©Sunrisepainter: Mit Sonne im Herzen
Titel: Haruka
Subtitle: Mit Sonne im Herzen
Fandom :Digimon Frontier
Genre: Abenteuer, Fantasy, Romantik
Autor: Sunrisepainter
Sprache: Deutsch
Inhalt: Haruka zieht nach der Scheidung ihrer Eltern zusammen mit ihrer Mutter und ihrer kleinen Schwester in das belebte Tokio. Außer ihrem Cousin und ihrem Onkel hat sie dabei niemanden, der ihr während der ersten Tage beiseite steht. Das Blatt wendete sich, als sie dessen Freunde kennen lernt, die ein Geheimnis zu haben scheinen. Doch nicht nur das kommt ihr ungewöhnlich vor, denn plötzlich taucht immer wieder diese seltsam aussehende Frau auf, die anscheinend nur sie und ihre Schwester sehen können.
Japanische Begriffe, die während der Geschichte vorkommen (könnten noch mehr werden):
Nee-san: Große Schwester
-hime: Prinzessin
-chan: Form der Verniedlichung wie im Deutschen „chen" oder „lein"
imouto: Kleine Schwester
Hai: Ja
Demo: Aber
Arigatou: Danke
Gomen: Sorry
Mit Sonne im Herzen
- Teil I -
Kapitel 1:
Neue Türen
Haruka konnte immer noch nicht glauben, dass die alles wirklich passierte. Von einem Tag auf den anderen hatte sich ihr gesamtes Leben auf den Kopf gestellt und ihr Bild von einer heilen, friedlichen Welt beachtlich ins Wanken gebracht.
Alles was ihr lieb war und alles, was ihr etwas bedeutete schien plötzlich nichts mehr Wert zu sein. Durften Eltern ihren Kindern so etwas antun? War das alles gerecht? Sicherlich nicht, aber sie konnte es nicht verhindern. Auch wenn sie noch so sehr flehte und bettelte. Die Entscheidung ihrer Eltern stand fest und daran gab es nicht mehr zu rütteln.
Sie würden sich scheiden lassen.
Für Haruka und ihre Geschwister war bei dieser Urteilsverkündung eine Welt zusammen gebrochen. Eine Welt, die vorher idyllisch und unbeschwert war. Ihre kleine Welt in dem großen Haus, dass direkt am Meer lag, umgeben von wunderschönen Salzwiesen und einem Leben in ruhe und Eintracht mit der Natur.
Nichts im Vergleich zu dem, was sie sah, wenn sie aus dem Fenster blickte.
Es war lange her, dass sie in einer größeren Stadt gewesen war und jetzt auch noch die Hauptstadt. Die Eindrücke strömten auf sie ein wie ein eiskalter Wind und peitschten sie nieder.
Menschen, Autos, Straßenbahnen, riesige Gebäude und zu allem Überfluss noch der schreckliche Lärm. Tokio war für sie ein Alptraum.
Ganz im Gegensatz für ihre Schwester. Für Midori schien das ein Wunderland zu sein. Etwas, dass man entdecken und studieren musste bis man jeden Winkel davon kannte. Doch das war unmöglich. Vielleicht reizte sie das ja noch mehr.
»Oh schau mal, Nee-san!«, jauchzte die Siebenjährige und drückte ihre Nase an der Fensterscheibe platt, »ist das nicht ein hohes Gebäude. Das größte auf der ganzen Welt!«
Ihre Mutter auf dem Fahrersitz lachte:
»Das ist das Regierungsgebäude in Shinjuku, aber bin sicher, dass es noch höhere Gebäude gibt, hime.«
»Ach echt?«, Midori schien das nicht ganz glauben zu wollen. Sie ließ sich immer viel zu schnell beeindrucken.
Haruka seufzte und lehnte sich mit verschränkten Armen in ihrem Sitz zurück. Sie wollte nichts weiter von dieser schrecklichen Stadt sehen. Sie wünschte sich wieder zurück in ihr Dorf. Zurück zu ihren Freunden. Zurück zu ihrem geliebten Vater.
Doch die Eltern hatten sich entschieden, dass die beiden Schwestern mit der Mutter nach Tokio gingen und ihr Vater zusammen mit ihrem Bruder in ihrem alten Haus wohnen blieb.
Haruka hatte eigentlich auch dort bleiben wollen, aber da sie bald die Oberschule besuchen würde, hielten es ihre Eltern für praktischer, wenn sie gleich in Tokio dort hingehen konnte. Der Anfahrtsweg war viel kürzer, sie musste sich nur in eine Straßenbahn setzten, und die Bildungsmöglichkeiten viel ausgeprägter. Auch diese Entscheidung hatten sie mal wieder ohne sie getroffen.
