Hallo Ihr Lieben, willkommen zu meiner vierten Geschichte in klassischer Sprache!

Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!

Die Nacht am Feuer

von Kira Gmork

Die Gefangene rang die Hände, doch abgesehen von einem Klirren der Ketten, vermochte ihre Gegenwehr keine Änderung zu bewirken.

"Setzt Euch ans Feuer und bedient Euch vom Nachtmahl", sagte die verhasste Stimme ruhig.

"Das Feuer eines Verräters vermag es nicht, mich zu wärmen. Und das Mahl würde mir im Halse stecken bleiben", fügte sie dann an, doch ihr Blick lag etwas zu lange auf dem gut gesottenen Fleisch, und auch der Duft des Brotes ließ ihre Stimme ins Wanken geraten, was sie als Lügnerin erkennen ließ.

"Wohlan, so hungert eben", sagte der Mann gleichgültig, und schob sich ein Stück köstliches Brot in den Mund, das er zuvor ins Fett getaucht hatte.

Wie zur Erwiderung - und wie ein Verräter im eigenen Körper - knurrte der Magen der Gefesselten so laut, dass einige umherstehende Männer in Lachen ausbrachen, über das störrische Frauenzimmer.

"Ihr solltet sie lehren, was es heißt, ein gutes Angebot auszuschlagen", höhnte einer, der offensichtlich hinkte.

Ein anderer griff zu einem Schafsschenkel und schwenkte das verlockende Fleisch direkt vor dem Angesicht der jungen Frau, ehe er herzhaft hineinbiss.

"Lasst Sie hungern!", schrie ein Weib, das die andere geringschätzig betrachtete.

Der Mann am Feuer schenkte indes keinem der anderen einen Blick, sondern starrte in die Flammen, als er mit leiser Stimme sagte: "Wenn Ihr nicht esst, so werdet Ihr schwach werden. Und wenn Ihr schwach seid, so könnt Ihr mir nicht mehr die Stirn bieten. Also esst und vergesst unseren Kampf für diesen kurzen Moment."

"Ich kann nicht essen, solange ich Euren Anblick ertragen muss. Ihr erregt Übelkeit in mir."

"Ihr übt euch umsonst darin, mich beleidigen zu wollen, mein Kind."

"Ich bin kein Kind - und schon gar nicht das Eure!", gab die junge Frau von sich.

Er schnaubte, dann erwiderte er beinahe traurig: "Einst ward Ihr ein Kind. Ein Kind, das unter meiner Lehre stand...und somit unter meinem Schutze."

"Schutz? Das nennt Ihr Schutz? Ihr seid krank, mein Herr! Krank und grausam!"

"Mein Herr, so nennt Ihr mich immerhin noch. Nicht mehr 'Sir'...doch ist das wohl weit mehr, als ich zu erwarten hoffen durfte."

"Einst nannte ich euch Professor Snape, doch diese Zeit ist wahrlich vorüber. Heute würde ich Euch mit Mörder und Verräter ansprechen, wenn ich nicht befürchten müsste, dass Ihr, oder einer Eurer Handlanger, mir dafür die Kehle durchschneiden würdet."

Das Funkeln in ihren Augen schien ihn abwesend zu machen, denn erst als ein maskierter Mann hinter ihm fragte: "Soll ich es übernehmen, und dem unwürdigen Schlammblut den Gar aus machen?", erwachte er scheinbar wieder, und winkte ab.

"Nein! Und dies gilt für alle hier - das Mädchen steht unter meinem Schutze."

"Wie edel von Euch - Ihr wollt mir also immer noch Schutz gewähren, und dabei frage ich mich doch unwillkürlich, warum Ihr Eurer verhassten Schülerin diese Gnade erweisen wollt?". Ihre Stimme hatte ironisch geklungen, denn nichts von dem was er tat, sah sie als Gnade an.

"Setzt Euch!", sagte er erneut.

Sie tat nichts dergleichen.

Mit einem kurzen Nicken bedeutete er einem der Umstehenden, seinem Befehl Nachdruck zu verleihen. Mit offensichtlicher Freude, zwang dieser das Mädchen in die Knie, während er zischte: "So kniet vor unserem Herrn, wenn Ihr schon nicht sitzen wollt!"

