Ihr Lieben,

hier ist es nun also, das finale Kapitel von „Willst du?", das seinen Arbeitstitel so hartnäckig verteidigt, dass mit einer Umbenennung kaum mehr zu rechnen ist. Es war schön und hat Spaß gemacht, diese Geschichte zu schreiben, und ich bin sehr glücklich, dass sie bei Euch so viel Anklang gefunden hat. Es sind da so zwei oder drei Reviews aufgelaufen in den letzten Kapiteln, die ich, da ich immer noch keinen Sekretär habe und nicht so viel Zeit am Computer verbringen konnte, wie ich wollte, noch nicht beantwortet habe. Aber ich bin Optimist und voller guter Vorsätze.

Es wird jetzt wohl zunächst eine kleine Textehexenpause geben. Ich plane etwas. Etwas Großes, und wie ich hoffe, Tolles, aber auch etwas sehr Schwieriges. Ich werde eine Menge schreiben und herumprobieren müssen, bevor ich etwas veröffentlichen kann. Ihr dürft gespannt sein, ich bin es auch. „Flashblack" ist der Titel, und es spielt einige Jahre nach dem Krieg, und Sirius ist nicht tot, denn wer lässt sich schon von einer Gardine umbringen, mal ehrlich. So viel sei verraten. Und natürlich bewege ich mich weiterhin im Emilia-Universum.

Zunächst jedoch viel Spaß mit dem letzten Kapitel, und für die Wartezeit danach kann ich Euch wie immer und immer mehr Slytherene empfehlen, deren Muse derzeit Überstunden schiebt, und dann gibt es noch eine neue und ganz wunderbare Autorin in der Potterwelt, sie heißt Schokowolf und schreibt ganz zauberhaft. Bisher ist noch nicht allzu viel von ihr veröffentlicht, aber ich bin sicher, eine Flut von Reviews wird sie enorm motivieren. Sie ist in meiner Favoritenliste, ihr könnt sie ganz leicht anklicken.

Disclaimer: Alles nur geklaut, la-la-lala… alles gar nicht meines…

Soundtrack: Auch wenn es nicht meiner üblichen bevorzugten Musikrichtung entspricht, aber ich finde Rosenstolz sehr passend, „Ich bin ich", und für die Strandromantik empfehle ich den unsterblichen Klassiker von Percy Sledge: When a man loves a woman.

Eine Runde Sekt zum Anstoßen für alle, und los geht es.

Neun: Eine Frage, und eine Antwort

Ich bin ein Meister der Heimlichkeit. Dies mag vielleicht für einen ehrlichen Menschen kein Ruhmesblatt sein, aber eine lange Karriere der verborgenen Pläne und Arrangements, mal aus einem ausgeprägten Sinn für Unfug heraus betrieben, mal aus dem Interesse heraus, das eigene und das Überleben anderer zu sichern, hat mich geschliffen und auf den Ernstfall vorbereitet.

Ich könnte die Verbringung aller im Verbotenen Wald heimischer Zentauren nach Nummer Zwölf planen, und der Orden würde es nicht bemerken, bevor nicht schwere Hufe die Gänge entlang polterten. Eine heimliche Hochzeit zu planen, ist ein Spaziergang, selbst wenn sie so heimlich ist, dass nicht einmal die Braut davon weiß.

Da sind zunächst die technischen Schwierigkeiten auszuräumen. Per Dekret darf ich keine eheliche Verbindung mit meiner Bürgin eingehen. Ich erwäge, den Rabenkönig um einen Spezialeinsatz zu bitten, aber irgendwie bin ich beschlichen von dem Gefühl, dass er speziell auf diesem Gebiet die wünschenswerte Kooperation vermissen lassen wird, und außerdem hat er sowieso schon einen vollen Terminkalender mit all den Sticheleien, die er turnusmäßig auf mein Haupt regnen lassen muss („Wo ist Lupin?" „Oben, in der Bibliothek." „Wirklich, Black, das beweist eine ungesunde Bereitschaft zum Risiko."). Ich entscheide mich also für die Muggelvariante, die man gelegentlich, unter Berücksichtigung der politischen Großwetterlage, vom Ministerium anerkennen lassen kann.

Zuerst bringe ich Sirius auf meine Seite, was nicht schwer ist, denn da ist er ohnehin schon. Auch hier gilt es allerdings, eine Wetterlage geschickt auszunutzen, die ihn für die Marauderkomponente des Plans begeistert und ihn nicht etwa mit einem ungünstigen Windstoß aufs Meer der Melancholie hinaus treibt, in dem er so oft ertrinkt, aber ich bin ein geübter Siriusnavigator und umschiffe die Klippe.

Dann telefoniere ich mit Deutschland, was schon nicht mehr ganz trivial ist.

„Unmöglich" sagt Antonia. „Ohne Familie kann man nicht heiraten."

„Doch" sage ich. „Man kann. Es ist nur ein Gang auf ein Amt. Und es ist nicht ohne Familie."

„Daniele mit Familie, Leo, ich, unsere Eltern" zählt sie auf. „Das ist sehr eng gefasst. Keine Großeltern?"

„Nein."

„Tanten? Onkels?"

„Nein. Und falls du fragst, keine Cousins und Cousinen."

Dann hält Sirius sein Gesicht vor meines und formt mit den Lippen ein Wort. Ich wende mich ab und versuche, mich auf meine Schwägerin am anderen Ende der Leitung zu konzentrieren, die gerade die konstituierenden Charakteristika der Veranstaltung anzweifelt, aber er folgt mir auf dem Fuße.

„Was soll das denn für eine Hochzeit sein" sagt Antonia.

„Eine private" sage ich. „Ohne eine Brautentführung. Und eine, die ich kann bezahlen. Die Ars Magica hat gegeben ein gute Preis, aber sie war nicht in einem guten Zustand. Ich kann nicht eine Feier bezahlen für einige hundert Leute."

„In Italien bezahlen traditionell die Eltern der Braut" sagt Antonia.

