IN VINO VERITAS


Wie friedlich wäre doch das Leben ohne die Liebe… wie ruhig… wie sicher… und wie öde."

Der Name der Rose


Kapitel 1 - In Vino Veritas

Hermione verspürte keine Lust auf diesen Abend. Die Ehre zu Slughorns Auserwählten zu gehören, ließ sie nicht den Missmut vergessen, die ihre Aufnahme in den Slug-Club, zwischen Ron und ihr gesät hatte. Sie verstand sein Gefühl des Ausgeschlossenseins - und doch andererseits konnte sie nicht leugnen oft die Geduld mit ihm zu verlieren. Den Slug-Club betrachtete er als ein Ansammlung an Erdnüsse knabbernden Snobs, obwohl der Neid nur so aus seinen Worten troff.

Und egal wie oft sie ihm sagte, dass er doch schon dazugehörte, nämlich zum Pottertrio, es schien nie wirklich in seinen Verstand vorzudringen. Harry war wie sie in diesen Club genötigt worden. Doch er schaffte es im Gegensatz ihr immer wieder anderen ,,Verpflichtungen" nach zu kommen.

Hermione hatte keine Eile und hastete nicht. Sie ergab sich ihrem Schicksal mit langsamen Schritten, während sie den Weg in den Kerker zurücklegte. Sie kannte diesen Weg, sie war in oft gegangen, oft auf dem Weg zum Zaubertrankunterricht, manchmal heimlich, von einem unbestimmten Gefühl geleitet.

Nein, es gab kein Entkommen. Dreimal hatte sie es geschafft, sich herauszureden, doch diesmal waren alles Winden umsonst gewesen. Professor Slughorn war unnachgiebig gewesen, freundlich, charmant und er hatte etwas in ihr getroffen.

,,Es wäre jammerschade, wenn die beste Schülerin seit Jahren sich nicht auf bei dieser geselligen Zusammenkunft blicken ließe."

Diese geselligen Zusammenkünfte waren bestimmt eine angenehme Abwechslung zum ständigen Lernen, hatte sie gedacht, doch sie hätte sich die Menschen, mit denen sie ihre Zeit verbrachte, gerne selbst ausgesucht. Ein Abend mit Blaise Zabini und anderen charmanten Slytherins. Sie hätte sich wahrlich Schöneres vorstellen können. Sie brauchte keine Langziehohren, um sie tuscheln und kichern zu hören. Noch immer machten sie sich über B.E.L.F.E.R lustig, und über ihren Strickwahn, dem sie im Jahr zuvor verfallen war.

Aber sie hatte Ja gesagt, vielmehr ein ,,Ich komme gern.", noch immer benommen von den Worten ,,die beste Schülerin." Die beste Schülerin. Inzwischen war sie sich sicher, er hatte diese Worte, unabhängig davon, wieviel Wahrheit sie enthielten, als Waffe eingesetzt und sie hatten ihr Werk mehr als hervorragend verrichtet. Aber was konnte sie nun, da auf dem Weg zu Slughorns Party war, anderes tun, als das Beste daraus zu machen? Sie erreichte die Treppe, die in den Kerker führte, und ihre Füße fanden wie immer allein den Weg, während ihre Gedanken auf Reise gingen.

,,Gib es zu, du genießt es, dorthin zu gehen." hatte Ron mit einer säuerlichen Miene gemurrt, als sie die Bücherei verlassen hatten. Seine Freude darüber, dass sie fast drei Stunden bei seinem Aufsatz über Schwebezauber geholfen hatte, schien mit einem Mal verflogen zu sein.

,,Ron, meinst du mir macht es Spaß, die wenige freie Zeit dort zu verbringen und nicht mit Harry und dir?"

,,Ja, sieht ganz so aus, du Verräterin."

,,Ron, du übertreibst wie immer!"

,,Bin wohl ein ziemlicher Vollidiot, was?"

Vollidiot. So hatte sie ihn bei ihrem letzten Streit genannt, als sie Dean verteidigt hatte und er sie ausgelacht hatte, warum sie auf einmal auf Langweiler stehe.

,,Nein, du hast nur keine Ahnung von ,,gesellschaftlichen Zwängen". Sonst würdest du nicht so über mich herziehen." hatte Hermione versucht ruhig zu erwidern, und doch war ihre Gereiztheit durch ihre Stimme gedrungen.

