A/N: Diese Kapitel widme ich meiner langjährigen Freundin Tina, da sie heute Geburtstag hat. Alles Gute und feier schön mit deiner Familie! Ich habe extra noch schnell das Ganze für dich heute zu Ende geschrieben. Ich hoffe man merkt nicht all zu sehr, dass ich die Story am Schluss nur noch beenden wollte. War wohl etwas viel Action für einen One-Shot.^^ Allen Andern möchte ich hiermit eine wundervolle Weihnachtszeit wünschten!
Kapitel 3: Weihnachtswünsche
Victoria saß am Tisch und stocherte lustlos in ihrem Abendessen herum. Corellianische Weihnachtsschlager waren leise im Hintergrund zu vernehmen und rot-goldene Weihnachtsdeko hier und da. rundete das fast perfekte Familienbild ab.
„Aber ich will den Star's Holo Game Cube IV! Dad! Ich brauche den neuen Star's Holo Game Cube IV! Alle Kinder haben den, NUR ich nicht!" jammerte Jacen.
„Klar bekommst du einen. Wir müssen nur warten bis wir die Imperial Lottery gewinnen." scherzte Han. „Und dann bekommt Jaina auch ihr Pony, Leia eine intergalatische Kurkreuzfahrt – die hat sie sich wahrlich verdient - und ich gönne dem Falcon eine Generalüberholung."
„Der Falcon gehört in die Schrottpresse." murmelte Victoria leise und versuchte sich an dem Gemüse.
„Wie bitte? Dieses Schiff hier hat schon mehr als einmal den Hintern gerettet mein Fräulein, also ein bisschen mehr Respekt, wenn ich bitten darf."
Victoria antwortet nicht.
„Was ist los mein Schatz?" Leia, welche nebenbei noch einige Akten durcharbeitete, legte diese beiseite und schaute ihre Tochter durchdringend an. Etwas stimmte nicht. Sie war schon seit Tagen schlecht gelaunt.
„Es ist nichts." Es war niemals nichts. Vielleicht hatte es ja etwas mit Weihnachten zu tun. Diese Zeit war schließlich immer stressig und verfehlte deshalb leider oftmals ihren eigentlichen Zweck.
„Du hast noch gar nicht gesagt, was du dir zu Weihnachten wünschst." versuche Leia ein Gespräch zu beginnen.
„Ihr braucht mir nichts kaufen." Na das war mal was Neues. Victoria war zwar niemals ein besonders schlimmes Konsum-Kind gewesen, aber bisher hatte es kein Weihnachten gegeben, an dem sie nicht mindestens eine Liste von 20 Büchern eingereicht hatte. Letztes Jahr waren diese sogar nach Preisen geordnet und farblich nach Dringlichkeit abgestuft gewesen.
„Natürlich bekommst du etwas zu Weihnachten. Sei bloß nicht kindisch. Also was soll es sein?" bohrte Han.
„Ich will nichts. Das habe ich doch schon gesagt." Victoria stand auf und fing an den Tisch abzuräumen, als der Autopilot plötzlich einen Schlenker machte, sie gegen die Tischplatte knallte und zwei der Teller mit einem lautem Scheppern den Boden knallten. Jacen und Jaina lachten lauthals los und Victoria atmete hörbar aus. „Ich hole dann mal besser den Mülleimer. Vielleicht sollten wir ein neues Service mit auf die Liste setzen und einen funktionalen Autopiloten."
…
Zurück in ihrem Zimmer warf Victoria sich aufs Bett und hätte am liebsten geheult. Das hier war schrecklich. Es war kein Vorweihnachten, sondern die Hölle. Auf der permanenten Flucht vor dem Imperium, niemals länger als drei Monate auf einem Planten und nun gefangen in einer Rostlaube von Schiff. Ihre Mutter versuchte so gut es ging Weihnachtsstimmung aufgekommen zu lassen, aber es gelang ihr nicht wirklich. Die Kleinen verstanden es noch nicht, aber das wahre Leben zog an ihnen vorbei. Jedes Mal wenn sie gerade Freunde gefunden hatte, müsste sie wieder fort. Ihre schulische Ausbildung fand fast ausschließlich via HoloNet statt. Wenn sie nicht sehr diszipliniert und von Natur aus wissbegierig gewesen wäre, hätte es vermutlich nicht einmal eine Ausbildung gegeben! Geld hatten sie nicht, kaum genug um dieses Schiff, von dem sich Han auf Biegen und Brechen nicht lösen wollte, immer und immer wieder reparieren zu lassen. Dies geschah natürlich oft bei `alten Bekannten´, bei denen sie einen `Sonderpreis´ erhielten, dafür aber nichts reklamieren konnten und alle Teile gebraucht waren - und somit natürlich nach kurzer Zeit wieder ihren Dienst versagten. Manchmal befürchtet Victoria, dass Han sich nur dann als Mann fühlte, wenn er so richtig dreckig war und es was zu reparieren gab. Und nur er, der Mann der Stunde, der König des Hydroschraubenschlüssels, wusste wie man es reparierte. Das Schiff war alt, verbraucht und kostete in der Unterhaltung viel mehr als neue Schiffe es taten. Es war vollkommen verrückt sich aus purer Nostalgie an so ein Stück Eisen zu ketten! Was sie sich zu Weihnachten wünschte? Ein normales Leben! Ein Zuhause, Freunde, eine normale Schule und vielleicht einen neuen Computer zum arbeiten. So konnte das doch nicht weitergehen. Was wenn die Schule vorbei war? Sie wagte gar nicht daran zu denken, welche Zukunft sich ihre Familie für sie ausmalte oder ob sie überhaupt darüber nachdachten. Erneut hörte sie Jacen und Jaina – diesmal stritten sie lauthals darüber, wer von ihnen die letzten Weihnachtskekse essen durfte. Ihre Geschwister waren ja ganz nett, aber definitiv auch klein und nervig. Also verbrachte sie so viel Zeit wie möglich im HoloNet oder mit lesen - wenn sie es schaffte den Lärm von Draußen zu ignorieren.
…
Victoria besuchte nicht zum ersten Mal die HoloNet-Seite der `Imperial University of Coruscant´. Noch dreieinhalb Jahre und dann vielleicht… Die Voraussetzungen waren ganz schön hart. Die Einstufungstests würde sie vermutlich bestehen, doch die Gruppeninterviews? Die Plätze in den begehrten Seminaren waren begrenzt und so siebte man im Vorfeld ordentlich aus. Es gab zumeist zweier oder dreier Interviews mit den Kandidaten, die dann in einer Art Quizz-Show Fragen zu beantworten hatten. Erst nach drei bestandenen Interviewrunden wurde man offiziell immatrikuliert. Und es war teuer. Die Semestergebühren allein waren mehr als viele in einem ganzen Jahr verdienten und nichts was man mit einem Nebenjob finanzieren könnte. Also würde sie um ein Stipendium kämpfen müssen und obwohl sie wusste, dass sie nicht dumm war, war sie auch nicht arrogant genug anzunehmen, dass sie eines bekommen würde. Vielleicht würde ihr Vater die Semestergebühren bezahlen… Victoria wusste dass es dumm war sich auf so etwas zu verlassen, aber der Gedanke wollte sich einfach nicht unterdrücken lassen. Sie wollte dort einfach hin.
Plötzlich sah sie einen Link `Nachwuchstalente gesucht!´ und klickte darauf.
Nachwuchstalente gesucht! Vier Wochen Schnupperkurse für kluge Köpfe! Die `Imperial University of Coruscant´ unterstützt Schulübergang und Karriere und sucht junge, engagierte Menschen zwischen 15-17 Jahre. Interessiert? Füllen Sie unseren Online-Test aus: Anonym und unverbindlich! Wir melden uns bei Ihnen, wenn Sie unter die besten zehn kommen! `Imperial University of Coruscant´ - Wir sind Bildung!
Victoria starrte auf die Anzeige. Sie war 14 also fast 15 und das mit den `Menschen´ war vermutlich eher sprichwörtlich gemeint. Außerdem war das Ganze ja anonym. Sie konnte ja einfach mal mit mitmachen. Spaßeshalber. Und sie würde sicherlich auch etwas dabei lernen - für spätere Einstellungstests. Andererseits würde es ihr vermutlich zu schaffen machen nicht unter die zehn Besten kommen. Aber dann würde sie sich einfach immer wieder sagen, dass die alle 17 gewesen sein mussten. Victoria atmete tief durch und klickte dann auf den Link, der zum Online-Test führte.
…
ZWEI WOCHEN SPÄTER
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Herzlichen Glückwunsch Teilnehmer 144273!
Sie gehören zu den glücken Zehn die eine vierwöchige Schnupperwoche an der `Imperial University of Coruscant´ gewonnen haben!
Wir kommen selbstverständlich für Kost und Logis auf und bieten eine individuelle Evaluierung Ihrer Fähigkeiten mit anschließender persönlicher Beratung für Ihre spätere Zukunft, sowie eine vierwöchige Teilnahme an drei Seminaren Ihrer Wahl! Die Einzelheiten ihres Aufenthaltes befinden sich im beigefügtem Datei-Anhang.
Um sicherzustellen, dass auch wirklich Sie den Test ausgefüllt haben, wird am ersten Tag Ihres Aufenthaltes ein ähnlicher Test durchgeführt.
Wenn Sie an unserem Angebot kein Interesse mehr haben sollten, geben Sie uns bitte umgehend Rückmeldung, damit Ihr Platz einem Anderen zugewiesen werden kann.
Ansonsten bitten wir den beigefügten Zettel auszufüllen, von einem Ehrziehungsberechtigten unterzeichnen zu lassen und bis Ende des Monats zurückgesendet zu haben.
Wir freuen uns auf Sie!
…
Leia faltete den Ausdruck und legte ihn sacht auf ihren Schoß.
„Dir muss doch klar sein Victoria, dass ich das auf gar keinen Fall unterschreiben werde."
„Bitte Mom! Es bedeutet mir so viel!"
„Schätzchen, erstens bist du noch keine 15 und zweitens bist ein menschlicher Hybrid. Damit erfüllst du nicht mal die Eingangsvoraussetzungen, so hart das jetzt auch klingen mag. Drittens würde ich dich niemals für vier Woche alleine nach Coruscant lassen. Coruscant ist die größte Stadt der Galaxis, der gesamte Planet ist eine Stadt und es gibt dort viele Gestalten die nichts Gutes im Sinn haben. Du bist so etwas nicht gewohnt und auch viel, viel zu jung dafür. Viertens: Glaubst du allen Ernstes die machen das einfach so? Die `Imperial University of Coruscant´ ist gut, ja. Aber sie ist auch die Kaderschmiede des Imperators. Die Technologien die dort entwickelt werden, werden für das Militär missbraucht; Politiker, Diplomaten, Anwälte, Bankiers, Wirtschaftswissenschafter und Ratgeber - alle werden dort für den Fortbestand des Imperiums ausgebildet. Da werde ich dich auf gar keinen Fall hingehen lassen."
„Aber Mom! Politik ist mir egal! Was wenn ich mir Unbedeutendes aussuche? Musik, Sprachen, Geschichte? Es ja nur ein Schnupperkurs."
„Victoria, es gibt nichts Unbedeutendes. Was meinst du warum die dich vorher auf deine Fähigkeiten überprüfen wollen? Die wollen dich jetzt schon in die für sie richtigen Bahnen leiten."
Auf jeden Fall wurde man dort für seine Arbeit bezahlt, dachte Victoria störrisch, traute sich aber nicht dies ihrer Mutter ins Gesicht zu sagen.
„Und was soll ich deiner Meinung nach machen? Für immer auf diesem Schiff hocken und durch die unbekanntesten Gebiete der Galaxis fliegen? Weit weg von Allem was auch nur halbwegs interessant ist und zwischendurch um mein Leben beten, wenn das Imperium auftaucht? Du spinnst wohl! Warum kann ich kein normales Leben haben wie andere Menschen auch?"
Leia hatte sich bisher selten mit ihrer ältesten Tochter gestritten. Victoria war immer sehr zurückhaltend gewesen und gerade deshalb trafen ihre Anschuldigungen sie hart. Leia streckte versöhnend ihre Hand nach ihr aus, doch Victoria ihr wich aus.
„Schatz, ich weiß das unser Leben nicht gerade das ist, was man aus einem HoloFilm kennt, aber es gibt Dinge die sind es Wert auf Einiges zu verzichten. Freiheit, Demokratie und Gleichheit sind solche Dinge. Und du bist noch viel zu jung, um dir über deine Zukunft Gedanken machen zu müssen. Erwachsenwerden ist kein Wettrennen."
