raum würde gehen lassen, den ich nicht wirklich mochte. Es war nicht nur so, dass er dunkel war, sondern ich fühlte mich auch immer unwohl, wenn ich ihn durchquerte. Ich hatte den Eindruck, dass da eine starke Magie wirkte, obwohl ich nie so etwas gesehen hatte.

Bevor ich hineinging, entfachte ich mit meinem Zauberstab ein magisches Licht und bereitete mich darauf vor, den Raum rennend zu durchqueren. Als ich etwa die Hälfte durchquert hatte, wurde mir bewusst, dass der Raum allmählich heller wurde. Es war mir unheimlich und ich lief noch schneller. Doch bevor ich den Ausgang erreichte, wurde das Licht blendend und ich musste die Augen schließen. Ich versuchte, den Weg weiter zu gehen, ohne zu sehen, aber in meinem Kopf fing es an zu summen und ich stolperte.

Ich hatte keine Zeit, Angst zu haben, denn schon fiel ich in Ohnmacht.

*~*~*

Ich kam im gleichen Zimmer wieder zu Bewusstsein. Einen Augenblick lang war ich verwirrt, bis ich mich an die letzten Ereignisse erinnerte. Ich war erleichtert, als mir bewusst wurde, dass ich immer noch am gleichen Ort war, und eine schnelle Untersuchung zeigte mir, dass ich immer noch komplett war. Ein Blick zu meiner Uhr beruhigte mich völlig. Meine Ohnmacht hatte nur einige Augenblicke lang gedauert und ich hatte noch genug Zeit, um rechtzeitig vor den Kutschen zu stehen.

Ich eilte also aus dem wieder dunkel gewordenen Raum in belebtere Gänge. Ich lief schnell, doch stoppte ich plötzlich und fluchte, als ich an einem Fenster vorbeiging. Es überblickte den See, und ich konnte sehen, dass die Sonne bald hinter den Bäumen untergehen würde, die um den See herum standen. Es war Tagesende! Ich konnte mich so beeilen wie ich wollte, ich würde King's Cross niemals zusammen mit meinen Kommilitonen erreichen.

Ich sah nochmals auf meine Uhr wieder und bemerkte, dass sie immer noch die gleiche Uhrzeit anzeigte. Aus irgendeinem Grund wirkte die Magie, die sie laufen ließ, nicht mehr.

Ich atmete ein und dachte, dass es nicht so schlimm war. Ich würde mit dem Fahrenden Ritter nach Hause zurückfahren und mit meinen Eltern sprechen müssen. Vielleicht sollte ich versuchen, ihnen schnell Bescheid zu sagen: je weniger sie sich Sorgen machen würden, desto besser würde es für mich ausgehen. Ich lächelte, als ich darüber nachdachte, dass ich für einen Zwischenfall bestraft werden würde, der nicht von mir verursacht worden war, während ich im Laufe des Jahres viele Dummheiten begangen hatte, die mangels richtiger Beweise unbestraft geblieben waren.

Es gab schließlich doch eine Gerechtigkeit, seufzte ich, als ich in der Nähe der Eingangshalle ankam. Ich hatte es plötzlich eilig, einen Lehrer zu finden, um ihm meine Lage zu erklären. Wahrscheinlich hatte man sich um mich Sorgen gemacht. Es sei denn, man hatte geglaubt, dass ich wegen einer Wette oder einer Schnapsidee die Entscheidung getroffen hatte, meinen eigenen Weg zu gehen, wie es manchmal passierte. Ja, ich würde Schwierigkeiten haben, meine Eltern und die Lehrer davon zu überzeugen, dass diese Verspätung völlig ungewollt war.

*~*~*

Als ich die Eingangshalle erreichte, stand Filch da.

„Nun, Mr Potter", rief er zu mir, „man streift immer noch in den Gängen umher?"

Ich gab ihm mein schönstes Lächeln. Jenes, das zeigte, dass ich nichts Schlechtes getan hatte und dass er nichts gegen mich tun konnte. Er verabscheute es. Es musste frustrierend für ihn sein, Schülern außerhalb des Schuljahres zu begegnen.

