Wie immer: Mir gehört nichts, JKR gehört alles – vor allem Dank für die Erschaffung unseres verehrten Herrn Professor.

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Der Segen der Dunkelheit

Die komplette Welt bemühte sich nach Leibeskräften, in seinen Kopf einzudringen und ihn von innen zu sprengen. Jeder Herzschlag pumpte eine neue Welle aus Schmerz in seine Schläfen, unter seine Schädeldecke. Warum nur hatte er das Zeug von Madame Pomfrey nicht eingepackt, das ihm sonst so verläßlich gegen diese heftigen Migräne-Attacken half.

Snape schloß immer wieder kurz die Augen, weil das Tageslicht so ganz und gar unerträglich war, aber jedes danach zwangsläufig folgende Augen-Öffnen ließ den Schmerz nur stärker zurückkehren.

Und zu allem Überfluss würde es noch mindestens 24 Stunden dauern, bis er nach Hogwarts und in seine eigenen Räume zurückkehren konnte. Bis dahin würde er es, zum Wohle des Ordens, zwangsläufig mit Potter und Granger in dieser lichtdurchfluteten Kapelle aushalten müssen.

Verdammt. Kirchen und Kapellen hatten gefälligst dunkel zu sein! Dann würden die Kopfschmerzen ihm nicht gar so schrecklich zusetzen. Er hatte sich bereits in die dunkelste Ecke zurückgezogen die der kleine Raum bot, während Potter und Granger an einem der Fenster standen und sich von der Sonne bescheinen ließen, während sie Nutzlosigkeiten austauschten.

Die Kapelle war geschützt – und damit waren auch die beiden Gryffindors davor geschützt, von den falschen Zauberern gefunden zu werden. Aber sie durften keine Magie benutzen – bis morgen Mittag, wenn Dumbledore alles erledigt haben würde, was erledigt werden mußte.

Potter und Granger haßten es, mit ihm hier zu sein und er haßte es, mit ihnen hier zu sein, aber ihre Aufgaben im Orden hatten bereits Schlimmeres von ihnen verlangt und so hatten sie sich in ihr Schicksal ergeben.

Er hatte nicht für möglich gehalten, daß die Schmerzen noch stärker werden konnten – aber es geschah...

Kopfschmerzen .... wie banal das klang.... auch das Wort Migräne gab dem Ganzen keinen bedeutsameren Anstrich – und doch setzte es ihn beinahe außer Gefecht.

Ihm wurde langsam übel und die Sonne hatte noch gar nicht ihre hellste Kraft erreicht.

Unter den Schmerzen grinste er innerlich sarkastisch – vielleicht war ja doch etwas dran an den Gerüchten, er sei ein Vampir – das Sonnenlicht vertrug er heute jedenfalls überhaupt nicht und sogar wenn er die Augen schloß wurde es nicht so dunkel, daß es ausgereicht hätte um den Schmerz zu mildern.

Er hatte es schon vor einer Stunde aufgegeben, weitere Notizen zu machen, weil seine Augen sich nicht länger auf das weiße Blatt Papier richten ließen und jeder pulsierende Schlag in seinen Kopf seine Sicht für Sekundenbruchteile vernebelte.

Als er hochsah, bemerkte er Grangers Blick auf ihn.

Er konnte die Augen nur zu Schlitzen öffnen, weil er mehr Licht nicht ertrug, aber er sah, daß die nervige Gryffindor ganz offensichtlich mehr sah, als sie anging.

Sie sagte noch leise irgendetwas zu Potter und kam dann zu ihm rüber.

Das fehlte ihm jetzt noch. Reden würde es nur noch schlimmer machen.

"Professor, geht es Ihnen nicht gut?", fragte sie leise – erstaunlicherweise sehr leise und er hatte das Gefühl, daß sie absichtlich tiefer sprach, als es mit ihrer Stimme normal war. Er war dankbar dafür, weil hohe Töne schmerzhafter waren als tiefe.

"Mit mir ist alles in Ordnung, kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten.", fauchte er sie an – allerdings bewirkte der Klang seiner eigenen Stimme in seinem Kopf einen so heftigen Schub, daß er regelrecht fühlen konnte, wie das Blut aus seinem Gesicht wich. Ohne daß er es verhindern konnte, preßte er die Augen zu und hielt sich abrupt eine Hand davor, den Kopf leicht nach vorne geneigt, die Luft eines harten Atemzuges scharf einziehend.

Als er spürte, wie Granger ihn bei den Schultern faßte, zuckte er zurück, besann sich aber sofort eines besseren, weil auch dies das Gefühl in seinem Kopf verschlimmerte.

"Sie haben Kopfschmerzen, richtig?" Er wußte nicht, was sie das anging und er wußte, daß er es bereuen würde, aber er nickte mit einer kaum sichtbaren Geste.

"Migräne?" Ihre Stimme war so leise, daß es eindeutig Absicht war.

Er nickte wieder vorsichtig

"Ich kenne das – ich kämpfe schon seit Jahren selbst damit. Ist Ihnen übel?"

Ein erneutes, vorsichtiges Nicken.

