Disclaimer: Hogwarts, Knockturn Alley, das Zaubereiministerium sowie der Protagonist und alles, was da sonst noch kreucht und fleucht, gehören allesamt nicht mir, sondern JKR.

Author's Note: Eine Snape-als-Teenager-Geschichte, erzählt von seinem gestressten Vormund Alastor Moody. Sie beginnt mit Sevs erstem Schultag und endet mit seinem letzten. Dazwischen liegen sechs Jahre, ein Entfremdungsprozess, das Wiederausgraben einer verschütteten Familientragödie, die Gründung des Phönixordens, das Überziehen der magischen Welt mit einer Schreckensherrschaft, die ihresgleichen sucht, und die Frage, wie und warum eine ganze Generation junger Slytherins daran teilnahm. – Co-starring Dumbledore, Voldemort, Bellatrix, James und die Geister der Vergangenheit, die einfach keine Ruhe geben

So. Ein ehrgeiziges Projekt, bei dem ich natürlich gern ein klitzekleines bisschen unterstützt werden möchte – in Form von Reviews *schüchterner Wink mit dem Sägewerk*

Anfangen werd ich nicht mit dem Anfang, sondern 25 Jahre früher. Hier sind wir also mit dem Prolog, in dem zwei Freunde die Pflichten und Schuldigkeiten diskutieren, die sie aneinander binden...

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Von den Historikern meiner Generation sind zahlreiche Versuche unternommen worden, das ambivalente Verhalten von Severus Snape während Tom Marvolo Riddles beiden Griffen nach der Macht zu erklären, doch kann keine der Erklärungen vollends zufriedenstellen. Fest steht, dass das Enträtseln dessen, was in einem Menschen vorgeht, zum Schwersten gehört, was sich denken lässt. Ich will deshalb keine philosophische oder psychologische Erklärung liefern, sondern mich lediglich auf die Fakten von Snapes Leben beschränken...

Virginia Malfoy, Slytherin. Eine Chronik (Flourish & Blotts, London, 2038)

Challenge the Riddler, and you will see... – Nightwish

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PROLOG: Waisenkinder

1945

Noch Wochen später gab es viele, die am Ausgang der Schlacht zweifelten oder es einfach nicht glauben konnten. Breite Teile der magischen Bevölkerung befanden sich in einem regelrechten Schockzustand. Aber wer wollte es ihnen übelnehmen? Viel zu lange hatten sie unter dem Schatten ausharren müssen, hatten um ihr Leben gebangt, Freunde und Familienangehörige an ihn verloren – und von einem Tag auf den anderen sollte es so gänzlich unvorhergesehen vorbei sein? Die gute Nachricht brauchte lange, um zu ihnen durchzudringen. Grindelwald war besiegt.

Da saß der Mann, dem die magische Gemeinschaft so viel verdankte und der diplomatisch, doch unmissverständlich klargemacht hatte, er wünsche keinen „Zirkus" um seine Person, bereits wieder in seinem Büro in einer verzauberten Schlossruine weit im Norden Großbritanniens und lutschte Zitronendrops, während er seines Amtes als stellvertretender Schulleiter waltete und gewissenhaft und sorgfältig die Zeugnisse für die Abschlussklasse 1944/45 ausstellte. Später sollte ihm das immer als die vollendete Ironie vorkommen.

Während unten im Schloss die Zeugnisse das Hogwartssiegel erhielten und in der großen Halle die letzten Spuren der Schlacht beseitigt wurden, damit sie für die Abschlussfeier geschmückt werden konnte, stand einer von Albus Dumbledores Zöglingen an den Zinnen des Astronomieturmes und sah in den Sonnenuntergang oder was sich an diesem Tag davon zeigte. Seine Hände berührten den schwarzledernen Einband eines schmalen, kleinen Buches, als er dem herannahenden Gewitter entgegensah, an die hohe Brüstung gelehnt und dem Wind lauschte, der leise in seinen Ohren flüsterte.

„Ich dachte mir, dass ich dich hier finde."

Große, dunkle Augen unter schwarzen, flügelgleichen Brauen suchten die des Freundes, als sich ein weiterer Schwarzkopf zu ihm gesellte. Der Blick des anderen fiel auf das Buch.

„Deine Memoiren?"

Er erwiderte nichts.

Der Wind fuhr in zwei identische, in schwarz und grün gehaltene Festumhänge, die sich nur durch das Schulsprecherabzeichen auf der Brust des Tagebuchschreibers unterschieden. Eine kleine Weile standen sie schweigend und unbeweglich an den Zinnen, die Gesichter dem Sturm zugewandt. Immer schon war es das ungeschriebene oberste Gesetz ihrer Freundschaft gewesen, die an Bord des Hogwartsexpress im Herbst 1938 begonnen hatte, dass der eine dem anderen alles erzählte – und der andere dem einen fast alles.

Sinnend löste der Schulsprecher die Hand vom Einband des Buches und legte sie auf das Mauerwerk, das sich kühl und mosig anfühlte, wie er es von jener Nacht in Erinnerung hatte. Mehrere Monate waren seit dem Vorfall vergangen. Dazwischen lagen die Schlacht, die den Krieg zum ersten Mal in die Mauern der Schule getragen und gleichzeitig sein Ende bedeutet hatte, und die Abschlussprüfungen. Keiner der beiden war in den vergangenen Monaten auf dem Turm gewesen. Aber heute war die letzte Gelegenheit, ihr letzter Tag als Schüler von Hogwarts. Und so war es kein Zufall, dass der eine den andern ausgerechnet hier gesucht und gefunden hatte.