„Gehen Sie zu Ihren Kommilitonen", murrte er. „Das Abendessen wird bald beginnen."

Er entfernte sich und ließ mich- völlig verwirrt- da stehen. Ein Abendessen? Am ersten Juli? Ich drehte mich um und sah durch die offene Tür hinaus zum Park. Die Luft war feucht, die Sonne von Nebel verschleiert, das Gras gelblich. Bei Merlin! Es war nicht Juli. Es war zweifellos Herbst. Was war mit mir passiert?

Ich versuchte zu verstehen. In meinem Geist war es das Ende meines fünften Schuljahrs und der erste Ferientag. Jetzt hatte das Schuljahr schon angefangen und Filch sah nicht sonderlich verwundert darüber aus, mich in der Eingangshalle zu sehen. Ich war also dort, wo ich sein sollte.

Hatte ich meine Erinnerungen verloren und meine Ferien vergessen? Was war in den letzten zwei Monaten passiert? Die Schüler fingen an, an mir vorbei zu gehen. Manche kamen aus den Kerkern und stürzten die Treppe hinauf, andere, von denen die Mehrheit aus Slytherins bestand, kamen aus den oberen Stocken und gingen zu den Kerkern.

Offensichtlich waren die letzten Unterrichtsstunden gerade zu Ende, und jeder ging zum Schlafsaal, um dort den Rucksack vor dem Abendessen abzulegen. Was sollte ich tun? In die Große Halle gehen und tun, als wäre alles normal? Zum Krankenflügel gehen? McGonagall brach meine Gedanken ab:

„Ein Problem, Mr Potter?", fragte sie.

„Nein, Professor... tja, doch. Welchen Tag haben wir heute?", fragte ich.

„Den fünfzehnten Oktober, aber..."

„Und bin ich Sechstklässler?", brach ich sie ab.

„Mr Potter, fühlen Sie sich gut?", fragte sie besorgt.

„Ich weiß nicht genau", gestand ich.

„Haben Sie noch...", sie sprach leiser, „eine Vision gehabt?"

„Eine Vision? Nein, ich würde eher sagen, dass ich meine Erinnerungen verloren habe... ich..."

Ich brach ab. Ich hatte den Eindruck, dass sie mir nicht glauben würde. Im Laufe des vergangenen Jahres hatte sie mir gesagt, dass ich der phantasievollste Schüler ihrer Karriere war, wenn es um Entschuldigungen ging, die ich erfand, um zu begründen, dass ich die Hausaufgaben zu spät zurückgab – meinen Dad und Sirius Black ausgenommen. Ihrer Ansicht nach war es kein Kompliment, aber ich war sehr stolz auf diese zweifelhafte Ehre. Dennoch fürchtete ich, dass mir mein Ruf in diesem bestimmten Fall nachteilig sein würde.

„Ich weiß, dass es schwierig sein wird, es zu glauben", fuhr ich fort. „Aber ich versichere Ihnen, dass es kein Scherz ist!"

„Ich habe Ihnen immer geglaubt, Mr Potter", antwortete sie lebhaft.

Plötzlich sah sie sehr besorgt.

„Möchten Sie in meinem Büro mit mir reden?", schlug sie vor.

Ich nahm an, erfreut, nicht weiter in der Eingangshalle reden zu müssen, während alle anderen Schüler an mir vorbeigingen, um zur Großen Halle zu gelangen. Ich hatte den Eindruck, dass sie mich alle eindringlich anstarrten. Fragten sie sich, ob ich einen neuen Streich ausheckte? Sie würden umsonst überlegen. Aber vielleicht war ich es, der ich von einem Streich betroffen war.

Die alte Lehrerin zeigte mir einen Stuhl, als wir den Raum erreichten, wo sie ihre Schüler empfing. Sie wollte sich setzen, als ich mir die Stirn wischte, denn die Aufregung hatte mich trotz der frischen Luft erhitzt. Sie brach ihre Bewegung ab und blieb in einer lächerlichen Lage erstarrt, mit halbgebeugten Knien und dem Hintern zwanzig Zentimetern von ihrem Stuhl entfernt. Dann ließ sie sich fallen, während sie etwas ausrief, bevor sie aus dem Stuhl aufsprang und sich zum Kamin stürzte.