„Mom, der Kurs findet erst nächstes Jahr, also in acht Wochen statt, dann bin ich schon 15, außerdem ich bin zu 50% Mensch und zu 100% Humanoid. Ich bin mir sicher die nehmen mich an und du brauchst auch keine Angst um mich zu haben: Ich verspreche, dass ich nichts anstelle und indoktrinieren lasse ich mich auch nicht. Ich kann selber denken!"
Leia starrte ihre Tochter sprachlos an. „Sag mal, hörst du mir überhaupt zu?"
Victoria verdrehte die Augen. „Ja, tue ich."
„Wirklich? Was habe ich denn gesagt?"
„Was du immer sagst: Wir müssen kämpfen für Freiheit, Demokratie, Zusammenhalt, bla, bla, bla. Und jetzt sag ich dir mal was: Die Menschen in der Galaxis da draußen kennen diese Sachen seit über drei Jahrzehnten nicht mehr – und den meisten ist es auch egal, solange es ihnen gut geht und man sie in Ruhe lässt. Natürlich gibt es hier und da immer einige die sich getreten fühlen, aber ohne Regeln funktioniert es nun mal nicht! Egal ob Imperium oder Allianz. Wir haben Gleichheit, Demokratie und all das andere Zeug in der Allianz, aber ich find's ehrlich gesagt eher bescheiden hier, wenn man es mit den Kernwelten vergleicht!" Damit drehte sie sich um und rannte sauer in ihr Zimmer.
…
Als Victoria eine Woche später und fünf Tage vor Weihnachten endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatte, war ihr Entschluss gefasst. Sie musste weg von hier und zwar schnell, andernfalls würde sie vermutlich für weitere vier Jahre auf dem Falcon gefangen sein, zusammen mit einer Mutter die sie nicht verstand, einem Stiefvater den sie wiederum nicht verstand und zwei schreienden Kindern. Nein, danke.
Jedes mal wenn ein neues Basislager aufgebaut wurde, herrschte ein heilloses Chaos und Victoria hatte eben dieses in ihrem Leben oft genug miterlebt und zu wissen, dass dies die perfekte Zeit war, um unbemerkt zu verschwinden. Bereits gestern Nacht hatte sie ihren Rucksack mit allem Wichtigem gepackt und das war vor allem Geld. Sie hatte nicht viel, aber sicherlich mehr als ihre Mutter dachte, da sie schon seit geraumer Zeit sparte. Ihr Rucksack war demnach nicht besonders schwer, dennoch schien er auf einmal Tonnen zu wiegen, als ihr Blick auf den Transporter vor ihr viel. Konnte sie das wirklich tun? Jetzt bloß nicht kneifen, Victoria! Wir ziehen das jetzt durch!
So viel sie wusste, war dies ein Gütertransporter, dessen Captain die Rebellion mit Lebensmitteln aus den Kernwelten versorgte und – zumindest laut Schiffslog - anschließend direkt nach Coruscant zurückflog. Sie würde sich einfach in einer der leeren Kisten verstecken, nachdem die Lebensmittel ausgepackt worden waren und in ihr klangheimlich die Allianz verlassen. Falls ihre nächste Haltestation nicht Coruscant sein würde, würde sie einfach von dort aus einen günstigen Flug buchen. Flüge nach Coruscant gab es schließlich immer – von allem Raumhäfen. Alles ganz einfach, kein Problem. Schnellen Schrittes ging Victoria Richtung Kantinenlagerraum und schaute sich die Boxen an, bis sie eine gefunden hatte die groß genug für sie war. Dann kletterte sie hinein.
…
Victoria schreckte aus ihrem Traum auf, als die Kiste plötzlich angehoben wurde. Sie wurde verladen! Hoffentlich in den Transporter und nicht in eine Müllpresse. Warum war ihr der Gedanke nicht eher gekommen? Was wenn diese Kiste nicht mehr benötigt wurde? Oder später einfach per Luftschleuse entsorgt wurde? Aber sie hatte sich eine gute, neu Kiste ausgesucht! Es war unwahrscheinlich, dass man sie entsorgen würde. Zumindest hoffte Victoria dies inständig. Nicht drüber nachdenken!
Nachdem die Kiste wieder abgesetzt wurde, wartete sie noch eine Weile, öffnete diese dann langsam und sah sich um. Sie befand sich definitiv in einem Raumschiff, umgeben von anderen Kisten mit derselben Aufschrift. Gut, soweit schien ihr Plan aufzugehen!
…
[So und jetzt was, dass ich schon immer schreiben wollte. Zugleich ist es auch vollkommen irrelevant und vermutlich leicht OOC – aber egal das ist meine Story :) Also: Zurücklehnen, vorstellen und genießen.^^]
…
Grand Admiral Thrawn ging in sein Quartiert und aktivierte reflexartig das Licht, welches dann eine militärisch, spartanische Einrichtung offenbarte. Der erste Teil seines Quartiers war eine Kombination aus Arbeits- und Besprechungsraum. Die wirklichen Privaträume befanden sich dahinter und bestanden aus einem geräumigen Schlafzimmer und einem Bad, welches eine vollfunktionstüchtige Wasserdusche, sowie ein Badewanne in sich beherbergte. Purer Luxus, verglichen mit den standartmäßigen Sonic-Duschen. Thrawn war niemand der sich nach Luxus sehnte und die Tage an denen er wirklich ein Bad genommen hatte, konnte er vermutlich an einer Hand abzählen, doch heute würde er sich ein Bad gönnen. Nach dem heutigen Tag hatte er es sich verdient. Alles hatte damit begonnen, dass ihre backbord Laserkanonen kurz vor dem geplanten Hyperlichtsprung in die Luft gegangen waren, was zu einem Brand den D und E Decks geführt hatte. Diese hatten dann entlüftet werden müssen, um den Brand zu stoppen, so dass 189 Besatzungsmitglieder ins Weltall gesogen wurden und starben. Die Decks C-F sahen momentan wie ein Schlachtfeld aus und es würde vermutlich Tage dauern bis die Schimäre wieder voll Einsatzbereit war. Und das Schlimmste war, dass es nach Sabotage aussah. Vermutlich hatten sie einen Rebellen an Bord und seine Festnahme hatte nun die allerhöchste Priorität.
Thrawn warf seine Uniformjacke aufs Bett und ging dann ins Bad um Wasser einlaufen zu lassen. Mit dem Plätschern im Hintergrund ging er zurück ins Schlafzimmer, um sich dort vollkommen zu entkleiden. Jedoch nicht bevor er sich aus dem Arbeitszimmer mit einem Glas corellianischen Whiskeys versorgt hatte; und so saß Thrawn nun zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit mit einem guten Tropfen in der Hand im Schaumbad und schloss die Augen, als die entspannende Wärme in seinen Körper eindrang. Das war das Gute daran wenn man Luxus nur selten genoss… man wusste es zu schätzen. Er nippte kurz an seinem Glas, stellte es dann ab und ließ dann langsam seinen Kopf nach hinten auf den Beckenrand sinken…
Plötzlich piepte seine Kom-Station. Das konnte doch nicht wahr sein…Seine Schicht war doch gerade erst beendet. Nur schwere Komplikationen oder ein Gefecht würden es rechtfertigen ihn jetzt schon wieder zu kontaktieren. Ihm schwante Schreckliches. Hoffentlich hatten sie nicht noch einen Sprengkopf entdeckt…
Mit einem Seufzer verließ Thrawn die Wanne und griff nach einem weißen Handtuch, mit dem er sich notdürftig abtrocknete und es dann leger um die Hüften band.
„Thrawn hier." erklärte er und war froh nur den Audiokanal geöffnet zu haben als ihm die Stimme einer jungen Frau antwortete.
„Petty Officer Gator hier, Sir. Entschuldigen Sie die späte Störung, doch ihr Agent, Herr Willan aus Coruscant, ließ sich abwimmeln. Er sagt es sei wichtig und würde ihre Tochter betreffen, Sir. Soll ich ihn durchstellen?"
Victoria?
„Ja, natürlich. Stellen Sie ihn in zwei Minuten durch. Ich muss mir nur noch schnell was anziehen." Carrie Gator starrte kurz ungläubig auf ihr Kom und fühlte wir ihr das Blut in die Wangen schoss. Hatte er das gerade wirklich gesagt oder litt sie neuerdings an Tagträumen? Vermutlich eher Letzteres. In einem hoffungslosen Versuch das mentale Bild des entblößten Admirals aus ihrem Kopf zu verbannen, schüttelte sie schnell den Kopf.
„Äh verstanden, Sir. Gator aus."
…
Als Thrawn Leia auf dem Viewscreen vor ihm sah, hob er fragend eine Augenbraue.
„Agent Willan hat mich durchgestellt." erklärte Leia ohne Umschweife.
„Ich dachte ich wir wären uns darüber einig gewesen, keine direkten Kom-Link Verbindungen zu initiieren. Das hier könnte sehr unangenehme Folgen haben – für uns beide."
Leia nickte und er sah die deutliche Anspannung in ihrer Haltung. Ihre Augen waren gerötet und dunkle Schatten hatten sich unter ihnen gebildet. Sie hatte geweint.
„Es tut mir leid, dass ich gegen unsere Absprache handele, aber ich versichere dir, dass dies hier keine Direktverbindung ist…Ich war vorsichtig." Thrawn nickte. Er hatte auch nichts anders von ihr erwartet.
„Willan sagte es ginge um Victoria?" Gut, er wollte anscheinend gleich zum Thema kommen, doch wie sollte sie ihm das jetzt breibringen? Leia war außer sich vor Sorge und Selbsthass und Thrawn das Ganze zu gestehen und ihn um Hilfe bitten, machte es noch schlimmer. Sie biss sie kurz vor Scharm auf ihre Unterlippe und entließ dann hörbar die angestaute Luft.
„Victoria ist verschwunden."
Thrawn zeigte äußerlich keine Reaktion, außer das er vielleicht noch ruhiger zu werden schien.
„Seit wann?" fragte er leise.
Leia schüttelte ihren Kopf. „Ich weiß es nicht sicher." Sie fuhr sich hastig mit einer Hand durchs Haar. „Ich vermisse sie seit knapp 48 Stunden, aber sie könnte auch schon länger fort sein. Das letzte Mal sah ich sie beim Frühstuck und erst am Abend merkte ich, dass sie nicht in ihrem Zimmer war. Luke ist fort und ich habe alles nach ihr abgesucht…Bekannte kontaktiert…aber sie ist nirgends."
„Ich verstehe. Ich nehme an, du dachtest sie würde von selbst zurückkehren?"
Leia nickte zustimmend. „Ja, ich…wir hatten einen Streit… und ich dachte sie wollte womöglich so an mir Vergeltung üben, oder mir einfach nur aus dem Weg gehen. Teenager…verstehst du? Andererseits hat sie so etwas noch nie gemacht…" Leia spürte wie ihr Blick langsam unklar wurde, als sich neue Tränen in ihren Augen bildeten. „Ich kann einfach nicht mehr…Hilf mir."
Wenn er Leia Organa Solo jemals verletzlich gesehen hatte, dann war es in diesem Augenblick.
„Bitte…"
„Erspar dir das Bitten, Leia. Es bekommt dir nicht und ist außerdem vollkommen unnötig. Selbstverständlich werde ich mich an der Suche nach ihr beteiligen, sie ist schließlich auch meine Tochter."
„Danke."
„Auch Danken solltest du mir nicht zu früh. Ich kann nicht über die Ressourcen des Imperators verfügen, um meine ausreißerische Tochter zu lokalisieren. Dies sind persönliche Probleme und haben nichts mit meiner Position innerhalb des Imperiums zu tun, und die Privilegien die diese in ihrer letzten Konsequenz mit sich bringen. Nichtsdestotrotz werde ich alles in meiner Macht stehende tun, um sie zu finden." Er legte seine Finger aneinander und schaute Leia durchdringend an. „Dazu brauche ich jedoch Informationen, welche du mir vermutlich nicht freiwillig geben wirst, angefangen damit wo ihr seid, was ihr macht, wie sie überhaupt weglaufen konnte und mit wessen potentieller Hilfe."
„Du glaubst, dass sie fortgelaufen ist?" fragte Leia hoffnungsvoll.
