Titel: Made of Scars

Disclaimer: Die Figuren gehören J. K. Rowling, ich leih sie mir nur aus. Ich verdiene mit dieser Geschichte kein Geld etc. pp

Inhalt: Er ist nicht der erste Patient, der eine Psychotherapie verweigert. Aber bei weitem der schwierigste. HGSS.

Genre: Drama/ Romance

Rating: M

A/ N: Nach langer Zeit habe ich heute Abend beschlossen, mich mal wieder an einer Geschichte zu versuchen. Ich weiß selbst noch nicht, wo das hinführt, hoffe aber auf viele Reviews von euch ;)

LG, xgirlshona

oOoOo

Unser Körper ist ein Garten und unser Wille der Gärtner.
(William Shakespeare)

xxx

„Wir können hier sitzen und das Ende der Stunde abwarten. Aber ich denke, unsere Arbeit wird in diesem Fall nicht von Erfolg gekrönt sein, Severus."

Sie muss sich überwinden, ihn beim Vornamen anzusprechen. Es ist die Erinnerung an den Mann, der er einmal war. Dunkel. Autoritär. Er passt nicht zu diesem Zimmer. Oder vielmehr ist es das Zimmer, das nicht zu ihm passt. Zweifellos dominiert er die Szenerie. Nicht aufgrund seiner ehrfurchtgebietenden Erscheinung, seiner schwarzen, bohrenden Augen. Es ist schwer zu sagen, was Hermine das Gefühl gibt, der eigentliche Fremdkörper in diesem Raum zu sein.

Durch die große Terrassentür, die die Längsseite des lichtdurchfluteten Zimmers begrenzt, sieht sie auf zwei Gartenstühle und einen Tisch. Laubbedeckt. Es ist Ende September. Normalerweise hätte sie diese Sitzung auf der Terrasse abgehalten. Die meisten Patienten scheint das Rascheln der Blätter und das friedliche Plätschern des kleinen Teichs, in dem sich mehrere Fische tummeln, zu beruhigen.

Letzte Woche hat ihr ein austherapierter Patient einen Koikarpfen als Dankeschön geschenkt. Dabei hat sie immer ein schlechtes Gewissen, wenn sie einen ihrer Patienten sich selbst überlässt. Austherapiert. Was heißt das schon? Eigentlich doch nur, dass die Krankenkasse nicht mehr bezahlen will. Ein gebrochenes Bein kann man heilen, aber eine gebrochene Seele? Physisch kann man einen Menschen in seinen Urzustand zurückversetzen, psychisch wird er nie der sein, der er einmal war.

Seine Entschlossenheit. Das ist es, was sie so verwirrt. Der Grund, warum sie sich in ihrem eigenen Büro unwohl fühlt. Entschlossenheit. An sich kein schlechtes Gefühl. Die häufigste psychische Erkrankung ist die Depression. Und die zeichnet sich unter anderem gerade durch das Fehlen von Entschlossenheit aus.

Sie sitzen sich seit vierundzwanzig Minuten gegenüber. Hermine vermeidet es auf die Uhr zu sehen, wenn sie Patienten hat. Sie möchte ihnen das Gefühl ihrer ungeteilten Aufmerksamkeit geben. Ihm ist es offensichtlich egal, ob sie die Minuten zählt, oder auf seine Handgelenke starrt.

„Nun, Miss Granger?"

Er zieht eine Augenbraue hoch. Belustigt, wie es scheint. Warum hat sie in die Therapie eingewilligt? Es war verrückt zu glauben, sie könnte etwas bewirken. Oder ihre Neugier befriedigen. Wenn sie ehrlich zu sich selbst ist – und das ist eine ihrer wichtigsten Regeln für die Therapie – war auch das einer der Gründe. Ein schlechter Grund. Sie hätte den Fall an einen Kollegen abgeben sollen.

„Sie wissen, warum Sie hier sind?"

Seine Augenbraue rückt noch ein Stück höher. Was für eine dämliche Frage. Vielleicht sollte sie noch ein „Wie geht's uns denn heute?" hinterherschicken.

„Dann wissen Sie auch, dass Sie mir ab sofort dreimal die Woche für exakt 60 Minuten gegenüber sitzen werden. Wollen Sie die komplette Zeit schweigen?"

„Ich gedenke nicht, so lange hierzubleiben, Miss Granger."

„Das ist nicht zu übersehen, Professor."

Er grinst hämisch. Es ist ihr herausgerutscht. In alter Gewohnheit.

„Ist es Ihnen lieber, wenn ich Sie Professor nenne?"

„Wie es Ihnen beliebt. Ich habe nicht vor, Ihnen Umstände zu machen."

„Ihr Schweigen macht mir Umstände."

Sie überlegt, ein Severus oder Professor anzufügen, kann sich aber nicht entscheiden. Sie hatte einen schlecht gelaunten Severus Snape erwartet. Depressiv, aufbrausend oder verzweifelt. Aber er scheint – amüsiert.

„Ich bewahre Sie davor, sich seitenlange Notizen zu machen und ihr mittelmäßig begabtes Hirn anzustrengen. Ihre Ergebnisse würden letztlich doch nur in den Abfall wandern."

„Mittelmäßig begabt? Sagen Sie bloß, das war ein Kompliment?"

„Und noch immer sind sie so sehr mit sich selbst beschäftigt. Wer hat Sie bloß glauben gemacht, Sie wären eine gute Psychotherapeutin?"

Von einer Therapie ist dieses Gespräch tatsächlich meilenweit entfernt.

„Was lässt Sie glauben, meine Notizen wären im Müll besser aufgehoben?"

„Ich sagte bereits,…"

„… dass Sie nicht lange hier sein werden. Aber warum nehmen Sie an, sie könnten darüber bestimmen?"

„Wir beide wissen, dass ich das kann."

Da ist sie wieder. Diese verwirrende Entschlossenheit. Gepaart mit – ihr fällt keine bessere Bezeichnung als „gute Laune" dafür ein. Sie blicken fast zeitgleich auf seine Handgelenke. Hermine bemüht sich um Gleichgültigkeit. Ob sie einen Blick auf die Uhr riskieren soll? Er würde es bemerken. Aber würde es ihn auch kümmern? Sie will etwas erwidern. Ihr Schweigen ist unprofessionell. Er lächelt. Sie hat diesen Ausdruck noch nie auf seinem Gesicht gesehen. Und irgendwie ist er ihr unheimlich.

Entschlossenheit ist etwas Gutes. Es sei denn, es ist die Entschlossenheit, sich die Pulsadern aufzuschneiden.