Sie warf Flohpulver hinein und bat um Professor Dumbledores Büro.

„Albus", rief sie aus, als der Bärtige antwortete, „kommen Sie schnell! Ich habe Mr Potter in meinem Büro und... Kommen Sie selber und sehen Sie, ich kann es nicht glauben!"

„Ich komme sofort, Minerva", antwortete er.

Ich fing an zu protestieren, denn ich war von dieser Entwicklung besorgt, die mich nichts Gutes vermuten ließ, aber die Vizeschulleiterin brach mich ab:

„Haben Sie letztens in einen Spiegel geschaut?"

„Nein, nicht wirklich", antwortete ich und war von der plötzlichen Änderung des Gesprächsverlaufs verwirrt. „Es tut mir Leid, dass ich etwas schlampig angezogen bin, aber ich wollte Ihnen gerade erklären..."

Dumbledore betrat dann den Raum, nachdem er kurz geklopft hatte.

„Was ist los, Minerva?", fragte er.

Letztere antwortete nicht, sondern zeigte nur mit dem Finger auf mich. Zuerst reagierte der Schulleiter nicht. Dann öffneten sich seine Augen weit. Er machte den Mund auf, als wollte er mit mir reden, dann schien er seine Meinung zu ändern, und wandte sich ebenfalls zum Kamin.

„Severus", sagte er scharf zum Feuer. „In Minervas Büro, sofort!"

Als er sich zu mir umdrehte, sah er streng, fast bedrohlich aus. In welcher Patsche saß ich denn? Wir blieben still, bis Severus Snape etwas atemlos ankam. Ich fragte mich, was er in Hogwarts tat.

„Was ist los, Albus?", fragte er mit einer verärgerten Stimme. „Ach, Mr Potter ist da, das hätte ich erraten müssen!"

„Ich bin nicht sicher, dass er es ist", antwortete der Schulleiter mit einer angespannten Stimme.

Snape drehte sich verwirrt zu mir um. Genauso überrascht rief ich aus:

„Sie sind nicht sicher... wer soll ich Ihrer Meinung nach denn sein?"

„Wer hat Ihnen Ihren Feuerblitz geschenkt?", fragte mich Dumbledore.

„Was ist denn der Zusammenhang?", protestierte ich.

„Antworten Sie!", gebot er mich.

„Mein Dad, vor zwei Jahren, zu meinem Geburtstag", gehorchte ich. „Aber..."

Ich wurde von McGonagalls überraschtem Ausruf abgebrochen. Snape hob seinen Zauberstab, zielte ihn auf mich und sprach kurzerhand aus:

„Legilimens!"

Bilder erschienen in meinem Kopf: als mir bewusst geworden war, dass es Herbst war; als ich verstanden hatte, dass meine Uhr stehen geblieben war; als ich wieder zu Bewusstsein gekommen war; als der magische Raum sich erhellt hatte; als ich während der vergangenen Woche meine ZAGs geschrieben hatte. Dann die besten Momente meines Schuljahres: McGonagalls Ausdruck, als alle Fünftklässler von Ravenclaw eines Morgens mit Hasenohren angekommen waren; die Stunde, als Susan Bones und ich uns in einem Besenschrank gegenseitig entdeckt hatten; die Angst, die ich gehabt hatte, als ich während einer Nacht, in der ich in den Verbotenen Wald gegangen war, von einem Zentaur beinahe gesehen worden wäre. Und das vergangene Weihnachtsfest mit meiner Familie. Diese Szene dauerte lange. Ich weiß nicht, wie Snape es tat, aber alle Details dieses Abends wurden wieder gezeigt, einschließlich, zu meiner großen Scham, meine Rührung, als mich Mum umarmt hatte, um sich für das Geschenk zu bedanken, das ich ihr gegeben hatte.