»Lächle doch mal, Haruka – chan«, ihre Mutter blickte sie durch den Rückspiegel an. Ihre Tochter zog nur eine Grimasse und drehte ihr Gesicht Richtung Fenster.
Ihre Mutter seufzte leise:
»Ich weiß, dass es nicht leicht für dich ist. Mir fällt es auch schwer, dass alles hinter mir zu lassen, aber deinen Onkel magst du doch so gern und mit deinem Cousin bist du doch bis jetzt auch immer gut ausgekommen. Er wird sicher verstehen, was du gerade fühlst.«
Haruka kniff die Lippen zusammen.
Bis ihre Mutter eine eigene Wohnung gefunden hatte, wollte sie erstmal bei ihrem Bruder unter kommen. Auch er hatte sich von seiner Frau scheiden lassen und lebte jetzt mit seinem ältesten Sohn in dem großen Haus. An Platz würde es ihnen dort sicher nicht mangeln, aber auf Mitleid hatte sie keine Lust.
Und das würde sie von ihrem Cousin sicher bekommen. Seit zwei Jahren hatte sie ihn nicht mehr gesehen und sie hätte sich einen schöneren Grund für ihr Wiedersehen vorgestellt.
»Denk immer daran: Wenn sich eine Tür in deinem Leben schließt, dann wird sich eine neue für dich öffnen«, erklärte ihre Mutter und bog in einen Weg ein, der an den Seiten von Kirschbäumen flankiert war.
»Hör auf immer diese chinesischen Glückskekse zu zitieren, kaa-san!«, knurrte das Mädchen und rubbelte mit der Hand über die Fensterscheibe. Sie war angenehm warm. Aufgeheizt durch die Märzsonne. Haruka mochte das Kribbeln auf ihrer Haut, wenn sie etwas Warmes berührte. Besonders schön fand sie es, wenn man aus dem Schatten trat und die Sonnenstrahlen das Gesicht und die Arme küssten.
Ihre Mutter lachte leise:
»Vielleicht hast du Recht!«
»Wann sind wir denn endlich da?«, maulte Midori und bewegte sich in ihrem Sitz ungeduldig hin und her. Ihre braunen, kurzen Haare standen von der langen Autofahrt in alle Richtungen ab und die niedliche, gelbe Schleife war bereits verrutscht.
Haruka beugte sich vor und rückte sie wieder gerade, dann strich sie ihrer Schwester liebevoll über den Kopf. Auch wenn sie manchmal noch so nervig war, sie hätte sie gegen nichts in der Welt getauscht.
»Siehst du das Haus dort mit dem hellblauen Zaun?«, die Mutter der beiden zeigte in die Ferne.
»Du meinst das hübsche Häuschen da?«, quietschte das kleine Mädchen glücklich. Es hätte nicht mehr viel gefehlt und sie hätte mitten während der Fahrt die Tür aufgerissen, nur um zu dem Haus ihres Onkels zu laufen.
Sie hielten in der Einfahrt und die Kleine war mit einem Satz aus dem Auto gesprungen.
»Midori-chan«, lachte die Mutter und jagte ihr nach.
Haruka verdrehte bloß genervt die Augen und löste den Gurt. Dann öffnete sie die Tür einen Spalt und ließ ihre Beine hinaus baumeln. Sofort kroch die Wärme ihre Jeans hinauf. Sie streckte sich, gähnte einmal leicht und sah sich dann auf dem Grundstück um.
Das Haus sah genauso aus wie sie es in Erinnerung hatte. Es sah aus wie jedes andere Familienhaus in der Innenstadt und doch war es etwas besonderes. Im Gegensatz zu anderen Häusern, die meist dicht an dicht standen, hatte es einen wunderschönen Garten.
Doch die Blumen in dem Beet ließen auch schon den Kopf hängen, dabei war gerade Frühling. Sie drückten genau das aus, was Haruka gerade selbst fühlte.
»Ah, imouto. Schön dich wieder zu sehen«, meinte eine männliche Stimme erfreut.
»Kishimoto! Du hast dich kein Stückchen verändert«, erwiderte ihre Mutter und schloss ihren Bruder in die Arme. Sie hatte Recht. Harukas Onkel sah noch genauso aus wie sie ihn in Erinnerung hatte. Immer noch ganz der Geschäftsmann.