"Lass sie los!", lautete der nächste Befehl, und als der Angesprochene das Mädchen mehr stieß, als los ließ, wäre es beinahe in die Flammen geraten. Mit einem Griff an ihre Schulter, hielt der ehemalige Lehrmeister den einstigen Zögling im letzten Moment zurück.

Er erwartete, dass sie sich gegen seinen Griff wehrte, doch das tat sie nicht, statt dessen sah sie sehnsüchtig in die Flammen und just in dem Augenblicke fragte er sich, ob sie bedauerte, dass er den Sturz verhindert hatte.

"Ihr müsst nicht knien. Macht es Euch bequem!"

"Bequem? Wie könnte ich in dieser Gesellschaft jemals Bequemlichkeit empfinden?", fragte sie und wandte sich ab.

Der Klang ihrer Stimme mutete merkwürdig an, und er begriff, dass sie kurz vor den Tränen stand. Einen Moment schwieg er, dann wurde er unwirsch.

"Esst jetzt endlich! Ich werde mich nicht für Euren Hungertod verantworten! Esst, damit Ihr nicht wie ein Kind flennt, weil Euch der Hunger quält, während das Essen ausgebreitet vor Euch liegt!"

Mit klirrenden Fesseln griff sie nach einem Stück Fleisch und führte es zum Munde, um ein Stück herauszubeißen. Ein Stück Brot folgte auf der Stelle. Der Mann nahm es zur Kenntnis und wandte den Blick ab, um still Befehl zu geben, dass man ihr etwas zu Trinken bringen sollte.

Die Frau, die zuvor lauthals geschrien hatte, brachte einen Krug mit Wein, doch bevor sie ihn vor das Mädchen stellte, spuckte sie hinein. "Da, für ein Schlammblut nur vom Besten", sagte sie geifernd, und das Johlen der umstehenden Männer ließ den dunklen Wald scheinbar erzittern.

Geschwind sprang der dunkelhaarige Mann auf, und versetzte dem lachenden Weib eine schallende Ohrfeige.

"Trinkt Euren Wein selbst!", fuhr er sie an, kippte jedoch das Getränk zu ihren Füßen aus. "Bringt neuen!"

Die Frau eilte sich, und ihr Blick war diesmal gesenkt, als sie den Krug brachte.

Sie stellte ihn sorgsam zu Füßen der Jüngeren und zog sich dann sofort wieder zurück.

"Trinkt, Hermine", forderte der Mann und wandte seinen Blick wieder dem Feuer zu.

Auch die anderen Umherstehenden waren zurückgewichen, als sie begriffen hatten, dass ihr Herr nicht wünschte, dass sie Schindluder mit der Gefangenen trieben.

Hermine fühlte sich ein wenig befreiter, und ihr Magen war nun gefüllt, was etwas dazu beitrug, dass sie nicht mehr auf der Stelle sterben wollte.

"Bitte, lasst mich gehen", brachte sie nun mühsam hervor. Als ihr einstiger Zaubertrankmeister nicht reagierte, versuchte sie es erneut: "Lasst mich gehen. Ich bin Euch nicht von Nutzen. Wollt Ihr mich quälen? Ist es das? Bin ich ein Zeitvertreib für Euch, weil man ein Schlammblut in diesen Zeiten zum Spaß leiden lassen kann, ohne dafür belangt zu werden? Werdet Ihr mich gehen lassen, wenn Ihr meiner überdrüssig geworden seid, oder muss ich damit rechnen, in diesem Wald verscharrt zu werden?" Sie hatte sich wahrlich Mühe gegeben, ihr Grauen zu verbergen, doch ihre Stimme brach, und das war Beweis genug, dass sie im wahrsten Sinne Todesängste ausstand.

"Ich muss Euch wie ein Dämon erscheinen", gab er zur Antwort und entlockte ihr damit einen überraschten Blick.