Es hörte plötzlich auf. Ich blinzelte, während Snape stotterte:

„Es ist unglaublich... Das ist Potter, aber... seine Eltern leben, er hat eine Schwester, er ist... Er ist wirklich James und Lily Potters Sohn... an einem anderen Ort."

„Und Voldemort?", fragte Dumbledore.

Snape erblasste noch mehr, wenn es denn möglich war, und sagte:

„Ich habe nichts gesehen, was mit ihm zu tun hatte. Ich werde... ich werde weitergehen, wenn Sie es wollen. Es sei denn, Sie wollen es selber tun..."

„Es wird nicht nötig sein, Severus", erwiderte der alte Zauberer. „Ich denke, dass Mr... Potter, sofern es denn Potter ist, uns gern Auskunft geben wird."

Er drehte sich um mich und fragte mich:

„Mr Potter, können Sie mir sagen, wer Voldemort ist?"

„Es ist ein böser Magier, der vor meiner Geburt Schrecken erregt hat. Er wurde verhaftet, als ich ein Jahr alt war und wurde mit dem Dementorkuss bestraft. Meine Eltern reden nicht gerne über ihn", antwortete ich freiwillig, bevor ich mich ärgerte. „Warum all diese Fragen? Ist meinen Eltern und Rose etwas passiert?"

„Wie sind Sie hier angekommen?", fragte er, anstatt meine Fragen zu beantworten.

Ich erzählte ihm kurz von meinem Spaziergang im Schloss, von der seltsamen Reaktion des magischen Raums, während ich diesen durchquerte und von meinem Aufwachen vor kaum einer halben Stunde.

„Wissen Sie, was passiert ist?", drängte ich, als meine Erzählung zu Ende war. „Ich muss meinen Eltern Bescheid sagen."

„Ich denke, dass Ihre Eltern und Ihre Schwester jetzt weit von Ihnen entfernt sind", antwortete Dumbledore sanft.

„Weit von mir? Sind sie nicht mehr in Godric's Hollow?"

„Doch, zweifellos, aber... Sie denken, dass Sie mich kennen, nicht wahr?"

„Natürlich, Sie sind Hogwarts' Schulleiter."

„Und Sie kennen auch Professor McGonagall und Professor Snape?"

„Ja, tja, ich wusste nicht, dass Mr Snape Lehrer geworden war aber..."

„Und was dachten Sie, dass ich tue?", fragte der Betroffene neugierig.

„Aber Sie arbeiten in der Mysterienabteilung!", rief ich völlig verloren aus. „Sie haben sogar vor drei Jahren mit meiner Mum zusammengearbeitet!"

„So, so...", kommentierte er.

„Zumindest, Mr Potter", fuhr der Schulleiter fort, „kennen wir Sie nicht. Aber wir haben hier schon einen Schüler, der Ihren Vor- und Nachnamen hat und Ihnen mit Ausnahme eines einzigen Details erstaunlich ähnelt. Er hatte ein Leben, das sich von dem Ihrigen völlig unterscheidet, aber er stammt aus der gleichen Familie."

„Das ist doch unmöglich!"

„Das glaubte ich auch", gab Dumbledore zu. „Ich hatte Bücher gelesen, die die Möglichkeit von Welten erwähnen, die der Unseren parallel seien, aber ich hatte ihnen keinen Glauben geschenkt. Ich dachte, dass es Hirngespinste wären. Es scheint, dass ich den erstaunlichen Reichtum unseres Universums unterschätzt habe."

„Aber, Sie meinen, dass ich..."

„Albus", unterbrach mich McGonagall, „sind Sie sicher, dass er keine Gefahr ist? Ist er nicht gekommen, um die Stelle unseres Harry zu nehmen oder ihm zu schaden?"

„Wenn man ihn die Stelle des Jungen, der lebt, hätte einnehmen lassen wollen, dann hätte man das Wesentliche nicht vergessen", antwortete ihr der Schulleiter rätselhaft.

„Und ich bin über das sicher, was ich in ihm gesehen habe. Er kommt wirklich aus einer Welt, in der der Dunkle Lord nicht existiert", bestätigte Snape.

