Ein kleines Vorwort:

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass mir keine der verwendeten Figuren gehört, ich leihe sie mir lediglich aus.

Dennoch möchte ich darum bitten, diese Gesichte nicht ohne meine Zustimmung auf anderen Seiten zu veröffentlichen.

Vielen Dank!

Zur Geschichte:

Diese Geschichte besteht aus fünf Akten mit jeweils drei Unterkapiteln und bis auf das fehlende letzte Kapitel ist sie abgeschlossen.

Deshalb werde ich bei Interesse einen Akt pro Woche hochladen, bei größerer Nachfrage auch gern schneller ;-)

Die gesamte Geschichte streckt sich über mehr als siebzig DinA4 Seiten und enthält einige sehr explizite Szenen. Auch auf einen leichten BDSM-Hauch möchte ich hinweisen.

Deshalb ist sie nicht für Personen unter 18 Jahren geeignet oder solche, die an Sexzenen leicht Anstoß nehmen. Allen anderen wünsche ich viel Spaß!

P.S.

Kommentare und Reviews sind natürlich mehr als gern gesehen! Da dies meine erste Geschichte auf ist, bin ich noch etwas unerfahren, hoffe aber dennoch auf Resonanz :-)

Ich habe zwar die gesamte Geschichte mehrmals Korektur gelesen, hatte aber keinen/e Beta-Leser/in, deshalb bitte ich die verbleibenden Rechtschreibfehler zu entschuldigen.

LG


Fünf Nächte in den Händen

des Kerkermeisters

Erster Akt

Licht in der Dunkelheit

Kalte modrige Luft schloss sie ein wie in einen Kokon, als sie hastig und mit zitternden Fingern die schwere Holztür hinter sich zuzog. Die Dunkelheit um sie herum war vollkommen. Als sie den rauen Stein hinter sich fühlte, ließ sie sich langsam daran zu Boden sinken. Jetzt wo sie sich nicht mehr bewegte, spürte sie den Schlag ihres gehetzten Herzens dröhnend laut in den Ohren. Viel zu laut, viel zu laut! Fest presste sie die Lippen aufeinander und hielt die Luft an. Zu dringend das Bedürfnis, keinen einzigen Laut mehr zu verursachen. Noch enger schmiegte sie sich an den unnachgiebigen Stein, versuchte noch mehr Platz zwischen sich und die Tür zu bekommen. Doch dafür war die Kammer zu klein, sie kauerte schon in der hintersten Ecke. Lautlos erlaubte sie sich einen Hauch Luft in ihre schmerzenden Lungen zu lassen. Ihr Herzschlag hatte sich tatsächlich etwas beruhigt und es war ihr wieder möglich, nach draußen zu lauschen. Doch sie vernahm absolut nichts. Kein Geräusch drang durch die dicken Mauern zu ihr hindurch. Sie merkte, dass sie noch immer ihren Zauberstab umklammert hielt und zwang sich, den Griff zu lockern, zumindest so weit, dass ihre eigenen Nägel nicht mehr in ihre Haut schnitten. Trotzdem drängte sie das verräterische Gefühl von Sicherheit beiseite. Sie war zu tief unten, Meter unter der Erde in den lichtlosen Katakomben Hogwarts begraben. Hier würde sie niemand finden. Niemand außer ihm.

Erneut schaffte sie es, geräuschlos eine kleine Menge Luft in sich einzusaugen. Die Kälte, die von den festen Mauern um sie herum ausging, machte ihr bewusst, dass ihr ganzer Körper inzwischen schweißnass war. Ihre Robe klebte unangenehm an ihren Schultern, gleichwohl wagte sie keine Bewegung, um daran etwas zu ändern. Doch dann schlug sie im Schreck die Hand vor den Mund, ein leises Keuchen konnte sie nicht verhindern. Konnte ich das Schlüsselloch eben schon erkennen? Nein, die Finsternis um sie herum war perfekt gewesen, so undurchdringlich, dass sie das Gefühl hatte, für immer darin verschwinden zu können. Ein blass blauer Schein machte ihr jetzt schmerzlich bewusst, dass dem nicht so war. Sie machte sich keine Illusionen, natürlich wurde das Licht heller und ihr Körper versteifte sich in ihrer kopflosen Panik. Wie hat er mich gefunden? Wie nur? Sie erlaubte sich keinen Atemzug mehr und ein heißes Brennen durchdrang ihre Brust. Doch ihr Kopf nahm davon keine Kenntnis. Stattdessen überschlugen sich ihre Gedanken. Welcher Zauber könnte sie retten? Stupor? Expelliarmus? Eine zähe Gewissheit sickerte in ihren Geist. Sie hatte keinen Zauber, der ihn aufhalten würde. Wenn er sie in dieser Kammer fand, war sie ihm ausgeliefert. Hilflos, hoffnungslos, endgültig. Diese Erkenntnis legte nun auch ihren Kopf lahm. Alle Gedanken an Zauber verstummten, ihr Blick versteifte sich auf die Tür und ein leichtes aber unangenehmes Prickeln fuhr über ihre Haut, als sie sich ihre Machtlosigkeit endlich eingestanden hatte.

Aus dem blauen Schimmer war ein deutliches Leuchten geworden, stark genug, um Schatten in die kleine Kammer zu werfen. Und als löse das Licht einen Zauber, konnte sie ihn jetzt auch hören, sanfte Schritte, das leise Rascheln eines weiten Umhangs, samtweich auf dem Steinboden des Kerkers. Für einen kurzen Augenblick verweilten seine Schritte. Stand er genau auf ihrer Höhe? Trennte sie nur die dicke Steinwand noch voneinander? Das Prickeln nahm noch weiter zu. Und verstummte plötzlich. Er riss die Tür nicht auf, dafür war er sich seiner Sache viel zu sicher. Mit einer geschmeidigen Bewegung trat er in die Kammer, sein Zauberstab erhellte seine scharfen Züge. Ein amüsiertes Lächeln verzerrte seine Lippen. Hatte sie ihn schon einmal lächeln sehen?

Mit einem lauten Keuchen stieß sie die angehaltene Luft aus. Dann griff er nach ihr, lange kühle Finger legten sich weich und doch fest um ihr Handgelenk. Er zog sie zu sich und flüsterte „Nox.", das Licht erlosch. Der Hauch seiner Worte strich sanft über ihr Gesicht hinweg und löste die Anspannung in ihr plötzlich auf. Wellen aus Energie strömten über ihren Körper und ließen sie schrill aufschreien. Das Klappern ihres Zauberstabes auf dem Boden war das letzte, was sie hörte.