„Nein" sage ich. „Ich habe nicht viel, aber ich habe noch ein Rest von Stolz."

Sirius hat mich umrundet, formt erneut das Wort mit feuchten Lippen und macht Welpenaugen.

„Und wie soll das funktionieren? Technisch, meine ich?" fragt Antonia.

„Portschlüssel für euch, oder Langstrecken-Apparition" sage ich. „Ein Flugzeug für die Muggel."

„Man fliegt als Muggel nicht eben mal für ein Wochenende in die Karibik" erinnert mich Antonia.

„Fein" sage ich. „Dann Portschlüssel für alle."

Sirius sagt das Wort und zupft an meinem Ärmel. Es ist nicht so, dass ich mir nicht manchmal wünschen würde, wenigstens fünf Minuten in Ruhe telefonieren zu können.

„Ein Portschlüssel kann transportieren bis zu fünf Personen" denke ich laut. „Es sind acht."

„Neun" sagt Sirius laut. „Bitte, bitte, bitte, bitte, bitte…"

„Neun" sage ich seufzend. „Bitte, kannst du mir geben die Telefonnummer von Angelina? Ich denke ich werde müssen sie einladen."

So flink, wie ich mittlerweile unter Sirius' Küssen wegtauchen kann, wäre ich eine Zierde für jedes Quidditch-Team.

oooOOOooo

Die Auseinandersetzung mit Antonia hat mich gestählt für das, was kommt.

„Ich sehe nicht, wozu meine Anwesenheit vonnöten wäre" sagt Severus und sieht an seiner kühn gebogenen Nase entlang auf mich hinunter.

„Sie ist nicht vonnöten" sage ich. „Aber, so merkwürdig es klingen mag, sie würde sich freuen, dich dabei zu haben."

„Hat sie das gesagt?"

„Nachdem sie nichts davon weiß, nein."

„Deine Aussage beruht also auf Spekulation."

„Nein, Euer Ehren, meine Aussage ist eine gut begründete Schlussfolgerung, die sich aus verschiedenen Äußerungen Ihre Person betreffend ableitet. Mit anderen Worten, sie betrachtet dich als Freund. Eine… etwas merkwürdige Art von Freund, aber ein Freund."

„In meiner Funktion als solcher kann ich diese Verbindung nur sehr bedingt gut heißen. Sie hätte eine bessere Wahl treffen können."

„Da bin ich aber froh, dass sie nicht deiner Meinung ist."

Er verschränkt die Arme vor der Brust und nimmt seinen Blick von mir, man könnte fast glauben, es würde arbeiten hinter seiner unbewegten Maske.

„Entschuldige" sage ich und komme mir plötzlich vor wie ein Idiot. „Es war vielleicht eine dumme Idee. Ich kann verstehen, wenn du dir das nicht antun willst."

„Ich nehme an, dein hochgradig nervtötender Freund wird anwesend sein" sagt er, und der bewegte Moment ist vergangen.

„Natürlich" sage ich. „Er ist mein Trauzeuge."

Seine Lippen kräuseln sich.

„Natürlich" sagt er. „Wie sollte es anders sein. Nun, dann bleibt zu hoffen, dass die Geschichte sich nicht wiederholt, wie das Sprichwort ihr nachsagt."

„Ich bin nicht abergläubisch" sage ich.

„Und er wird sich benehmen?" sagt er.

„Im Rahmen dessen, was ihm möglich ist" sage ich. „Die blonde Angelina ist eingeladen. Er wird abgelenkt sein."

„Dann ziehe ich meine Teilnahme in Erwägung" sagt er.

Der Rest ist kein Kunststück. Ein paar Telefonate mit Übersee, die heimliche Inbesitznahme der nötigen Papiere aus Emilias Unterlagen und ein längeres Telefonat mit meiner künftigen Schwiegermutter über die nicht ganz legale, aber völlig nebenwirkungsfreie Anwendung von Portusmagie auf Muggel, und dann ist tatsächlich alles organisiert und der Weg geebnet.

„Aufgeregt?" fragt Sirius mich am Morgen des Tages, den Emilia für einen gewöhnlichen Unterrichts-Freitag hält (und der für sie als solcher begonnen hat).

„Geht so" sage ich über meinem Tee und bemühe mich um Nonchalantesse. „Sie wird schon nicht nein sagen, oder?"

„Noch kannst du zurück" sagt er und blinzelt mich über seine Kaffeetasse an.

„Wir kriegen ein Baby" sage ich. „Was glaubst du, wie zurück ich noch kann? Außerdem will ich gar nicht zurück."

„Wie kannst du so sicher sein?"

„Die Definition von Liebe beinhaltet eine Art von Für-immer-Klausel, weißt du."

„Wo steht die?" sagt er. „Im Kleingedruckten? Ist mir bisher nie aufgefallen."

„Keine Sorge" sage ich. „Man lernt mit den Jahren, genauer hinzusehen."

Er grinst und verzieht das Gesicht.

„Ich geh eine rauchen" sagt er. „Bevor deine Klugheit noch auf mich abfärbt."

Ich lasse ihn ziehen, ich verstehe, dass es seine Art ist, das Thema Tonks und alles, was mir den Tag verderben könnte, zu vermeiden. Ich trinke meinen Tee aus und gehe meine mentale Liste durch: Mein schöner mitternachtsblauer Anzug ist magisch entknittert. Die Ringe sind da, die Blumen auch und mit einem Frischhaltezauber versorgt. Die Papiere sind da und vollständig. Ich bin rasiert und gekämmt. Mein Trauzeuge kriegt seine Nerven in den Griff, Antonia bewältigt den Ligustertransport, und Severus hat Unterrichtsvertretungen organisiert.

Sie sollte besser nicht daran denken, nein zu sagen.

oooOOOooo

Pünktlich um zwölf bin ich im Keller von Hogwarts, vor dem Tränke-Klassenraum. Severus hat mich offenbar kommen hören, er tritt mit raschelnden Roben aus seiner privaten Tränkeküche und nickt mir zu.