„Ich gehe davon aus. Hätte man sie entführt, wäre bereits eine Lösegeldforderung bei mir eingegangen, auch ein Racheakt ist nur dann sinnvoll, wenn der zu Schädigenden diesem auch aktiv beiwohnt. Da du sagtest, dass ihr euch gestritten habt, erscheint mit die Theorie des Fortlaufens am wahrscheinlichsten. Es gibt natürlich noch eine dritte Möglichkeit an die ich, offen gesagt, nicht denken möchte."
Leia schluckte hart. Sie kannte diese dritte Möglichkeit und so oft sie sich auch ermahnte nicht daran zu denken, es gab geistesgestörte Wesen da draußen. Individuen die über etwas den Verstand verloren hatten oder einfach nur krank waren und Lust am Töten, Vergewaltigen und Quälen verspürten. Sie hatten keinen Plan; folgten keiner Logik. Falls Victoria einem solchen Wahnsinnigen über den Weg gelaufen war, war sie vermutlich schon längst tot.
Thrawn schien ihre Gedanken erraten zu haben und sie sah wie er kurz seinen Blick senkte.
„Selbstvorwürfe und mentale Horrorszenarien sind äußerst unproduktiv, Leia."
„Ja, du hast recht. Die Informationen die du verlangst, kann ich dir nicht geben, aber…"
„Ich hoffe du bist dir über die Konsequenzen im Klaren, denn ich werde nicht…"
„Bitte lass mich ausreden: Die Informationen die du verlangst, kann ich dir nicht geben, aber wenn sie wirklich weggelaufen ist, weiß ich wohin. Sie wollte nach Coruscant."
„Imperial City." korrigierte Thrawn sie knapp in typischer Lehrermanier. „Wozu du meine Hilfe benötigst ist nun klar. Was wollte sie dort tun?"
Leia erzählte ihm von dem Universitätsausschreiben. „…und außerdem hatte sie schon immer eine gewisse Faszination für den Planeten. Sie wurde dort geboren und ich nehme an, dass die HoloTV Serien ihr ein verzerrtes Bild vom Leben dort vermittelt haben. Wenn sie irgendwo ist, dann dort. Ich schicke dir gleich alles zu."
„Gut. Außerdem würde ich es begrüßen eine Auflistung der Sachen zu haben, die aus ihrem Zimmer fehlen: Kleidung, Bücher, etc. Ferner hätte ich gerne ihre Kontoauszüge des letzen Jahres, sowie ihre Kreditkartennummern und ihren Computer wenn es möglich ist."
„Sie hat kein Konto, nur Bargeld. Um den Computer kümmern sich bereits ein paar der Slicer hier. Was ihre Sachen angeht…" Leia schüttelte ihren Kopf. „…sie war schon immer sehr eigen mit ihren Sachen…aber mir ist bisher nichts aufgefallen."
„Ich nehme nicht an, dass du Bilder von ihrem Zimmer für mich machen würdest?"
Leia sah ihn einen kurzen Moment unentschlossen an. Sie hatte davon gehört, dass Thrawn aus den unglaublichsten Dingen Rückschlüsse auf eine Person und ihre Denk- und Handlungsweise schließen konnte. Was könnte persönlicher sein als das eigene Zimmer, voller persönlicher Gegenstände? Vielleicht war doch noch nicht alles verloren.
…
Drei Tage vor Heiligabend, Imperial City und die Vergangenheit holte Grand Admiral Thrawn mal wieder ein. Er verband wenig Gutes mit dieser Stadt oder besser gesagt mit diesem Planeten. Die meistens Bewohner standen Nichtmenschen zwar eher indifferent gegenüber, doch der imperiale Hof hatte es ihn immer spüren lassen, das er dort nicht erwünscht war, war er war doch das lebende Beispiel, das ihrer Doktrin der Dominanz des Homo Sapiens den Boden unter den Füßen entzog. Er sollte nicht mit ihnen auf einer Eben stehen – geschweige denn darüber. Die Gunst des Imperators war das Einzige, was seine Position und wahrscheinlich auch sein Leben hier erhielt. Selbst für menschliche Standards hatte er eine enorm steile Karriere gemacht, doch war es ihm immer bedeutend schwerer gemacht worden und später, am Hofe, hatten Neid und Missgunst seine Person jeden Tag wie ein Schatten begleitet. Imperial City war ein Vipernnest der Habgier und Dekadenz. Dem Imperium in den Unbekannten Regionen zu dienen, war nicht nur deshalb um ein vielfaches angenehmer. Die einzig positiven Erinnerungen, welche er mit dieser Stadt in Verbindung brachte, waren von Victoria. Er erinnerte sich noch gut daran, wie er sie unweit von hier das Ernste mal gehalten hatte. Sie war bereits sechs Wochen alt gewesen, dennoch hatte er kaum glauben können wie klein und zerbrechlich sie war und das er dieses Leben geschaffen hatte. Sie hatte so hilflos und unschuldig ausgesehen. Im ersten Moment hatte er sich fast geweigert sie zu halten, aus Angst etwas falsch zu machen und später hatte er sie dann kaum noch abgeben können. Sein rationaler Geist wusste, dass dies natürlich war – und auch natürlich sein musste – war es doch im Grunde nur Biologie. Selbsterhaltungstrieb, wenn man so wollte und dennoch war es unglaublich wie stark dieses Gefühl gewesen war. Er hatte dieses kleine Bündel mit den großen, braunen Augen gesehen und es sofort in sein Herz geschlossen, absolut und bedingungslos und dies lag gewiss nicht in seiner Natur.
Nun, fast 15 Jahre später, war sein Mädchen ganz und gar nicht mehr klein und vermutlich haperte es auch mit der Unschuld, aber dennoch war er hier. Er hatte zwei Tage im Hyperraum und eine Privataudienz mit dem Imperator hinter sich, nur wegen ihr. Er konnte es selbst kaum glauben.
Nach Leias Anruf, war er auf die Krankenstation gegangen und hatte Dr. McKay gebeten ihm einen möglichst realistischen Grund zu liefern, sofort nach Imperial City aufbrechen zu müssen und so musste die gesamte Crew nun schnellstmöglich gegen das Armibius-Virus geimpft werden, dessen Wirkstoff nur in Kernwelten in solch großen Mengen vorrätig war. Seine Geschichte war gar nicht mal so unglaubwürdig, da sie noch vor kurzem auf einem Platen tätig gewesen waren, auf dem das Virus tatsächlich beheimatet war. Abgesehen davon, hätte er ohnehin in zwei Monaten nach Coruscant zurückkehren müssen, um seinen jährlichen Bericht dem Imperator vorzutragen. Dieses Treffen war nun vorgelegt worden, so dass alles auf einmal erledigt werden konnte: Das Treffen mit dem Imperator, eine gründliche Überprüfung der Crew nach möglichen Saboteuren durch den Geheimdienst, die Reparaturen an der Schimäre in ordentlichen KDY Werften und die Impfung der Crew. Das klang selbst für ihn beinahe überzeugend. Der Bonus, das die Besatzung nun zum ersten Mal seit Jahren wieder Weihnachten mit der Familie verbringen konnte, war ihm erst gar nicht bewusst gewesen, bis er die freudigen Gesichter und die insgesamt positive Stimmung an Bord er Schimäre wahrgenommen und bei Captain Pellaeon hinterfragt hatte. Weihnachten bedeutete für Thrawn nichts. Es war eine menschliche Tradition, doch wenn er Victoria finden und in Sicherheit wissen würde, wäre dies auch für ihn ein willkommenes Weihnachtsgeschenk.
In seiner Wohnung auf Imperial City fühlte Thrawn sich alles andere als daheim. In gewisser Weise war selbst ein Hotelzimmer wärmer als diese Räumlichkeiten. Es war ein relativ kleines Appartement in der Nähe des Imperialen Palastes. Zwei Zimmer, Küche, Bad - nicht mehr, aber dennoch teuer aufgrund der exklusiven Lage. Als er vor Jahren mehr Zeit hier verbracht hatte, war es ihm als eine gute Idee erschienen und anschließend hatte er sie einfach behalten für Fälle wie diesen und hatte vermutlich gut daran getan, da man ihm versichert hatte, so kurz vor Weihnachten auf Coruscant ein Hotelzimmer zu bekommen sei ungefähr so wahrscheinlich als dass der Imperator dieses Jahr einen Stepptanz im HoloTV aufführen würde. Nichtsdestotrotz fühlte er sich wie ein Fremder hier und einmal mehr wurde ihm klar, dass sein Zuhause das Weltall und kein fester Platz auf irgendeinem Planten war. Wenn überhaupt, dann war sein Elternhaus das, was er mit dem Wort `Zuhause´ verband. Er schaute sich kurz um und aktivierte dann die Heizung an der Temperaturanzeige neben der Eingangstür. Anschließend sah er sich kurz um; alles war sehr modern eingerichtet und recht ansehnlich, doch die meisten Regale zeugten von gähnender Leere und auch die Schränke in der Küche waren leer. Es war, als würde man in ein Möbelhaus einziehen in dem alles nur Deko war. Thrawn atmete tief durch und schüttelte kurz den Kopf. Es war eigentlich egal, er hatte ein Dach über dem Kopf und ein Bett zum schlafen und gewiss andere Dinge, um die er sich Gedanken machen sollte.
…
22. Dezember
Irgendwie hatte sie das Ganze nicht besonders gut durchdacht, gestand sich Victoria ein, als sie auf einer Treppe in einer der riesigen Shopping Malls von Coruscant saß, ein `Sparmenü´ von `Galactic Burgers´ auf ihrem Schoß. Coruscant war unglaublich. Erst hatte es all ihre Erwartungen bei weitem übertroffen - es war groß und wunderschön - gerade durch die Weihnachtsdekoration überall, dem Kunstschnee und den Lichtern. Es schien es wie eine wundervolle Märchenwelt, doch schon gegen Abend war ihr klar geworden, dass das Leben hier ihre finanziellen Mittel bei weitem überstieg. An ein Hotelzimmer war nicht zu denken und so hatte sie die erste Nacht tatsächlich auf der Straße verbracht. Mit zu viel Angst auf dem viel zu kaltem Treppenaufgang eines Elektroladens einzuschlafen, hatte sie in jener Nacht kein Auge zugetan und hatte demnach am nächsten Tag eine eher schlechte Figur gemacht, als sie auf Arbeitssuche gegangen war. Eine alte Dame in einer Bäckerei hatte dann Mitleid mit ihr gehabt und ihr eine Anstellung für ein Dach über dem Kopf gegeben und so verkaufte Victoria Organa nun Backwaren zwischen 6-17 Uhr in der Nähe des Bankier Viertels. Es hätte schlimmer enden können. VIEL schlimmer. Die alte Dame, Frau Bennett, war sehr nett zu ihr und es schien ein Geschäft auf Gegenseitigkeit zu sein. Sie brauchte eine Unterkunft und Frau Bennett eine günstige Aushilfe, da ihre Kinder den kleinen Laden nicht hatten übernehmen wollen. Victoria warf das Restpapier in einen Mülleimer und machte sich auf den Weg zurück zum Laden.
…
„Hallo Frau Bennett."
„Hallo mein Kind. Du bist aber früh zurück." Victoria nickte.
„Ich kann mir die meisten Sachen eh nicht leisten und irgendwann hat man sich wohl statt gesehen. Kann ich helfen?" Ihre Arbeit war für heute zwar eigentlich schon beendet, aber irgendwie machte ihr das Ganze tatsächlich Spaß. In einer Bäckerei zu arbeiten – daran hatte sie vorher noch nie gedacht.
„Wenn du willst, kannst du Herrn Bennett in der Backstube zur Hand gehen, aber ich denke du solltest dich hinlegen. Es ist schon spät."
„Nein, ist schon gut!" Victoria ging durch die Tür hinter der Teke in die dahinterliegende Backstube.
„Schon wieder zurück?" lachte Herr Bennett. „Na dann kann unsere kleine Aushilfe gleich mit dem Plätzchen ausstechen beginnen."
Victoria lächelte fröhlich. „Klar. Was soll ich tun?"
„Hier." Herr Bennett zeigte ihr wie sie das Mehl unter dem Teig zu verteilen hatte, welche Ausstechformen zu verwenden waren und wie man es schaffte möglichste viele Plätzchen auf einem Blech zu verteilen.
Nach gut eineinhalb Stunden fragte er dann was ihm schon seit langem auf dem Herzen lag. „Sag mal Victoria, du bist doch ein ordentliches Mädchen. Keines von den Straßenkindern die hier manchmal nach Arbeit fragen oder um Reste betteln. Das haben wir sofort gesehen. Du bist anständig, klug und weißt dich zu benehmen. Du bist weggelaufen, nicht wahr?"