„Ich will nach Hause zurück", rief ich hoffnungslos aus. „Ich sollte einfach zum Raum zurückkehren und..."

„Sie gehen das Risiko ein, sich in einer anderen Welt oder in der Ihrigen in einer anderen Zeit wiederzufinden.", unterbrach mich der Schulleiter.

„Sie können sehen, dass er nicht mehr überlegt als der andere", ließ Snape genauso rätselhaft verlauten.

„Wir werden alles tun, was wir können, um Sie zurück nach Hause zu schicken", antwortete mir Dumbledore in einem beruhigenden Tonfall und ignorierte dabei die unpassende Bemerkung seines Kollegen. „Wir werden recherchieren müssen. Und auch Sie beschützen. Das Beste ist, dass Sie in Hogwarts bleiben, solange wir keine Lösung gefunden haben."

„Mich wovor schützen?"

Die drei Lehrer sahen mich seufzend an. Dumbledores und McGonagalls Blicke schienen voller Mitleid. Bei Snape war es eher Ärger:

„Das fehlte uns gerade noch", murrte er. „Sind Sie sich dessen bewusst, dass wir zwei laufende Katastrophen statt einer einzigen haben werden? Er scheint schlimmer als der andere. Ein echter Potter!"

„Nun, Severus!", ließ der Schulleiter los. „Ich bin sicher, dass wir von der Lage profitieren können. Wenn wir destabilisiert sind, so können Sie sich vorstellen, was Voldemort empfinden wird, wenn er erfährt, dass es nicht einen, sondern zwei Harry Potter gibt!"

Snape nickte, sah aber nicht sehr überzeugt aus, als ich endlich verstand, was Dumbledore gerade gesagt hatte.

„Vol..."

Ich brach ab, weil keiner in meiner Umgebung trotz der fünfzehn Jahren, seit denen er verschwunden war, seinen Namen sagte.

„Sie meinen, dass Du Weißt Schon Wer immer noch lebt?", fragte ich erstaunt.

„Leider ja", nickte der alte Mann. „Voldemort lebt wohl und ist sehr gefährlich."

Ich musste einen komischen Gesichtsusdruck gehabt haben, denn McGonagall reichte mit dem Arm zu mir.

„Ich denke, dieser junge Mann braucht etwas zu essen und Schlaf, Albus", griff sie ein.

„Ein Moment", drängte Snape. „Sie werden ihn wirklich in Hogwarts behalten? Wo wird er denn bleiben? Sie werden ihn ja wohl nicht in den Unterricht gehen lassen?"

„Aber natürlich", erwiderte der Schulleiter. „Da er da ist, soll er am besten die Schule weiter besuchen. In welchem Jahr waren Sie, junger Mann?", fragte er mich.

„Ich hatte gerade meine ZAGs geschrieben", antwortete ich. „Aber ich hatte die Ergebnisse nicht."

„Wir werden Sie als Sechstklässler aufnehmen", entschied der Schulleiter. „Ich bin sicher, dass Sie ein guter Schüler sind. In welchem Haus waren Sie?"

„Gryffindor", antwortete ich stolz.

„Wie erstaunlich", murmelte Snape bissig.

„Wir sollten Mr Potter Bescheid sagen", griff McGonagall ein. „Tja... ich meine, unserem. Sie können sich den Schock vorstellen, den der arme Junge empfinden wird. Und wir werden einen anderen Namen finden müssen. Wir können nicht zwei Schüler mit dem gleichen Namen haben. Vor allem mit diesem bestimmten Namen."

„Wir sollten auch sein Aussehen ändern", nickte Snape.

„Das kommt überhaupt nicht in Frage!", empörte ich mich.

Ich war nicht ganz sicher, die Lage zu begreifen, aber ich glaubte zu verstehen, dass ich in einem unbekannten Ort verloren war. Ich hielt mich also hoffnungslos an das Bekannte, das mir noch blieb, das hieß mich selbst.