Zumindest schweißnass war sie wirklich, dachte Hermine, als sie sich ruckartig in ihrem weichen Himmelbett aufsetzte. Der blasse Mondschein ließ sie nochmals schauern, bis sie nach ihrem Zauberstab griff und eine Kerze entzündete. Das blaue Leuchten des Lumos-Zaubers hätte sie nicht ertragen können. Jedenfalls nicht, wenn sie wollte, dass ihr Körper das unkontrollierte Zittern ihrer Gliedmaßen wieder unter Kontrolle bekam.

Hermine zwang sich zum ruhigen Atmen und sah sich um. Ihre Freundinnen lagen friedlich zwischen ihren Decken, offensichtlich hatte sie nicht geschrien, ehe sie aufwachte. Noch immer bibbernd fuhr sie sich mit der Hand durch ihr krauses Haar und löste einige Strähnen von ihrer nassen Stirn. Sie brauchte dringend Wasser. Der Weg ins Bad war glücklicherweise nicht weit.

Als sie den Hahn aufdrehte, warf sie einen Blick in den Spiegel und sah sich selbst in die dunkel umrahmten Augen. Ihre Haut wirkte eigenartig fahl, selbst im Flackern des Kerzenscheins. Muss am Schlafmangel liegen, dachte sie und spritzte sich das kalte Wasser ins Gesicht. Der wievielte Albtraum war das gewesen? Mindestens der vierte diesen Monat. Doch so real hatte es sich noch nie angefühlt. Verdammt, sie hatte seinen Atem riechen können! Der zarte Hauch seiner Stimme auf ihrem Gesicht. Hermine fröstelte und sie zog sich ihren Morgenmantel enger um die Schultern. Und dieses Kribbeln? Sie versuchte, es sich nochmal zu vergegenwärtigen, es nochmals auf ihrer feuchten Haut zu spüren. Doch es gelang ihr nicht. Stimmte sie das ärgerlich?

Resigniert löschte sie die Kerzen und tastete sich zurück zwischen die weichen Laken ihres Bettes. Vielleicht gelang es ihr, wenigstens noch einige Stunden Schlaf zu bekommen. Doch schon beim Einschlafen hatte sie wieder Severus Snapes Antlitz vor Augen.

Mut oder Verzweiflung?

„Ich sehe schon, Mr. Potter", wie immer hielt er kurz inne, als er verächtlich seinen Namen ausspuckte. „Alles, was keinen Stiel und keine Borsten besitzt, verdient ihre Aufmerksamkeit wohl nicht." Snapes Stimme triefte vor Verachtung. Harry schloss die Hände zu Fäusten, seine Knöchel traten weiß hervor. Dabei hatte er die Hausaufgaben erledigt! Hermine hatte sogar einen Blick auf sein Rezept geworfen. Und dennoch schwelten neben ihm die Reste seine Kessels vor sich hin.

„Ich muss etwas falsch gemacht haben", murmelte Harry mehr zu sich selbst. Doch natürlich hatte er es gehört. Der Hohn in Snapes Gesicht brachte seinen Magen zum brennen, so sehr hasste er es, diesen Blick untätig ertragen zu müssen.

„Wirklich, Mr. Potter. Der beste Gedanke, den sie in dieser Stunde hatten.", scharrte seine Stimme durch den Kerker. Selbst die Schüler, die er nicht ansah, zogen bei diesem Tonfall den Kopf ein. Sein Mantel schwang elegant, als er sich vor Harry aufbaute. „Wären sie so freundlich – Mr. Potter – die vierte Zeile auf der Tafel vorzulesen?"

Harry bemühte sich, einmal ruhig ein und aus zu atmen, ehe er zu lesen begann. Die etwas altmodische, schnörkelige Schrift seines Professors machte ihm inzwischen keine Mühe mehr. „Zuerst die Ingwerwurzel fein würfeln. Dann etwa zwei Drittel in den Trank geben. Langsam aufkochen und auf eine Verfärbung des Trankes ins grünliche warten. Dann vorsichtig den Rest des Ingwers untermischen." Harry stockte. Er hatte sämtlichen Ingwer auf einmal beigegeben. Beschämt schlug er die Augen nieder.

Snape hatte seine Erkenntnis offensichtlich bemerkt. „Ich denke, Mr. Potter, wir werden uns heute Abend zu einer Strafarbeit sehen. Ich bin gespannt, wie oft sie den Satz „Ich halte mich genau an das Rezept, sonst verdirbt mein Trank." zu Papier bringen müssen, ehe ihnen das Lesen von Anweisungen keine Mühe mehr bereitet." Der Professor hielt kurz inne und ergötzte sich an dem schamroten Gesicht seines Schülers. „Zehn Punkte Abzug für Gryffindor. Jene, die noch einen intakten Kessel vor sich stehen haben, fahren jetzt bitte fort." Sein schwarzer Mantel wallte leicht auf, als er seinen Weg durch die Reihen fortsetzte.

Hermine hatte das Schauspiel atemlos mit angesehen. Sie gestand es sich nur sehr ungern ein, doch seitdem sie regelmäßig diese Albträume quälten, fühlte sie sich in den Kerkern beim Trankunterricht noch unwohler als sonst. Allein die Vorstellung, Snape könne hinter ihr stehen, verursachte eine hartnäckige Gänsehaut. Unschlüssig sah sie auf ihren gewürfelten Ingwer hinab. Trotz ihrer unruhigen Hände war es ihr gelungen, recht gleichmäßige Stücke zu schneiden. Das leise Scharren der Schritte verriet ihr, dass Snape soeben die Reihe vor ihr passierte. Gleich würde er hier sein. Behutsam riskierte sie einen Blick. Im Moment musterte er Rons Trank und schüttelte verächtlich den Kopf. Das braun blubbernde und stark nach Schwefel riechende Ergebnis schien ihn nicht zufrieden zu stellen. Hermine wusste auf Anhieb, was er falsch gemacht hatte. Sein Trank hatte noch nicht gekocht, als er die zwei Unzen Wolfwurz hinzugeben hatte. Und wieder starrte sie auf ihren Ingwer. Sie war sich sicher, dass ihr Trank perfekt war. Er hatte die verlangte Farbe und Konsistenz. Sie hatte also nichts zu befürchten.