»Und du bist ja auch so groß geworden, hime«, lachend hob er Midori hoch und wirbelte sie herum. Doch er ließ sie auch schnell wieder hinunter. Sie war vielleicht doch ein bisschen zu alt dafür.
»Und was ist mit dir, Haruka -chan? Willst du deinen Onkel nicht umarmen?«, er breitete grinsend seine Arme aus.
So deprimiert sie auch war, ihn konnte sie nicht dafür verantwortlich machen. Er war ihr Pate und gleichzeitig ihr Lieblingsonkel. Kurz ließ sie sich von ihm drücken und machte sich dann am Kofferraum zu schaffen. Nur damit er ihr keine unangenehmen Fragen über ihr trauriges Gesicht stellte.
»Lass die Koffer doch erstmal im Wagen«, erklärte ihre Mutter, »wir können sie später noch holen. Der Umzugswagen mit unseren restlichen Sachen wird sowieso erst heute Nachmittag eintreffen.«
Ihr Bruder nickte:
»Ich habe Tee gemacht. Wenn ihr wollt können wir danach auch noch einen Spaziergang machen. Immerhin ward ihr lange nicht mehr und wir haben so viel zu bereden.«
»Hai.«
Während unser Onkel und Mom über dies und jenes redeten, wurde es Midori schnell viel zu langweilig. Ich war eigentlich froh endlich mal meine Ruhe zu haben, aber Mom schlug vor, dass wir beide uns schon mal die Gegend ein wenig genauer ansahen. Midori war mehr als begeistert über diese Idee und fing gleich an zu betteln.
»Aber verlasst nicht das Viertel und passt auf auf den Verkehr auf! Besonders du, Midori. Hier in Tokio fahren viel mehr Autos als zu...als in unserem alten Dorf«, ermahnte unsere Mutter uns noch.
»Ich bin mein kleines Kind mehr«, maulte die Siebenjährige und schob beleidigt die Unterlippe vor.
Niemand reagierte auf ihren Einwand, stattdessen steckte Haruka ihre Hände in die Hosentaschen und schlurfte Richtung Tür.
Sofort rannte Midori ihr hinterher. Immerhin war ihr alles lieber als still sitzen und zu hören zu müssen.
Bald begann sie wie ein unendlicher Wasserfall zu reden und Haruka versuchte sie so gut es ging zu ignorieren. Midori schien das allerdings nicht zu stören, sie war es gewohnt, dass ihre große Schwester schwieg.
Sie waren noch nicht weit gegangen, da hörten sie jemanden ihren Namen hinter sich rufen. Erstaunt wirbelten die Schwestern herum. Bisher kannten sie hier doch niemanden.
Ein Junge mit dunklen Haaren kam lachend auf die zu gelaufen.
»Wer ist das?«, fragte Midori leise. Haruka zuckte ihre Schultern. Sie hatte ihn noch nie zuvor gesehen, obwohl er in ihrem Alter war. Und woher kannte er sie?
Als er näher kam wurde er langsam und kurz vor ihnen stoppte er, um sie beide breit an zu grinsen.
»Ähm, kennen wir uns?«, fragte die Ältere verwirrt und legte den Kopf schief.
»Demo Haru-chan, erkennst du mich denn nicht mehr?«
Es gab genau zwei Leute auf der Welt, die sie Haru-chan nennen durften. Ihr kleiner Bruder und-
»Takuya-kun!«, quietschte ich überrascht und das Grinsen auf seinem Gesicht wurde noch breiter.
»Höchstpersönlich!«
»Du bist aber groß geworden und deine Brille trägst du auch nicht mehr«, sie musterte ihn von oben bis unten. Er wurde rot und fuhr sich verlegen durchs Haar.
»Menschen verändern sich eben. Du siehst auch nicht mehr so unschuldig aus wie vor zwei Jahren.«
Spielerisch stieß sie ihm in die Seite und er lachte schallend. Es war so schön ihn wieder zu sehen. Auch wenn er sich wirklich sehr verändert hatte. Sie kannte ihn immer als vorlauten, coolen Jungen, der nie ohne seine Fliegerbrille aus dem Haus ging. Doch nun, mit vierzehn, wirkte er richtig erwachsen. Sie vermutete, dass seine Reife größtenteils durch die Scheidung seiner Eltern kam.
Sie fragte sich, ob sie sich auch verändern würde. Sie kannte die Antwort schon.
Sie war immer schon eine stille und zurückhaltende Person gewesen, aber seit der Entscheidung ihrer Eltern war sie noch mehr in sich gekehrt als zuvor.
