Titel: Broken

Autorin: Wiccan98

Übersetzerin: Dana (mit freundlicher Genehmigung der Autorin)

Disclaimer: Die Charaktere und Handlungsorte gehören der wundervollen J. K. Rowling!


Broken

Kapitel 1

Alles muss sich ändern


So wie jetzt würde es auch immer für sie bleiben. Nichts, was irgendjemand tun könnte, würde dies ändern. Nicht, dass wirklich jemand etwas für sie tun wollte. Sie war allen egal. Sie taten so, als wären sie ihr nicht egal, und sagten es auch, aber sie erkannte, dass dies nur Lügen waren.

Sie würde immer wie gerade eben da sitzen, die Arme um ihren verwundeten Körper geschlungen und verzweifelt. Sie wollte die zurückgebliebenen Male heilen oder zumindest verstecken. Nicht viele Menschen wussten, was wirklich mit ihr geschah. Die meisten dachten, dass sie eine Einzelgängerin wäre, die den älteren Schülern nachlief, weil sie sonst niemanden hatte. Und weil sie nichts Besseres zu tun hatte.

Natürlich war das nicht die volle Wahrheit. Sie hatte einige Freunde, aber nicht viele. Sogar die, von denen alle dachten, sie wären ihre Freunde, waren eher nur Bekannte. Außerhalb der großen Halle, der Klassenzimmer oder dem Gemeinschaftsraum traf sie sich nicht mit ihnen. Sie war immer bei den älteren Mitschülern, aber dies eigentlich nicht freiwillig. Sie war gezwungen, mit ihnen nach Hogsmeade zu gehen, weil man ihnen gesagt hatte, sie sollten ein Auge auf sie werfen.

Alle um sie herum dachten, sie wäre eine Einzelgängerin, ein dummes kleines Mädchen, oder schlimmstenfalls jemand, der kontrolliert werden müsste. Sie konnte nicht sprechen, wenn sie es wollte. Sie konnte nicht die kleinste Frage beantworten, nicht mal etwas völlig Banales. Auf keinen Fall durfte sie sich mit jemandem treffen, der nicht in Ordnung war. Sie bekam Schwierigkeiten, wenn sie mit den meisten Jungs auf der Schule kurz sprach. Sie durfte in keinem Fach durchfallen, egal, wie schwer oder langweilig es auch war – ihre Noten mussten die besten sein. Sie wurde bestraft, wenn sie Kleidung trug, die auch nur annähernd sexy war oder einfach nur ihrer Figur entsprach. Darin würde sie sowieso nicht gut genug aussehen.

Sie ließ sich zurück in die kuscheligen Kissen auf ihrem Bett fallen. Sie fühlte sich nur in ihrem Zimmer zu Hause. Der Geruch des Gartens strömte durch das offene Fenster in ihre Nase und einen Augenblick lang konnte sie sogar vergessen, wo genau sie war. Sie konnte die Tiere draußen hören, sowohl die Muggeltiere, als auch die magischen. Sie fühlte sich frei, friedvoll und sicher. Dieses Gefühl dauerte aber nicht lange an. Als sie sich herumdrehte, damit sie aus dem Fenster sehen konnte, sah sie ihr Gesicht kurz im Spiegel. Seufzend stand sie langsam auf und betrachtete aufmerksam ihr Spiegelbild.

Honigbraune Augen, die einmal vor Leben nur so strotzten, waren nun leblos und eingefallen. Blasse Haut, die einmal in der Sonne geglüht hatte, sah trüb und matt aus. Sogar ihr Haar sah verblichen aus, obwohl es einmal im hellen Licht in einem wunderschönen, feuerroten Glanz gestrahlt hatte. Nun war es ein bleiches Kupfer, das langweilig aussah. Irgendwie sah sie aus wie ein Leichnam. Leblos, leer, eingefallen, traurig und als würde sie langsam verschwinden. Das einzige Lebenszeichen, das man auf ihrem Gesicht sehen konnte, war der große, violette Bluterguss, der ihr Auge umgab, und ein kleinerer grün-gelber Fleck auf ihrem Kinn.