"Ihr SEID ein Dämon", erwiderte sie fest, "Ihr habt Dumbledore getötet. Ihr habt Hogwarts überfallen und die Hälfte Eurer einstigen Kollegen starben dabei. Ihr habt alles verraten, was noch gegen Voldemort hätte siegen können. Ihr habt dazu beigetragen, dass Meinesgleichen in Angst und Schrecken lebt. Wir sind nicht mehr für euch, als unwertes Leben. Ihr seid für mich ein Dämon, Snape! Und nun habt Ihr mich aus dem Hause meiner Eltern entführt, habt mich in diesen Wald gebracht, inmitten Eurer bluthungrigen Meute. Was sonst sollt Ihr wohl sein, als ein Dämon?"

"Ihr habt recht. Mit allem, was Ihr sagt, habt Ihr absolut recht. Ihr ward schon immer ein schlaues Kind. Und doch...Ihr seid wahrlich kein Kind mehr. Ihr seid inzwischen ein junges Weib."

Erschrocken hielt sie mit Kauen inne und schüttelte mit dem Kopfe.

"Wenn Ihr glaubt, dass Ihr mich anrühren könnt, dann werde ich das zu verhindern wissen", sagte sie voller Abscheu.

Er schickte ihr ein kaltes Lächeln.

"Nur um meine Neugier zu befriedigen...wie gedenkt Ihr Euch zu wehren? Ihr seid gefesselt, und...ein wenig in der Unterzahl...um nicht zu sagen...Ihr seid alleine...ganz alleine!"

"Das ist Eure Männlichkeit auch - und Ihr würdet sie vermutlich vermissen, wenn ich Euch sie abreiße!"

Ein Lachen entfuhr ihm, doch es klang nicht ganz so amüsiert, wie es wohl den Anschein machen sollte.

"Meiner Männlichkeit wollt Ihr mich also berauben. Dann sollte ich wohl besser die Finger von Euch lassen. Doch trifft es sich gut, dass ich ohnehin nicht plante, meine Männlichkeit in dieser Stunde zum Einsatz zu bringen."

"Ihr verdammter..."

"Was? Ist das etwa ein Einwand gegen meine Enthaltsamkeit Euch gegenüber?", fragte er herausfordernd. "Vielleicht sollte ich dafür Sorge tragen, dass man Euch die Hände lieber hinter dem Rücken fesselt. Zwar ging ich davon aus, dass es so angenehmer für Euch wäre, doch ist mir meine eigene Unversehrtheit, in diesem Punkt und zu dieser Stunde, nicht von weniger Wichtigkeit als die Eure."

Das Mädchen schnaubte hörbar: "An Euch ist ein wahrer Edelmann verloren gegangen", höhnte sie, "doch wie hätte ich auch erwarten können, dass mir ein gemeiner Mörder die Fesseln erspart? Es verwundert mich nicht, dass Ihr nicht Manns genug seid, mir diese Freiheit zu gewähren, wenn Ihr mich doch derart fürchtet."

"Ihr glaubt, ich fürchte Euch? Nun denn, so werdet glücklich mit dieser Überzeugung. Die Fesseln jedoch bleiben Eure treuen Freunde, während Ihr an meiner Seite weilt."

"Welch ein Hasenfuß Ihr doch seid. Ein jämmerlicher..."

"SCHWEIGT! Oder Ihr werdet es bereuen!"

Das Gemurmel um sie herum erstarb und wich dem gespannten Warten, ob sie bereits den Bogen überspannt hatte, und mit einer Bestrafung zu rechnen war. In Erwartung dieser Bestrafung rückten einige ihre Masken zurecht, wohl um nichts von diesem Schauspiel zu verpassen.

"Die Ketten hindern Euch nicht, die Dinge zu tun, die Eurem Wohlbefinden dienlich sind. Wohl aber hindern sie Euch daran, Euch allein in den Wald davonzumachen, denn Ihr wisst, dass Ihr damit nicht lange überleben würdet. Seid also mein Gast und nehmt diese kleine Einschränkung hin."

"Welche Wahl bleibt mir wohl auch", murmelte sie so leise, dass nur er es verstand.

"Die, Euch weiter so aufzuführen - mich zu beleidigen und damit eine Strafe zu forcieren, die Euch vermutlich teurer zu stehen kommen wird, als Ihr derzeit geneigt seid, zu glauben. Was denkt Ihr, wie lange ich meine Rolle als Führer dieser Gruppe noch länger aufs Spiel setze, um Euch zu schützen?"