Er wagte nicht, die Hand vor den Augen wegzunehmen, weil er wußte, was das Licht bewirken würde. Er wartete auf beißende Kommentare von Potter – aber es kam nichts.

Der weiche, beinahe besorgt klingende Ton von Granger irritierte ihn, aber er war zu sehr auf das Stechen in seinem Kopf fokussiert, um genauer darüber nachzudenken.

"Ich kann Ihnen helfen, Professor."

"Warum sollten Sie das tun?", konnte er sich die bissige Frage nicht verkneifen.

"Darauf antworte ich gar nicht." war ihre erstaunlich selbstbewußte Antwort, die er – was noch erstaunlicher war – unkommentiert ließ.

"Harry," sagte sie gerade so laut, daß Potter sie hören konnte "bring mir bitte von dem Tischchen da drüben den das breite Stoffband das da vor der Figur liegt – ja, genau, das dicke Brokat-Ding."

Er hörte, wie Potters Schritte auf sie zukamen. Was hatte sie vor?

"Professor, ich möchte, daß Sie Ihren Mantel ausziehen und sich das vor die Augen binden."

Er nahm die Hand von den Augen, hob den Kopf und öffnete weit die Augen.

"Wie bitte?"

Er zuckte zusammen "AH!" und schloß die Augen sofort wieder. Für einen kurzen Moment glaubte er, sich übergeben zu müssen. Aber ein paar tiefe, ruhige Atemzüge verhinderten das.

Was hatte sie gerade gesagt? Daß sie selbst Migräne hat? Sie kannte das? Sie war unter Muggeln aufgewachsen – vielleicht wußte sie ja wirklich etwas dagegen, das ohne Magie auskam? Wären die Schmerzen nicht so heftig gewesen, hätte er derlei Gedanken niemals zugelassen, aber sie WAREN so heftig und er klammerte sich an den Strohhalm den sie ihm bot.

Mit erstaunlicher Bestimmtheit half sie ihm aus dem weiten Mantel, zog ihn dann zu einer der einfachen, rückenlosen Bänke, drückte ihn herunter bis er dort saß und band ihm dann, ohne ihn noch einmal zu fragen, das dicke Band um die Augen.

Er war zu benommen, um sich großartig dagegen zu wehren zumal er von ihrer Bestimmtheit regelrecht überrumpelt war. Er mußte zugeben, daß die absolute Dunkelheit die ihn jetzt umgab ein echter Segen war und er ließ den Kopf leicht nach vorne sinken.

Granger trat um ihn herum und hinter ihn.

"Was hast du vor?", hörte er Potter leise fragen.

"Was meine Mutter immer mit mir gemacht hat, wenn es besonders schlimm war.", antwortete sie ebenso leise.

Also tatsächlich Muggel-Methoden. Sollte er sich jetzt Sorgen machen? Das würde er entscheiden, wenn er es beurteilen konnte, entschied er sich.

Einen Moment später spürte er ihre Hände an seinem Hals.

Mit einem Satz sprang er auf, riß sich den Schal von den Augen und sah ihr mit etsatztem Blick in ihr erschrockenes Gesicht.

"Was soll das werden??!!!" warf er ihr entgegen. Presste allerdings sofort beide Hände links und rechts an seine Schläfen und ließ sich taumelnd auf die Bank hinter ihm nieder.

Das Erschrockene von Miss Granger wich sichtbarer Wut.

"Himmel Herrgott nocheinmal – jetzt stellen Sie sich nicht so an, nur weil Sie mal jemand berühren will! Ich weiß wie sich Migräne anfühlt.Wir können die Kapelle nicht abdunkeln und wenn Sie uns hier nicht gleich vor die Füße kotzen wollen, dann setzen Sie sich jetzt wieder hier hin, machen diesen verfluchten Schal wieder um Ihre Augen, halten die Klappe und entspannen sich!!!"

Snape und Potter starrten Sie mit offenem Mund an...

Für einen kurzen Moment schien Granger erschrocken zu sein von ihrer einenen Courage, aber dann war dieser Moment vorbei und sie zeigte mit bestimmtem Gesichtsausdruck mit ausgestrecktem Finger auf den Platz auf der Bank vor sich.

In Snapes Kopf rotierten kurz die Gedanken, dann erhob er sich zu seiner eigenen Verwunderung und zur Verwunderung von Potter und Granger und setzte sich wortlos wieder dorthin zurück, wo er gerade gesessen hatte und ließ sich widerspruchslos wieder das Tuch vor die Augen binden, während er die erneute Welle von Übelkeit mit ruhigen Atemzügen bekämpfte.

Grangers Stimme war wieder ruhig und leise, als sie ihn ansprach: "So, und jetzt erschrecken Sie sich nicht wieder so unnütz, ich tu Ihnen nichts, aber ich muß an Ihren Nacken heran."

Er entschied, daß dadurch kaum ein Schaden entstehen würde und ließ sie gewähren.

