Für Arifilia, die mich bat, auch mein neues Geschreibsel zu übersetzen. Ist mal wieder was eher traurig/tragisches, weiß auch nicht, warum ich immer so was schreibe ... trotzdem viel Spaß dabei! Und vergeßt den Button unten links nicht, Ihr wißt schon, welchen ich meine.

Zusammenfassung: Noch eine Version von Severus Snapes Abkehr vom Dunklen Lord. Two-shot Songfic (keine Angst, hauptsächlich fic und nur ein bißchen Song im ersten Kapitel). Warnung: Selbstmordversuch.

Disclaimer: Wie immer, nichts gehört mir und Geld wird auch nicht damit verdient. Alles, was nach Canon klingt, gehört J.K. Rowling und ihren Publishers, der Song „Boat on the River"gehört Styx oder wer auch immer die Rechte daran hat.

""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""

Das letzte Boot

von Persephone Lupin

Kapitel 1: Versinken

Take me down to my boat on the river

I need to go down, I need to come down

Der riesige See lag ruhig und flach wie ein Spiegel, nicht die kleinste Welle störte die perfekte Glätte seiner silbrig schwarzen Oberfläche. Eine unheimliche Stille lag über der kalten Oktobernacht, nachdem die Sonne ihre letzten Strahlen in das unbewegte Wasser ergossen hatte. Es war, als stünde die Zeit still. So still wie die einsame Gestalt, die sich groß und schwarz gegen den sich verdunkelnden Himmel abzeichnete, während sie reglos über den See blickte.

Die Zeitlosigkeit des Augenblicks wurde gebrochen, als der Mann sich abrupt umdrehte und hinüber zu dem kleinen Bootshaus schritt, das am Ende eines hölzernen Landungsstegs lag, der in die nassen Weiten hineinragte.

Mit einem geflüsterten Alohomora öffnete er die Tür zu dem kleinen Schuppen. Studenten war es nicht erlaubt, diese Boote zu benutzen, und sie wurden eigentlich nur dazu gebraucht, die Erstklässler hinüber zum Schloß zu bringen, wenn sie ihre Schulzeit in Hogwarts begannen. Aber er war kein Schüler mehr, nein. Er war ein Verbrecher, ein Mörder; ein Boot zu stehlen würde wohl kaum auf der Liste seiner Missetaten ins Gewicht fallen. Ja, dies war sein Boot, sein letztes Boot, und dann würde es vorbei sein.

Take me back to my boat on the river

And I won't cry out anymore

Mit schmalen, aber nervigen Händen ergriff er die Ruder und lenkte das Boot hinaus auf den stillen See, weiter und weiter weg von seinem Ufer, wo uralte Weiden ihre blattlosen Zweige in das Wasser tauchten, seine vollkommene Oberfläche kitzelten, und feine Wellen sanft den Sand liebkosten. In der Gewißheit, daß sowohl Schüler als auch Lehrer beim Halloween Festessen sein würden, hatte er sich Zeit genommen dies alles ein letztes Mal in sich aufzusaugen, Abschied zu nehmen. Es war eine perfekte Nacht zum Sterben.

Oh the river is wide

The river it touches my life

Like the waves on the sand

Welch Ironie, und zugleich wie passend, daß seine erste große Furcht, sein erster Feind, nun sein letzter Freund sein würde. Daß er in dem Bewußtsein tot zu sein bevor die Nacht zur Neige ging, so ruhig war, sich fast auf dem Wasser wohl fühlte. Er, der normalerweise schon allein bei dem Gedanken daran, ein Boot besteigen zu müssen, panisch wurde. Der vor zehn Jahren tatsächlich panisch geworden war, als er begriff, daß sie den See überqueren mußten, um Hogwarts zu erreichen. Er war wie erstarrt am Ufer stehen geblieben, das erregte Geplapper und Gekichere der anderen Erstklässler nichts als ein fernes Flüstern in seinem paralysierten Verstand. Als die wiederholten Rufe „Beeilung, Junge, rein ins Boot mit dir"schließlich durch den Nebel in seinem Gehirn gedrungen waren, hatte er begonnen, am ganzen Leibe zu zittern und Tränen der Angst und Scham ließen seine Augen überlaufen. Warum mußte ihm das passieren? Er war so begeistert und stolz gewesen, als er seinen Hogwarts Brief bekommen hatte. Endlich würde er aus seinem trübseligen, bedrückenden Elternhaus entfliehen können, den ständigen Auseinandersetzungen zwischen seinen Eltern entrinnen, seinem Vater entkommen, der nie auch nur ein einziges gutes Wort für ihn übrig hatte, dem Unterricht in den Dunklen Künsten entgehen und der unvermeidlichen Bestrafung, wenn es ihm nicht gelang, die Erwartungen seines Erzeugers zu erfüllen. Zum ersten Mal in seinem Leben würde er zusammen mit Kindern seines Alters sein, und vielleicht würde er sogar ein paar Freunde finden. Nur daß er niemals dorthin gelangen würde. Er konnte diesen See nicht überqueren.