„Bereit?" sagt er statt einer Begrüßung.

Ich nicke, ein wenig blass vielleicht.

„Bereit" sage ich.

Er nickt mir zu und sammelt sich für seinen Auftritt.

Es ist nicht das erste Mal, dass ich in den Genuss einer Gratis-Vorstellung des Tränkemeisters komme, aber ich bin zum wiederholten Mal beeindruckt.

Eine Bewegung seines Stabes lässt die Tür aufspringen und krachend an der Wand anschlagen. Das geschäftige Treiben im Klassenraum erstirbt. Die Schüler frieren an Ort und Stelle ein. Emilia dreht sich zu ihm, in der einen Hand ein schlaffes Bündel undefinierbarer Vegetation, in der anderen eine glitzernde Sichel. Man könnte die berühmte Stecknadel fallen hören. Ich weiche ein wenig zur Seite, um nicht im direkten Blickfeld zu stehen, aber sie ist ohnehin völlig in Anspruch genommen von der düsteren Manifestation in ihrem Klassenraum.

„Hallo, Severus" sagt sie erstaunt. „Klopfen Sie doch an, beim nächsten Mal, ja?"

„Ihre Anwesenheit wird an anderem Ort benötigt" sagt er. „Folgen Sie mir."

„Falls es irgendwie nicht klar sein sollte" sagt Emilia freundlich, „ich bin mitten im Unterricht. Worum geht es denn?"

„Das wird Ihnen zu gegebener Zeit erläutert" sagt Severus. „Klasse: Feuer löschen und zusammenpacken. Findet euch ohne Verzug auf dem Quidditch-Feld ein. Madam Hooch übernimmt die Vertretung."

„Ähm" sagt Emilia. „Aber… das ist nicht Ihr Ernst, oder?"

„Wie ich Ihnen immer wieder gerne in Erinnerung rufe, bin ich völlig frei von störenden humorigen Anwandlungen" sagt Severus. „Also, wenn Sie so freundlich wären. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit."

Sie legt die Sichel und das grüne Zeug weg und wischt sich die Hände an der Robe ab. Ihre Schüler sehen sie irritiert an.

„Okay" sagt sie zögernd. „Ich habe zwar keine Ahnung, was das zu bedeuten hat… aber macht euch mal ans Aufräumen."

„Ich beaufsichtige die Klasse" verfügt Severus. „Sie begeben sich nach draußen auf den Gang."

„Hab ich was falsch gemacht?" fragt sie. „Bin ich gefeuert?"

„Hinaus" sagt er, und die Klasse wagt ein Flüstern. „Ruhe" sagt er, und das Flüstern erstirbt.

Dann kommt sie durch den Mittelgang auf mich zu, sie ist blass um die Nase, ich glaube fast, Severus ist zu weit gegangen. Ich verlasse meinen dunklen Winkel und nehme sie in Empfang.

„Remus" sagt sie, bass erstaunt. „Was machst du denn hier? Warum bist du nicht in der Schule?"

„Überraschung" sage ich. „Wir machen einen kleinen Ausflug."

Hinter ihr sehe ich, wie einige Schüler den Kopf durch die Tür stecken. Mein Name fällt und macht die Runde.

„Aber" sagt sie. „Was ist nur mit euch? Seid ihr alle übergeschnappt, oder was? Und warum hast du deinen guten Anzug an?"

„Nichts, nein, und weil ich dachte, er gefällt dir" beantworte ich ihre Fragen der Reihe nach, und dann ziehe ich sie in meine Arme und küsse sie, sie sieht unwiderstehlich aus mit diesem grünlichen Streifen quer über der Stirn, wo der Saft der undefinierbaren Vegetation eine Spur hinterlassen hat. Das Schülergrüppchen unter der Tür bricht in lärmenden Applaus aus, dann zischt Severus hinter ihnen etwas, und sie verschwinden aus dem Türrahmen, als wären sie disappariert.

„Einen Ausflug wohin?" sagt sie, als sie wieder kann.

„Es ist der Charakter einer Überraschung, dass nichts verraten wird" sage ich, und etwas wie eine glückliche, flatterige Nervosität rührt mein Inneres um.

Ich bringe sie nach draußen und hinunter zum See, den wir umrunden müssen, bis wir zu dem großen, halb im Wasser versenkten Stein kommen, der die Grenze der Apparitionssperre markiert. Sie bombardiert mich den ganzen Weg über mit Fragen, und ich sage „Nein" und „Kein Wort" und „Nein, auch keinen Hinweis" und „Du bist perfekt angezogen" (Tatsache ist, dass ich auf Antonia vertraue, etwas Hochzeitsangemessenes im Gepäck zu haben) und schließlich: „Professor Liguster, ich werde Maßnahmen ergreifen müssen, wenn Sie nicht aufhören, mich mit Fragen zu überschütten", und sie sagt: „Na, was denn?" und ich sage: „Sie küssen", woraufhin unser Weg zur Apparitionsgrenze ein wenig länger dauert als er müsste.

Am Stein angekommen, lege ich ihr die Hand über die Augen und ziehe sie an mich. Ich atme aus und konzentriere mich („Ziel! Entschluss! Bedacht!"), und dann mache ich den großen Sprung.

Es ist immer noch nichts, was ich aus dem Handgelenk schüttle, aber es wird bei jedem Mal leichter. Ich treffe den Hafen von Dakar, und dann den Vogelfelsen auf den Kapverdischen, und dann konzentriere ich mich mit Macht auf den Sand unter meinen Füßen und das Rauschen von Palmen im Wind und den Geruch des Meeres und springe, und dann sind wir da.

Emilia klammert sich an mich, sie ist ein bisschen grün im Gesicht, was nicht allein auf den flächig über ihre Haut verteilten Vegetationssaft zurück zu führen ist, und sie hat die Augen fest geschlossen. Warmer Wind spielt mit ihrem Haar.

„Sind wir da?" fragt sie, ohne die Augen zu öffnen.

„Ja" sage ich und zitiere mich selbst: „Willkommen in der Karibik, Liebes."