Granger griff um seinen Hals herum und stellte fest, daß der Kragen seines Hemdes so stramm zu war, daß sie nicht wirklich an seinen Nacken herankam. Also trat sie um ihn herum, öffnete ohne jedes Zögern die obersten Knöpfe seines Hemdes, zog den Kragen prüfend ein Stück auseinander und war offenbar mit dem Ergebnis zufrieden.

Sie stellte sich wieder hinter ihn und dann fühlte er ihre Hände auf seinem Nacken, auf seinem Hals. Er rechnete sekündlich mit Kommentaren von Potter, aber auch jetzt blieb der junge Zauberer still. Vermutlich war Potter von den Aktionen seiner Kameradin ebenso geschockt wie er.

Als Grangers Finger nach bestimmten Punkten an seinem Hals tasteten, ging eine Welle aus Unwohlsein über ihn hinweg. Er war es nicht gewohnt, angefasst zu werden und daß es ausgerechnet Granger war, machte die Sache hier nicht besser.

Aber als sie die Punkte gefunden hatte, nach denen sie gesucht hatte und als sie das erste Mal zudrückte und mit einer streichenden Bewegung ihrer Daumen exakt die verhärteten Muskelstränge entlangfuhr, die in ihrer restlosen Verspanntheit Mitschuld an seinen Schmerzen trugen, konnte er nicht verhindern, daß er weich wurde, und sich mit einem unterdrückten Stöhnen ein wenig mehr nach vorne sacken ließ.

"Na endlich!", murmelte Granger zurfrieden und begann, ihm den Nacken zu massieren.

Snape konnte sich nicht erinnern, jemals etwas so Unglaubliches gefühlt zu haben, das nichts mit Magie zu tun gehabt hatte. Bei Merlin, Granger hatte heilende Hände. Immer wieder fuhren ihre Finger mit sanftem, aber bestimmtem Druck über verspannte Muskeln und Nervenstränge hinweg. Zwischendurch fuhr sie von hinten mit den Spitzen aller Finger mit sanftem Druck und kreisenden Bewegungen durch seine Haare hindruch hinter seinen Ohren nach oben bis zu seinen Schläfen und massierte dort nur mit den Spitzen ihrer Zeige-, Mittel- und Ringfinger die Stellen, an denen die Schmerzen am heftigsten pulsiert hatten. Erst tat sie dies immer im Wechsel, bis sie seinen Kopf, den er inzwischen locker nach vorne hatte fallenlassen, faßte und mit einer weichen Bewegung hochhob und nach hinten gegen sich lehnte. Als er den Kopf restlos entspannt tatsächlich leicht nach hinten gegen sie gelehnt liegen ließ und keine Anstalten machte, sich dagegen zu wehren, massierte sie weiter seine Schläfen und seinen Haaransatz über der Stirne.

Und mit jeder der streichenden, drückenden, reibenden Bewegungen ihrer Hände und Fingerspitzen wurden die Schmerzen weniger, wandelten sich von stechender Unerträglichkeit in ein unangenehmes Brummen.

Snape gestattete es sich, nicht mehr nachzudenken, sondern einfach nur noch zu genießen. Bei Merlin, das war wirkungsvoller als die Medizin von Madame Pomfrey und es war in jedem Fall tausendmal angenehmer!!!

Als Granger irgendwann mit ihren ganzen Händen seinen Kopf umfaßte und einen leichten, ungeheuer angenehmen Druck darauf ausübte und leise fragte, ob es jetzt ein wenig besser sei, war er für einen kurzen Moment versucht, es zu verneinen, damit sie nicht aufhörte, aber er murmelte ein kurzes "Ja, vielen Dank" und löste sich von ihr.

Als sie ihn losgelasen hatte und er den Schal von seinen Augen wegnahm, fühlte er sich von dieser neuen Erfahrung angefüllt, aber gleichzeitig auch leer, weil es vorbei war. Er konnte das Tuch von den Augen nehmen und wenn er nur blinzelte, war das Licht jetzt erträglich.

Potter saß ihm gegenüber und sah ihn mit einem seltsamen Blick an und als er sich zu Granger wandte, lächelte sie ihn freundlich an.

"Wenn es wieder stärker wird, sagen Sie mir bitte bescheid. Und es gibt keinen Grund, es nicht zu tun, ok?"

Er nickte wortlos.

Das Ziehen in seinem Kopf war jetzt erträglich, aber er war restlos verwirrt.

Potter stand auf. "Möchte jemand etwas zu Essen?" er ging zu der Tasche in der sie Nahrung und Getränke mitgebracht hatten.

"Gerne", antwortete Hermine und ging zu ihm.

Einen Moment später gesellte sich auch der Zaubertrankmeister zu ihm.

Die Atmosphäre zwischen ihnen hatte sich verändert. Und er war nicht sicher, was er davon halten sollte. Still saßen sie beeinander und aßen, während sie sich immer wieder Blicke zuwarfen, die offensichtlich abschätzen wollten, was als nächstes geschehen würde.

Alle drei spürten, daß dies hier auf eine Gespräch einer für sie gänzlich neuen Art hinauslief – aber keiner von ihnen fand einen Anfang. Also aßen sie erst einmal in aller Ruhe weiter.