Zu dem Bluterguss auf ihrem Kinn konnte sie leicht eine Lüge erfinden, sollte jemand fragen. Sie konnte einfach sagen, dass sie sich ihn zugezogen hatte, als sie draußen geflogen war oder als sie den Garten entgnomt hatte. Die Leute dachten sowieso, dass sie ein Tollpatsch wäre. Obwohl dies eher aufgrund ihrer Bestrafungen so war, nicht weil sie von Natur aus tollpatschig gewesen wäre. Sie seufzte ein weiteres Mal. Sie musste die blauen Flecken verstecken, und da sie zu Hause keine Magie verwenden durfte, musste sie sich etwas anderes, weniger wirksameres als einen heilenden, versteckenden oder verhüllenden Zauber einfallen lassen.

Sie öffnete eine Schublade, in der sich ihr altes Make-up befand, das sie sowieso nie tragen konnte. Sie hatte es vor längerer Zeit geschenkt bekommen. Sie schob das Make-up zur Seite und versuchte nicht zu zittern, als sie daran dachte, was passieren würde, wenn sie mit dem Make-up im Gesicht erwischt werden würde. Sie zog die Dose mit der Heilsalbe hervor, die gleichzeitig ihre blauen Flecken abdeckten. Sie hatte die Creme von einem ihrer netteren Brüder bekommen. Als sie ein wenig davon auftrug, dachte sie an diejenigen in ihrer Familie, die sich wirklich ein wenig um sie sorgten, aber nicht genug, um sich für sie stark zu machen gegen jene, die sie verletzten.

Der Bluterguss begann zu verblassen und verwandelte sich schnell in die natürliche Farbe ihrer Haut. Sie las nochmals am Etikett auf ihrer Dose nach, wie lange die Creme wirkte. 48 Stunden, das waren wohl genug, damit sie die Zugfahrt und das Festessen überstand, ohne mehr davon auftragen zu müssen. Sie wollte die Dose schon zurück in die Lade geben, als sie es sich anders überlegte und sie in den offenen Koffer am Fußende ihres Bettes warf. Da sie wusste, bei wem sie während der Zugfahrt war, dachte sie, dass sie sie vielleicht noch einmal brauchen könnte, bevor sie in der Schule ankam.

Sie ging hinüber zum Fenster und sah, dass die Sonne bereits die Baumspitzen am Rande des kleinen Waldes hinter ihrem Haus berührte. Alles war nachts so friedlich, ihr Haus, Hogwarts, die Natur und die Menschen. Sie saß einige Stunden lang auf ihrer Fensterbank. Als der Mond aufgegangen war und bleich über die Landschaft schien, beschloss sie endlich, ins Bett zu gehen. Morgen würde ein langer, harter und stressiger Tag sein. Sie konnte jedes noch so kleine Bisschen Energie brauchen, um den morgigen Tag zu überstehen.


„Ginevra Weasley, komm sofort hier runter!", rief ihr Dad vom Treppenabsatz und riss Ginny aus dem Schlaf. Sie blickte auf ihre Uhr und sah, dass es erst sechs Uhr morgens war. Keiner sonst musste um diese Uhrzeit schon aufstehen. Sie wollte die Geduld ihres Vaters so früh am Morgen nicht überstrapazieren, also sprang sie schnell aus dem Bett und begann, sich in Rekordgeschwindigkeit anzuziehen.

„Bring mich nicht dazu, zwei Mal nach dir zu rufen!", bellte er, als sie die Tür öffnete.

Sie ging die Stufen hinunter und wandte sich ihrem Vater zu.

„Guten Morgen, Vater, entschuldige meine Verspätung", sagte Ginny mit einem überzeugenden Lächeln, das Arthur nur böse anstarrte. Sie wusste, dass sie ihn ordnungsgemäß angesprochen hatte und dass er sie dafür nicht bestrafen konnte. Grummelnd ging er in die Küche und deutete ihr, ihm zu folgen. Sie betrat die Küche und sah, dass ihre Mutter bereits am Tisch saß und Kaffee trank.

„Guten Morgen, Mutter", sagte Ginny mit dem selben überzeugenden Lächeln. Ihre Mutter ignorierte sie und nahm einen weiteren Schluck Kaffee.

„Sag mir, Ginevra, was hat das zu bedeuten", sagte Arthur und warf einen Brief in ihre Hände. Ginny drehte ihn um und sah das Hogwarts-Wappen auf der Rückseite. Außerdem bemerkte sie, dass der Brief nicht mehr versiegelt war. Sie widerstand dem Drang, ihren Vater böse anzublicken, weil er ihre Post gelesen hatte, und nahm langsam den Brief heraus.