,,Gesellschaftliche Zwänge, klar doch." war es aus Rons Mund getroffen ,,Du hälst mich eindeutig für einen Idioten. ,Ich komme gern.`" hatte er sie mit süßlicher Stimme nachgeäfft. ,,Das nenne ich Zwang!"

,,Lavender wartet."

Nach diesen zwei giftigen Worten hatte sie Ron nicht einmal mehr einen letzten Blick zugeworfen. Immerzu war er grob, nur weil sie es wagte, etwas außerhalb des Pottertrios zu unternehmen, immerzu dachte er, er könne ihr sagen, was richtig und was falsch sei. In letzter Zeit war es nur noch schlimmer geworden, dauernd war er so ätzend und stur, ohne erfindlichen Grund. Und dabei mussten sie doch zusammenhalten, gerade jetzt, wo sich die Hinweise mehrten, dass Harry eine alles andere als ruhige Zeit bevorstand.

Hermione hatte noch nicht einmal die Zeit gefunden, ihre Schuluniform zu gegen legère Kleidung zu wechseln und ihr zerzaustes Haar zu bändigen. Über den Streit mit Ron hatte sie vergessen, dass sie schon längst hätte dort sein müssen. Es half alles nichts. Noch mit den Schulbüchern der letzten Stunden bepackt, tauchte sie nun in die Kerkergänge ein. Doch ihre Füße gingen nicht stetig den Weg, der zu Slughorn Räumlichkeiten führten. Sie folgten einer anderen Abzweigung, wie einem unsichtbaren Faden. Hermione dachte nicht einmal mehr darüber nach; darüber nachzudenken hätte wohl eher zu Kopfschmerzen oder noch mehr Fragen geführt, als zu einer Antwort, auch wenn tief in ihr die Ahnung pochte, dass diese Antwort betörend simpel war. Ihre Hand kam auf der Tür auf, spürte kühles Holz, ihr Herz pochte jetzt in ihrer Brust und in ihrem Bauch tat sich etwas, es fühlte sich an, als würde sich eine Schlange darin winden. Ihr Ohr näherte sich ebenfalls dem Holz, drückte sich nach kurzem Zögern leise daran und begann zu lauschen. Auch wenn ihr vor Angst das Herz hämmerte, sie konnte dem Drang nicht widerstehen ein Geräusch von ihm zu erhaschen.

Es war ihr nicht oft gelungen. Einmal hatte sie das Scharren von Stuhlbeinen vernommen, einmal das Brodeln einer Flüssigkeit, ein anderes Mal seine Stimme, die leise mahnend etwas von sich gegeben hatte. Einmal leise entfernte Takte einer Musik.

Diesmal war alles still. Trotzdem fühlte sich ihr Herz nicht veranlasst mit dem Pochen aufzuhören. Eine dumpfe Ahnung befiel sie, als sie sich von der Tür löste und den eigentlichen Weg einschlug, der zum eigentlichen Ziel führte.

Es war beinahe schön nach dem Streit von dem sanften Kerzenlicht und ebenso sanfter Musik empfangen zu werden, die ein verzauberter Plattenspieler dudelnd zum Besten gab. Professor Slughorn stand mit einem Glas Wein in der Hand inmitten einer Schülertraube und schien etwas zum Besten zu geben. Vermutlich schmiert er Slytherins Honig um den Mund, dachte sie giftig. Da sie ihre Schulumhänge nicht trugen, konnte sie auf den ersten Blick nicht erkennen aus welchem Haus sie stammten, aber sie war sich sicher, dass er nicht zu wenige Schüler aus seinem eigenem Haus zu sich eingeladen hatte.

Als er Hermione in ihrer Schuluniform und ihrem Bücherpaket sah, lächelte er erfreut. Vermutlich war es die Freude darüber, dass er es immer noch nicht verlernt hatte Schmeicheleien gezielt einsetzen zu können.

,,Miss Granger sie müssen lernen die Arbeit auch einmal hinter sich zu lassen." neckte er sie und führte sie zu einem Sessel. Hermione ließ sich dankbar in ihn sinken und ihren Blick schweifen. Harry war nicht da, also müsste sie diesen Abend allein durchstehen. Neville war ebenfalls nicht anwesend, und wenn er es war, dann hatte er sich vermutlich in eine Ecke gestellt, in der er so unauffällig wie möglich wirkte. Im Gegensatz zu Ron war seine Abneigung gegen den Slug-Club nicht geheuchelt.