Oh, Remus, könnte sie an dieser Stelle sagen, das ist ja so romantisch, was für eine schöne Überraschung, oder etwas in der Art. Sie beschließt, vom Text abzuweichen.

„Mir ist schlecht" sagt sie hilflos, wendet sich zum kristallblauen Meer und übergibt sich.

Ich halte sie und streichle ihren Rücken, bis die Krämpfe vergehen, und versuche, zu ignorieren, dass mir die salzigen Fluten der Karibik in die sorgsam polierten Schuhe schwappen, und schließlich kommt sie in die Höhe und wischt sich Tränen aus den Augen.

„Entschuldige" sagt sie mit einem hilflosen Lachen. „So war's nicht gemeint. Ich vertrage nur das Apparieren immer schlechter. Vielleicht nehmen wir ein Flugzeug für den Heimweg." Sie nestelt eine miniaturisierte Thermoskanne aus ihrer Robe(Pfefferminztee, und mein Leben ist substanziell leichter geworden, seit ich lediglich für Teebeutel sorgen muss und nicht mehr für saure Gummibärchen), und lässt sich in den Sand fallen.

Es ist früh am Morgen in diesem Teil der Welt, die Sonne ist schon aufgegangen und überspült uns mit rötlich-goldenem Licht. Hinter uns im Palmenwäldchen lärmen die Papageien und stören sich nicht an den Dissonanzen, die sie produzieren. Ich habe sogar die gleiche Stelle getroffen wie beim ersten Mal. Ich ziehe meine nassen Schuhe und Socken aus, setze mich neben meine Liebste und bade meine Füße im weichen Sand, der so fein ist, dass er sich beinahe anfühlt wie eine träge Flüssigkeit. Emilia erholt sich langsam, sie trinkt ihren Tee in kleinen Schlucken, und ihre Gesichtsfarbe kehrt allmählich zurück. Dann schraubt sie die Thermoskanne zu und greift nach meiner Hand, und ich fühle mich plötzlich genauso aufgeregt und unsicher wie zuletzt, als wir in diesem Sand saßen und ich sie so gerne etwas fragen wollte und nicht konnte. Aber diesmal kann ich.

„Emilia" sage ich. „Willst du mich heiraten?"

„Ja" sagt sie erstaunt. „Aber das weißt du doch."

„Ich meine, jetzt" sage ich. „Jetzt und hier."

„Was?" sagt sie und lacht plötzlich. „Sag bloß, ich bin auf meiner eigenen Hochzeit."

„Das trifft es so ziemlich" sage ich. „Das heißt, wenn du willst."

„Deshalb der Anzug" sagt sie, das Lachen hängt noch in ihren Mundwinkeln, aber ihre Augen sind groß und still.

„Ja" sage ich.

„Aber ich bin doch gar nicht zum Heiraten angezogen" sagt sie. „Und muss man sich da nicht anmelden, oder etwas?"

„Ich habe da ein paar Dinge in die Wege geleitet" sage ich.

„Warum?" fragt sie. „Hattest du Angst, ich würde nein sagen, wenn du mir Zeit zum Nachdenken gibst?"

„Nicht unbedingt" sage ich. „Aber große Hochzeiten sind anfällig für Komplikationen, wie wir gesehen haben. Ich wollte kein Risiko eingehen."

Sie sieht mich an und blinzelt.

„Das kommt ein wenig plötzlich" sagt sie. „Vor nicht mal zehn Minuten war ich noch bis zu den Ellenbogen in einem Amphibilis, und jetzt bin ich hier… in der Karibik… und soll heiraten."

„Ein bisschen Zeit ist noch" sage ich. „Es ist früh am Morgen. Du kannst dich in Ruhe an den Gedanken gewöhnen."

Sie stößt einen lang zurück gehaltenen Atemzug aus.

„Du weißt, ich hatte eine andere Vorstellung von meiner Hochzeit" sagt sie. „Ich wollte eine Kutsche mit Pferden, und ein weißes Kleid, und Rosen und Tauben. Das ganze Programm. Schon als Mädchen hab ich mir das so gewünscht."

„In deinen Mädchenträumen hast du vermutlich auch einen vom Schlage Martins geheiratet" sage ich vorsichtig. „Keinen struppigen Werwolf."

„Da hast du recht" sagt sie und lacht plötzlich. „Ich war ein ziemlich dummes Mädchen, wenn man es so bedenkt."

„Ich glaube nicht" sage ich und verschränke meine Finger mit den ihren. Feiner Sand liegt auf ihrer Haut. „Wer hätte auch so etwas ahnen können."

Sie seufzt und legt meine Hand an ihre Wange.

„Das stand nicht im Drehbuch, oder?" fragt sie. „Ich hätte vor Rührung weinen und dir um den Hals fallen sollen, und sofort ja sagen und dass ich die glücklichste Frau der Welt bin, oder?"

„Es stand jedenfalls nicht drin, dass du in die Karibik kotzt" sage ich.

„Ich bin schwanger" sagt sie. „Schwangere dürfen das. Und ich bin es, weißt du? Die glücklichste Frau der Welt. Ich bin vielleicht nur nicht besonders flexibel."

„Ich weiß" sage ich. „Es macht nichts." Mein Daumen geht über ihren Mund, so sachte, dass ich die Berührung selbst kaum spüre, und es gelingt mir, ein kleines Lächeln in ihr Gesicht zu streicheln.

„Schau mal nach" sagt sie. „Steht in deinem Drehbuch etwas von baden gehen?"

„Wir schreiben es" sage ich. „Es steht drin, was wir wollen."

„Wenn das so ist" sagt sie und nähert sich mir, bis ich ihren Atem atmen kann, und ihre Finger finden Knöpfe und nackte Haut darunter, „dann will ich eine schöne, lange Badeszene mit allem, was dazu gehört."