Sehr geehrte Miss Weasley!

Wir entschuldigen uns für unsere späte Nachricht, aber die finale Entscheidung wurde erst gestern getroffen. Da Sie in all Ihren Unterrichtsfächern so außerordentlich gute Noten erzielt haben, haben wir beschlossen, dass Sie ein Jahr überspringen werden. Ab morgen werden Sie somit nicht die Fächer der Sechstklässler, sondern die der Siebtklässler besuchen. Wenn dies ein Problem für Sie darstellen sollte, kommen Sie bitte zu einem Gespräch zu mir, damit wir versuchen können, dies zu klären.

Wir gratulieren Ihnen Herzlich.

Gezeichnet, Albus Dumbledore

P.S.: Angesichts dieser späten Entscheidung werden wir Ihnen sämtliche Bücher für das kommende Schuljahr zur Verfügung stellen.

Ginny las den Brief zwei Mal, um sicher zu gehen, dass sie den Teil nicht übersah, der ihren Vater dazu brachte, so wütend auf sie zu sein. Sie war aufgestuft worden, also würde sie die Schule ein Jahr früher beenden, und außerdem wurde sie mit Büchern ausgestattet. Sie konnte nicht herausfinden, warum sie wegen so guter Nachrichten so böse auf sie waren, also blickte sie langsam von dem Pergament hoch und sah ihren Vater an. Sie hatte ihn definitiv schon einmal wütender erlebt, aber er war doch ziemlich böse auf sie.

„Ich hab ein Jahr übersprungen und gehe jetzt in die siebte Klasse", sagte Ginny und war nicht fähig, noch an etwas anderes zu denken.

„Ja, das hab ich bemerkt", sagte ihr Vater kühl.

„Gibt es damit ein Problem?", fragte Ginny vorsichtig.

„Das bedeutet, dass du ein Jahr früher mit der Schule fertig bist. Planst du, sofort hier auszuziehen, sobald du die Schule abgeschlossen hast?", fragte ihr Vater in einem Tonfall, den man für harmlos halten könnte, doch Ginny wusste, dass dies immer gefährlich war.

Nun verstand sie. Er war nicht wirklich böse, weil sie aufgestuft worden war oder die Schule früher beendete als angenommen. Nein, er war böse, weil er keinen Grund hatte, um böse auf sie zu sein. Ginny hatte ausgezeichnete Noten und war all ihren anderen Klassenkameraden voraus. Genau das hatte er seit der ersten Klasse von ihr verlangt. Er hatte gedacht, dass es für sie unmöglich wäre, aber sie hatte ihm das Gegenteil bewiesen. Das war das Schlimmste, das sie ihm jemals antun könnte.

„Nein, Sir, das bedeutet nicht, dass ich so bald von zu Hause ausziehen werde. Ich werde nicht ausziehen, bis ich nicht dafür bereit bin", sagte Ginny ihm mit einem falschen warmen Lächeln. Ich bin schon seit Jahren bereit, dachte sie im Stillen.

Arthur bedachte sie mit einem harten, durchdringenden Blick, aber Ginny konnte ihre Maske vor ihm aufrecht erhalten. Als er keinen Grund finden konnte, sie anzuschreien, seufzte er. „Geh nach oben und pack deinen Koffer", giftete er.

„Ja, Sir", sagte Ginny warmherzig.

Sie ging die Treppe hoch und konnte ihr Lächeln nicht mehr zurückhalten. Sie hatte ein Schuljahr übersprungen. Sie würde mindestens ein Jahr früher ausziehen könnten. Sie würde nicht mehr von ihrem Vater geschlagen werden. Ron und Harry konnten ihr während der Schulzeit sowieso nicht so zusetzen. Sie packte schnell ihre Sachen und zog sich um. Vor dem Spiegel in ihrem Zimmer gab sie sich das selbe Versprechen wie jedes Jahr.

„Dieses Jahr muss sich alles ändern", sagte Ginny entschlossener als je zuvor.


Ü/N: Das war das erste Kapitel. Wie ihr seht, ist Ginny hier ein Opfer ihrer eigenen Familie. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Bitte reviewt, denn je mehr Reviews, desto schneller geht die Übersetzung voran und ihr erfährt, was das neue Schuljahr mit sich bringt.