Erneut sah sie die letzten Bilder ihres Traumes vor sich. Wie er sie packte und zu sich zog, das Kribbeln, die Spannung die sich in einer Explosion löste. Gerade beugte er sich über den Kessel ihrer Nachbarin. Seine seidigen Roben schon fast zum greifen nah. Nicht, dass sie sich jemals getraut hätte, sie zu berühren.

Ohne zu überlegen hob Hermine ihr Schneidebrett und ließ sämtlichen Ingwer auf einmal in ihren Trank rutschen. Gelblicher Rauch kündigte das Unheil an. Dann kochte der Trank an den Innenseiten des Kessels hoch und schäumte plötzlich in einer Fontäne über dessen Rand. Snape wich erschrocken zurück, doch der schleimige Inhalt des Kessels hatte sich bereits über große Teile seiner Robe ergossen. Trotzdem gestattete er sich einen vernichtenden Blick auf Hermine, die angsterfüllt aufgesprungen war, ehe er den Trank mit einem Schwung seines Zauberstabs von seiner Kleidung entfernte, bevor er sich hindurch fressen konnte. Auch von Hermines Kessel war nicht mehr viel übrig geblieben.

„Erstaunlich, dass Gryffindor Potters Unfähigkeit heute noch einmal überbieten konnte." Snapes Stimme war leise, mehr ein Flüstern, welches nur für Hermine bestimmt war und sie in rasende Angst versetzte. Jeder Schüler riet den Erstklässlern, Snape nicht in die Augen zu sehen, da es ihn bekanntlich noch wütender machte. Auch Hermine wusste das. Doch sie konnte nichts dagegen tun. Der tiefschwarze Blick zog sie geradezu magisch an und ließ sie gleichzeitig vor Furcht erstarren. Snape beugte sie langsam zu ihr hinunter, seine Nase nur noch wenige Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt. Schwarz wie Onyx stachen seine Pupillen hervor. „Für diese unbegreifliche Dummheit, Miss Granger, verdienen sie Strafarbeiten bis zum Ende der Woche. Ich sehe sie und Mr. Potter dann heute Abend in meinem Büro." Snape richtete sich wieder auf und glättete seine Robe mit einer fließenden Bewegung. „Und jetzt raus!"

Der Anfang vom Ende

„Ich verstehe immer noch nicht, wie dir das Gleiche passieren konnte." Harry klang zweifelnd, als sie auf dem Weg in die Kerker waren. Hermine wich mit klopfendem Herz einer Falltür aus.

„Ich habe doch schon gesagt, dass es ein Unfall war", zischte sie ärgerlich. „Mir ist das Brett aus der Hand gerutscht." Harry sah sie noch immer ungläubig an.

„Tut mir leid, ich meine ja nur, dass du sonst nicht so ungeschickt bist", entschuldigte er sich zur Sicherheit. Hermine blieb plötzlich stehen. Sie hatten den schmalen Gang erreicht, der leicht abschüssig in die Kerker führte. Ab jetzt konnten sie nur noch hintereinander gehen. Wie ein dunkler Schlund gaffte ihr die Schwärze entgegen. Sie schluckte. „Was?", Harry klang zögernd.

„Nichts.", sie kämpfte spürbar um die Festigkeit ihrer Stimme. Mit einem Wink ihres Zauberstabs entzündete sie die Fackeln an der Wand. Ein letztes Mal holte sie tief Luft und roch den modrigen Duft der alten Gemäuer. „Lass uns weitergehen."

Nach mehreren Abzweigungen standen sie schließlich vor der massiven Tür des Professors. Die sorgfältig polierten Eisenbeschläge glitzerten unheimlich im Licht der wenigen Fackeln und Hermine musste schlucken, als sie ihre Hand um den metallenen Schlangenkopf schloss, die Konturen fühlten sich so vertraut an. Wie oft hatte sie in den Nächten hier schon gestanden und mit den Fingern über die raue Schlangenhaut gestrichen? Niemals, es war nur ein Traum! Bevor Harry sich wundern konnte, klopfte sie dreimal laut mit dem Kopf gegen das schwere Holz. Der Raum hinter der Tür blieb geräuschlos. Sie hörte weder das Kratzen eines Stuhls auf dem Boden, noch das Geräusch von Schritten. Vielleicht hatte er es vergessen?

Nur einen kurzen Moment nach dem dritten Klopfen schwang die Tür geräuschlos auf. Snape stand dahinter, er trug noch immer seine weiten Lehrerroben. In diesem unwirklichen Licht verschmolz das Schwarz des Stoffes mit seinem dunklen Haar zu einem Umriss. Umso weißer wirkte sein Gesicht im Kontrast, die geraden Züge noch schärfer betont als sonst.

„Miss Granger, Mr. Potter." Die dunkle bassige Stimme hallte von den nahen Wänden wieder und erzeugte ein leichtes Echo. Hermine horchte den verflogenen Worten nach. Schließlich schob Harry sie vor sich her in das Büro, als sie immer noch keine Anstalten gemacht hatte, sich von allein zu bewegen.

Snapes Büro war nur spärlich beleuchtet. Hermines Blick blieb sofort am bläulichen Kaminfeuer hängen. Sie kannte den Zauber, es erzeugte Licht aber keinerlei Wärme. Und es warf blaue Schatten an die Wand, wie sie fröstelnd feststellen musste. Die wenigen warmroten Kerzen konnten das unbehagliche blaue Leuchten nicht von den vielen Phiolen und Fläschchen vertreiben, die sich in den Regalen aneinander reihten. Noch dazu ließ es Snapes helle Haut noch wächserner erscheinen. Hastig wandte sie den Blick ab und sah Harry nach, der bereits Snape zu seinem Schreibtisch gefolgt war. Er kannte das Büro schon, für Hermine war es noch neu. Die gewaltigen Kerkerwände verursachten ein leicht klaustrophobisches Gefühl bei ihr und sie musste bitter schlucken. Trotz allem sah der Raum bewohnt aus, wofür hauptsächlich die langen Bücherregale und die blutroten Teppiche verantwortlich waren. Ein klobiger Schreibtisch stand auf grazilen Katzenpfoten in der Mitte des Raumes. In den hohen Lehnstuhl ließ Snape sich soeben sinken und warf ihr einen kalten Blick zu.