Victoria stach weiter ihre Plätzchen aus und nickte stumm.
„Kind, deine Eltern müssen außer sich sein vor Sorge." Herr Bennett schüttelte traurig den Kopf.
„Sie verstehen das nicht. Meine Mutter lässt mich keine eigenen Entscheidung treffen. Sie muss alles managen, weiß alles besser und interessiert sich nicht dafür was ich will, sondern nur für ihre Arbeit. Mein Vater genauso. Ich habe ihn in den letzen zehn Jahren tatsächlich drei Tage zu Gesicht bekommen. Das muss ein neuer Rekord sein! Mein Stiefvater ist…sagen wir `anstrengend´ und manchmal glaube ich, dass er mich hasst. Ich gehe allen nur auf die Nerven und halte sie von der Arbeit ab. Ich war eh nur ein `Unfall´."
Herr Bennett hob das letzte Tablett an und schob es in den Ofen. „Weißt du dass viele Kinder gar keine Eltern haben? Niemanden, der auch nur wütend auf sie ist? Das Kinder und ihre Eltern sich streiten ist normal, aber weglaufen ist für gewöhnlich keine Lösung. Du bist jetzt verbittert über etwas, aber das hier ist keine Dauerlösung und ganz egal was passiert ist, diese Menschen sind deine Familie."
Victoria wischte sich ihre Hände an der Schürze ab. „Nein, eine Dauerlösung ist es nicht. Auch wenn ich wirklich gerne hier bin. Aber für die nächsten Wochen werde ich erst mal hierbleiben."
…
23. Dezember
Nach einem Mädchen auf Coruscant zu suchen glich der berühmten Nadel im Heuhaufen. Sie war geschützt durch die Menge und bisher hatte sie noch keinen Account eröffnet. Thrawn hatte gehofft, dass sie früher oder später ihre ID Card hatte vorzeigen müssen, aber bisher war ihr Namen noch nirgends aufgetaucht und gefälschte eine ID Card konnte sie sich sicherlich nicht leisten. Er hoffte inständig, dass nichts passiert war. Vielleicht hatte Leia sich auch getäuscht und sie war nicht hier. Thrawn griff nach einer Tasse Tee und sah sich einige Videoaufnahmen der Innenstadt noch einmal persönlich durch. Es hatte eigentlich keinen Sinn, aber er konnte nicht tatenlos bleiben, wenn sein einziges Kind in der Versenkung verschwandt. Vermutlich würde sie in sieben Wochen bei der Universität auftauchen, aber in sieben Wochen konnte sonst was passieren und bisher hatte er sie nicht ausfindig machen können und das obwohl bereits eine gute Summe ihren Weg in neue Hände gefunden hatte. Wenn sie hier war, würde er sie finden. Schließlich gab es keinen Planten der besser überwacht war als Coruscant!
Plötzlich piepte ein weiteres Kom-Link in der Küche und ein Foto wurde ausgedruckt. Er hob es auf und betrachtete es kurz. Es war Victoria, kein Zweifel, sie saß ein einem schwarzen Overall auf einer Treppe und hielt einen Burger und ein Softgetränk in der Hand, während sie in das Schaufenster neben sich blickte. Die Aufnahme stammte von einer Videoüberwachungskamera der BlueWater Mall im westlichen Bankiersviertel und wurde gestern am späten Nachmittag aufgenommen. Er setzte sich an den Wohnzimmertisch und studierte das Bild genauer, bis er dann einige Befehle in seinen Computer eingab. Sie war am Leben und nun da er wusste er wo er zu suchen hatte, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis er sie finden würde.
…
Frau Bennett ließ fast das Rosinengebäck fallen als sie sechs Sturmtruppler in Zweierformation auf ihren Laden zugingen sah, in ihrer Mitte befand sich eine in zivil gekleidete Person, welcher sie Personenschutz zu geben schienen. Jeweils drei Sturmtruppler flankierten die Eingangstür ihrer Konditorei als die Gestalt in ihrer Mitte eintrat. Obwohl er in Zivil war, hätte Frau Bennett auch ohne die Sturmtruppen an seiner Körperhaltung allein erkennen können, dass sie einen imperialen Offizier vor sich hatte. Vermutlich Army oder Navy. Er war gekleidet in einen dunkel-grauen Mantel in Kombination mit einem schwarzen Schaal. Doch wirklich auffällig waren seine Augen. Sie waren rot wie Feuer und seine Haut war hellblau. Sie hatte schon in ihm gehört. Hell-blau Haut und rote Augen. Sie wusste es, konnte sich aber nicht mehr wirklich daran erinnern.
„Frau Bennett, nehme ich an?" Sie nickte verunsichert.
„Gehe ich ebenfalls richtig in der Annahme, dass meine Tochter sich bei Ihnen aufhält?"
Frau Bennett starrte ihn kurz mit offenem Mund an. Jetzt wo er es sagte, konnte sie eine gewisse Ähnlichkeit feststellen, so hatte Victoria die gleiche hell-blaue Haut wie er. Doch dann wiederum sah man hier auf Coruscant vieles.
„Sir, wir wussten nicht von wo oder wem sie weggelaufen ist, nur dass sie Hilfe benötigte und wir…"
Er hob eine Hand um sie zum Schweigen zu bringen. „Das war keine Anschuldigung. Ich bin mir ihrer Bemühungen durchaus bewusst und werde veranlassen, dass sie für die Freundlichkeit die sie meiner Tochter entgegen gebracht haben entsprechend entlohnt werden."
Frau Bennett schüttelte vehement den Kopf. „Das ist nicht nötig, Sir. Sie hat dafür gearbeitet."
Erst jetzt bemerkte er, dass sie ihn immer mit `Sir´ ansprach. Er hatte vergessen sich vorzustellen.
„Ich bestehe darauf." Er schenkte ihr ein angedeutetes Lächeln und reichte ihr die Hand.
„Grandadmiral Thrawn, Imperial Navy."
Frau Bennett erwiderte die Geste und sah ihn verunsichert an. Thrawn, ja sie hatte von ihm gehört. Damals, während der Vong-Invasion, war er recht populär gewesen. Was dann geschehen war, wusste sie nicht. „Ich glaube nicht, dass ich jemals zuvor einen imperialen Großadmiral in meinem Laden hatte." scherzte sie dann und bedeutete ihm, ihr nach hinten in die Backstube zu folgen.
…
Victoria blieb wie angewurzelt mitten in ihrer Bewegung stehen, als sie die Ofentür schloss und ihren Vater sah. Mit ihren viel zu großen Handschuhen, Mehl im Gesicht und den weit aufgerissenen, braunen Augen fiel es schwer ihr wirklich böse zu sein.
„Hast du nichts zu deiner Verteidigung zu sagen, mein Fräulein?"
„Ich gehe nicht zurück." erklärte sie störrisch.
„Ich werde das jetzt nicht vor Fremden mit dir ausdiskutieren, Victoria. Pack deine Sachen."
„Und was wenn ich es nicht tue?"
„Ich glaube nicht, dass du das herausfinden möchtest." Er schaute sie nur an und warte darauf, dass sie den ersten Schritt tat.
„Ich hasse euch! Ich bin euch doch eh egal, dann lasst mich auch gefälligst in Ruhe!" Sie warf die Handschuhe auf den Tisch und stürmte aus der Backstube.
„Das Temperament hat sie von ihrer Mutter." erklärte Thrawn knapp dem Ehepaar Bennett, das der Szene stumm beigewohnt hatte und wartete dann schweigend bis sie mit ihrem kleinen Rucksack zurückkehrte.
„Danke für alles." Victoria lächelte die zwei an und Thrawn schob sie sacht aber bestimmend Richtung Ausgang.
…
Auf dem Weg zu seinem Apartment hatte Victoria kein einziges Wort mit ihm gewechselt. Er kannte sie nun gut genug, um zu wissen, dass dies nicht normal für sie war. Jedoch strafte sie sich in gewisser Weise selbst, wenn sie so gegen ihr Naturell handelte. Außerdem würde eine Auseinandersetzung mit einem irrationalen Teenager auf offener Straße, umgeben von Sturmtruppen, seinem Image bestimmt nicht zuträglich sein, so dass er fast schon dankbar für ihre Sturheit war.
…
Endlich angekommen öffnete er einen Schrank und warf ihr ein Handtuch entgegen.
„Hier. Das Badezimmer ist geradeaus. Du bist immer noch voller Mehl." Er schüttelte den Kopf und Victoria glaube für einen Moment so etwas wie ein Lächeln auf seinem Gesicht erblickt zu haben. Vielleicht war er doch nicht so wütend wie sie anfangs befürchtet hatte. „Deine Kleidung kannst du in den Schacht neben dem Waschbecken werfen, die Sachen werden dann zur Reinigung gebracht. Hast du Sachen zum Wechseln dabei?"
Victoria öffnete den Rucksack und brachte ein ebenso mehliges T-Shirt und eine alte Jeans zum Vorschein. Diesmal war sie sich sicher ihn Lächeln gesehen zu haben.
„Warte hier." Er verschwand und kam mit einem viel zu großen Pulli, einer Trainingshose, einem weißen Shirt und einer Boxershort mit verstellbarem Taillenband zurück. „Das hier könntest du vermutlich eher als Kleid oder Zelt verwenden, aber solange deine Sachen noch in der Reinigung sind, wird es wohl genügen müssen."
„Ich konnte mir eben neue Sachen kaufen. Ich gehe nur schnell in Mall und…"
„Vergiss es. Ganz schnell. Du bleibst wo du bist. Wenn dir kalt wird, habe ich noch ein paar Decken im Schrank und die Heizung lässt sich dort…" er zeigte auf die Eingangstür „… verstellen. So und jetzt dusche dich und werfe deine Sache in die Reinigung."
…
Victoria stand unter der Dusche und spürte wie das Wasser langsam das Mehl von ihrem Gesicht und aus ihrem Haar wusch. Eine Wasserdusche! Wie cool war das denn? Sie öffnete jede einzelne Shampoo- und Duschgelpackung und roch erst daran, bevor sie sich entschloss und lass dann genüsslich die Packungsaufschrift, während sie sich einschäumte. Man konnte sogar die Wasserzufuhr regulieren! Und es gab eine Massagefunktion! Wow!
…
„Ich dachte schon du hättest versucht dich in der Dusche zu ertränken. Was hast du da drin gemacht?"
„Nichts!" Eine Nebelwolke aus verdampftem Wasser folgte ihr aus dem Bad.
„Nichts, ja?" frage er skeptisch. Aber andererseits, was konnte man im Bad schon großartiges anstellen?
„Ich habe deine Mutter informiert, dass du jetzt hier bist. Sie wird sehr erleichtert und vermutlich auch ein klein wenig verärgert sein. Du hast ihr großen Kummer bereitet, Victoria."
Victoria ertrank regelrecht in den Klamotten ihres Vaters und musste aufpassen nicht über die aufgekrempelten Hosenbeine zu stolpern, als sie sich aufs Sofa setzte.
„Tut mir leid. Aber ich musste dort einfach weg. Ich fühlte mich wie gefangen und totunglücklich."
Thrawn schüttelte seinen Kopf. „Das musst du schon deiner Mutter erklären, Kleines. Ich bin schließlich kein Anhänger der Allianz. Aber darum geht es nicht. Es geht ums Prinzip: Du hättest nicht einfach so von deiner Mutter weglaufen dürfen, das war sehr gefährlich. Aber wir reden später darüber. Erst einmal…" Er reichte ihr ein paar Kissen und ein Bettdeckte. „…sehen wir zu, dass du was zum Schlafen hast. Stehe bitte einmal auf." Er griff hinter das Sofa und dieses fuhr zur Seite aus. Ein Schafsofa,
„Oh klasse! Ich nehme an das ist mein Bett." Victoria warf das Bettzeug darauf, bevor sie sich ebenfalls mit Schwung aufs Sofa katapultierte „Das gefällt mir!"
„Gut. Es ist schon spät. Hast du Durst, oder Hunger?"
„Ein bisschen. Ich kann uns Kekse backen. Ich weiß jetzt wie das gemacht wird!"
„Ich dachte da an etwas Füllenderes. Aber auf das Angebot komme ich vielleicht noch zurück. Was willst du haben?"
„Egal was?"