„Wie Sie wollen", sagte der Schulleiter sanft, der meine Verwirrung zu verstehen schien. „Gut, rufen wir unseren jungen Potter herbei, um ihm die Lage zu erklären."

Er klatschte in seine Hände, und ein Hauself erschien. Er gab ihm eine Mitteilung und wir warteten auf den Anderen.

McGonagall nutzte dies, um einen Teller voller Sandwiches herbeizuzaubern und mir wurde bewusst, dass ich großen Hunger hatte. Ich hatte die Hälfte aufgegessen, als die Tür hinter mir geöffnet wurde. Ich schluckte das, was ich im Mund hatte, hinunter und drehte mich um.

Zuerst sah er mich nicht, denn er sah Dumbledore fragend an. Dann traf sein Blick mich und seine Augen öffneten sich weit. Wir starrten uns einen Augenblick lang still an. Auch wenn ich gewusst hatte, was mich erwartete, war es sehr verwirrend, mich selbst in Fleisch und Blut zu betrachten. Was ihn betraf, so erstarrte er vor Erstaunen.

„Was ist...", fing er an, bevor er abbrach. „Vielsafttrank, nehme ich an", schlussfolgerte er und drehte sich wütend zu Snape, als würde er ihn für den Verantwortlichen einer solchen Maskerade halten.

„Immer so schnell dabei, Dummheiten zu sagen!", erwiderte Severus Snape bissig. „Der Vielsafttrank gibt einem das genaue Ansehen der betreffenden Person. Haben Sie nicht gesehen, dass ihm etwas fehlt?"

„Oh!", sagte der Andere, als er meine Stirn erblickte. „Ich... Metamorphmagus? Bist du es, Tonks?"

„Ich heiße Harry Potter", antwortete ich ihm herausfordernd.

Er gefiel mir nicht. Zweifellos, weil er mit meinem eigenen Gesicht herumlief und mich mit Argwohn ansah. So wie er es bei mir getan hatte, starrte ich seine Stirn an. Und ich verstand, was den drei Lehrern erlaubt hatte zu verstehen, dass ich nicht 'ihr' Harry Potter war. Der Andere hatte eine blitzförmige Narbe über der rechten Augenbraue, die von seiner Haarlocke schlecht versteckt war. Unter meinem Blick hob er die Hand zu seinem Haar und ordnete es mit einer gedankenlosen Bewegung. Ohne mir zu antworten, drehte er sich zu Dumbledore, der bestätigte:

„Dieser Junge heißt tatsächlich Harry Potter. Er kommt aus einer anderen Welt und ich habe zurzeit keine Idee, wie ich ihn nach Hause zurückschicken könnte. Ich denke, ich muss dir nicht erklären, warum er Hogwarts nicht verlassen darf. Er wird also mit dir und deinen Kommilitonen die Schule besuchen. Wir werden ihn als... deinen Cousin vorstellen."

„Kann man ihn nicht woanders verstecken?", fragte der Andere plötzlich.

Offenbar war ich auch ihm nicht sehr sympathisch.

„Ich fürchte, das geht nicht, Harry", antwortete Dumbledore.

Seine Stimme war nicht lauter geworden aber es war deutlich, dass er keinen Widerspruch dulden würde.

„Und er wird Harry Potter heißen?", drängte der Andere.

McGonagall räusperte sich.

„Es ist natürlich besser, wenn wir einen anderen Namen für ihn finden", gab Dumbledore zu. „Junger Mann, möchten Sie einen bestimmten Vornamen?"

„Kann ich meinen nicht behalten?", versuchte ich.

„Nein", antworteten mir gleichzeitig die drei Lehrer und der Andere.

„Hm, nun... James? Geht das?", schlug ich vor.

„Ich lehne ab, einen James Potter in meinem Unterricht zu haben", stieß Snape aus.

Ich erinnerte mich daran, dass sich mein Dad und er nicht besonders mochten. Es beruhigte mich fast, zu sehen, dass einige Dinge gleich geblieben waren.

„James Potters Name verrät zu viel für unsere Gesellschaft", setzte Dumbledore dem entgegen. „Was denken Sie von Simon?"