„Wenn sie so freundlich wären, sich zu uns zu gesellen, Miss Granger?" Hermine schnappte nach Luft, als seine schneidende Stimme sie traf. Eilig durchquerte sie das Büro und stellte sich neben Harry. Im Gegensatz zu den Büros der anderen Professoren befanden sich hier keine Stühle auf der anderen Seite des Tisches. Unbehaglich rieb sie die Hände aneinander.

Snape ließ sich Zeit und sortierte einige Augenblicke lang die Pergamentrollen, die seinen Schreibtisch bedeckten auf einen ordentlichen Stapel. Seine langen dünnen Finger umschlossen präzise das Tintenfass und schraubten es langsam zu. Die giftgrüne Feder legte er sorgfältig in einer schwarz schimmernden Schale ab, um seinen Schreibtisch vor Tintenflecken zu bewahren. Oberflächlich bemühte er sich um einen gleichgültigen Gesichtsausdruck, aber Hermine hatte den verräterisch gehobenen Mundwinkel bereits entdeckt. Sie kannte diesen Ausdruck, er rief das bekannte Prickeln wieder auf ihre Haut. Vorfreude, für ihn. Sie schluckte erneut bitteren Speichel herunter.

Als Hermine glaubte, die Anspannung nicht länger ertragen zu können, sah Snape endlich auf und legte die Fingerspitzen aneinander. Der Aufschlag seines weißen Hemdes stach scharf unter den Ärmeln seines spitz zulaufenden Mantels hervor. Ob seine Haut so kühl war, wie sie aussah?

„Nun, Mr. Potter. Wenn ich bitte um ihren Zauberstab bitten dürfte?" Überraschend schnell hatte sich seine Stimme von schneidend zu ölig verwandelt und drohte die beiden Schüler in ihrer Intensität zu ertränken. Widerwillig schob Harry seine Hand in den Mantel und zog den Stab hervor. Snape streckte seine feingliedrigen Finger aus und Harry legte seine letzte Verteidigung hinein, dabei wohl bedacht, die bleiche Haut des Tränkemeisters nicht zu berühren. Snape griff den Stab mit spitzen Fingern und verstaute ihn sicher in einer seiner vielen Schubladen.

„Ich hoffe, sie haben keine Angst, sich ihre Finger schmutzig zu machen, denn ich habe einige Kessel, die darauf warten, von ihnen gereinigt zu werden." Snapes Mund kräuselte sich in ein gespenstisches Lächeln. Neben sich hörte Hermine Harry verhalten aufstöhnen. Das Kesselreinigen von Hand war eine anstrengende und – je nach Trank – sehr unangenehme Angelegenheit. „Leider hat der letzte Schüler meine Drachenhauthandschuhe zerstört, deshalb werden sie die Aufgabe heute wohl ohne erledigen müssen."

Hermine konnte einen entsetzten Aufschrei nicht unterdrücken. „Aber Sir! Das können sie nicht tun! Die Zaubertrankreste können schwere Vergiftungen und Verbrennungen hervorrufen, wenn sie an die Haut gelangen!"

„Ich kann mich nicht erinnern, Miss Granger, sie um ihre Meinung gebeten zu haben!", unterbrach Snape sie scharf. „Außerdem ist Potter nicht irgendein Schüler, nicht wahr?" Jede Faser seines Körpers strahlte Genuss aus, als er sich erhob und anmutig auf die Tür hinter dem Tisch zu schritt. „Der Auserwählte sollte damit fertig werden", hauchte er Hermine zu, die Harry und ihm zur Tür gefolgt war, hinter der sich Snapes privates Labor befand. Harry selbst hatte sich bereits in sein Schicksal gefügt und trat ein. Er würde Snape nicht die Genugtuung bereiten, sich gegen seine Strafarbeit aufzulehnen. Zumal seine Lage ohnehin aussichtslos war.

„Viel Spaß, Mr. Potter!", gönnte sich Snape noch zu sagen, ehe er Hermine seine Hand auf die Schulter legte. Wie ein Blitz durchfuhr sie die ungewohnte Berührung und sandte abwechselnd heiße und kalte Stöße durch ihren Körper. „Sie nicht, Miss Granger. Für sie habe ich eine andere Aufgabe." Für ihren Geschmack war seine Stimme viel zu nah an ihrem Ohr. Die Nähe seines Körpers hatte eine lähmende Wirkung auf sie. Und so stolperte Hermine wieder hastig hinterher, als Snape bereits die nächste Tür geöffnet hatte.

Der Anblick des Raumes ängstigte und faszinierte sie zugleich. Das Zimmer mochte vielleicht drei auf drei Meter groß sein, wirkte jedoch aufgrund seiner Deckenhöhe von mindestens zehn Metern wie ein großer Kaminschacht. Gleichmäßig über alle Wände verteilt erstreckten sich Regale, über und über gefüllt mit Glasbehältern, Dosen und Töpfen. Schachteln und Kisten reihten sich aneinander, alle fein säuberlich mit Snapes geschwungener Schrift bedeckt. Die Regale zu ihrer linken enthielten scheinbar nur fertig gebraute Tränke, die in allen Farben des Regenbogens in ihren Phiolen schimmerten. Hermine schluckte begeistert. Dies musste sein persönlicher Vorrat sein, der alle ihre kühnsten Träume übertraf. Ganz versunken in den Anblick drehte sie sich einmal um die eigene Achse und bemerkte erst an Snapes spöttischem Blick, dass sie ihren Mund vor Erstaunen noch immer weit geöffnet hatte. Hastig schloss sie ihn und räusperte sich leise.

„Wenn ich bitten dürfte?" Der Professor streckte seine Hand nach ihr aus und für einen Moment glaubte Hermine, er wolle damit ihre eigene Hand ergreifen. Sie zögerte. „Ihren Stab, Miss Granger", präzisierte Snape seine Bitte und zog missbilligend eine Augenbraue in die Höhe. Stattdessen reichte er ihr einen Staubwedel mit faserigen, grauen Federn. Dann wandte er sich zum gehen. „Eins noch", hielt er plötzlich inne und fixierte sie mit seinen kalten Augen. „Ein zerbrochenes Glas und sie putzen Kessel bis in ihr siebtes Jahr." Hermine schluckte und warf erneut einen Blick auf die vollen Regale. Aber diesmal schien Snape eine Antwort zu erwarten, er wartete noch immer an der Tür. „Ja, Sir", brachte sie schließlich mühsam die Worte über die Lippen, die ihn zufrieden stellten. Leise schloss er die Tür hinter sich und ließ sie allein.