"Hättet Ihr mich nicht aus dem Hause meiner Eltern entführt, so müsstet Ihr mich nicht vor Euresgleichen schützen. Diesen Menschen steht die Mordlust ins Gesicht geschrieben."

"Diese Menschen verlangen nach Führung. Es ist an mir, diese Aufgabe zu übernehmen, so lange es mir noch gewährt ist. Und ich werde es tun, denn auf Hogwarts erwartet mich niemand...niemand, außer den Dementoren, die dazu ausgesandt wurden, mich zu finden und zu töten."

"Nein, man wird Euch nicht töten - das wäre zu einfach, nicht wahr? Ihr werdet festgenommen und zu einer langen Strafe verurteilt, wie es die Gerechtigkeit verlangt!"

"Nun, so bleibe ich wohl wahrlich besser hier, und halte mich vom Schlosse fern."

"Man wird Euch finden, Snape. Man wird Euch finden und Ihr werdet Askaban nicht mehr lebend wieder verlassen."

"Vielleicht wird es so kommen. Ein Grund mehr dafür, Euch hierher zu holen."

"Mich? Warum holtet Ihr mich her? Wollt Ihr mich als Pfand benutzen? Darauf wird man nicht eingehen. Es ist bekannt, dass Ihr der letzte Horkrux seid. In Eurem Herzen wohnt das letzte Seelenteil, das Voldemort wieder den Körper erlangen lässt, den er herbeisehnt. Er hat den Kampf schon fast gewonnen. Nur Euch braucht er noch. Und das Ministerium möchte Euch ebenfalls. Glaubt Ihr wirklich, man würde mich gegen Euch eintauschen? Keinen Moment würde man ein unwichtiges Schlammblut eintauschen, wenn man die Chance hätte, Eurer habhaft zu werden, um damit die neue Macht des Lords aufhalten zu können."

Einen Moment schwieg er, dann sagte er mit leiser Stimme: "Ihr wisst um dieses Geheimnis? Nun denn, so lasst mich Euch eines offenbaren, das Ihr bislang nicht kanntet. Ich ließ Euch holen, weil ich mit Euch reden wollte. Reden, von Mensch zu Mensch, ehe ich das Menschsein hinter mir lasse."

"Reden wollt Ihr mit mir? Warum mit mir? Und Ihr bezeichnet dies selbst als ein Geheimnis. Wahrlich, es erscheint mir rätselhaft, warum Ihr mich als Gesprächspartnerin wählt."

"Das Rätsel wird Euch offenbart sein, wenn Ihr bereit wäret, mich anzuhören."

"Ich bin hier! Ich habe keine Wahl, also sprecht."

Er ließ sein Haupt betrübt sinken und seine Stimme klang kraftlos: "Nicht so...nicht so, MyLady...mit dem Herzen sollt Ihr mich hören, doch es bleibt mir verschlossen."

"Ich soll mein Herz einem Mörder öffnen? Welch törichtes Frauenzimmer wäre ich wohl, wenn ich das zuließe?"

"Ein Weib wie Ihr kann niemals töricht sein. Ihr habt kein Talent dazu, euch dumm zu verhalten, denn Euer Kopf zeigt Euch stets den rechten Weg."

"Mein Kopf zeigt mir den rechten Weg, doch was nützt es mir, wenn ein Verbrecher mich davon abbringt und mich auf den schändlichen führt? Was habt Ihr mit mir vor, so sprecht? Lasst mich nicht länger in Ungewissheit über mein Schicksal."

"Gut, ich spreche. Ich spreche MyLady, bis es nichts mehr zu sagen gibt, und gleich vorweg will ich Euch erklären, dass Ihr danach diesen Wald verlassen dürft. Auf direktem Wege werde ich Euch in Euer Elternhaus zurückkehren lassen - unbehelligt, bis auf das Wissen, welches ich Euch nun aufbürden werde. Es betrübt mich sehr, dass ich Euch auf diese Art zwingen muss, es anzuhören. Sehr viel lieber hätte ich es Euch ohne die Unannehmlichkeiten offenbart. Nun denn, das Leben fragt nur selten nach den, für uns wünschenswerten Umständen."