And all roads lead to tranquility base

Where the frown on my face disappears

Plötzlich hoben ihn riesige, warme Hände hoch, drückten seine zitternde Gestalt gegen einen enormen Brustkorb und trugen ihn hinüber zu einem der Boote. ‚Hast wohl Angst vorm Wasser, mein Kleiner? Brauchst dich nicht zu fürchten, beim alten Hagrid kann dir nichts passiern. Ich paß schon auf dich auf.' Während der ganzen Fahrt über den See hatte der Halbriese beruhigend auf ihn eingeredet, ihn festgehalten wie ein kleines Kind, während er in seinen überdimensionalen Umhang schluchzte. Glücklicherweise war er zu sehr in seiner Panik gefangen, um das spöttische Gekichere der anderen Kinder zu bemerken, aber wenig später sollte er es herausfinden. Als sie alle darauf warteten zur Einführungsfeier in die Große Halle gerufen zu werden, wurde er von nicht wenigen seiner Mitschüler angestarrt, sie tuschelten miteinander und kicherten hinter vorgehaltenen Händen. Ein Junge mit unordentlichem, schwarzem Haar und Brille machte sich nicht einmal die Mühe, leise zu sprechen, als er auf ihn zeigte: ‚Hoffentlich kommt die Heulsuse da nicht in unser Haus, ich würde vor Scham sterben!' ‚Ganz unmöglich, daß klein Snivellus nach Gryffindor kommt, es ist schließlich das Haus der Mutigen, und genau da kommen wir hin, Kumpel!' versicherte ihm ein anderer, ebenso schwarzhaariger Junge, der ihn angeekelt ansah. Und der Junge hatte Recht. Er war ein jämmerlicher Versager, genau wie sein Vater es ihm immer gesagt hatte. Niemand würde einen Jungen zum Freund haben wollen, der sich in ein zitterndes Häufchen Elend verwandelte und vor allen seinen Klassenkameraden fast seine Hosen näßte, wenn er einfach nur aufgefordert wurde ein Boot zu besteigen. Der es nicht einmal fertig brachte sein Haar zu waschen, weil er in Panik ausbrechen würde sobald die ersten Wassertropfen sein Gesicht benetzten ...

Take me back to my boat on the river

And I won't cry out anymore

In der heutigen Nacht jedoch war es anders. Und es war nicht der Alkohol, der den entscheidenden Unterschied ausmachte. Sicher, er half ihm seinen Plan wirklich durchzuziehen, kampflos loszulassen, nicht in Panik zu verfallen. Doch seine ungewöhnliche Ruhe kam daher, daß er schließlich aufgegeben hatte; er hatte das akzeptiert, was sich niemals ändern würde. Er würde nie Freunde finden, die seine Freunde waren, weil sie ihn mochten, ohne zweifelhafte Hintergedanken. Damals in der Schule hatten sie ihn schon immer nur ausgenutzt, er wußte das inzwischen, und jetzt mit seinen Todesserkameraden war es nicht anders. Und sein Vater – was auch immer er tat, er würde nie seinen Respekt, seine Liebe, gewinnen können, die zwei Dinge, nach denen er sich in seinem Leben am meisten gesehnt hatte. Er war ein Todesser geworden, um seinen Vater stolz zu machen. Und wieder hatte er versagt. Er hatte keine Skrupel, einen Mann im Kampf zu töten, Zauberstab gegen Zauberstab, und er hatte dies mehr als einmal getan. Aber er konnte nicht foltern oder vergewaltigen oder Kinder ermorden, beim besten Willen nicht. Es war nicht richtig, und er konnte es einfach nicht tun. Sogar dabei zuzusehen verursachte ihm fast unerträgliche Übelkeit. Es hatte nicht lange gedauert, bis der Dunkle Lord auf seine Schwäche aufmerksam geworden war, und seitdem hatte er großes Vergnügen darin gefunden, ihn dadurch zu foltern und zu demütigen, daß er ihn zwang zuzusehen und zu tun, was er nicht konnte, bis er nicht mehr gegen die Übelkeit ankam und sich vor allen anderen die Seele aus dem Leib kotzte. Und seine Kameraden lachten über ihn, jeder einzelne von ihnen. Wie in der Schule. Aber bald würden sie nicht mehr lachen. Der Brief an Dumbledore war unterwegs, und morgen Früh würde der alte Direktor im Besitz einer langen Liste von Namen, Orten und Daten sein, eine äußerst wertvolle Waffe im Kampf gegen den Dunklen Lord und seine Speichellecker. Das würde das Lachen von ihren Visagen wischen, und er würde es sein, der zuletzt lachte, wenn sie sich alle in der Hölle wiedertrafen.