»Und wie findet ihr es jetzt endlich auch hier zu wohnen?«, wollte er wissend, während er seine Hände in den Hosentaschen vergrub.
»Toll! Hier ist alles so groß und lustig«, schwärmte Midori. Takuya lachte und strich ihr durchs Haar.
»Also ich finde es hier grauenhaft«, ihre große Schwester verzog das Gesicht. Ihr Cousin zog fragend eine Augenbraue hoch:
»Aber früher wolltest du immer nicht zurück nach Hause, weil du es dort zu öde fandest. Was hat deine Meinung geändert?«
Haruka zuckte mit den Schultern und ging ein Paar Schritte vorwärts. Takuya und Midori folgten ihr. Schweigend liefen sie eine Zeit lang nebeneinander her, sogar Midori wagte es nicht den Mund auf zu machen. Viel mehr ließ sie sich von den vielen Geschäften um sie herum faszinieren.
Schließlich hielt sie das Schweigen doch nicht mehr aus.
»Nee- san ?«, fragte sie mit zuckersüßer Stimme und rupfte ihrer Schwester am Pullover.
»Was ist?«, seufzte Haruka und sah liebevoll zu ihr hinunter.
»Kann ich bitte kurz in das Spielzeuggeschäft dort?«, bettelte sie, »die haben dort so süße Stofftieren. Du weißt schon, die kleinen Katzen und Hunde.«
Haruka seufzte ein zweites Mal. Sie konnte ihrer kleinen Schwester einfach nichts abschlagen.
»Also gut. Verlauf dich aber nicht und geh mit niemanden mit. Wir warten hier auf dich, okay?«
Midori nickte artig mit dem Kopf und hüpfte dann auf einen Bein und fröhlich pfeifend in den Laden.
Die beiden anderen lehnten sich gegen eine Hauswand und beobachteten die Leute auf der anderen Straßenseite.
»Die Scheidung hat dich echt mit genommen, oder?«, fragte Takuya nach einiger Zeit leise und blickte seine Cousine von der Seite an. Haruka schloss die Augen und nickte.
»Kann ich verstehen«, murmelte der Junge und strich sich die Haare aus dem Gesicht, »aber versuch nicht so viel darüber nachzudenken, ja? Deinen Geschwistern geht es sicher ähnlich und du bist die Älteste, dass heißt du musst dich ein bisschen zusammen reißen.«
Haruka presste die Lippen zusammen. Sie wusste das er Recht hatte und sie bewunderte ihn dafür, dass er es damals einigermaßen locker hin genommen hatte. Sie bezweifelte, dass sie genauso stark sein würde.
»Ich weiß, dass es viel verlangt ist«, meldete er sich wieder zu Wort und sah sie ernst an, »aber denk einfach an Midori. Sie braucht dich jetzt besonders und wenn du nur noch schlechte Laune schiebst, dann kann es sie sehr traurig machen.«
»Ich weiß«, murmelte Haruka und verfolgte mit den Augen einen kleinen Jungen, der hinter seiner Mutter hinterher stolperte, die viel zu schnell für ihn lief.
»Das ihr hierher gezogen seid, heißt zwar das es nie mehr so wird wie früher, aber dafür wirst du doch auch so viel neues hier sehen und lernen. Veränderungen sind nun mal normal im Leben«, erklärte er eifrig.
»Du klingst wie meine Mutter«, lachte sie.
Takuya zuckte grinsend mit den Schultern:
»Wir sind halt eine Familie. Deshalb werden wir auch so gut es geht zusammen halten.«
Er drückte sie kurz an sich:
»Du bist wie eine Schwester für mich, deshalb werde ich dich nie im Stich lassen. Und auch Midori und nicht, verstanden?«
Sie nickte gerührt. Ihr Cousin war doch immer noch der Beste.
»Arigatou!«
»Kein Problem ,Haru-chan.«
»Und freust du dich schon auf den ersten Schultag an der Oberschule?«, wechselte er das Thema.
Haruka seufzte:
»Wird sicher etwas anders sein als die Grundschule, oder?«
»Sicher. Aber ein Freund von mir geht in eine höhere Klasse und der meint man findet schnell Freunde. Außerdem bist du ja nicht ganz alleine. Ich bin auch noch da und meine Freunde werden dir sicher auch helfen.«
Er schaffte es wirklich sie ein bisschen aufzumuntern, aber ihre ganze Angst vor der neuen Schule nahm er ihr nicht.