Sie streicht mir den schönen blauen Gehrock von den Schultern und schickt mein Hemd hinterher, und ihre Hände fließen über meine vernarbte Haut, wie warmer Regen einen mit Flechten überkrusteten Baumstamm hinunter rinnt. Ich küsse sie und bezweifle, dass ich jemals wieder damit aufhören kann, und dass wir es unter diesen Umständen bis ins Wasser schaffen werden (werden wir nicht), und mir ist klar wie immer und gleichzeitig ganz neu, dass ich keine Brille brauchen werde, um die Für-Immer-Klausel in unserem Liebeswerk zu entziffern. Ihre Robe schmiegt sich in den Sand zu unseren Füßen, und der Wind streichelt uns, während wir uns in verschlungenem Tanz wiegen und zusammen fließen wie zwei stille Ströme, die sich an der Mündung zu einem neuen, mächtigeren verbinden, und ich verströme mich in sie im poetischsten aller Sinne, und das Meer lächelt und wartet.

Eine Weile später gehen wir doch noch baden, und das Meer schließt sich um uns und spült Sand und letzte Alltagsreste davon, und wir stehen im hüfttiefen Wasser und können nicht aufhören, uns zu küssen.

„Jetzt" sagt Emilia irgendwann gegen meine Lippen. „Jetzt bin ich angekommen."

Wir verlassen die zärtliche Umarmung des Meeres, Hand in Hand. Wir ziehen uns an, mit der gleichen Sorgfalt, die wir beim Ausziehen haben walten lassen, und dann gehen wir heiraten.

oooOOOooo

Sie haben sich alle vor dem kleinen, weiß gestrichenen Rathaus von Georgetown versammelt: Donna Anna und Konrad, Antonia und Leo, Daniele und seine Frau Andrea, Sirius, den Arm um die Schulter der süßen Angelina geschlungen, und Severus, etwas abseits, die Hände in den weiten Ärmeln seiner Roben versteckt, umgeben von der Aura eines Raben unter Kanarienvögeln.

„Da seid ihr ja" sagt Sirius und springt von den weißen Stufen auf, wo er mit Angelina gesessen hat. „Mann, Moony, wir dachten schon, ihr hättet die Veranstaltung abgesagt."

„Wir haben ein bisschen Zeit gebraucht, um karibische Stimmung aufzubauen" sage ich, und er grinst und greift mir in die nassen Haare und drückt mir einen schallenden Kuss auf die Wange, dem ich zu meiner eigenen Überraschung nicht ausweiche.

„Gut geheult, Wolf" sagt er.

Die karibische Sonne scheint auf den kleinen, hellen Vorplatz. Auf der anderen Straßenseite ist der Baum mit seinen ausladenden Zweigen, unter denen wir zum ersten Mal über Wölfchen oder nicht und über die Eignung von Wolfsvätern gesprochen haben. Hundert Jahre ist das her, und jetzt bin ich wieder hier und werde heiraten und dann mit meiner Frau nach England zurück kehren zu meiner Schule und den Aufgaben, die dort auf mich warten, denn ich bin kein sozialer Außenseiter mehr, ohne Geld und ohne Perspektive, sondern ein Mann mit Verpflichtungen.

Zugegeben. Mit Verpflichtungen, aber immer noch ohne Geld. Man kann vielleicht nicht alles haben.

Ich sehe hinüber zu meiner Liebsten, die gleich meine Frau sein wird, wie sie in freudiger Überraschung ihre Hochzeitsgäste begrüßt. Antonia hat eine große, bunt bedruckte Plastiktüte dabei und wird, nachdem Emilia einen Blick hinein geworfen hat, extra innig geherzt. Diese ziemlich netten Menschen, die gleich meine Schwiegereltern sein werden, stehen auf den Stufen und halten sich bei den Händen, und Donna Anna sieht sehr zufrieden aus.

Vielleicht ist es eine Nebenwirkung des Heiratens, dass man sich so weich und innig fühlt. Ich lege Sirius einen Arm um die Mitte und ziehe ihn näher. Er, der körperliche Initiativen von mir nicht gewöhnt ist, sieht klar überrascht aus.

„Danke" sage ich zu ihm. „Du hast mir so viel erst möglich gemacht."

„Hm?" sagt er verwirrt. „Was meinst du? Die Kiste Silber vom Dachboden? Vergiss doch die blöde Kiste."

„Ich meine nicht die blöde Kiste" sage ich. „Obwohl ich ohne die blöde Kiste jetzt keine Schule hätte. Ich meine den ganzen Rest."

„Ich weiß nicht, was du meinst" sagt er und legt den Arm um meine Schulter, „aber ich liebe dich. Ich würde immer alles für dich tun."

„Das ist es, was ich meine" sage ich, und er lächelt flüchtig.

„Es ist meine zweite Chance" sagt er leise, und etwas wie ein dunkler Schleier zieht sich über seine Augen. „Und diesmal werde ich's nicht vermasseln, das schwöre ich dir. Diesmal werde ich alles besser machen."

Und weil der Wolf mich lehrt, auf unnötige Worte zu verzichten, sage ich nichts, sondern halte ihn ein wenig fester und lasse ihn Meer und Salz von meinem Hals atmen, bis er von sich aus einen Schritt zurück macht und meinen Anzug an den Schultern richtet.

„Du siehst toll aus" sagt er. „Willst du jetzt heiraten gehen?"

„Ja" sage ich. „Ich hoffe, du hast die Ringe?"

Er macht ein betroffenes Gesicht und befühlt die offensichtlich leere Brusttasche seines Hemdes.

„Nicht dein Ernst" sage ich fassungslos, und er grinst und zieht das kleine samtschwarze Kästchen aus der Hosentasche.

„Alles da" sagt er. „Kleiner Scherz. Was ist, gehen wir?"

Emilia steht mittlerweile drüben bei Severus, sie reden, und er schüttelt den Kopf, sieht auf sie hinunter und lächelt, ein Anblick, der mir immer noch erschreckend fremd ist, auch wenn man ihn derzeit gelegentlich dabei ertappen kann. Dann sieht Emilia sich nach mir um und ich gehe ohne Eile zu ihr, es geschieht selten in meinem Leben, dass ich mich so ruhig und gewiss fühle, als gäbe es da etwas, das niemand mir nehmen kann.