„Meinetwegen", antwortete ich.

„Warum Simon?", fragte der Andere.

„Es ist der Vorname deines Großvaters, Harry", sagte der Schulleiter sanft.

„Weißt du das nicht?", fragte ich erstaunt.

„Nein", antwortete er mit einer tonlosen Stimme. „Und du, woher weißt du es?"

„Mein Dad redet oft von ihm", antwortete ich verdutzt.

„Dein Dad...", wiederholte er.

„Tja, ja..."

Ich brach ab und erinnerte mich an einen Satz, den Snape gesagt hatte, nachdem er in meinem Kopf gelesen hatte. 'Das ist Potter, aber seine Eltern leben'.

„Was ist... deinen Eltern passiert?", fragte ich.

Ich hatte fast 'meinen' Eltern gesagt.

„James und Lily Potter wurden am 31 Oktober 1981 von Voldemort ermordet", sagte Dumbledore sanft.

„Ermordet? Und Rose? Oh, bei Merlin, hier existiert sie ja gar nicht!", verstand ich.

„Rose?", fragte der Andere.

„Ja, meine jüngere Schwester", antwortete ich peinlich berührt.

Erstaunlicherweise hatte mich Roses Nichtexistenz am besten verstehen lassen, dass ich weit von meinem Zuhause und meiner Familie entfernt war. Der Andere ließ sich auch etwas ansehen. Er wurde bleich und musste die Rücklehne des nächsten Stuhls ergreifen, um nicht zu schwanken.

„Albus!", rief McGonagall aus. „Wir können sie nicht zusammen lassen. Es ist zu schwierig für sie."

„Im Gegenteil, ich denke, dass sie viel voneinander lernen können", entgegnete der Schulleiter. „Aber zur Zeit brauchen sie beide Schlaf. Mr Potter Simon, ein Bett wartet auf Sie im Schlafsaal der Sechstklässler im Gryffindor-Turm. Wir werden später reden."

*~*~*

Der Weg zwischen McGonagalls Büro und unserem Gemeinschaftsraum war still. Der Andere ging vor mir und kümmerte sich nicht darum, ob ich ihm folgte oder nicht. Ich hatte den Verdacht, dass er sehr stark hoffte, ich wäre verschwunden, wenn er das Ziel erreichen würde. Aber ich stand immer noch hinter ihm, als er das Gemälde der Fetten Dame erreichte. Übrigens hätte ich meinen Weg problemlos gefunden, selbst wenn er mich abgeschüttelt hätte.

Er sprach das Passwort aus und ich beschloss, mich gut daran zu erinnern. Es würde mir gerade noch fehlen, wenn ich vor meinem Gemeinschaftsraum draußen bleiben müsse. Die Schüler, die es sich in den gemütlichen Sesseln bequem machten oder arbeiteten, brauchten drei Sekunden, bis sie sich unserer Anwesenheit bewusst wurden. Es fing mit einigen Ausrufen an, dann wurde es still, bevor aufgeregtes Flüstern das Unglaubliche kommentierte: es waren ZWEI Harry Potter da.

Der Andere versuchte nicht, die Lage zu erklären. Er eilte geradewegs zur Tür des Schlafsaals der Jungen und überlies mich meinem Schicksal. Was für ein Feigling! Ich fragte mich, wie er es geschafft hatte, in Gryffindor zu landen.

„Hallo", sagte ich und gab ihnen mein schönstes Lächeln. „Ich heiße Simon Potter und ich bin ein Cousin des Anderen, der meinen Namen trägt."

„Ein Cousin von Harry!", rief Lavender Brown aus.

„Genau, meine Schöne", antwortete ich und blinzelte ihr zu.

Sie errötete und sah verstört aus. Ich erinnerte mich etwas zu spät daran, dass sie nicht das Mädchen war, mit der ich vor zwei Jahren ausgegangen war. Für sie war ich ein völliger Unbekannter. Nicht ein Kommilitone und ein ehemaliger fester Freund. Ich fragte mich, ob der Andere mit einem der Mädchen ging, die ich kannte. Hatte er den gleichen Geschmack wie ich? Als wollten sie meine Frage beantworten, stürzten zwei Leute zum Schlafsaal der Jungen: Ron Weasley und Hermine Granger.