„Na ja, ich hätte es schlimmer treffen können", murmelte Hermine zu sich selbst, als sie auf Leiter stieg, die am Regal mit den Zaubertränken lehnte. Sie hoffte nur, dass Harry keine gefährlichen Reste entfernen musste. So liebevoll, als würde sie ihr eigenes Kind streicheln fuhr Hermine mit dem Wedel über die ersten Fläschchen. Sie bemerkte, dass die Gläser nur von einer leichten Staubschicht bedeckt waren, Spinnenweben entdecken sie gar keine. Snape musste sein Heiligtum regelmäßig pflegen. Das drängte ihr die Frage auf, weshalb er ihr gerade diese Aufgabe zugeteilt hatte. Für die Gelegenheit in seinem privaten Vorrat zu stöbern hätte sie unter anderen Umständen gerne einen Staubwedel in die Hand genommen. Auch ohne die Tränke entkorken zu dürfen hatte sie ihre helle Freude daran, das prächtige Farbenspiel zu beobachten. Akribisch drehte sie jedes Gefäß mit dem Etikett nach vorne, ehe sie es entstaubte. Es war wohl nicht weiter überraschend, dass Hermine bei weitem nicht alle Tränke kannte. Doch das motivierte sie nur, sich alle fremden Namen einzuprägen, die sie später in der Bibliothek nachschlagen konnte.

Je höher Hermine auf der Leiter stieg, desto exklusiver wurden die Tränke. Zuerst entdeckte sie eine verräterisch große Flasche mit dem Vermerk „Veritaserum". Der Anblick der kristallklaren Flüssigkeit ließ sie frösteln. So unscheinbar und doch so mächtig. Nur wenig weiter im Regal identifizierte sie eine sorgfältig verkorkte Phiole als „Felix Felicis". Sie konnte nicht widerstehen und nahm das zerbrechliche Gefäß in die Hand, um es im Licht zu drehen. Ein Tag voller Glück. Behutsam stellte sie es zurück. Direkt daneben stand „Amortentia", der Trank funkelte ihr leicht rosa verführerisch entgegen, doch Hermine hütete sich, den Flakon auch nur zu berühren. Sie wusste nur zu gut um die Gewalt dieses stärksten aller Liebestränke. Doch was sie dann fand, ließ ihr den Atem stocken. Verunsichert warf sie einen Blick zur Tür. Hatte er diesen Trank tatsächlich gebraut? Ihre schweißnassen Finger schlossen sich um die kleine Flasche. Zaghaft drehte Hermine sie im Kerzenlicht. Kein einziger Lichtstrahl schaffte es durch die tiefschwarze Flüssigkeit.

Sie hatte davon gelesen, schon im zweiten Jahr war ihr bei der Beschreibung des Brauvorgangs der Atem gestockt. „Animi Affectus", murmelte sie erführchtig, immer noch zu gebannt um die Flasche aus der Hand zu geben. Einige Autoren hatten diesen Trank als den kompliziertesten aller Tränke beschrieben. Das Meisterstück, die Königin der Zaubertrankkunst. Nur einer handvoll Zauberer war es bisher gelungen, überhaupt einen funktionalen Trank herzustellen. Noch dazu barg die Anfertigung große Gefahren, über Wochen hinweg war das Gebräu zutiefst instabil, nicht wenige hatten bei der Zubereitung schwere Verletzungen davon getragen. Selbst sieben Todesfälle waren bekannt. Hermine vermutete noch weitere, da meistens weder vom Zauberer noch vom Trank genug übrig blieb, um die Ursache der Explosion genau bestimmen zu können. „Und das Alles für eine Aura", flüsterte sie dem Fläschchen zu. Animi Affectus bescherte kein völliges Glück, es förderte nicht die reine Wahrheit zu Tage, es konnte nicht einmal eine Warze heilen. Alles was dieser Trank tat, war eine Aura zu erschaffen. Das Abbild der Stimmung eines Menschen, sichtbar nur für denjenigen, der den Trank eingenommen hatte. Nein, nicht eines Menschen, jedes Menschen, korrigierte Hermine sich selbst. Und das auch nur für einen begrenzten Zeitraum. Verständlich, dass nicht viele bereit waren, ihr Leben für einen so unspektakulären Zauber zu riskieren. Dass Snape dennoch eine Portion davon vorrätig hatte, überraschte Hermine nicht. Sie schätzte ihn als verbissen genug ein, um den Trank nur zum Beweis seiner eigenen Fähigkeiten zu brauen. Dass es ihm aber auch gelungen war, grenzte für Hermine an ein Wunder. Sicher, Snape war ein fähiger Tränkemeister, aber dieses Fläschchen bewies seine Genialität.

War es Einbildung, oder fühlte sich ihr Mund plötzlich trocken an? Liebevoll strich sie mit dem Daumen über den Korken. Eigentlich enthielt die Flasche zwei Portionen. Würde es ihm überhaupt auffallen? Er würde ihn ohnehin nie einsetzen wollen, redete Hermine sich zu und warf abermals einen hektischen Blick auf die Tür unter sie. Wie oft würde sie die Gelegenheit haben, dieses Wunder zu kosten? Niemals wieder. Trotzdem zögerte sie. Was würde Snape mit ihr machen, wenn er es herausfand? Allein bei dem Gedanken daran begannen ihre feuchten Finger zu zittern. Sehnsüchtig starrte sie in den schwarzen Trank und ignorierte die Gänsehaut, die langsam ihren Rücken empor kroch. Zurückstellen? Trinken?

Ein leises Knarren unterbrach ihre Überlegungen. Es war zu leise für diese Tür, doch die Tür zum Labor könnte es durchaus gewesen sein. Schickte er Harry zurück in den Schlafsaal? Schnell vergewisserte sie sich mit einem Blick auf die Uhr. Zehn vor zwölf. Seit über drei Stunden staubte sie schon ab. Die Zeit war wie im Flug vergangen. Jetzt oder nie.