„Sagen mal es sollte nicht vollkommen aus Süßigkeiten und Fast Food bestehen." erklärte er dann, als er sich an ihre Einkaufseskapade von Anfang des Jahres zurückerinnerte.
„Pizza?" fragte sie hoffnungsvoll. „Und vielleicht einen Salat?"
„Pizza also. Irgendwelche genaueren Vorstellungen?"
…
Alles auf Coruscant schien voll automatisiert zu sein. Die Bestellung und Abrechnung wurde über einen Nummern-Code im HoloNet abgewickelt und später brachte ein Droide die Bestellung vorbei.
Victoria deckte den Tisch.
„Die Schränke sind ja fast alle leer!" stellte sie bei der Suche nach dem Geschirr entsetzt fest. Ihr Vater zeigte auf die richtige Schublade.
„Ich bin so gut wie nie hier."
„Aber… findest du es nicht etwas kalt. Ich meine so ohne persönliche Gegenstände?"
„Ich sehe keine Notwenigkeit dazu. Außerdem sagen solche Gegenstände auch viel über eine Person und ihre Schwächen aus. Fotos und Bilder im Besonderen, aber auch die Art der Möbel und wie sie positioniert wurden. Ich lasse solche Dinge für gewöhnliche von Anderen erledigen – natürlich schaue mir die Einrichtung vorher an und nehme einige Veränderungen vor wenn mir die Wohnung gar nicht gefällt, aber diese Leute machen das professionell und es sieht meistens ganz gut aus. Aber es ist nicht wirkliche meine Wohnung."
Victoria schaute ihren Vater ungläubig an. So etwas hatte sie ja noch nie gehört. „Ich findet es trotzdem kalt, unwohnlich – ich meine die Wohnung und die Möbel sind toll! Aber… ich kann es nicht beschreiben."
„Ich weiß was du meinst. Es sieht tot aus. Wie in einem Möbelhaus in dem alles nur Attrappe ist und in dem keiner lebt. Das ist diese Wohnung ja 99% der Zeit auch." Thrawn warf die letzte Verpackung in den Recycler und setzte sich dann zu seiner Tochter an den Küchentisch. „So und letzt erzähl mir mal von deinem kleinen Abenteuer. Wie bist du unbemerkt der Allianz entkommen und bei den Bennetts gelandet?" Und so machte Victoria sich über die Pizza her und erzählte ungehemmt von den Vorkommnissen der letzten Tage.
…
„…und dann standest du auf einmal vor mir."
Thrawn entließ hörbar die angestaute Luft. „Du hättest ganz schön Gluck, weißt du was? Du hättest sterben können…einfach so irgendeinen Gütertransporter zu besteigen und dann nachts auf der Straße schlafen. Gerade als junges Mädchen. Es gibt Sachen die sind schlimmer als der Tod und besonders auf Coruscant laufen viele Kreaturen mit fragwürdigem Charakter und langem Vorstrafenregister herum."
„Ich habe doch schon gesagt, dass es mir leid tut. Ich weiß, dass das nicht gerade gut durchdacht war, aber…"
„Nicht gut durchdacht? Das nenne mal eine optimistische Einschätzung. Das war gar nicht durchdacht und die Idee zu dem Ganzen…" Er schüttelte ungläubig den Kopf. Kinder! „Ich weiß, dass du dich entschuldigt hast und ich glaube dir auch dass es dir leid tut, dennoch möchte ich, dass du dir über die volle Tragweite von dem was du getan hast im Klaren bist. Deine Mutter wäre zusammengebrochen, wenn dir etwas passiert wäre. Was sie tut, tut sie aus gutem Grund. Ich bin oft uneins mit ihr, aber was deine Erziehung und deine Sicherheit anbelangt, sind wir uns ziemlich einig. Du hast uns sehr erschreckt, Victoria. Tue so etwas bitte niemals wieder. Wenn du Probleme mit deiner Mutter hast, schlafe eine Nacht darüber und versuche ein bisschen mehr sie zu verstehen. Und wenn es gar nicht anders geht, kannst du auch immer gerne mit mir darüber sprechen, aber kein weglaufen mehr, verstanden?"
Sie nickte und starrte auf ihren Teller. Die Bergpredigten ihrer Mutter kannte sie bereits, doch das hier war neu und nicht unbedingt schön. „Ok. Verstanden."
„Gut… und wegen dieser Sache mit der Universität…du bist wirklich noch recht jung, aber ich spreche mit deiner Mutter darüber. Schaden kann nicht und wenn es dir so viel bedeutet, kannst du meinetwegen mitmachen. Du würdest jedoch jemanden haben müssen, der auf dich aufpasst."
Innerhalb einer Sekunde war sie bei ihm und umarmte ihn „Danke! Danke! Danke!".
„Warte. Nicht so schnell." Er schob sie wieder zurück auf ihren Platz. „Victoria, hörst du mir überhaupt zu? Ich sagte ich rede mit deiner Mutter und wenn sie ja sagt, dann kannst du meinetwegen hingehen."
„Du hast mich wiedergefunden, oder? Sie kann jetzt gar nicht nein sagen." Victoria strahlte übers ganze Gesicht.
…
An Schlafen war in dieser Nacht nicht zu denken. Thrawn konnte immer noch kaum glauben was Victoria da getan hatte. Ihre Geschichte war sogar noch schlimmer gewesen als erwartet hatte – das hätte genauso gut auch schiefgehen können. Die Vorstellung, dass er sie unter anderen Umständen womöglich vergewaltigt worden wäre, oder er sie in einer Leichenhalle hätte identifizieren müssen, hing wie ein dunkler Schatten in der Luft. Er hatte nicht damit gerecht, dass sie zu so etwas Unüberlegtem fähig war. War er damals auch so impulsiv gewesen? – Nein, so etwas hätte bestimmt niemals getan, nicht mal als Teenager. Aber Victoria war schließlich nicht nur sein Kind, auch wenn er dies manchmal zu vergessen oder vielleicht auch zu verdrängen schien. Sie war zu 50% auch Leias Kind und er wusste genau, dass Leis unter all den guten Manieren die Bail Organa seiner Tochter eingebläut hatte, ein gehöriges Temperament verbarg, welches man auch zu spüren bekam, wenn man sie in die Ecke drängte. Er konnte sich gut vorstellen, dass Leias Erziehung nicht ganz reibungslos abgelaufen war. Ein weiterer Grund warum er nicht schlafen konnte, war die Frage, was er nun tun sollte. Er hatte Leia geschrieben, dass Victoria wohl und nun bei ihm sei und sie sich keine Sorgen mehr machen müsse. Aber was nun? Ihr Fortlaufen war nur Ausdruck ihres allgemeinen Unbehagens mit ihrer derzeitigen Lebenssituation– zumindest wenn man ihrer Geschichte Glauben schenken durfte. Wenn er ehrlich mit sich war, war ihm dies nicht unangenehm. Er verstand die Allianz und sympathisierte sogar mit einigen ihrer Forderungen. Nachdem was Tarkin Alderaan angetan hatte, konnte er auch Leia verstehen. Tarkin…was der Imperator sich dabei gedacht hatte, den Todesstern in die Hand dieses Sadisten zu geben war ihm unklar. Was auch immer es gewesen war– es hatte definitiv nicht funktioniert. Ein schwarzer Tag für das Imperium, in jeder Hinsicht.
Nichtsdestotrotz stand für ihn unzweifelhaft fest, dass das Imperium generell das Richtige tat. Männer wie Tarkin waren die Ausnahme und das Imperium würde sie alle überleben. Die Rebellion andererseits war zum Großteil nichts Weiteres als Weltraumterrorismus. Sie klagten gegen alles was ihnen nicht passte oder jagten es einfach in die Luft. Was sie damit bewirkten war nur noch mehr Militärpräsenz, welche für Ordnung sorgen musste, was dann wieder ihrem Stereotyp der Militärdiktatur in die Hände spielte. Oppositionen hatten es immer einfacher als Regierungen. Viele von ihnen würden nicht mal wissen was sie tun sollten, wenn sie wirklich einmal die Regierung sein würden. Sie konnten es auch logistisch und personaltechnisch nicht. Es gab Wesen die einfach keinem Befehl gehorchen konnten, die sich einfach nichts sagen ließen, egal mit welchen Argumenten man versuchte sie zur Räson zu bringen. Das Imperium war nicht die schlechteste Regierung. Es bedeutet in erster Linie Stabilität und Sicherheit und dies hatte nun mal seinen Preis und je größer der Bereich, den eine Regierung kontrollierte, desto mehr Probleme gab es auch. Das war ein Fakt. Ein Utopia gab es nicht und würde es auch niemals geben. Victorias neuerliche Abneigung der Allianz war anderer, persönlicherer Natur, dennoch war sie dort nicht glücklich. All ihre Argumente wie die mangelnde Schulbildung, die soziale Isolation und die permanente Gefahr der sie ausgesetzt war, waren nachvollziehbar. Er hatte in seinen schlimmsten Albträumen befürchtet irgendwann eine Verlustliste mit ihrem Namen auf seinem Schreibtisch liegen zu haben. Victoria nun einfach zu behalten war demnach ein attraktiver und naheliegender Gedanke. Nicht auf Coruscant, aber womöglich auf Trellas III. in den Unbekannten Regionen. Er könnte dort ein Haus kaufen; seine Flotte war regelmäßig dort, um in den Raumhäfen Repartitionen zu tätigen sowie Munition und Lebensmittel zu verladen. Dennoch… er war alles andere als unparteiisch hier… Victoria war ein Teenager und sie war fortgelaufen. Dies war nichts Außergewöhnliches. Was sie jetzt hasste, konnte sie morgen ebenso gut vermissen. Leia war eine gute Mutter, sie hatte sie viel besser erzogen als er es hätte tun können und jetzt wo sie aus dem Gröbsten heraus war, konnte er sie ihr nicht einfach so `wegnehmen´. War sie alt genug eine solche Entscheidung selbst treffen zu können? Ihrem neuesten Abenteuer nach zu urteilen keinesfalls. Außerdem konnte und durfte Victoria sich nicht daran gewöhnen immer bei dem einen Elternteil das zu bekommen, was das andere ihr versagte, auch wenn die Versuchung groß war.
…
Am darauffolgenden Tag
Es war der 24. Dezember und Heiligabend stand im wahrsten Sinne des Wortes vor der Tür, doch an Weihnachtstimmung war nicht zu denken. Als sie klein gewesen war, hatte sie diesem Tag Monate lang zugefiebert und die letzten Jahre hatte sie die Festlichkeiten einfach nur über sich ergehen lassen. Oder sich dies zumindest immer wieder eingeredet. Sie hatte alles daran gehasst: Von der zusammengesuchten Weihnachtsdekoration, über die Plätzchen und ihre Geschwister die stundenlang Wunschzettel schrieben, bis hin zum Singen unter der Monstrosität des Plastiktannenbaumes. Dieses Jahr war es ihr tatsächlich gelungen alledem zu entkommen und sie vermisste es irgendwie… Der 24. Dezember war meistens kein Tag der Besinnung gewesen. Es gab immer Ärger und jetzt war es tatsächlich zu still. Es war schon komisch wie schnell man sich an Dinge gewöhnen konnte.
Victoria legte das Buch zur Seite. Es hatte keinen Sinn. Sie stand auf, schlupfte in ihre nun sauberen Sachen und ging ins Nebenzimmer.
„Dad?" sie stand in der Tür der Arbeitszimmers und schaute ihren Vater fragend an.
„Ja?"
„Ich dachte nur, heute ist Heiligabend… hast du irgendwas geplant?" Weihnachten. Er hatte es vollkommen vergessen.
„Liegt dir etwas am Vollzug dieses Rituales?"
Irgendwie hörte sich dies nicht besonders an. Vielleicht war das hier keine so gute Idee gewesen.
„Also wenn du `Ritual´ sagst, hört sich das an als wären all die Menschen da draußen religiöse Spinner oder als sei die ganze Sache total überholt."
„Die Geschichte der Kindertötung durch den König Herodes, dem Weihnachtsstern und der Geburt des Erlösers der Menschheit in einem Stall haftet schon etwas Unglaubwürdiges an, wenn ich das sagen darf. Aber jede Kultur hat ihre Traditionen, Mythen und Geschichten."