Sein Blick bohrte sich in ihre Augen, die Verwirrung und auch Gegenwehr zum Ausdruck brachten. Ihre Stimme klang, trotz seiner Versicherung, dass sie diesen Ort unbeschadet verlassen würde, nicht gänzlich beruhigt.

"So bitte ich Euch, erzählt, was Ihr zu erzählen habt, und dann lasst mich gehen, wenn noch ein Herz in Eurer Brust wohnt, so quält mich nicht unnötig lange."

"Ich werde mich eilen", entgegnete er, und warf einen Stein ins Feuer, den er scheinbar zuvor verborgen stetig in den Händen hin und her gedreht hatte.

"Es gibt für mich keinen Grund mehr, Euch zu schonen..."

"Wie meint Ihr das? Ich sagtet doch gerade, dass ich unbehelligt zurückkehren dürfte, zu den meinen."

"Zu den Euren, ja, gewiss. Doch was ich zu sagen beabsichtigte, war, dass ich keinen Grund mehr habe, Euch mit meinem Gefühl zu schonen."

"Mit Euren Gefühl?"

"Mit meinem Gefühl für Euch", fügte er erklärend hinzu, während seine Hände den Stein aufs Ärgste zu missen schienen.

Ihre Verblüffung stand so deutlich in ihrem Gesichte, dass es ihm ein kurzes Lächeln entlockte.

"Ich sehe, dass ich Euch mit meiner Eröffnung verwirre...mit nichts anderem habe ich gerechnet...gehofft hatte ich freilich, dass Ihr wüsstet, wovon ich spreche, doch diese Hoffnung ist nun dahin. Ihr habt es nie bemerkt - ich weiß..Ihr habt es nie bemerkt...", seine Stimme verlor sich irgendwo in ihrem Geiste.

Und als er begriff, dass sie nichts erwidern würde, fuhr er mit dem Mut des Verzweifelten fort.

"Ich bemerkte es, als Ihr die Kindheit langsam hinter Euch ließet. Zuvor wart Ihr ein wahrlich kluges Mädchen, doch als die Anmut der Weiblichkeit sich hinzugesellte, erkannte ich, dass Ihr das wurdet, wonach ich mein Leben lang gesucht hatte, ohne es selbst zu bemerken. Und doch wusste ich sogleich, dass ich Euer Herz niemals erringen könnte. Nicht in diesem Leben, nicht in dieser Gestalt, nicht mit meiner Vergangenheit. Und so schwieg ich. Ich sollte immer noch schweigen, um meiner selbst Willen, denn Ihr werdet meine Seele in tausend Stücke reißen, wenn Ihr nun lacht. Doch lacht ruhig, denn schon in ein paar Stunden wird mein Körper ohnehin in tausend Stücke gerissen werden. Meine Zeit ist gekommen, weil der Lord sich erneuern wird. Ich habe die Wahl, mich dem Ministerium zu stellen, wo man mich festnehmen und so lange einsperren wird, bis man mir den Tod gewährt, oder den schnellen Tod zu wählen, und damit dem Lord in die Hände zu spielen. In diesem Fall wähle ich den schnellen Tod, und werde meinem Ruf gerecht, ein Mörder und Verräter zu sein. Und Euch gebe ich die Möglichkeit mein Herz zu durchbohren, bevor ich vom Schauplatz meines Lebens entfliehe. Lacht über mich - lacht darüber, dass ich Euch liebe. Lacht!"

Doch von Hermine war kein Lachen zu hören. Wortlos blickte sie ihn an. Als sie zu begreifen begann, senkte sie den Kopf und starrte in die lodernden Flammen.

"Ihr liebt mich?", fragte sie ungläubig.

"Ja. Was für ein aberwitziger Gedanke, nicht wahr?"

"Nicht so aberwitzig wie die Tatsache, dass Ihr mir ankündigt, kampflos sterben zu wollen. Ihr habt Euch nie aufgegeben. Ihr habt immer gekämpft! Ihr habt getötet! Und jetzt wollt Ihr Euren Körper zerfetzen lassen, damit Euer Lord sich an Euch bedienen kann?"