Sie erkannte bekannte Gesichter. Zwei Mädchen standen neben Blaise Zabini und hingen an seinen Lippen, wohl nicht nur wegen der Worte, die daraus hervorgingen. Zugegeben, Zabini sah gut aus, aber dies war für Hermione nie ein Grund gewesen zu einem sabbernden, hirnlosem Etwas zu werden. Sie verkniff es sich mit den Augen zu rollen. Solange er sie in Ruhe ließ und sie nicht wieder Elfenpullover-Scherzen aufzog, konnte sie vielleicht noch das Beste aus dem Abend herausholen.

Ihr Blick wanderte weiter und blieb an ein paar flüchtig bekannten Gesichtern aus dem Haus der Hufflepuffs und der Ravenclaws hängen. Ein weiterer Blick genügte, um festzustellen, dass die Slytherins diese Party dominierten, und keiner von ihnen sah aus, als ob er Lust auf eine nettes Schwätzchen mit der Streberin aus dem Hause Gryffindor oder der Freundin des ,,selbsternannten Helden" zu halten.

Hermione wollte schon ihre Runde beenden, da blieb ihr Blick an einem dunklen Gegenstück hängen. Ihr Herzschlag schien plötzlich verrückt zu spielen und sich bis zu ihrem Magen fortzupflanzen.

Es war der von Professor Snape, der steif wie immer mit einem Glas Wein in der Hand neben Slughorn stand. Einen Moment starrte er sie an, finster und durchdringend, nicht ahnend, dass sich ihr Herzschlag in diesem Moment beschleunigte, bevor er weiter wanderte. Er schien eine Gestalt zu suchen, die sich am anderen Ende des Raums neben der Punschschale aufhielt. Verwundert stellte Hermione fest, dass Draco Malfoy dort stand, um sich herum ein paar Slytherins, auf die er einredete. Er schien sie nicht einmal zu bemerken.

Dass Malfoy in den Club aufgenommen worden war, konnte er wohl nur dem Einfluss seines Vaters und Professor Snapes verdanken, dessen besonderer Schützling er war. Hermioneverdrehte die Augen, als sein großspuriges Gerede zu ihr hinüber drang. Wieder traf Professor Snapes Blick auf ihren, nicht weniger finster und durchbohrend als zuvor. Hermione hielt ihm einen Moment stand bevor sie aufgab.

Professor Slughorn trat an ihn heran und klopfte ihm jovial auf die Schulter. Soweit Hermione wusste, war der dunkelgewandete, hakennasige, wenig amüsiert guckende Mann neben ihm einmal sein Schüler gewesen.

,,Na kommen Sie schon, Severus. Mr. Malfoy wird sich schon nichts tun, wenn Sie einen Moment nicht nach ihm sehen." Er lachte ,,Glauben sie mir, auch wenn er nicht der Hellste ist, er wird den Abend gut überstehen!" fügte er murmelnd hinzu. Diese Bemerkung trug nicht zu Professor Snapes Erheiterung bei, Hermione jedoch musste lächeln. Professor Slughorn drückte Professor Snape sanft zu dem Sessel, in dem sie saß. Das Glas Wein, das er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte, überreichte er mit einer angedeuteten Verbeugung an sie.

,,Miss Granger, sie sehen aus, als müssten sie eine Menge Schlaf nachholen. Vielleicht sollten sie heute zeitig ins Bett."

Hermione trank dankbar einen Schluck vom dem kräftigen Rotwein. Slughorn hielt sie für erwachsen. Sie wollte etwas erwidern, fühlte sich mit einem Mal seltsam wohl. Slughorns Zuwendung tat ihr gut nach solch einem Tag. Es war ein tolles Gefühl- das musste sie zähneknirschend zugeben. Aber dieses Gefühl konnte kaum gegen die leise Panik in ihr ankommen. Professor Snapes Geruch umkroch sie schmeichelnd. Noch nie hatte er so nah bei ihr gestanden und noch nie so lange. Im Unterricht war immer vor ihrem Zeigefinger geflohen und selbst die Male, in denen sie dem Drang widerstanden hatte, sich zu melden, hatte er nicht mehr als einen abschätzigen Blick für sie übrig gehabt. ,,Halten Sie ihre Klappe, Sie nervige Göre!" war ihm am vorletzten Tag des vergangenen Schuljahres der Kragen geplatzt. Diese Worte hatten sich in ihr Gedächtnis gebrannt und noch oft, wenn sie in der Bücherei vor einem aufgeschlagenen Buch saß, erinnerte sie sich an diese verbale Ohrfeige, und ihre Wangen begannen zu prickeln.