Victoria schaute auf ihre Schuhe. „Vielleicht, aber es geht auch um Familie, Besinnung und Frieden und darum anderen eine Freude zu machen. Ihnen zu zeigen, dass man sie gerne hat und Zeit miteinander zu verbringen." Familie, Besinnung und Frieden – Das passte ja wunderbar zu ihm! Es gab vermutlich keinen Festtag für soziale Verarmung, Stress und Krieg. Da er in den letzten Jahren nur durch Abwesenheit geglänzt hatte, konnte er ihr Weihnachten wohl kaum versagen. Schließlich hatte er auf Csilla seiner Mutter zu liebe auch so einiges über sich ergehen lassen.
„Ich verstehe. Nun ja, wir haben einen ähnlichen Familientag, welcher an alte Mythen geknüpft ist. Was genau möchtest du gerne an Weihnachten tun?"
„Ähm…also ehrlich gesagt würde ich am liebsten erst mal Geschenke für alle kaufen. Für Jaina habe ich schon ein Kinderschraubenschlüsselset gefunden und für Mom gab es da so ein Kochbuch das sie bestimmt toll finden würde, allerdings bin ich mir nicht sicher wie gut es ist ein Kochbuch zu verschenken…und für die anderen muss ich noch was suchen."
Thrawn sah zurück auf den Computerbildschirm. Die Reparaturberichte der Schimäre konnten warten.
„Einverstanden, wir gehen einkaufen. Aber nur unter der Bedingung, dass du die ganze Zeit in Sichtweite bleibst. Ich habe keine Lust dich erneut auf Imperial City zu verlieren. Falls doch, fällt Weihnachten dieses Jahr für dich aus."
„Deal!"
…
So etwas Verrücktes hatte Thrawn in seinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Die Malls waren so voll, dass selbst wenn man stürzte, man den Boden nicht berühren würde. Die Menschen kauften ein als gäbe es morgen keine Geschäfte auf dem Planeten mehr! Es war unglaublich voll und überall war es weihnachtlich dekoriert und Weihnachtsmusik erklang. Eine Frau rief ihrem Mann sauer hinterher, dass er verdammt noch mal stehen bleiben solle und vor den Repulsoraufzügen bildeten sich bereits lange Schlangen.
„Ist das immer so?" fragte er in Richtung Victoria.
„Ja. Ich meine es ist mein erstes Jahr auf Coruscant, aber eigentlich ist es immer überall so am 24. Dezember. Alle wollen noch schnell was kaufen: Essen für die Verwandten, oder ein teures Geschenk für die Geliebte." Sie zeigte hinüber zu einem überfüllten Juweliergeschäft. „Der macht gerade das Geschäft des Jahres."
„Und die Frau bekommt dann das Kochbuch." Victoria zeigte auf den Buchladen gegenüber und lachte laut.
„Ganz schön zynisch für jemanden deines Alters."
„Jahrelange Observation. Es ist wirklich schrecklich was einige Männer ihren Frauen kaufen: Neue Haushaltsgeräte und Eintrittskarten für Podrennen – das Schlimmste was ich mal gesehen habe, war dass ein Mann seiner Frau eine Bowlingkugel gekauft hat. Die hat sich bestimmt gefreut – und ihm die Bowlingkungel dann auf den Fuß fallen lassen. Han hat Mom mal einen Bauchwegtrainer geschenkt!" Sie lachte laut als sie sich an die Szene erinnerte.
„Charmant."
„Allerdings. Keine Ahnung was der Mann ihr dieses Jahr antut, wenn ich ihn vorher nicht berate."
„Ich bekomme langsam das Gefühl dass Weihnachten nichts Religion oder Familie zutun hat, sondern in Wirklichkeit nur eine enorm erfolgreiche Werbekampagne der Geschäftsleute ist. Ich sollte mich informieren was hier an Weihnachten umgesetzt wird - vielleicht könnten wir das besteuern."
„Wage es nicht! Es ist so schon viel zu teuer hier! Aber ich muss gestehen dass es auch richtig cool hier ist. In meinem ganzen Leben war ich noch NIE in so einer Mall zum Weihnachtseinkäufe machen." Sie sah sich erneut mit großen Augen um. So viele Geschäfte…
„Der Traum eines jeden Kapitalisten."
„Du hörst dich an wie Mutter. Das ist unheimlich."
„Tatsächlich?", fragte Thrawn leicht ungläubig.
„Ja, sie würde vermutlich nichts Gutes an diesem Platz lassen. Aber sie hasst Coruscant eh."
Anscheinend hatten sie nun das Geschäft erreicht in dem Victoria ihre potentiellen Geschenke erspäht hatte. Hoffentlich würde es nicht lange dauern.
…
Bisher gefiel ihm Weihnachten überhaupt nicht. Was zum Imperator fanden die Menschen gut daran wie verrückt durch Läden zu rennen und hier ihre Zeit mit anstehen zu vergolden? Es war schrecklich und Victoria mangelte es definitiv an Entscheidungskraft. Von wem sie diese Eigenschaft geerbt hatte, konnte er sich beim besten Willen nicht erklären. Das hier war kein `einkaufen´. Es war eine Besichtigung jeden Geschäftes mit anschließendem Abwägungsverfahren über das Preis-Leistungs-Verhältnis und dann `einkaufen´. Generell schien niemand etwas zu kaufen was er wirklich benötigte, vielleicht lag hier das Problem. Die Parfumabteilung war besonders schlimm. Anschließend roch man gar nichts mehr.
„Admiral?" Thrawn drehte sich um und sah Captain Pellaeon mit einer Frau am Arm hinter sich stehen.
„Captain …Das nenne ich mal eine Überraschung."
„Sir, darf ich Ihnen meine Schwester Daniella Kapson vorstellen? Daniella, das hier ist mein Vorgesetzter und leitender Offizier an Board der Schimäre, Grandadmiral Thrawn. Ich hab dir mal von ihm geschrieben."
Thrawn reichte der Frau die Hand.
„Nur Gutes hoffe ich. Freut mich Sie kennenzulernen, Mrs. Kapson." Sie lächelte ihn freundlich an.
„Natürlich nur Gutes. Ist das ihre Tochter?" Thrawn drehte sich um und sah Victoria, welche in das Schaufenster eines Schokoladengeschäftes blickte.
„Allerdings. Victoria, kommst du mal bitte her." Er schob sie aufmunternd nach vorn und stellte sie dann kurz vor.
„Ich hatte keine Ahnung, dass Sie ein Kind haben, Sir." gestand Pellaeon.
„Und ich dachte die ganze Galaxis wüsste das."
„Ich habe es gewusst." sagte Mrs. Kapson und sah ihren Bruder grinsend an.
„Du liest auch mehr Klatschzeitungen als ich!" entgegnete er genervt. „Entschuldige, Dani. Es ist nur…ich hasse Weihnachtseinkäufe und was dein Sohn sich wünscht? Ich hab' keine Ahnung."
„Da könnt ihr euch ja zusammentun." stichelte Victoria und sah ihren Vater dabei schelmisch an.
„Ach ja?"
„Sorry, aber es ist ziemlich offensichtlich, dass es dir keinen Spaß macht." sie lachte. „Wie wäre es damit: Mrs. Kapson und ich gehen weiter einkaufen und ihr zwei unterhaltet euch über Militärsachen oder was auch immer und wir treffen uns in einer Stunde hier wieder?"
Der Vorschlag war verlockend, doch hatte er heute nur Ruhke mitgenommen, um keine zu große Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und die Idee Victoria alleine ziehen zu lassen gefiel im ganz und gar nicht. Andererseits war Mrs. Kapson bei ihr und sie hatte wahrlich Schlimmeres überstanden.
„Ich passe auf sie auf, Grandadmiral. Keine Sorge." erklärte die Frau als sie Thrawns Zurückhaltung bemerkte.
„Einverstanden. In einer Stunde. Hier."
…
„Woher hast du all das Geld für die Sachen?" Thrawn betrachtete die Einkaufstüten septisch, als Victoria sie im Flur des Apartments stapelte.
„Der Flug war `umsonst´, die Hotels zu teuer und dann habe ich bei den Benetts für meine Unterkunft gearbeitet, so dass ich eigentlich bisher kaum etwas ausgegeben habe." Sie öffnete eine der Tüten und brachte ein mittelgroßes Weihnachtsgesteck zum Vorschein. Es war ein rot-golden dekorierter Kieferkranz mit einer dicken, roten Kerze in der Mitte.
„Das musste sein, da wir schon keinen Weihnachtsbaum haben." Sie platzierte das Gesteck auf dem Wohnzimmertisch, zündete die Kerze an und dämmte dann mit einem breiten Grinsen ein wenig das Licht. In der nächsten Tüte befanden sich ein paar Weihnachtskekse, welche sie dann auf einen Teller packte und neben das Gesteck stellte. Na also, Weihnachten konnte kommen. Anschließend drehte sie die Heizung voll auf, aktivierte das HoloTV und wurde nicht enttäuscht als sie Ted Gorbans Klassiker `Weihnachten auf Corellia´ auf mindestens vier Kanälen fand. Victoria suchte sich die Version heraus, die noch am meistens Fernsehspaß versprach und lies das Holo nebenbei laufen.
„Ich gestehe, dass das ganz nett aussieht." erklärte ihr Vater, welcher ihr bisher schweigend zugesehen hatte. „Und was kommt als nächstes?"
„Traditionell gesehen: Gemeinsam Essen, Bescherung, bei Glühwein, Keksen und anderen Leckereien unter dem Tannenbaum singen und dann bis tief in die Nacht mit der Familie Gesellschaftsspiele spielen und Geschenke ausprobieren. Aber keine Angst, das hier wird eine entschärfte Version!"
Wenn er all die Einkaufstüten sah, bezweifelte Thrawn dies strakt. „Das hoffe ich, denn bisher hat mich diese menschliche Tradition nicht überzeugt."
„Es wird dir gefallen" versprach Victoria, griff nach einer weiteren Tüte und hielt dann eine Reispackung hoch. „Du kannst kochen, oder?"
„Es erscheint mir ein wenig ineffizient an Weihnachten zu kochen. Es kostet schließlich Zeit. Ich hatte damit gerechnet, dass wir etwas bestellen." erklärte er, folgte ihr aber dann in die Küche und brachte einige Kochtöpfe zum Vorschein.
„Einfach bestellen und bezahlen ist aber nicht dasselbe wie etwas zusammen zu machen. Es ist eine gemeinsame Erfahrung. Etwas Besonderes."
„Vielleicht… Das letzte Mal dass ich gekocht habe, war noch in meiner vorimperialen Zeit. Ich kennen und schätze viele menschliche Gerichte, die Art und Weise ihrer Zubereitung ist mir jedoch gänzlich unbekannt."
Victoria kam mit zwei weiteren Tüten zurück und legte Fleisch, eine Fertigsoße, verschiedene Gemüsesorten, einen Salatkopf, Eier, Milch und Puddingpulver auf den Küchentisch.
„Gut, so macht es noch mehr Spaß. Jetzt, wo du es sagst, die Töpfe sind auch noch nie benutzt worden…" Sie hob einen Topf an und betrachtete ihn genau. „Naja. Ich bin selber nicht besonders gut im Kochen, also gibt es was Einfaches. Das kann gar nicht schief gehen!"
…
Wie es aussah hatte sie nicht zu viel versprochen, denn das Putengeschnätzelte in Gemüserahmsoße auf Reis mit Salat und Schokoladenpudding war wirklich gut und mehr als genug für beide.
„Nicht schlecht für jemanden der gerade mal 14 Jahre alt ist."
„Mom würde sagen, dass wir geschummelt haben. Jemand der richtig kocht, braucht keine Fertigsoßen und Puddingpulver. Mann kann das alles auch irgendwie mit Mehl hinbekommen. Aber ich kann es nicht." Sie stand auf und brachte das Geschirr in die Spülmaschine. Dann griff sie hinter ein Tablett und brachte ein kleines, silbernes Päckchen mit roter Schleife zum Vorschein.
„Ich konnte nicht anders: Frohe Weihnachten!" Sie strahlte und überreichte das Päckchen.
Thrawn betrachtete das Päckchen eine Weile und sein Verstand begann bereits damit den möglichen Inhalt von Form und Gewicht zu erschießen.
„Ich muss gesehen, dass ich ernsthaft interessiert bin zu sehen, was du denkst was mir gefallen könnte. Da ich schon vermutet habe, gerade bei einem Kind…"
„Teenager" verbesserte Victoria prompt.
„…gerade bei einem Teenager nicht um den Geschenke-Teil von Weihnachten herumzukommen, habe auch was für dich besorgt."
„Ehrlich?" strahlte sie und sah sich forschend um.