Dafür, dass üblicher Weise viel Aufhebens um eine Hochzeit gemacht wird, ist überraschend schnell geheiratet. Emilia benutzt ein leeres Büro, um ihre Schulrobe gegen das zu tauschen, was Antonia in der Tüte mitgebracht hat: ein weißes, flatteriges Gewand mit Bändern und kleinen glitzernden Knöpfen und Schuhe mit Riemchen. Angelina hat sich als Verwahrerin der Blumen betätigt und reicht ihr den Strauß, in dem rote Rosen zwischen weißen Margeriten leuchten, und ich versuche, die Erinnerung für immer in mein Gedächtnis zu brennen, wie meine künftige Ehefrau auf mich zu tritt, ein wenig unsicher in ihren neuen Schuhen und strahlend, dass die Wärme bin an unser Lebensende reichen wird. Dann nimmt uns ein freundlich lächelnder Standesbeamter in Empfang und bringt uns in einen Raum mit Stühlen und einem großen, dunklen Tisch, wo wir alle Platz nehmen. Die Fenster stehen offen und schwerer, süßer Blütenduft kommt von draußen. Emilias Hand liegt in meiner, während der Standesbeamte ein paar Worte über das Leben und die Liebe spricht, und dann kommt der Augenblick und ist so unhaltbar kurz, wie Augenblicke es sind.

„Wollen Sie, Emilia Margarita Liguster, den hier anwesenden Remus James Lupin zu Ihrem rechtmäßig angetrauten Ehemann nehmen?" wird sie gefragt, und ihre Wangen färben sich rosenrot, und sie sagt „Ja, das will ich", ein bisschen atemlos, aber sehr bestimmt, und dann werde ich gefragt, ob ich, Remus James Lupin, die hier anwesende Emilia Margarita Liguster zu meiner rechtmäßig angetrauten Ehefrau nehmen will, und ich sage „Ja, das will ich" und habe nie zuvor etwas aus so tiefer Seele gesagt. Und dann gibt es Tränen der Rührung unter den Gästen und eine Formel, die uns zu rechtmäßig verbundenen Eheleuten macht, und zwei schmale goldene Ringe, die uns mit zitternden Händen von Sirius gereicht werden, und dann gibt es noch eine weitere Frage, auf die ich weniger gut vorbereitet bin.

„Auf welchen Namen haben Sie sich denn geeinigt?" erkundigt sich der Standesbeamte, während er uns Papiere und Füllfederhalter zurecht legt.

„Nun" sage ich, „also… das ist eine gute Frage." Ich sehe meine Liebste an (meine Ehefrau), und sehe, wie sie lächelt.

„Lupin" sagt sie.

„Ach" sage ich überrascht. „Tatsächlich? Wie das?"

„Artenschutz" sagt sie und zwinkert. „Die sind im Aussterben, oder nicht?"

„Na dann" sage ich, „willkommen bei den Wölfen" und küsse sie, während der Standesbeamte meinen (unseren) Namen in das Formular einträgt. Wir unterschreiben mit schwarzer Tinte, und sie zögert nur ganz kurz im ersten Schwung des U, und dann unterschreiben die Trauzeugen, Sirius mit falschem Pass und falschem Namen, aber echter Rührung, und Antonia mit raschem Schwung, und dann gibt es Küsse und Tränen und Glückwünsche, und Emilia sagt „Achtung, fang auf!" zu Angelina und wirft ihr den Brautstrauß zu, und es wird gelacht und geklatscht und mit süßem Sekt angestoßen.

„Glückwunsch" sagt Antonia zu mir und umarmt mich, dass mir die kühle Flüssigkeit aus meinem Glas über die Finger schwappt. „Du bist jetzt einer von uns. Du wirst schon sehen, was du davon hast."

Zunächst und weil es in diesem Teil der Welt gerade früher Vormittag ist, haben wir ein karibisches Frühstück mit all seinen wunderbaren Aromen, die Stimmung ist ausgelassen, und sogar Severus wirkt entspannt, wie er quer über den Tisch angeregt mit Donna Anna plaudert.

„Ich schwöre, sie denkt, du hast den falschen Zauberer geheiratet" interpretiere ich gedämpft die Gedanken meiner Schwiegermutter ins Ohr meiner Frau.

„Das habe ich aber nicht" sagt Emilia und gibt mir ein Küsschen, dann sieht sie zum Tränkemeister hinüber und seufzt.

„Ich hatte ihn gebeten, mein Trauzeuge zu sein" sagt sie leise. „Vorhin, auf den Stufen. Er sagte, seine Anwesenheit müsse genügen, und weiter wollte er sich nicht involvieren."

„Klassisch" sage ich. „Eine original Tränkemeisterantwort."

„Ich wundere mich sowieso, warum du ihn eingeladen hast" sagt sie ein bisschen zögernd. „Nach allem, was war."

„Ich dachte nicht, dass es eurer kollegialen Beziehung förderlich ist, wenn er auf der Hochzeit deiner Schwester tanzt, aber nicht auf deiner" sage ich.

„Tatsächlich?" sagt sie.

„Nein" sage ich. „Es ist ein bisschen komplizierter. Der Professor möchte sich gerne arrangieren. Die Beziehung zwischen uns vereinfachen. Entflechten, wenn du so willst, jetzt wo ich zum ersten Mal seit langem nicht mehr von ihm abhängig bin, und sie auf eine versöhnliche Basis stellen. Der Wolf will einfach nur, dass er mit eingezogenem Schwanz zusehen muss, wie der Alpha seine Beute verschlingt. Also ich dich."

„Schon gut" sagt sie und tätschelt mein Knie. „Lass dir nur den Wolf raushängen. Ich mag das."

„Rrrrr" sage ich an ihrem Ohr, und sie lacht.

„Ich liebe dich" sagt sie. „Euch beide."