Sei nicht albern, Hermine. Reiß dich zusammen! Das ist lächerlich. Lächerlich.

,,Vielleicht, Miss Granger." vernahm sie plötzlich Professor Snapes Stimme ,,Sollten sie darauf verzichten auch die Hausaufgaben ihrer zwei besten Freunde zu erledigen. Ich merke es jedes Mal, wenn sie ihre Hand im Spiel haben."

Wieder lag dieser Blick auf ihr, dieser abschätzige Blick. Aber seine Worte machten sie auch ein wenig glücklich. Wenn er ihre Arbeit wieder erkannte, dann musste sie gewissen Eindruck hinterlassen haben.

,,Soweit ich mich erinnere, Severus, habe ich Ihre Nase selten an einem anderen Ort als hinter einem aufgeschlagenen Buch gesehen." erwiderte Slughorn rasch. ,,Ich bin sicher, wenn sie Freunde gehabt hätten, dann hätten Sie ihnen ebenfalls beim Lernen geholfen."

Diese Bemerkung saß. Hermione bemerkte, dass Professor Snapes Blick nahm etwas Unbestimmtes annahm. Einen Moment trafen sich ihre Blicke, und im Licht der Kerzen konnte sie das satte Braun seiner Augen erkennen, so dunkel, dass sie oft schwarz wirkten. Seine gekräuselten Augenbrauen verrieten Wut über Slughorns Worte, die trotz des neckischen Tons ihre Wirkung nicht verfehlt hatten. Snape fing sich schnell; sein Gesicht nahm wieder den von allen geschätzten frostigen Ausdruck an.

,,Entschuldigen Sie mich." erwiderte er und wandte sich ab. Hermione sah, dass er sich in den hinteren Bereich des Raums zurückzog, in einen Winkel, den das Kerzenlicht nicht völlig erobern konnte. Sein schwarzes fledermausähnliches Gewand, das an seinem hageren Körper hinabhing, verschmolz mit der Dunkelheit. Sein blasses Gesicht schien darin zu schweben, wie ein lauernder Geist. Hermione sah gerade noch wie er mit einer harschen Bewegung ein halbes Glas Wein in sich hinein schüttete, bevor sie sich zwang ihren Blick zu lösen. Ihr Herz pochte noch immer, doch befiel sie in diesem Moment die Hoffnung, dass es sich beruhigen würde, jetzt wo er nicht mehr neben ihr stand. Sie wollte sich nicht derart durcheinander fühlen. Es war lächerlich.

Professor Slughorn, der neben ihr stand, war ebenfalls ein wenig blass geworden. Dass seine Bemerkung eine solche Wirkung auf Professor Snape gehabt hatte, machte ihn ein wenig verlegen.

,,Nun ja, er - er ist noch nie einfach gewesen. Sehr guter Schüler. In der Tat. Aber nicht einfach." warf er in die entstandene Stille.

Hermione nickte geistesabwesend. Professor Snape mochte sie nicht.

Ihr Blick fiel wieder auf die Gestalt in der dunklen Ecke, die ihr Glas nun schon gänzlich geleert hatte. Warum wirkte er immer, als nähme er die Gegenwart von Menschen nur in Kauf? Warum erfreute er sich nie ihrer Anwesenheit?

Hermione wandte sich ab. Der Gedanke, dass sie mehr über ihn nachdachte, als es einem Mädchen, das sich nicht in ihren Lehrer verknallt hatte, zustand, machte ihr Angst.

Ein hirnloses Etwas.

Sie konzentrierte sich auf das, was sie hatte sagen wollte.

,,Er könnte ein sehr viel besserer Lehrer sein, wenn er von seinem Podest hinuntersteigen würde." Sie nahm einen Schluck Wein und ließ ihn auf der Zunge tanzen. ,,Wirklich, er könnte ein richtig guter Lehrer sein. Er ist ...er ist sehr gut in seinem Fach."