So behutsam wie möglich zog sie den Korken aus der Flasche. Ein Hauch von Brombeere stieg ihr in die Nase. Doch damit konnte sich Hermine nicht aufhalten. Ohne zu zögern nahm sie einen kleinen Schluck und presste den Korken wieder auf die Flasche. Sorgfältig drehte sie auch dieses Mal das Etikett nach vorne und entfernte mit dem Wedel die letzten Staubkörner. Erst dann nahm sie sich die Zeit auf Veränderungen zu lauschen. Doch sie konnte weder etwas fühlen noch etwas sehen. „Sieben Tote für gar nichts?", seufzte sie enttäuscht.

Das Knartzen der Tür riss sie aus ihren Gedanken. Hastig machte sie sich an den Abstieg, Hermine konnte es sich nicht vorstellen, dass Snape begeistert davon sein würde, wenn sie von oben auf ihn herabblickte. Bemüht, sich die eigene Anspannung nicht ansehen zu lassen, musterte sie die große Gestalt. Noch immer sah sie keine Veränderung. Verärgert biss sie sich auf die Lippe. Sollte sie den Trank umsonst probiert haben?

„Mir nach, Miss Granger." Snape würdigte sie kaum eines Blickes. Offensichtlich hatte er Harry bereits gehen lassen. Hermine folgte ihm mit angemessenem Abstand zu seinem Schreibtisch. Er hatte nicht mal einen Blick auf ihre Arbeit geworfen, stellte sie zerknirscht fest. Aber was hatte sie auch erwartet? Lob? Ein flüchtiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sicher nicht. Dann erstarrte sie.

Im hellen Kerzenschein sah sie sie. Unauffällig, nur ein leichtes Glimmen, das den Körper ihres Professors überzog, aber sie war da: Die Aura. Schwarz und deshalb nur schwer zu erkennen. Zuverlässig lieferte ihr das eigene Gedächtnis den Schüssel für die Farben. Schwarz, die Grundfarbe des Trankes stand für Neutralität. Blau drückte Trauer aus, Rot Wut und Gelb die Vorstufe: Zorn. Schließlich hatte sie die Farbbeschreibungen nur noch überflogen, viel zu zahlreich waren sie. Doch ganz am Ende hatte sich der letzte Satz in ihre Erinnerung gebrannt. „Ist es auch für andere Zauberer nicht möglich, eine Aura zu erkennen, so ist es bei genauem Hinsehen doch wahrscheinlich, die Reflektion der eigenen – und nur der eigenen – Aura in den Augen des Sehenden zu erkennen."

Hermine wurde schlecht. Ihr Magen machte einen sehr unangenehmen Hüpfer und schickte ihr einen bitteren Gruß. Nur mit größter Mühe gelang es ihr, das Verlangen zu unterdrücken sich sofort ihre Hand vor den Mund zu pressen. Nicht verdächtig benehmen, nur nichts tun. Angsterfüllt schlug sie die Augen nieder. Das schwache schwarzen Leuchten würde er schon nicht erkennen, redete sie sich selbst Mut zu.

Snape hatte inzwischen ihren Zauberstab hervorgeholt und umrundete seinen Schreibtisch. Gleichmütig streckte er ihn Hermine entgegen. „Wir sehen uns dann morgen Abend, Miss Granger."

Hermine nahm den Stab, starrte aber immer noch auf seine Füße. „In Ordnung, Sir", nuschelte sie unverständlich. Seine Füße verfärbten sich langsam in ein schlammiges Braun. Misstrauen, rezitierte ihr Gehirn artig und ließ sie zur Salzsäule gefrieren. Oh nein.

„Miss Granger, würden sie mich bitte ansehen?" Seine Stimme war wieder in den schneidenden Tonfall verfallen, der als erste Warnung diente. Weil ihr keine andere Wahl blieb, sah sie ihn flüchtig an. Du hast braune Augen, er wird es nicht sehen!

Mit zwei schnellen Schritten stand er direkt vor ihr. Wie eine Schlange stieß er seine Hand vor und packte ihr Kinn, ehe Hermine etwas tun konnte. Jetzt blieb ihr keine andere Wahl, als ihn anzusehen. Das schwarze Funkeln seiner Augen wirkte aus der Nähe noch bedrohlicher. Ein leichter Duft nach Zedernholz schien von seiner Kleidung auszugehen. Sie roch es noch deutlicher, als sie nach Luft schnappte, die Aura hatte mittlerweile einen deutlichen Gelbstich. Argwöhnisch zog Snape die Augenbrauen zusammen. Dann glätteten sich seine Züge, Hermine schnürte es den Atem ab, als sie die Erkenntnis in seinem Gesicht lesen konnte.

Abrupt ließ Snape sie los und Hermine stolperte nach hinten gegen ein Bücherregal. Gierig schnappte sie nach Luft, sie fühlte sich wie kurz vor dem Ersticken. Doch der würzige Geruch nach Zedernholz war inzwischen allgegenwärtig und benebelte ihre Sinne. War er immer schon so riesig gewesen? Das tiefrote Leuchten machte seine Gestalt mit Sicherheit noch imposanter. Wieder verkrampfte sich ihr Magen, als Snape auf sie zu trat und sie mit dem Rücken gegen die Regalbretter drängte.

„Du hast davon getrunken", zischte er, die Stimme brüchig von Wut. „Sag es!" Wie Eiswasser schlug die Aufforderung über Hermine zusammen. „Ich habe nichts getan", krächzte sie hilflos und tastete nach ihrem Zauberstab. So außer sich hatte sie Professor Snape noch nie gesehen.

„Bitte, Sir. Ich weiß nicht" Er trat noch einen Schritt auf sie zu und beugte sich zu ihr hinab. „Sag es!", wiederholte er. Sie konnte seinen heißen Atem auf ihrer Haut fühlen. Es hatte keinen Sinn, zu leugnen und sie nahm allen Mut zusammen, den sie noch aufbringen konnte.

„Ich habe von Animi Affectus getrunken." Dieser Satz kostete sie mehr Kraft als eine Runde Jogging um das Schloss. Und genauso erschöpft fühlte sie sich. Snape starrte sie noch einen Moment lang an, dann trat er zurück, was ihm mindestens eben soviel Mühe abverlangte. Hermine wagte es nicht, auch nur einen Finger zu rühren und hörte wieder das Klopfen ihres eigenen Herzens in den Ohren. Oh nein, wie im Traum...