„Es ist nicht hier. Da meine Vorstellung von einkaufen etwas…`entspannter´ ist als deine, habe ich es während meines Gespräches mit Captain Pellaeon über das HoloNet bestellt und liefern lassen. Es müsste bereits eingetroffen sein." Er stand auf und ging in Richtung Tür.
„Ok. Wollen die Geschenke dann im Wohnzimmer aufmachen?"
„Das hier ist deine Tradition." hörte sie eine Stimme aus dem Flur.
„Ok. Wohnzimmer dann. Danke!" Sie nahm die Gläser und Getränke aus der Küche mit und setzte sich dann vor das immer noch aktivierte und leise vor sich hin spielende HoloTV.
„Womöglich wirst du dich irgendwann für `Weihnachten´ revanchieren musst. `Tachmal´ mit deiner Großmutter ist äußerst anstrengend." Thrawn legte ein um ein vielfach größeres Weihnachtsgeschenk neben das Gesteck, direkt vor Victoria.
„Frohe Weihnachten" Wow. Das war ja riesig! Sie hatte absolut keine Ahnung was in dem quadratischen Packet sein konnte. Sie hatte sich doch gar nichts gewünscht.
„Du zuerst!"
„Wie du willst." Thrawn setzte sich neben sie und begann langsam das Packet auszupacken.
„Was ist eigentlich `Tachmal´?"
„Einmal im Jahr werden die Götter von Csilla auf dem Gletscher von Caspar geehrt, in einer Art Prozession. Aber auch hier geht es schon seit Dekaden nicht mehr um die Götter, oder nur noch nebenbei. Es geht eigentlich nur darum, seine Kinder bestmöglich zu verheiraten und um gutes Essen und Trinken."
„Oh…"
„Allerdings."
Mit dem Lösen des letzten Klebebandes gab das Päckchen nun endlich seinen Inhalt Preis: Es war ein silberner Holobilderrahmen. Thrawn aktivierte ihn und sah ein Bild vom dem er keine Ahnung gehabt hatte, das es existierte. Es war bereits sehr alt und zeigte sich selbst und seiner Tochter. Victoria war auf dem Bild höchstens ein-zwei Jahre alt, trug einen gelblichen Strampel und hatte einen großen, weißen Nuckel im Mund. Ihre dunklen Haare waren zu dem Zeitpunkt noch lockig gewesen und der Kopf und die Augen erschienen, wie bei allen Kleinkindern, verhältnismäßig groß zu sein, was sie unglaublich liebenswert aussehen ließ. Sie saßen auf einem Sofa, Victoria direkt neben und halb auf ihm, da sie sich über seine Knie nach vorne beute, um mit weitaufgerissenen Augen und ausgestrecktem Finger das Buch zu erkunden, welches er ihr allem Anschein nach vorlas. Mit der einen Hand hielt er das Buch und mit der anderen sie, damit sie nicht vom Sofa rutschte. Gott, wie lange das jetzt schon her war. Eben war sie noch ein Baby gewesen und jetzt setzte sie sich eigenmächtig nach Imperial City ab.
„Ich hoffe es gefällt dir." unterbrache sie seine Gedanken.
„Ja, sehr. Ich habe das Bild noch nie zuvor gesehen."
„Ich dachte es könnte dir gefallen, da wir beide darauf sind. Mom liebt es, da ich darauf ja angeblich so `süß´ aussehe!" Sie verdrehte die Augen. „Sie hat es damals heimlich aufgenommen und es mir später auf einen Schlüsselanhänger-Holocube gemacht. Er enthält zwölf Fotos die sich alle halbe Minute ändern. Familienfotos und so. Es war ein Geburtstagsgeschenk vor ein paar Jahren. Willst du ihn mal sehen?" Sie griff in ihre Hosentasche und brachte einen Schlüsselbund zum Vorschein.
„Hier." Sie reichte den Cube, zusammen mit den Schlüsseln, ihrem Vater. „Im Shopping Center sah ich den Rahmen. Ich fand ihn ganz schön und fragte dann den Angestellten, ob er das Foto für mich transfieren könne. War überhaupt kein Problem." Thrawn war für eine Sekunde geneigt sie zu ermahnen nie wieder Privatfotos in die Hand Dritter zu geben, doch es war wirklich eine gelungene Überraschung gewesen und es war unwahrscheinlich dass der Fotorahmenverkäufer ihn auf dem Foto erkannt hatte, erst recht ohne Uniform.
„Danke. Ich werde es in Ehren halten."
Dann war es an ihr, das Geschenk zu öffnen. Sie zog das Packet auf ihre Knie und begann sorgfältig es auszupacken, schon ein erster verstohlener Blick unter das Papier verreit, dass es sich um einen neuen Laptop handelte.
„Wow. Ähm… Der war ganz schön teuer."
„Hat es dir die Manieren verschlagen oder warum höre ich kein Danke?"
„Ja, natürlich DANKE! Aber… Das…" sie zeigte verlegen auf den Bilderrahmen und dann auf den Laptop. „…steht ja wohl nicht ganz im Verhältnis." Er tat ihre Bedenken mit einer Handbewegung ab.
„Während unseres kleinen `Einkaufsabenteuers´ hatte ich hinreichend Gelegenheit das Kaufverhalten von Eltern zu studieren - ich denke das mein Geschenk vollkommen verhältnismäßig ist. Wenn es dir jedoch lieber ist, kannst du es auch als Kompensation der verpassten Weihnachtsjahre ansehen."
Sie grinste. „Ok, ich denke ich kann damit leben! Mein Computer ist schon so alt…Der hier ist zwar besser als alles was ich mir gewünscht hätte, aber wer bin ich mich zu beklagen? Woher wusstest du, dass ich einen neuen Computer brauche?"
„Woher?" fragte er leicht belustig. „Nach vier Stunden `einkaufen´ mit dir, braucht man nun wirklich keine Genie zu sein, um zu erkennen was dir gefällt."
Sie lachte. „War es so schlimm?"
„Es hat sicherlich seinen Grund das Weihnachten nur einmal im Jahr stattfindet." Er griff nach dem Energiekristall und stecke ihn in die Ladestation. „Dann wollen wir mal sehen was das Ding so alles kann."
…
Nach gut einer Stunde schloss sie ihr neues Spielzeug mit einem zufriedenen Lächeln. Der Laptop war super und sie konnte ihn wirklich gut gebrauchen! Jacen und Jaina würden vielleicht Augen machen! Vielleicht sollte sie ihn besser verstecken, bevor sie ihn noch kaputt machen würden. Gerade Jaina konnte ihre Finger bestimmt nicht von ihm lassen. Doch der Gedanke an ihre Geschwister stimmte sie auch traurig. Was machten sie jetzt wohl? Was hatten sie zu Weihnachten bekommen…
„Was ist los?" riss eine Stimme sie aus ihren Gedanken. „Du scheinst mit den Gedanken ganz woanders zu sein." Ihr Vater las irgendetwas auf einem Datenpad.
„Es ist nichts. Ich habe nur nachgedacht. Über Zuhause und so." Thrawn legte das Pad zur Seite.
„Und warum hörst du dich so betrübt an?"
Victoria zuckte mit den Schultern und sah sich verunsichert um. „Keine Ahnung. Es sieht so aus als hätten sich all meine Wünsche erfüllt: Als ich klein war wollte ich immer dass du Weihnachten auch da bist. Dann fing ich an es zu hassen, nicht nur Weihnachten – alles. Ich wollte nur noch weg. Jetzt habe ich habe Beides… und der Laptop ist toll…aber…"
„…aber du bist nicht glücklich." beendete ihr Vater den Satz für sie.
„Sei mir nicht böse, aber ich vermisse Mom…und die Zwillinge und sogar Han. Es ist halt Weihnachten und … irgendwie ist es nicht wirklich Weihnachten ohne sie."
Nein, er war ihr nicht böse. Wie konnte er. Sie war zwar `sein´ Kind, aber er war nicht ihre Familie. Victoria mochte darauf bestehen, dass sie ein Teenager war und dies nicht mit Kindern vergleichbar sei, aber für ihn war sie genau das. Sie war ein Kind und sie war weit weg von Zuhause, von ihrer Familie. Natürlich konnte sie damit nicht umgehen und wenn sie selbst Weihnachten nicht ohne ihre Familie verbringen konnte, brauchte er sie nicht fragen, ob sie vielleicht für immer bleiben wollte. Sie brauchte ihre Mutter und den Schutz und Halt einer Familie. Die Allianz war gefährlich und falsch, aber sie war einfach…zu jung. Es würde nicht gutgehen.
„Mit ein bisschen Fingerspitzengefühl könnte ich womöglich deine Mutter ans HoloKom bekommen. Sie wird sich bestimmt freuen dich zu sehen. Dann kannst du auch gleich mit ihr ausmachen wo sie dich wieder abholen soll. Die Schimäre wirdin zwei Tagen wieder auslaufen, also haben wir wenig Zeit."
…
„Frohe Weihnachten." Leia starrte ungläubig auf den Bildschirm. Es war Thrawn.
„Aber ich dachte…"
„Du brichst die Vereinbarung, ich breche die Vereinbarung. Wir sind quitt. Außerdem brennt jemand geradezu darauf dir eine frohe Weihnacht zu wünschen."
Leia lächelte. Natürlich. Aber es war nichtsdestotrotz eine nette Geste von ihm.
„Danke. Wie geht es dir?"
„Eurer Weihnachten ist auf jeden Fall eine interessante Erfahrung. Für einige jedoch mehr als für andere." Man sah wie er jemanden außerhalb des Videorahmens zuwinkte und Anstalten machte seine Platz zu räumen.
„Thrawn?" Es war selten, dass sie ihm bei seinem Kernnamen ansprach, also hielt er in seiner Bewegung inne und sah sie fragend an.
„Frohe Weihnachten." Leia lächelte und er wusste, dass sie ernst meinte. Er nickte ihr zu und im fliegenden Wechsel sah Leia dann zum ersten Mal in einer Woche das Gesicht ihrer ältesten Tochter.
„Frohe Weihnachten, Mom!"
„Oh frohe Weihnachten, mein Schatz. Wie geht es dir?"
…
„Ich hoffe das Gespräch war zu deiner Zufriedenstellung?"
„Ja. Danke, Dad." ‚Victoria lies sich hörbar auf das Schlafsofa fallen.
„Kein Ursache. Hast du mit deiner Mutter über deine Abreise gesprochen?" frage ihr Vater ohne Umschweife.
„Sie meinte morgen Abend. Wieder auf Myrtol, wie bei unserem letzten Treffen, das hatte ja relativ gut funktioniert, nur diesmal ohne Schneesturm! Und wir treffen uns direkt am Raumhafen, am Infostand."
„Myrtol ist weit entfernt. Wir werden schon früh abreisen müssen. Du solltest jetzt schlafen." Sie nickte. „Ja ich weiß, eigentlich schade." Ob sie damit das Schlafen oder die Abreise meinte, blieb offen.
„Und was hat Captain Solo ihr `dieses Jahr angetan´?" fragte Thrawn als er die Gläser zurück in die Küche brachte.
„Angeblich hat sie eine Halskette und ein LernHolo für Selbstverteidigungsgriffe geschenkt bekommen. Es hätte schlimmer kommen können." hörte Thrawn ihre Stimme aus dem Wohnzimmer erklingen.
„Das LernHolo sollte du dir auch ansehen." erklärte er unverblümt, als er zurück ins Wohnzimmer kam und sie beim Umziehen erwischte. Sie stand in Schlafanzugshose und BH vor ihm. „Du benötigst Training." Er zeigte auf ihren flachen, aber untrainierten Bauch.
„Schon mal was von Privatsphäre gehört?" fragte sie ein wenig gereizt und streifte sich schnell das Oberteil über.
„Und wozu sollte ich schon trainieren?" fragte sie mehr aus Höflichkeit als aus wahren Interesse und baute das Sofa langsam wieder zum einem vollständigen Bett um.
„Aus Sicherheitsgründen. Du solltest in der Lage sein dich zu vierteiligen." erklärte Thrawn trocken und setzte sich auf den Sessel nehmen sie.
„Wer sollte mir schon was antun?" lachte sie und suchte nach einem Kissen. „Wer mich klaubt bringt mich eh am nächsten Tag wieder zurück."
„Ich finde das nicht lustig, Victoria." Er stütze seinen Kopf auf den Händen an und sah sie für einen Moment durchdringend an, bevor er eine Entscheidung zu treffen schien. „Victoria, du musst dir einem immer bewusst sein: Es gibt Wesen da draußen, die würden alles tun um mir weh zu tun, um sich an mir zu rächen. Du kennst sie nicht und du hast ihnen auch nichts getan, aber sie würden dich ohne Gewissensbisse quälen, verletzten und töten. Vermutlich würde es ihnen sogar Spaß machen."