Hermione spürte, dass ihre Wangen zu prickeln begannen. Hatte sie etwa gerade zugegeben, dass sie Professor Snape bewunderte?

Slughorn sah sie lächelnd an. Er drehte sich um und ging zu Professor Snape. Mit einer freundschaftlichen entschuldigenden Geste führte er ihn an seinen Platz zurück.

,,Haben Sie das gehört, Severus. Ihre Schülerin findet, dass Sie sehr gut in ihrem Fach sind."

Slughorn wartete Professor Snapes Reaktion nicht ab. Hastig schenkte er ihm Wein nach und zwang ihn mit einer zuprostenden Geste einen Schluck zu nehmen.

,,Wie schmeckt Ihnen der Wein, Severus?" fragte er fröhlich, doch er schien es gewohnt zu sein, dass sein Frohsinn an dem dunkelgewandeten Mann abglitt. Snape wirkte nicht, als könne er sich dem Genuss hingeben. Trotz seiner Aufmerksamkeit huschte sein Blick umher- und er selbst wirkte abwesend.

,,Köstlich, nicht wahr? Ein Muggelwein, ein Spätburgunder, genauer gesagt."

Slughorn verstand sein Geschäft. Er hielt die Unterhaltung am Laufen, in dem er Fragen stellte und immer wieder aufmunternde Bemerkungen machte. Und auch wenn er Snape die raren Antworten aus der Nase ziehen musste, und ihm immer wieder aus seinem schier unerschöpflichen Weinvorrat nachgoss, er schaffte es dass der Lehrer für Verteidigung eine ganze Weile bei ihnen stand. Hermione spürte, wie sehr sich ihre Anspannung löste und sich immer wieder ein Lachen aus ihrer Kehle befreite. Der Wein schien nicht nur ihre Zunge, sondern auch sie zu lösen. Slughorn war ein guter Unterhalter und Professor Snape war vielleicht ein verhaltener Gesprächspartner, was lustige Anekdoten betraf, doch sein Willen seine Gesellschaft an seiner gezielt eingesetzten Boshaftigkeit teilhaben zu lassen, wuchs mit jedem Glas Muggelessig, das er mit saurer Miene zu trinken genötigt wurde. Er war witzig, ob er es wollte oder nicht. Aber Hermione war sich sicher, dass er nur zu gut um seinen treffsicheren Sarkasmus wusste.

Hermione bemerkte, immer mehr wie ihr der Wein zu Kopf stieg. Sie hatte noch nie zuvor Alkohol getrunken und die Wirkung ließ nicht auf sich warten. Sie zählte nicht, wie viele Gläser Muggelwein sie geleert hatte, aber bei jedem neuem Schluck aus ihrem wieder aufgefüllten Glas beäugte Snape sie skeptischer. Hermione lächelte ihn an, und genoss das leichte Gefühl, dass sie dabei empfand. Es war alles so einfach, so wunderbar warm und schwerelos. Und Professor Snape guckte zwar finster, aber das satte Braun seiner Augen im Kerzenlicht, war wunderschön. Dies war eine Wahrheit, von der sie überzeugt war, Wein hin, Wein her. Snapes Augen waren wunderschön. Und seine Lippen. Und seine Nase.

Sie musste plötzlich vor Glück leise glucksen. Professor Snape hob skeptisch seine Augenbrauen.

,,Finden Sie es amüsant ihre Schüler mit Alkohol abzufüllen, Horace?" fragte er streng.

Hermione lachte jetzt. ,,Nein, Nein, Professor , m-m- mir geht e-es bestens. Alles klar. Ich geh dann bald ins B- bett. Morgen i- ist Samstag. Da schlaf ich immer ´ne Stunde länger."

,,Wie großzügig sich selbst gegenüber." erwiderte Professor Snape sarkastisch, ihre respektlose Anrede mit einer gehobenen Augenbraue quittierend. Und wieder musste Hermionelachen. Am liebsten hätte sie ihm gesagt, wie süß er war, wenn Unbehagen und Spott sich in seinen Augen vereinten.

,,Beim Barte Merlins…Miss Granger…sie sollten nun wirklich ins Bett gehen. Der Tag war hart und der Wein vielleicht ein wenig zu gut." warf Slughorn hastig ein.