Es erstaunte mich. Ich war mit Ron nicht besonders befreundet und dieses schnippische Ding, das Hermine hieß, hatte mich nie wirklich interessiert. Ich konnte nicht glauben, dass mein Doppelgänger mit ihr befreundet sein konnte. Bald stand ich mitten in einer Menge Schüler, die mir bekannt waren aber mit mir redeten, als wäre ich für sie ein Unbekannter.

Ich erfand eine Geschichte von Eltern, die nach England versetzt worden waren, die aus Australien kamen – wir hatten unseren letzten Urlaub dort verbracht. Ich gab zu, dass die Ähnlichkeit mit meinem Cousin verwirrend war. Nein, ich hatte keine Narbe – ihr Drängen darüber war seltsam – aber ich hatte eine jüngere Schwester und einen Hund. Ja, ich würde als Schüler da bleiben, aber ich wusste noch nicht, wie lange.

*~*~*

Ich konnte schließlich die Neugierigen loswerden und stieg selber die Treppe zum Schlafsaal hinauf. Als ich die Tür aufmachte, schrie der Andere wütend:

„Ich weiß nichts mehr darüber. Fragt ihn einfach selbst!"

„Mich was fragen?", fragte ich scharf von der Türschwelle und war darüber verärgert, dass er ihnen alles erzählt hatte.

Meine Geschichte war so verwirrend, dass ich lieber nicht von der offiziellen Version abging. Alle drei starrten mich an, als ich durch die Tür ging.

„Wird er hier schlafen?", fragte Ron.

„Offensichtlich." seufzte Hermine, „Hast du nicht bemerkt, dass ein sechstes Bett da ist?"

Tatsächlich stand da ein Bett, dessen Nachttisch nicht mit Sachen überladen war. Ich bewegte mich dorthin und realisierte, dass ich keine Wechselwäsche hatte. Komischerweise war es Hermine, die meine Verlegenheit verstand.

„Vielleicht haben die Elfen etwas in deinen Koffer getan", suggerierte sie.

Ich machte ihn auf und sah erleichtert, dass darin ein Pyjama, Unterwäsche, saubere Schulkleidung, Pergamentrollen und Federn lagen. Ich nahm den Schlafanzug, stieg in das Bett und zog die Vorhänge zu. Ich konnte es nicht mehr aushalten. Ich wollte nur schlafen. Vielleicht war all das nur ein Traum und vielleicht würde ich in Godric's Hollow wieder aufwachen.

Hermine ging bald weg, und dann kamen unsere anderen Mitschüler hoch. Sie flüsterten einen Moment miteinander, bevor sie schlafen gingen. Ich fragte mich, in welchem Maße sie sich von denen unterscheiden würden, die ich kannte. Ron glich auf den ersten Blick sich selbst, mit Ausnahme davon, dass er meinem Doppelgänger nah zu stehen schien. In meiner Welt verstand ich mich ein bisschen mit Ron, aber nicht besonders gut, denn ich mochte lieber seine älteren Brüder Fred und George und seine Schwester Ginny.

Ich hatte gute Beziehungen zu Dean und auch zu Seamus, aber mein bester Freund war Neville. Wir kannten uns schon, als wir noch Kinder waren, denn unsere Eltern mochten sich einander und unsere Mütter hatten uns öfters zusammen spielen lassen, als wir jünger waren. Neville war mein nächster Mitschuldiger geblieben, als wir nach Hogwarts gekommen waren. Ich hoffte, dass er hier genauso freundlich sein würde und dass ich mich schnell mit ihm verstehen würde.

Trotz meiner Abenteuer dieses Tages, und weil ich vertrauten Umgebung beruhigt wurde, schlief ich schnell ein.


Danke an Yami Tai, die mich korrigiert hat, und an Alixe, die mir ihre FF übersetzen ließ. Bis bald!