„Und ich liebe dich" sage ich und denke, dass ich ihr nie werde sagen können, wie sehr, weil einer Hälfte von mir dafür die Worte fehlen.

Später am Nachmittag müssen Daniele und Andrea zurück nach Deutschland, die Kinder von den Großeltern abholen, und so verabschieden sich die deutschen Gäste, die alle an einem Portschlüssel hängen. Nach unserer inneren Uhr ist es ohnehin später Abend, und nach dem wunderbaren karibischen Essen und einem ausgedehnten Inselspaziergang macht sich allmählich Müdigkeit bemerkbar. Die Farben der Insel werden intensiver, der Geruch erdig und salzig, Vorboten der raschen Dämmerung, und Sirius, der weiß, dass ich nicht plane, die Hochzeitsnacht in Nummer Zwölf zu verbringen, schließt zu Severus auf.

„Okay, Kumpel" sagt er. „Zeit für uns beide, die Fliege zu machen."

Severus zirkelt eine halbe Drehung und gibt Sirius unter halb geschlossenen Lidern einen kühlen Blick, der, würde er ihn auf mich herablassen, eindrucksvoller wäre, aber der langbeinige Sirius ist immer wieder der, auf den er nicht hinunter sehen kann.

„Ich war bisher der Annahme, wir würden uns mit Lupins einen Portschlüssel teilen" sagt er.

„Ich auch" sagt Emilia und sieht mich an, während ich mir noch den Plural meines Namens auf der Zunge zergehen lasse.

„Ich bitte dich" sagt Sirius grinsend. „Seit wann brauchen Lupins einen Portschlüssel für einen Trip über den großen Teich."

„Lass uns noch ein wenig hier bleiben" sage ich in Emilias Ohr, und sie sagt „Okay" und kriegt rote Flecken auf den Wangen.

„Hauptsache, ihr taucht im Laufe des Wochenendes wieder auf" sagt Sirius und kramt in der Innentasche seiner Lederjacke. „Ah" sagt er dann und fördert einen Gegenstand zu Tage, etwa so lang wie seine Handfläche und schwarz-silbern glänzend.

„Ist das…" sage ich, während er in die Hocke geht und den Gegenstand sorgfältig vor sich auf der Straße platziert. „Das ist doch… Du hast doch nicht etwa…"

„Portschlüssel" sagt Sirius sanft, entfernt sich auf Armlänge und tippt das Ding mit dem Zauberstab an.

Finite Minimalis" sagt er, und die Lady springt zu voller Größe zwischen uns auf.

„Oh, nein" sagt Severus und wird blasser, als er ohnehin schon ist. „Das ist nicht der Portschlüssel."

„Na, doch" sagt Sirius. „Wenn schon verreisen, dann mit Stil."

„Eine deiner zerknüllten Zigarettenschachteln hätte es auch getan" sagt Severus.

„Ich weiß" sagt Sirius und schwingt ein Bein über den Sattel. „Aber mit einer meiner zerknüllten Zigarettenschachteln hätte ich lange nicht so viel Spaß." Er fasst hinter sich und klopft mit der flachen Hand auf den Soziussitz. „Komm schon, Sniv" sagt er. „So nah wirst du mir nie wieder sein."

„Du bist krank, Black" sagt Severus, den ich nie zuvor so kurz vor einer Panikattacke erlebt habe.

„Es ist ganz ungefährlich" versichert Sirius. „Sie fliegt nicht."

(Ich habe ein Déja-Vu.

„Sie fliegt nicht" sagt Sirius.

„Tut sie doch" sage ich.

„Würde ich dich anlügen?" sagt Sirius.

„Ja" sage ich.

„Stimmt" sagt Sirius. „Aber diesmal nicht. Sie fliegt nicht. Vertrau mir. Nur eine kleine Runde.

Minuten später, in fünftausend Fuß Höhe:

„Ich töte dich, Sirius Black.")

„Vertrau mir" sagt Sirius.

„Vielen Dank" sagt Severus, „aber eigentümlicher Weise hänge ich an meinem Leben."

„Sie fliegt nicht" sage ich. „Vertrau mir. Der Mobilimachina ist deaktiviert. Er hatte von Anfang an zu viele Aussetzer."

Severus sieht zwischen Sirius und mir hin und her.

„Ihr steckt doch unter einer Decke" sagt er.

„Würde ich gerne, aber er lässt mich ja nicht" sagt Sirius und grinst.

„Nichts liegt mir ferner" sage ich und bemühe mich um einen erstklassigen Vertrauenslehrer-Tonfall. „Es ist wirklich ungefährlich, und ich glaube, man muss drauf sitzen, um den Portschlüssel zu aktivieren."

„Genau so ist es" sagt Sirius. „Kluger Moony."

Severus sieht Emilia an, als würde er sich Hilfe erwarten.

„Äh" sagt sie zögernd. „Also, nach meinen letzten Informationen kann sie fliegen. Vor ein paar Tagen konnte sie's noch."

„Seit gestern abend nicht mehr" sagt Sirius. „Ich hatte beinahe eine zweite Bruchlandung. Ich lerne aus meinen Fehlern, wisst ihr."

„Hört, hört" sage ich sanft.

„Na, komm schon" sagt Sirius. „Gib dir einen Ruck, Kumpel. Es gibt keine zwei Männer, die nach einem gemeinsamen Ritt nicht Freunde geworden wären."

„Ein Sturz in den Tod ist die verlockendere Alternative" sagt Severus. Er umkreist das Motorrad und mustert es wie einen fremdartigen alchimistischen Versuchsaufbau. Sirius lehnt sich auf den Lenker und folgt ihm mit den Augen. Severus räuspert sich und befühlt mit langen, weißen Fingern, das dunkle Leder.

„Sie beißt nicht" sagt Sirius.

„Und" sagt Severus, „wie…?"

„Rittlings" sagt Sirius mit schwerem, dunklem Augenaufschlag. „Du musst sie zwischen den Schenkeln spüren."

„Oh, Merlin" murmelt Emilia und vergräbt das Gesicht in meinem Ärmel.