,,Jetzt schon? Es ist gerade so lustig, Professor Slughorn, S-sie schmeißen tolle Parties. Ich w- war noch nie auf einer Party – u-und Professor Snape ist wirklich amüsant, wenn er …". Langsam sickerte der Gedanke in ihren vom Wein betäubten Verstand, dass sie lieber aufhören sollte zu sagen, was sie zu sagen im Begriff war, jedoch zu langsam. Lächelnd wie die personifizierte Glücksseligkeit sah sie Professor Snape und Professor Slughorn an. Als ihr Blick wieder bei Snape landete, sah sie, dass seine Augenbrauen sich wütend kräuselten. Er packte sie am Arm und zog sie zur Tür. ,,Jetzt reicht es, Miss Granger. Sie gehen jetzt ins Bett!" Doch bevor er Hermione zur Tür hinauszerrte drehte er sich zu Slughorn um und sagte in einem kühlen Ton ,,Bei allem Respekt, Horace. Aber hierfür sind Sie verantwortlich. Ich bin mir sicher, der Schulleiter wird sich brennend dafür interessieren, was Sie hier treiben."

Sein wütender Blick fiel auf Malfoy, der einer der letzten auf der Party war. ,,Malfoy, geh ins Bett! Sofort!"

Der schneidenden scharfen Stimme seines Lehrers hatte Draco Malfoy nichts entgegen zu setzen. Er zögerte verwundert, dann widerwillig, machte sich dann aber ohne weiteren Kommentar davon. Er bedachte Hermione mit einem letzten wütenden Blick, bevor er an den beiden vorbei strich und verschwand.

,,Schlaf gut, M-Malfoy." rief sie ihm nach. Alles um sie herum schien zu verschwimmen. Aber das war nicht schlimm. Wärme sickerte auf ihre Hand. Seine Wärme. Sein Geruch umfloss sie.

,,Severus!" Slughorn eilte Snape nach, bevor er den Raum verlassen konnte. ,,Ich bitte Sie, bringen Sie sie zum Schlafsaal, ja? Sie hat in der Tat etwas zuviel getrunken."

,,Das hatte ich vor."

,,Ich danke Ihnen." erwiderte Slughorn erleichtert.

Snape erwiderte kein Wort und zog die angetrunkene Gryffindor hinter sich her. Hermione stolperte hinter ihm die Treppe hinunter. Sie wollte sich losreißen, doch sie konnte sich kaum gegen den resoluten und harten Griff des hageren Mannes vor ihr wehren. Es war egal. Seine warme Haut auf ihrer. Das war alles was zählte. Die Treppenstufen, die unter ihr vorbeischwammen schienen an Bedeutung zu verlieren. Nichts war wichtig, außer diesem herrlichen süßen Pochen in ihrem Bauch.

Wieder musste sie lachen. Er musste ihre Hand nicht umklammern, sie würde sie nicht loslassen. Seine Hand, er war so nah. Sie konnte ihn riechen.

Er verabscheute sie nicht.

Da waren strenge, steinerne Gesichter die an ihr vorbeischwammen, Hogwarts dämmrig beleuchtete Korridore. Wie oft war sie hier durchgeschlichen. Mit Harry und Ron. Mit klopfendem Herzen.

Ihr Herz klopfte, es klopfte. Und in ihrem Bauch wandte sich etwas.

Es war so einfach.

Ihre Hand suchte seine, schob sich sanft und fordernd in einen sicheren Halt. Ihr Daumen kam auf seinem Handrücken zum Erliegen, fühlte die Wärme, und dass die warme Haut auf ihrer keine Illusion war. Snape hielt nicht einmal inne, stetig und fordernd setzte er Schritt vor Schritt. Er sagte nichts.

Ein leichter Druck ihrer Hand, eine zarte Bewegung ihres Daumes. Ein Streicheln. Spürte er es? Snapes klammernder Griff verhärtete sich, er zog sie harsch weiter, so dass sie sich nur mit Mühe auf den Beinen halten konnte.

Ihr Daumen strich weiter über seinen Handrücken, ganz leicht, und plötzlich reagierte er, seinen Griff verspannte sich erneut.