Schlangengleich fuhr Snape wieder zu ihr herum, die Haare von der abrupten Bewegung in die Stirn gefallen. Er führte eine komplizierte Geste mit seinem Zauberstab aus und Hermine wurde in die Höhe gerissen. Silberne Schellen legten sich um ihre Handgelenke, gehalten von zwei Ketten, fest in der Kerkerdecke verankert. Ein weiteres Schnicken mit dem Stab kürzte die Ketten und zwang Hermine auf die Zehenspitzen.

„Das dürfen sie nicht! Lassen sie mich runter!" Leider klang ihre Stimme nicht halb so selbstbewusst, wie sie sich das gewünscht hätte. Snape glühte immer noch in einem hellen Magenta und lief rastlos vor ihr auf und ab. Was tat er da? Hermine versuchte es erneut: „Bitte, Sir. Lassen sie mich gehen." Doch auch das Flehen schlug nicht an.

Eine halbe Ewigkeit später hielt Snape endlich inne und sah sie an. Seine Aura war auf ein dunkles Gelb abgekühlt. Hermine keuchte verängstigt auf, als sie sein Benehmen verstand. Er hat Angst, die Kontrolle über sich zu verlieren. Ihre Handgelenke straften sie mit stechenden Schmerzen, als sie versuchte nach hinten auszuweichen.

„Warum hast es getrunken?" Erneut war die Schärfe aus seiner Stimme verschwunden. Sanft wie Samt schwebten seine Worte jetzt über Hermine hinweg. Diese biss sich auf die Lippe. Ja, warum nur? Um ihn nicht noch mehr zu reizen antwortete sie ihm schnell. „Ich war nur neugierig, Sir." Sein beinahe behutsamer Blick wurde wieder hart.

„Unsinn, du dummes Mädchen! Kein Schüler hat je Hand an Animi Affectus gelegt! Die meisten wissen nicht mal, was er bewirkt!" Langsam beugte er sich zu ihr vor. Beinahe berührte seine Nase ihre Stirn und sein intensiver, holziger Duft nebelte sie ein. Hermine fühlte sich unfähig, seinem Starren auszuweichen und gab ein erbärmliches Winseln von sich. „Aber du", Snape hob wissend eine Augenbraue, „du weißt, was das für ein Trank ist!"

Hermine nickte stumm, ihre Stimme hätte ihr bestimmt nicht gehorcht. „Also sag mir, warum hast du davon getrunken?" Für nie enden wollende Sekunden hielt er ihre Augen gefangen, aber sie brachte nicht einen Ton mehr über ihre rebellierende Zunge. Mit gebauschtem Mantel wandte er sich ab und gab ihr die Gelegenheit endlich wieder tief Luft zu holen. Sie sah ihn in seine Vorratskammer verschwinden. Hilflos rüttelte sie an ihren Ketten, aber ein Entkommen war nicht möglich. Vielleicht konnte sie um Hilfe rufen? Ich bin zu tief unten, Meter unter der Erde in den lichtlosen Katakomben Hogwarts begraben. Das heiße Entsetzen aus ihrem Traum setzte wieder ein. Sie war diesem sadistischen Bastard ausgeliefert! Und wieder überzog sie das bekannte Prickeln von Kopf bis Fuß und ließ sie erneut die Luft anhalten. Auf einmal fühlte sich alles so schrecklich eng an. Die Kerkerdecke war so niedrig, die Wände so dick. Keuchend schnappte Hermine nach Luft, als sich ihre Lungen verkrampft zusammen zogen. Hyperventilierte sie?

Snape kam zurück, in der Hand die große Flasche mit dem Veritaserum. Von seinem Kopf abwärts hatte sich seine Aura türkis verfärbt. Neugierde – danke, Hirn. Seine kalten Finger legten sich weich auf ihr Kinn. „Mach den Mund auf!" Hermine hätte nie gedacht, dass die Verwendung der Du-Form sie so würde ängstigen können. Trotzdem presste sie die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen. Er kam ihr noch näher, sein Mund so nah an ihrem Ohr, dass sein Atem sie kitzelte. „Entweder, du machst den Mund auf, oder ich verabreiche dir die gesamte Flasche!"

Das genügte Hermine, um vollendst in Panik zu verfallen. Die Wirkung würde ewig anhalten. Snapes Fingerspitzen fuhren sanft über ihre Wange und schickten eine weitere Gänsehaut über ihren Rücken. „Drei Tropfen oder die Flasche. Du hast die Wahl, Hermine." Rau hauchte er ihren Namen über die Haut und brachte sie damit mühelos zum Schwitzen. Noch nie hatte Snape ihren Vornamen benutzt.

Um endlich den funkelnden schwarzen Augen zu entgehen schloss sie die Augen und öffnete ihren Mund. Das Gefühl der Berührung verschwand von ihrer Wange und drei Tropfen bittere Flüssigkeit tropften auf ihre Zunge. Gehorsam schluckte sie und wartete. Doch auch diesmal spürte sie nichts. Die besten Tränke wirkten wohl ohne sich bemerkbar zu machen. Das machte sie nur noch mächtiger.

Als Hermine die Augen wieder aufschlug sah sie, dass Snape zurückgetreten war, jetzt fast völlig in Türkis gehüllt. Stumm zählte er die Sekunden, bis der Trank seine volle Wirkung entfaltet hatte. Dann trat er wieder zu ihr nach vorn. Hermine machte sich so groß wie nur möglich, um ihre angeschlagenen Handgelenke von den Fesseln zu entlasten.

„So. Jetzt sag mir, warum hast du von Animi Affectus getrunken?" Flüssig wie Öl tropfte seine Stimme auf sie und ohne dass sie es verhindern konnte, formte ihre Zunge Worte und ihre Lippen entließen sie in die Freiheit.

„Weil ich sie provozieren wollte." Hermine keuchte auf. Das hatte sie nicht sagen wollen! Das war überhaupt nicht wahr! Verdammt, verdammt! Entsetzt sah sie Snape an, der jedoch eher bestätigt als wütend aussah. „Ich wusste es, du dummes Mädchen!"