"Er bedient sich nur an dem, was ihm gehört. Dass es in mir steckt ist wohl ein Unglück, das ich zu einem anderen Zeitpunkt in meinem Leben für einen guten Handel hielt. Ich bekam Macht und alle Annehmlichkeiten, die ein Mann sich wünschen kann. Es war erfüllend...eine Zeit lang zumindest. So lange, bis ich endlich begriff."

"Dann habt Ihr Euch also Dumbledore angeschlossen, weil Ihr Euch Befreiung durch ihn versprochen habt? Ihr hofftet, so Eurem Versprechen nicht nachkommen zu müssen, wenn der Lord das letzte Seelenteil aus Eurem Körper zurückfordert?"

"Wir waren kurz davor, den Lord für immer unschädlich zu machen. Euer Freund Potter hätte es beinahe geschafft, doch der Tod Dumbledores war umsonst. Alle Kraft, die er, durch seinen Tod auf Potter umgeleitet hat, wurde unbrauchbar, als Voldemort ihn zu fassen bekam. Er konnte ihn vielleicht abermals nicht töten, doch er konnte sich die magische Kraft Dumbledores aus Potters Körper einverleiben, was ihn, zusammengenommen mit seiner eigenen, beinahe unbesiegbar macht. Und durch meinen Tod wird er absolut unbesiegbar werden. Ihr solltet wissen, dass es mir Leid tut. Leid für Euch, denn ich vermag Euch nicht zu schützen, vor dem, was kommen wird."

"So weit muss es nicht kommen", erwiderte sie leise, und blickte sich dabei nach den umherstehenden Männer und Frauen um. Sie schienen außer Hörweite zu sein, und so sprach Hermine erneut.

"Wenn es wirklich wahr ist, dass Ihr mich liebt, so vertraut mir, und löst meine Fesseln."

Einen Moment geschah gar nichts, und nur das Knistern des Feuers füllte die angespannte Stille, die entstanden war, obwohl die Maskierten um sie herum scherzten und teilweise wohl auch miteinander stritten.

Als er nach ihren Händen griff, zuckte sie unwillkürlich ängstlich zurück. Zu tief hatte sich der Gedanke in ihrem Geist gegraben, dass er der hinterhältige Mörder Dumbledores war.

Und selbst jetzt, da sie wusste, dass Dumbledore es verlangt hatte, um den einzigen zu stärken, der der Zaubererwelt Rettung bringen konnte, war sie nicht in der Lage, Snape ohne Furcht zu begegnen.

Er nahm es mit einem Seufzen zur Kenntnis; sich wohl schmerzlich darüber bewusst, dass sein kurzes Leben nicht mehr ausreichen würde, ihre Reaktion auf ihn zu ändern.

Die Kette war schnell gelöst, und einen Moment rieb er mit seiner Fingerspitze über ihre Haut, die wund und schorfig durch ihre Gegenwehr geworden war. Mit einem leisen Rasseln ließ er die Kettenglieder schlussendlich zu Boden sinken.

"Ihr seid frei", sagte er dann mit leiser Stimme, ehe er hinzufügte, "ich werde Euch nun nach Hause schicken, da Ihr wisst, was ich Euch zu erklären gedachte. Wir müssen uns eilen, damit niemand hier Verdacht schöpft. Ich werde den Apparierweg versiegeln, damit niemand Euch folgen kann."

"Und was geschieht mit Euch, wenn man entdeckt, dass Ihr mich gehen ließt?"

"Das ist nicht von Belang. Ich werde so oder so sterben. Lebt wohl, Hermine, und...gebt auf Euch acht!"

Damit zog er seinen Zauberstab und gerade als er den Zauberspruch zu Ende gebracht hatte, lehnte sie sich unversehends zu ihm, umschlang seinen Hals und küsste ihn so leidenschaftlich, wie nur eine Geliebte ihren Geliebten küsst.

In diesem Kusse vereint, wurden sie vom Wirbel des Apparierens erfasst und rasten gemeinsam durch Zeit und Raum.

tbc???