Time stands still as I gaze in her waters

She eases me down, touching me gently

Er hatte die Mitte des Sees erreicht, und tief im Inneren fühlte er sich so ruhig wie das dunkel glitzernde Wasser, wie die Sterne, die den schwarzen Samt des nächtlichen Himmels schmückten. Er trank die letzten Tropfen des Feuerwhiskeys, den er mitgebracht hatte, und schaute hinauf zum Vollmond, der einen silbernen Pfad auf die Seeoberfläche zauberte. Seine zweite große Angst würde jetzt eben diesen Mond anheulen, hoffentlich sicher angekettet und an einem möglichst weit entfernten Ort. Seit seiner schicksalsschweren Begegnung mit dem Werwolf, nachdem er fast von der Bestie getötet worden war, hatte er es nicht gewagt den Vollmond anzusehen, hatte sich vor seinem Anblick versteckt, weil er wußte, er würde tief begrabene Erinnerungen wecken, die schrecklichen Bilder von den speicheltriefenden, nur wenige Zentimeter von seiner Kehle entfernten Reißzähnen des Werwolfs heraufbeschwören. Vor blankem Entsetzen war er damals ohnmächtig geworden und hatte nie erfahren, wie James-Verdammt-sei-er-Potter es geschafft hatte ihn zu retten, ohne daß sie dabei beide von seinem Monsterfreund getötet wurden. Niemand hatte sich die Mühe gemacht es ihm, dem Opfer, zu erzählen. Ein einzelner Lähmungszauber half nicht gegen einen Werwolf im Blutrausch, er hatte es selbst ausprobiert als das Untier angriff, bevor er im Schock erstarrte und nicht mehr fähig war auch nur den kleinsten Finger zu bewegen, geschweige denn seinen Zauberstab. Es hatte auch niemand für nötig gehalten die Übeltäter zu bestrafen. Wie immer. Potter und seine Bande, die glorreichen Goldenen Gryffindors, durften den kleinen, fettigen Slytherin Sonderling schikanieren und demütigen und versuchen ihn umzubringen so oft sie nur wollten. Dumbledore hatte von ihm verlangt zu schwören Lupins Geheimnis nicht zu verraten, aber er hatte sein Leben nicht einmal für soviel Wert befunden ihnen Nachsitzen aufzubrummen. Und jetzt würde er eben diesen Gryffindors, die er mit jeder Faser seines Seins gehaßt hatte, helfen diesen verfluchten Krieg zu gewinnen. Welch Ironie des Schicksals. Doch war es der einzige Weg ein gewisses Maß an Seelenfrieden zu erlangen, bevor er diese jämmerliche Entschuldigung für ein Leben hinter sich ließ. In dem Bewußtsein, zuletzt doch etwas richtig gemacht zu haben. Etwas, das helfen würde, den dritten Horror seines Lebens zu zerstören: den Dunklen Lord, seinen Meister.

With the waters that flow past my boat on the river

So I won't cry out anymore

Es war Zeit. Jetzt würde er das beenden, was sein Vater vor fünfzehn Jahren begonnen hatte. Mit einem letzten Blick hinauf zum Mond stand er in dem schwankenden Boot auf, erhob seine Arme über seinen Kopf, seinen Zauberstab in der Hand, und murmelte den Spruch, der das Boot sich langsam unter seinen Füßen auflösen lassen würde. Nachdem sein Vater ihn beinahe ertränkt hätte als er fünf war, um zu testen, ob er magisch war oder ein Squib, hatte er nie Schwimmen gelernt. Seine Mutter hatte ihn im allerletzten Moment gerettet und dadurch eine weitere, gewalttätige Auseinandersetzung verursacht. Und er hatte seit diesem Tag eine extreme Wasserphobie. In seinen schwarzen Gewändern und dem schweren Umhang würde er untergehen wie ein Stein und niemals wieder hochkommen.

Take me back to my boat on the river

And I won't cry out anymore

Als das Wasser langsam in das lecke Boot eindrang und seine nackten Füße benetzte, fühlte er sich trotz der Kälte fast entspannt. Nun würde es nicht mehr lange dauern ...

Oh the river is deep

The river it touches my life

Like the waves on the sand

And all roads lead to tranquility base

Where the frown on my face disappears

Take me back to my boat on the river

And I won't cry out anymore

And I won't cry out anymore

And I won't cry out anymore....

"""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""

Fortsetzung folgt ...