„Ich glaube, ich habe mich noch gar nicht bei dir bedankt."

„Bedanken willst du dich? Wofür?"

„Ich denke, das weißt du. Für dein Eingreifen. Du hast mich gerettet, als ich schwach zu werden drohte. Diese Schwäche hätte uns den Sieg kosten können. Ich bezweifle, dass Dumbledore Erfolg gehabt hätte, wenn er um mich hätte fürchten müssen."

Sein Freund schwieg eine kleine Weile, ehe er bedächtig die Frage, die ihn seither umtrieb, in Worte kleidete. „Was hat Grindelwald zu dir gesagt? Was hat er dir gezeigt, was wir nicht sehen konnten?"

Wieder war eine Zeitlang nichts zu hören bis auf das sich nähernde Unwetter. Als der andere schließlich antwortete, verschluckte der ferne Donner seine Worte fast. „Ich hab meine Mutter gesehen. Meine Großeltern. Es war wie ein Blick in die Vergangenheit – alle Generationen meiner Familie bis zurück zu..."Er brach ab und schüttelte den Kopf. „Er hat sich ganz gezielt auf die Konfrontation mit mir vorbereitet. Ich meine, er hat gewusst... Ich hörte seine Stimme in meinem Kopf. Er sprach zu mir von seinem Wissen – dass es möglich wäre, mit den Toten Kontakt aufzunehmen, sie ins Leben zurückzubringen."

Darauf gab es nichts zu erwidern, und sie wussten es beide.

„Nicht dass ich geglaubt hätte, dass es ein ehrliches Angebot war."fuhr er schließlich fort. „Er versuchte nur, Dumbledore zu schwächen. Aber verstehst du, es war das erste Mal, dass ich meine Mutter sah... und dazu diese Einflüsterungen im Ohr. Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn du nicht eingegriffen hättest." Er verstummte, abgelenkt von den kühlen, trockenen Fingern, die sich auf der Turmmauer um seine schlossen.

„Das war nichts im Vergleich zu dem, was du für mich getan hast. Ich würde es immer wieder machen."

„Ja, ganz so wirkte es dort unten auf mich. Und da wurde mir etwas bewusst. Wieviel mir deine Freundschaft bedeutet und wie falsch ich mich dir gegenüber verhalten habe."

„So darfst du nicht reden, Tom."

„Doch, Sander, ich muss. Wenn ich heute nicht den Mut dazu finde, schaffe ich es niemals, denn ich weiß, du wirst mich hassen für das, was ich jetzt sage. Nein, lass mich gefälligst ausreden. Ich möchte, dass du das weißt – Es hat mich zutiefst getroffen, dass du deinen Vater verloren hast, glaub mir das. Aber mit seinem Tod hat sich etwas verändert und ich habe das Gefühl, dass dein Kummer uns einander nähergebracht hat. Als hätte früher dein vollkommenes Glück immer irgendwie zwischen uns gestanden. Verzeih mir, wenn du kannst."

„Oh, Tom."erwiderte sein Freund bewegt und legte ihm einen Augenblick lang die Hand auf die Schulter, bevor er ihn an sich zog. Der andere lehnte sich zuerst nur in die Umarmung, schloss dann für einen Moment ebenfalls die Arme um seinen Freund, um sich kurz darauf loszumachen und düster in Richtung der Treppe zu blicken.

„Ich seh besser mal nach, wie die anderen in der Halle vorankommen."

„Ja, noch bist du nicht entlassen."

Sie trennten sich mit einem Lächeln.

Die Wahrheit war, Sander hatte sich unwillkürlich Tom gegenüber oft im Unrecht gefühlt, obwohl es natürlich nicht seine Schuld war, dass er ein Reinblut war und eine Familie hatte. Gehabt hatte. Die Nachricht vom Tod seines Vaters hatte seine Welt aus den Angeln gehoben. Er wusste nicht, was er ohne Tom getan hätte. Wenn Tom ihn nicht zurückgerissen hätte, als er in der sternlosen Nacht, die auf jenen furchtbaren Tag folgte, auf die Balustrade des Astronomieturms geklettert war, sturzbetrunken und fest entschlossen zu springen...

Es war nur fair, dachte er, dass sein Freund auch auf ihn bauen konnte, wenn die Rollen dann einmal anders verteilt waren.

Als im Westen die ersten Blitze aufflammten und rollender Donner sein Ohr erreichte, machte Sander sich ebenfalls auf den Weg nach unten, wo in Kürze die Feierlichkeiten beginnen sollten, immer noch über die Gedankengänge des anderen nachsinnend. Tom hatte sich geirrt.

Er war weit enfernt davon, seinen Freund zu hassen. Und sollte es sein Leben lang bleiben. ___________________________________________________________________________

...was irgendwie den Schluss nahelegt, dass er nicht alt geworden ist, oder? Tja, Szenen einer Freundschaft. Ich und meine Vorliebe für Schulabschlüsse ~

Sorry Cara, anscheinend krieg ich ohne Leerzeilen keine Unterteilung gebacken. Zum Glück gibt es hier abgesehen vom Prolog nur einen Protagonisten.

Soweit die Vorgeschichte, wir machen einen Sprung ins Jahr 1970...