„Nein, Professor!" Hermine beeilte sich, eine Erklärung hinterher zu reichen. „Das, das … ich meine, ich wollte doch nur, … so ein seltener Trank, ich wusste, dass es sie treffen würde." Plötzlich schossen ihr Tränen in die Augen. Das Wahrheitsserum verhinderte, dass sie auch nur einen ihrer Gedanken klar formulieren konnte. Stattdessen legte es ihr solche Unverschämtheiten in den Mund!

„Ja, das hatten wir schon geklärt", würgte Snape sie schroff ab. „Die entscheidende Frage ist jedoch, warum du mich provozieren möchtest. Wärest du Potter, würde mich das nicht überraschen. Aber die kleine neunmalkluge Gryffindor, Miss Ich-weiß-alles-besser, Miss Lassen-sie-mich-antworten-oder-ich-platze riskiert es, dafür Hauspunkte einzubüßen?" Hermine kniff bei seinen Beleidigungen empört die Augenbrauen zusammen. Ihr lockiges Haar kitzelte sie im Nacken und reizte sie noch zusätzlich. Trotzdem hielt sie den Mund geschlossen. Wer weiß, was das Serum ihr noch entlocken würde.

Mit einer umständlichen Geste legte er Hermine seine Finger unter das Kinn. „Der Sturkopf zieht es also vor, zu schweigen." Sie schenkte ihm nur ein verächtliches Starren. Trotz ihrer Angst würde sie keinen Ton mehr sagen, aber Snape schien das nur zu amüsieren. „Ich bekomme den Vogel schon noch zum Singen", versprach er süffisant und trat beiseite, um einen kleinen Flakon aus dem Regal zu nehmen. Mit nervenzermürbender Langsamkeit schraubte er den Deckel ab und sein Mundwinkel zuckte verräterisch. Dann schüttete er in einer flüssigen Bewegung den gesamten Inhalt über Hermine aus.

Hermine blinzelte sich die Feuchtigkeit aus den Augen. Was sollte das? Warum stand er dort und lächelte spöttisch? Und was juckte so an ihrem Bein? Verärgert schüttelte sie ihr Hosenbein aus, aber das Kitzeln blieb. Es wurde sogar noch stärker. Schließlich wandte sie den Blick von ihrem Professor, sah hinab und schrie. Tausend kleine Käfer krochen aus dem Teppich hervor und kletterten an ihr nach oben. Panisch trat sie um sich. Sie konnte zwei lange Fühler erkennen, schabenähnliche Beine und einen glänzenden Rückenpanzer, in dem sich tausendfach das blaue Kaminfeuer spiegelte. Ungehindert ergoss sich die Flut an Krabbeltieren zu ihren Füßen und über sie. Sie drangen in ihre Hose, krabbelten geschickt ihre Beine nach oben, die ersten krochen bereits unter ihren Pullover, was Hermine erneut einen spitzen Schrei entlockte. Die Nutzlosigkeit ihrer Arme trieb sie in den Wahnsinn. Sie wollte die Viecher abstreifen, sie von sich schütteln, doch sie konnte kaum etwas tun. Deshalb zappelte sie und trat panisch um sich, als die ersten Käfer ihren Hals erreichten.

„Ich an deiner Stelle würde den Mund geschlossen halten", riet Snape ihr von der Seite und erfreute sich an ihrem gepeinigten Anblick. Doch Hermine hatte endgültig die Kontrolle verloren, als das erste Insekt in ihren Mund geschlüpft war und die spitzen Beinchen hart gegen ihre Zunge traten. Die langen Fühler kitzelten sie am Gaumen und brachten das panische Mädchen zum Würgen. Hustend spuckte sie den Käfer aus, nur damit zwei andere seinen Platz einnahmen. Inzwischen wuselten sie auch durch ihre wirren Haare und kitzelten sie an den Ohren. Aus den vereinzelten Schreien war inzwischen ein krampfhaftes Schluchtzen und Kreischen geworden. Immer wilder wand Hermine sich in ihren Fesseln, bäumte sich auf und verletzte sich an den festen Silberringen um ihre Handgelenke, als sie in kopflosem Entsetzen um sich trat.

Snape stand noch immer dort, entspannt gegen seinen Schreibtisch gelehnt und beobachtete das Spektakel befriedigt. Nach schier unendlicher Zeit, als Hermines Hilferufe nur noch ein raues Flüstern waren, zückte er seinen Zauberstab und sprach die erlösenden Worte: „Finite!" Augenblicklich verschwanden die Käfer und Hermine hing schlaff in ihren Fesseln, die Augen vor Erschöpfung geschlossen. Snape trat erneut an sie heran und musterte das völlig verausgabte Mädchen. Ein feiner Schweißfilm überzog ihre milchige Haut und Blut lief in einem feinen Rinnsal von ihren Handgelenken ihre Arme hinab. Als Hermine seine Nähe spürte, öffnete sie die Augen und erschrak vor dem teuflischen Glitzern in seinen Augen. Dem Bastard machte es Spaß, sie zu quälen. Ungläubig prüfte sie seine Aura, die in einem satten Violett erstrahlte. Violett? Zum ersten Mal ließ sie ihr Gedächtnis im Stich. Snape hingegen sah sie immer noch fasziniert an und streckte die Hand nach ihrer feuchten Haut aus. Zart fuhr er mit zwei Fingern über ihren Hals und schnüffelte hingebungsvoll an ihrem Angstschweiß, was Hermine in ein unkontrolliertes Zittern stürzte. Ihre Knie gaben unter ihr nach und nur die Silberringe hielten sie noch aufrecht.

„Ich denke, Miss Granger, das genügt für heute.", schnurrte Snape beinahe, seine sonst raue Stimme nur noch ein seidiges Hauchen. Mit einem Fingerschnicken entfernte er die Fesseln und Hermine fiel zu Boden. Doch sie gönnte sich keine Pause. Augenblicklich richtete sie sich auf und warf Snape einen hasserfüllten Blick zu. Sie hatte Todesangst ausstehen müssen, während ihn das Schauspiel amüsiert hatte. „Wir sehen uns morgen zur selben Zeit", fügte Snape noch hinzu und wandte ihr den Rücken zu. Hermine schnappte sich ihren Zauberstab, der auf den Boden gefallen war, und entfloh dem Kerker für heute. Der Bastard hatte ihr nicht mal eine Frage gestellt, nachdem er sie gefoltert hatte.