„Würden sie sich dann nicht auf die gleiche Ebene begeben auf der sich dich vermuten? Wo ist der Sinn darin? Es fällt mir schwer das zu glauben. Wie können sie sich selbst noch ertragen, nachdem sie so etwas Schlimmes angetan haben?" Sie warf die Decke auf das Sofa und lies sich dann darauf nieder.
„Es funktioniert. Sieh mich an… Victoria, diese Leute `vermuten´ mich nicht auf irgendeiner Ebene. Ich `habe´ - und das ist ein Fakt - im meinem Leben entsetzliche, inhumane Dinge befohlen, nicht grundlos, aber das macht sie nicht moralisch tragbarer. Nicht für die Menschen die davon betroffen waren. Einige Dinge die ich getan habe, tat ich, weil sie richtig waren. Andere, weil sie mir befohlen wurden. Dies sind vermutlich die ersten zwei Lektionen die man im Militär lernt, erstens: Wer befehlen will, muss zuerst gehorchen lernen und zweitens: Es gibt nichts wozu du nicht fähig bist. Im Krieg hat man nicht den Luxus über die moralischen Auswirkungen einer Entscheidung zu sinnieren. Manchmal sind Leben nur noch Zahlen, manchmal trifft man eine harte Entscheidung nur um dem Gegner klar zumachen, dass man zu solchen Taten fähig ist und manchmal tut man es um ein vermeidlich schlimmeres Übel zu vermeiden und dann lebt man mit diesen Entscheidung. Mit den richtigen genauso wie mit den falschen. Für viele Leute wäre dein Tod nur eine gerechte Strafe, ein Art Racheakt für die Leben die ich zerstörte. Ich weiß nicht, wie ich dir das begreiflich machen soll… Die Frage ob es gerecht, moralisch und sinnig ist, stellt sich hier nicht. Du bist mir wichtig und unersetzlich, das macht dich für meine Feinde zu einem überaus verführerischen Ziel. Deshalb möchte ich, dass du lernst dich zu verteidigen. Du hast niemandem etwas getan, doch solange ich lebe – möglicher Weise länger - wird dein Leben in Gefahr sein. Es ist meine Schuld und ich wünschte es wäre nicht so, aber ich kann es nicht ändern."
Sie sah ihn etwas verunsichert an. „Was hast du getan?"
„Stelle keine Fragen auf die du nicht die Antworten hören willst…" Er hatte sich niemals für seine Befehle geschämt, aber einige ihrer Auswirkungen seiner kleinen Tochter zu erklären, dafür war er noch nicht bereit. „…aber Kinder sollten nicht den Preis für die Taten ihrer Eltern zahlen."
„Ok, ich gucke das Video und mache so einen Selbstverteidigungskurs."
„Gut, und jetzt schlafe. Morgen wird ein langer Tag."
„Nacht, Dad."
…
Leia stand neben dem Infostand am Myrtoler Raumhafen und fror. Zumindest war hier auf das Wetter verlass. Es war immer schön kalt.
„Mom!" Leia drehte sich um und sah Victoria auf sich zu rennen. Die zwei umarmten sich herzlichen und Leia küsste die Wangen ihrer Tochter.
„Was machst du nur für Sachen?"
„Tut mir Leid, Mom!"
„Hallo. Leia." Sie ließ von ihrer Tochter ab und begrüßte Thrawn.
„Hallo. Schön dich zu sehen."
Um der Kälte zu entkommen, machten die drei sich schnell auf den Weg. In Hangar 37 angekommen, sah Thrawn zu seiner Überraschung eine längliche SoroSuub Yacht.
„Die Lady Luck? Calrissians Schiff?"
„Ja. Du weißt doch wie es ist - dann hat man ein Basislager gefunden und dann muss man es aus den verschiedensten Gründen auch schon wieder aufgeben. Diese verfluchten Imperialen." Leia grinste.
„Ja, ich habe gehört die sollen ganz schön hartnäckig sein."
„Allerdings. Selbst an Weihnachten lassen die einen nicht in Ruhe. Nichtsdestoweniger machen wir das Beste draus und so feiert die Flotte ein kleines Weihnachtsfest im All. Das konnte ich Jacen und Janina ja wohl kaum versagen."
„Das heißt du bist alleine hier draußen?" fragte Thrawn ungläubig. Leia nickte.
„Ich weiß nicht ob ich verwundert oder verärgert darüber sein soll, dass dein Mann dich alleine fliegen lässt."
„Ich kann schon auf mich alleine aufpassen, was du?" erklärte sie kokett und blieb dann vor der Einstiegsluke stehen, ihre Tochter fest an sich gedrückt.
„So da wären wir nun… Kommst du noch mit rein? Auf einen Kaffee vielleicht?" Eigentlich sollte er das nicht tun, doch der Gedanke sogleich den langen Rückflug anzutreten erschien ihm im Moment wenig attraktiv.
„Nun gut. Aber nur kurz."
…
Der Kaffee war stark und sein wohliger Geruch erfüllte den Raum. Die Lady Luck war um einiges geräumiger und luxuriöser als der Falcon und so schien es gleich mehrere Erholungsräume zu geben.
Victoria war bereits verschwunden, um ihr neues Spielzeug in ihrem neuenn Quartier anzuschließen und so saßen Leia und Thrawn alleine in einem der Aufenthaltsräume.
„Kaffee ist eine furchtbare menschliche Erfindung." Er griff nach der Tasse. „Man kommt einfach nicht mehr davon los."
Leia lächelte. „Ja, eine wahrlich unterschätze Droge." Doch dann wurde ihre Miene erster.
„Thrawn…ich…" Es viel ihr allen Anschein nach schwer ihre Gefühle in Worte zu fassen. „Danke. Danke, dass du nach ihr gesucht und sie gefunden hast und danke, dass du sie zu mir zurückgebracht hast. Ich hatte Angst, dass du es ihr nicht erlauben würdest. Wahrscheinlich ein weiterer Grund, warum ich damals nicht sofort Kontakt aufgenommen habe…Ich hatte so viel Angst. Das sie nun wieder bei mir ist, ist mit Abstand das beste Weihnachtsgeschenk."
Er drehte die Tasse in seinen Händen und schaute nach unten. „Sie ist auch mein Kind, Leia. Ich würde ihr niemals absichtlich Schaden zufügen oder zulassen, dass ein Anderer es tut. Aber der Gedanke sie zu behalten ist mir natürlich durch den Kopf gegangen."
Es war gut zu wissen, dass er ehrlich mit ihr war, aber ein wenig beunruhigend war es auch.
„Was hat dich davon abgehalten?"
„Sie braucht dich. Egal was sie tut oder sagt, sie ist noch ein Kind und braucht ihre Mutter, ihre Familie. Du hast sie gut erzogen."
Leia lachte. „Ja, das sieht man. So gut, dass sie mir wegläuft!" Er schüttelte den Kopf.
„Nun ja, mal abgesehen von diesem Fehltritt, ist sie ein wundervolles Kind. Ich würde es begrüßen sie in vier Jahren nicht auf der schwarzen Liste zu sehen. Sie hat besseres verdient." Leia biss sich auf die Unterlippe. In vier Jahren wurde Victoria volljährig und ab dann würde ihre Assoziation mit der Allianz sie offiziell als Rebellin brandmarken. Ein Leben auf der Flucht, als Staatsfeind.
„Wir beide haben eine gute Ausbildung und Entscheidungsfreiheit genossen, welche du ihr eventuell nimmst. Ich habe sie zurückgebracht, aber ich erwarte das Gleiche von dir, falls dies jemals ihr Wunsch sein sollte."
„Du erwartest von mir, dass ich sie nach der Schule auf die `Imperial University of Coruscant´ gehen lasse? Ich weiß nicht ob ich das kann." Er griff über den Tisch nach ihrer Hand.
„Leia, unsere Tochter wird erwachsen. Mit 18 Jahren warst du bereits Mitglied des imperialen Senates. Ich erwarte von dir, dass du spätestens dann ihre Entscheidungen akzeptierst, genauso wie es deine Eltern damals taten. Du willst, dass sie aus Überzeugung für die Allianz kämpft. Ich tue dies gewiss nicht. Aber es geht hier nicht um uns. Es geht um sie. Um das was sie will. Ich möchte, dass du mir das versprichst. Außerdem kann sich bis dahin die Sache mit der `Imperial University of Coruscant´ schon längst erledigt haben – vielleicht ist dies sogar ein Grund mehr sie zu diesem Besucherseminar gehen zu lassen, da Vorstellung und Realität oft klaffen."
Leia starrte auf ihre nun ineinanderliegenden Hände. Wann hatte er das letzte Mal ihre Hand in seiner gehalten? Es war lange her. Dennoch war es vertraut. Wie konnte sie ihm dieses Versprechen versagen? Er hatte immer alles richtig gemacht und war ein guter Vater gewesen, wenn er die Chance dazu gehabt hatte. Seine Argumente waren sachlich gesehen nachvollziehbar, doch würde dies auch bedeuten, dass sie womöglich bald ihrer Tochter für immer Lebewohl sagen musste.
„Ich verspreche es. Auch wenn es mir das Herz brechen wird sie gehen zu lassen."
„Danke." Er drückte kurz ihre Hand und ließ sie dann los. „Es bedeutet mir viel dies zu wissen." Er deutete auf die nun leere Kaffeetasse. „Und danke für den Kaffee." Anschließend stand er auf und machte Anstalten zu gehen.
„Warte noch einen Augenblick. Ich bringe eben die Tassen zurück." erklärte Leia, welche offenbar plante ihn nach Draußen zu begleiten. Als sie zurückkam, hatte sie einen weißen Umschlug in der Hand, den sie geheimnisvoll vor sich hin und her schwenkte. „Ich habe lange überlegt, wie ich mich bei dir für alles was du getan hast angemessen revanchieren könnte. Nun ja." Sie ging auf ihn zu und überreichte ihm den Umschlag. Ein wenig misstrauisch aber auch neugierig, öffnete Thrawn ihn. Er enthielt eine Weihnachtskarte `Frohe Weihnachten´ war auf ihrer Frontseite in goldenen Lettern abgedruckt. Als er sie öffnete lass er die handschriftlichen Worten: `Jetzt sind wir quitt.´
Er ließ die Karte sinken und schaute Leia fragend an. „Quitt? Ich glaube ich verstehe nicht ganz worauf du anspielst."
Ohne Vorwarnung beute sie dann vor und küsste ihn. Thrawn brachte eine Sekunde, um zu realisieren was da gerade geschah. Natürlich, der Badezimmerkuss. Den Umschlag immer noch in der Hand, schloss er nun langsam die Arme um sie und intensivierte den Kuss. Der Kuss war nicht so leidenschaftlich wie der vor acht Monaten, aber es war dennoch ein unmissverständlicher Kuss. Ebenso plötzlich wie sie den Kuss initiiert hatte, brach Leia ihn auch wieder, sank auf ihre tatsächliche Größe zurück und schaute mit einem kalkulierten Lächeln nach oben, die Arme immer noch um seinen Hals geschlungen. „Danke. Für alles." erklärte sie einfach und trat dann einen Schritt zurück, womit sie sich endgültig von ihm trennte.
„Das erste Danke hat mir besser gefallen." erklärte Thrawn gelassen, versuchte aber nicht sie zurückzuhalten. Leia lachte. „Ja, das kann ich mir vorstellen." Dann ging sie in Richtung Ausgang. Thrawn schüttelte den Kopf. Frauen, langsam befürchtete er sie niemals zu versehen.
Was für ein Weihnachten…
THE END (for now)
A/N: Ich hoffe es hat euch gefallen. Wenn ja, schreibt bitte eine Review! Außerdem möchte ich hier auch noch auf meine englische Thrawn Fanfiction verweisen, die ich vor einigen Wochen geschrieben habe. Es handelt sich dabei zwar nicht um eine Thrawn /Leia Geschichte, aber wenn euch diese hier gefallen hat, stehen die Chancen gut, dass euch „A Trip down Memory Lane" auch gefällt. Ach ja, ich weiß dass es im Star Wars Universum wahrscheinlich kein Weihnachten gibt und dass sie vermutlich auch einen anderen Kalender haben als wir, aber das war mir ehrlich gesagt egal.