Plötzlich war da keine Bewegung mehr, ihre Knie knickten ein, und gaben dem Schwindel nach. Eine Hand packte ihr Gesicht, nicht grob, aber bestimmt. Sie spürte eine kalte Wand und fand dankbar Rückhalt. Alles schien sich zu drehen, doch es war noch nicht zu spät. Seine Augen sahen ihr entgegen, eine schwarze verirrte Haarsträhne, tanzte über ein von kühler Wut verzerrtes Gesicht.

,,Ich habe nicht die ganze Nacht Zeit, Granger, klar! Ich könnte mir etwas Schöneres vorstellen, als betrunkene Gryffindors in ihren Schlafsaal zu schleppen. Also mach, dass du voran kommst!"

Sein Atem roch nach Wein. Selbst ihr von Alkohol benebelter Verstand begriff, dass dieser auch bei ihm seine Wirkung hinterlassen hatte. Er starrte sie unbarmherzig an, sein Blick schien sich in sie zu bohren, sein Geruch war jetzt überall, leicht muffig, etwas süß, der Geruch seiner Haut. Sie sog ihn ein, und wusste, dass er einsam war. Noch immer hatte er sich nicht gerührt. Er musste einsam sein, warum sonst starrte er sie an? Warum sonst hatte er sich noch immer nicht gerührt?

,,I-ich-."

,,Nein!" fuhr er sie warnend an, als ahne er, welche Worte ihr auf der Zunge lagen.

Die Bewegung ihrer Hand quoll direkt aus ihrem Herz. Verdammt- verdammt- verdammt- pochte es in ihrem Kopf. Verdammt- verdammt- verdammt,- n ihrer Brust.

Sie legte ihre Hand über seine, sog die Wärme der Haut auf. Er war ein Mensch. Und er fühlte sich so an.

Einen hoffnungsvollen Augenblick fühlte es sich an, als setze ihr Herzschlag aus. Aber anstatt eines Rucks, der sie von der Wand riss, war da noch immer sein Gesicht, das vor ihr schwebte. Sein Atem, der nach Wein roch. Seine Hand, die ihr Gesicht hielt. Die Schlange in ihrem Bauch wandte sich. Süßes Prickeln sammelte sich in ihren Lenden.

,,Du bist betrunken, Granger." Da war keine Boshaftigkeit in seiner Stimme, beinahe so etwas wie Hoffnung, und eine unterschwellige Gier. Etwas, das nicht mit dem Verstand zu erklären war. Oder mit Vernunft.

Hermione konnte nichts erwidern. Sein Blick war so merkwürdig.

Snape starrte sie an, doch er rührte sich nicht. Ihr Daumen strich über seine Hand, und mit jeder streichelnden Bewegung, mit der sie über seine Hand fuhr, begriff sie, dass er nicht wollte, dass es aufhörte. Irgendwie, auch wenn sein Gesicht es nicht zeigte. Sein Starren – ein offenes Fenster. Das erste Mal, seit sie ihm gegenüberstand, war sein Blick keine Mauer. Plötzlich sah sie Angst über sein Gesicht flackern. Nackte Angst.

,,Ich habe schon genug am Hals…genug, Granger." Es war ein würgendes Geräusch, als lasse er für einen Moment den Kopf hängen. Seine Stimme klang in diesem Moment betrunken, als hätte er die Wirkung des Weins endlich zugelassen, und doch wie eine leise Warnung.

Ihre Arme schlangen sich um seinen Körper, der starr und ihre Umarmung nicht erwidernd, ihre zuließ. Ihre Hände kamen auf seinem Rücken zu erliegen. Zaghaft strichen sie darüber.

Dann ging alles schnell.

Sie spürte eine warme Zunge, die sich ihr zwischen die Zähne schob, in ihrem Mund drang, während eine Treppe unter ihren Füßen vorbeizog. Dann war da eine Tür, eine Tür, deren kühles Holz sie nur zu gut kannte, seine Räumlichkeiten. Die Luft war kühl und roch nach Essig. Eingelegtes Getier, wohin sie auch sah, aneinandergereiht in Regalen. Er schob sie hindurch und schloss sie mit seiner freien Hand. Er hatte sich an ihr verbissen, schwer atmend, seufzend. Er musste einsam sein. Er nahm es nicht in Kauf. Er musste einsam sein. Hermiones Blick stahl sich für einen Moment über seine Schulter, während er sie durch sein Büro schob. Um sie herum verschwammen tote eingelegte Kreaturen. Töpfe mit sorgfältig beschrifteten Schildern. Flaschen mit Tinkturen. Tiegel mit undefinierbarem Inhalt. Bücher. Hunderte von Büchern.