„Das ist ultimativ abstoßend" sagt Severus, ohne näher zu spezifizieren, aber auch ohne das mögliche Höchstmaß an Kälte. Er schwingt nicht ohne Eleganz ein Bein über den Sattel, nimmt hinter Sirius Platz und faltet in etwas, das mich an Origami erinnert, seine Roben um sich.

„Bereit?" sagt Sirius über die Schulter und dreht den Schlüssel.

„Bereit" sagt Severus. „Ich bin gespannt. Vielleicht gelingt es dir ja diesmal, mich umzubringen, Black."

Severus hat sein Roben-Origami abgeschlossen, und Sirius lässt den Motor aufheulen und kickt den Ständer weg. Langsam setzt die Lady sich in Bewegung. Severus ist sehr blass.

Better not look down" singt Sirius, „if you want to keep on flying…" Er wendet die Maschine und fährt in gemäßigtem Tempo die menschenleere Straße hinunter bis zur nächsten Kreuzung, wo er in weitem Bogen wendet.

„Sie fliegt, oder?" sagt Emilia.

„Natürlich fliegt sie" sage ich. „Ich habe den Mobilimachina persönlich aufgefrischt und modifiziert."

„Ihr könnt's nicht lassen" sagt sie kopfschüttelnd, während die Lady auf uns zu kommt und Tempo aufnimmt.

„So lange Severus immer ein Mädchen hat, das für ihn in die Bresche springt, ist das Schlimmste abgewendet" sage ich und denke, wie Strukturen in meinem Leben sich doch wiederholen, und dann sage ich „Kopf einziehen" und wir tun genau das, als die Lady zehn, zwölf Meter vor uns einen scharfen Knall von sich gibt und erst vorne, dann hinten den Bodenkontakt verliert. Sirius reißt sie scharf nach oben und steuert sie knapp über uns hinweg, dass der Fahrtwind in unseren Haaren wirbelt, und dann ist sie auf Dächerhöhe und nimmt weiter Fahrt auf, und wir bleiben zurück in einer Wolke aus Abgasen und verschwommenen Fetzen von keep on flying.

Der Himmel ist von schattigem Samtblau, die rasche Dämmerung macht die Äquatornähe spürbar. Der halbe Mond ist schon aufgegangen und hängt satt und silbrig wie ein kostbares Schmuckstück in seinem samtigen Bett. Für eine Weile verfolgen wir den dunklen Umriss der Lady und ihrer beiden Reiter, dann gibt es einen weiteren, entfernten Knall und sie sind verschwunden.

„Weißt du" sagt Emilia nachdenklich, „ich glaube, das ist der Beginn einer großartigen Freundschaft."

oooOOOooo

Und dann gibt es da diesen warmen, dunklen Strandabschnitt, dessen abgeschiedene Menschenleere durch eine Handvoll Zauber dauerhaft gesichert ist, es gibt ein Feuer, das knackend und duftend niederbrennt, es gibt winzige Sandkörner, die zwischen zweien zerrieben werden, die sich sehr lieben, es gibt das Rauschen und Flüstern des Palmenwaldes und das Nachtkonzert unsichtbarer Vögel, und schließlich gibt es noch eine letzte Überraschung.

„Heute morgen war ich bei Poppy im Krankenflügel" flüstert sie in mein Ohr. „Und weißt du was?"

„Es werden Zwillinge" rate ich.

„Nein" sagt sie. „Aber unser Wolfsmädchen ist ein Wolfsjunge."

„Tatsächlich?" sage ich erstaunt und versuche, meinem kirschenäugigen Mädchen das Gesicht eines kleinen Jungen zu geben.

„Umtausch ist ausgeschlossen" sagt sie und lächelt an meiner Wange.

„Wer sagt denn, dass ich es umtauschen will" sage ich. „So können wir wenigstens wieder aufs Neue um einen Namen streiten. Ich habe schon beinahe begonnen, das zu vermissen."

„Laurin" fängt sie sofort damit an.

„Ich sagte, beinahe" sage ich. „Lassen wir uns noch ein bisschen Zeit damit."

„Okay" sagt sie und gähnt. „Wir könnten ein bisschen schlafen, wie wäre das?"

„Ja" sage ich, ziehe sie näher und bin fast sicher, dass ich ihren Anblick vermissen werde, sobald ich die Augen schließe. Sie lehnt sich gegen mich, und ich ziehe eine transfigurierte Decke über uns, weniger wegen der Kälte, denn es ist nicht kalt, sondern weil der Wolf es liebt, sich mit dem Weibchen in einer Höhle zu verkriechen.

„Es ist schön hier" murmelt sie, schon hörbar im Halbschlaf. „Ich bin froh, dass kein Geld mehr für ein Hotelzimmer da war."

„Ich weiß immer noch nicht, ob ich das Recht hatte, die Ars Magica zu verkaufen" sage ich.

„Wieso?" sagt sie. „Du hast ein doppeltes gutes Werk getan. Du hast die Dunkle Seite geschädigt und gleichzeitig unsere Hochzeit finanziert. Geradezu elegant."

„Ich weiß nicht" sage ich. „Sie hätte einen höheren Erlös gebracht, wenn sie nicht beschädigt gewesen wäre. Als ich diese Bibliothek angez…"

„Schluss" sagt sie und legt mir eine Hand über den Mund. „Schlafen."

„Ist gut" sage ich und küsse ihre Handfläche. „Immerhin ist Feuermachen eine elementare Kulturleistung. Wenn ich lange genug lebe, erfinde ich vielleicht noch das Rad."

„Prima" murmelt sie und atmet gegen meine Brust. „Freu mich drauf."

Ich liege noch wach, während sie längst schläft und das Feuer zu lebendiger Glut zerfällt. Der Mond ist fern und weiß über dem flüsternden Ozean, und der Himmel ist überschüttet von Sternen, mehr, als ich mit meinen fortgeschrittenen Astronomiekenntnissen benennen kann.

Und fast bin ich sicher, dass irgendwo dort oben Emilias Name geschrieben steht.