Ihre Schulter streiften einen Türrahmen, nur wenige Schritte später, umgaben sie ein muffiger, abgestandener Geruch und eine herrliche Dunkelheit. Es roch nach Einsamkeit, in jedem Winkel dieses Raums.

Ihr Fuß stieß gegen irgendetwas. Selbst ihr von Erregung betäubter Verstand begriff sofort, dass es sich um ein Objekt aus pergamentenen Seiten handelte. Ihr Körper sank auf einen weichen, zerwühlten Grund. Haarsträhnen fielen ihr ins Gesicht und heißer keuchender Atem strich über ihre Wangen. Hände fuhren über ihren Körper. Ein starrender Blick.

,,Ich träume von dir." murmelte sie und griff nach seinem Kopf. Sein Gesicht sank auf ihre Brust. Für einen Moment verharrte er dort. Hermiones Hand griff in sein Haar und ließ die Strähnen durch ihre Finger wandern, und für einen Moment überkam sie die Vorstellung, dass er sie auch gern hatte. Dann hob er seinen Kopf und küsste sie. Er tat es heftig, während die eine Hand an ihrem Rock riss und zwischen ihre Beine drang.

Hermione ließ sich fallen. Sie konnte alles spüren, seine Lippen schmecken, sein Haar fühlen, die Härte seiner Erektion an der Innenseite ihres Schenkels. So fühlte es sich an. Warm, weich und hart zugleich. Sie hatte keine Angst. Sie hatte es sich so oft ausgemalt. Nur ein wenig. Ein klein wenig.

Und doch schien sie weit weg, schwebend, während die Welt um sie herum wankte und auf dieses zerwühlte Bett zusammenschrumpfte, in dem sie lagen.

Vielleicht war das alles nur ein Traum. Sie hätte ihm doch niemals ihre Zuneigung gestanden, oder dass sie von ihm träumte. Sie würde doch niemals unter ihm liegen und vor Lust stöhnen. Und er würde doch niemals mit ihr schlafen.

Es war vollkommen unlogisch, dass dies hier geschah. Aber es war kein Traum. Und nicht der richtige Zeitpunkt, um es zu ergründen.

Ihre Hände bekamen Haut zu fassen, warme Haut, von Stoff freigegeben. Ihre Fingerspitzen suchten, er keuchte, sie keuchte, und plötzlich war er zwischen ihren Beinen, warm und hart. Seine Wärme war überall und vertrieb die Kühle seines Schlafzimmers, sein Mund auf ihren Lippen, verbissen, mal auf ihren Schultern, kurz verharrend, um ihre Haut zu schmecken. Seine Hände taten ihre Arbeit, streichelten, berührten und rissen Stoff zur Seite. Sie spürte, dass er nicht mehr warten wollte. Ihre Beine öffneten sich noch ein wenig, und er drängte sich dazwischen, und drang in sie ein. Ein lautes Seufzen hallte in ihrem Ohren wieder, ein Laut, der tief aus seiner Kehle zu kommen schien, und auch sie seufzte, und gab plötzlich ein Jammern von sich, als ein stechender Schmerz durch ihren Unterleib fuhr. Für einem Moment verspannte sich ihr Körper und sie hielt einen Moment inne, doch der Mann, der auf ihr lag, drängte sich ihr entgegen, stieß weiter in sie, während seine Hände ihren Körper suchten.

Ihre Hände gruben sich in weiche Haut und gehorchten ihr nicht mehr. Sie war betrunken. Er fühlte sich warm, hart und gut an. Der Schmerz war noch da, doch er verlor an Bedeutung. Etwas, süßes forderndes schwoll in ihrem Unterleib an und verjagte ihn mit jedem Stoß. Der Mann über ihr schien genau wie sie nicht mehr bei Sinnen. Seine Bewegungen waren gierig, nicht grob, aber auch nicht zärtlich. Er tat das, wovor er sie mit seinem Blick gewarnt hatte. Es war zu berauschend, um damit aufzuhören, und so ließ sie sich fallen. Einfach so.