Ein alter Text, den ich in den Untiefen meines Computer-Archivs ausgegraben habe. War der Beginn einer gemeinschaftlich geschriebenen Geschichte, die nie über das erste Kapitel hinaus kam. Vermutlich auch besser so...
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Lautlos wie der Tod glitt die Schlange über den Waldboden. Den Tod brachte sie tatsächlich mit sich, denn sie war auf der Jagd. Die Abendsonne, die durch das lichte Blattwerk fiel, zauberte ein Muster aus Licht und Schatten, in dem der schlanke Körper, dessen Rücken ein breites Zickzackband aufwies, nahezu unsichtbar war. In unregelmäßigen Abständen fuhr eine gespaltene Zunge aus dem dreieckigen Kopf und prüfte die Fährte der Maus, die sie vor einiger Zeit aufgenommen hatte.
Zwischen den Wurzeln eines hohlen Baumes stellte sie ihr Opfer. Schon bereitete sie sich darauf vor, ihr tödliches Gift mit einem gezielten Biss in ihre Beute zu injizieren, da stutzte sie plötzlich. Die Maus verhielt sich irgendwie seltsam. Anstatt zu versuchen wegzulaufen und ihr Heil in der Flucht zu suchen, fixierte sie die Schlange und kam sogar auf sie zu. Noch etwas war merkwürdig: Die Maus hatte rote Augen.
Die Schlange war verwirrt, ihr Beißreflex mit einem Mal gehemmt. So sollte sich ein Beutetier nicht verhalten! Ihr Instinkt sagte der Schlange, dass irgendetwas nicht stimmte. Sie hatte das ungute Gefühl nicht mehr Jäger, sondern nunmehr Gejagter zu sein und ein Teil von ihr wollte fliehen. Doch noch zögerte sie. Eine derart leichte Beute hatte etwas verlockendes und seit ihrer letzten Häutung hatte sie nichts mehr gefressen.
Plötzlich erstarrte die Maus und fiel einfach um. Das Gefühl der Gefahr verstärkte sich mit einem mal und der letzte Gedanke der Schlange galt der Flucht. Dann dachte sie gar nichts mehr.
Der Körper des Reptils wurde mit einem mal eben so steif und unbeweglich, wie der des Nagetiers. Minutenlang lagen die beiden Körper reglos nebeneinander, die Augen geschlossen. Dann begann sich der Körper der Schlange zu regen. Als sie die Augen wieder öffnete, waren diese rot.
Die neue Präsenz im Körper der Schlange bewegte prüfend die neue Hülle. Sie würde genügen... vorerst zumindest, jedoch nicht auf Dauer. Es funktionierte nie auf Dauer. Tierkörper waren nicht dafür geschaffen, eine Präsenz wie die seine zu ertragen.
Er räkelte sich. Die ersten Momente in einem neuen Körper waren ihm immer die Angenehmsten, wenn er noch vollkommen Herr seiner Sinne und seines Verstandes war und sein Geist noch nicht in Wettstreit mit dem Instinkt des Tieres getreten war. Ein Wettstreit, der unweigerlich das Leben der Kreatur kosten würde, so wie das der Maus, die er vermutlich fressen sollte, bevor er nicht mehr wusste, ob er Zauberer oder Tier war.
Schon fühlte er, wie die Klarheit seiner Gedanken zu schwinden begann. Das Wissen um seine Identität, das Bewusstsein um seine einstige Größe und Macht lösten sich auf und nur ein schwaches Überbleibsel davon blieb im Geist des Geschöpfs zurück. Der Grund für seine Anwesenheit an diesem Ort, den er eben noch gewusst hatte, entzog sich ihm wieder.
Er hatte das vage Gefühl, dass er hier schon ein mal gewesen war, dass dieser Ort aus irgendeinem Grund wichtig war. Der hohle Baum hatte einmal etwas beherbergt, das für sein Überleben von größter Bedeutung gewesen war... dies war der Ort, wo ihm jemand begegnet war... jemand der...
Er züngelte prüfend die Luft. Irgendetwas bewegte sich dort drüben im Gebüsch...
Nur ein Vogel. Er versuchte, den letzten Gedanken zu beenden, aber er war fort, vergessen, nicht fassbar für eine einfache Schlange. Nur das unbestimmte Gefühl hier bleiben zu müssen, war geblieben. Also rollte er sich zusammen und wartete, während langsam die Dämmerung über den Wald herein brach.
Zeit verging. Die meisten Tiere hatten kein echtes Zeitgefühl und so wusste er nicht, wie lange er hier schon weilte. Tage, Wochen, Monate, Jahreszeiten... er wartete, während der Körper, den er beherbergte langsam schwächer wurde und starb. Einen anderen fand er nicht, denn die Lichtung blieb seltsam leer. Kein lebendiges Wesen ließ sich dort mehr blicken und er weigerte sich den hohlen Baum zu verlassen, um sich auf die Suche zu machen. So zwang er sich zur Existenz, Tag um Tag, Minute um Minute, Sekunde um Sekunde. Erlösung würde kommen. Er hatte das schon zuvor erlebt und er konnte es ertragen.
Erlösung kam schließlich - wenn auch nicht so wie er sich das vorgestellt hatte – in Gestalt eines pickeligen Teenagers.
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Joel Smith war wütend. In seinem ganzen 15jährigen Leben war er bestimmt noch nicht so wütend gewesen. Alle behandelten ihn wie ein Kind! Niemand nahm ihn ernst, weder seine Mitschüler in Hogwarts – noch nicht mal in seinem eigenen Haus- noch seine Lehrer oder seine Eltern. Und nun auch noch seine Tanten und Onkel... von seinen Großeltern ganz zu schweigen! Das Gelächter seiner Verwandten klang ihm noch in den Ohren.
Bestimmt hatten sie noch nicht einmal bemerkt, dass er verschwunden war! Warum auch... niemand schien sich je darum zu kümmern, ob es ihm gut ging! Vielleicht stellte irgendwann jemand fest, dass der Portschlüssel nach Albanien verschwunden war, aber niemand würde Joel damit in Verbindung bringen. Eigentlich hatte er von Albanien aus den nächsten Portschlüssel nach Hause nehmen wollen, aber bei genauerem Nachdenken war das doch keine so gute Idee. Seine Eltern würden nur Fragen stellen und dann würde die ganze Geschichte herauskommen. Mit Sicherheit würde sie das sowieso irgendwann, aber noch mehr Gelächter und höhnische Bemerkungen konnte er im Augenblick nicht ertragen. Oh warum konnte sein Leben nicht einfach so perfekt sein, wie zum Beispiel das von Albus Potter?
Hinter seinen Augen brannten Tränen, aber er bekämpfte sie, indem er mit seinem Zauberstab Äste, Blätter und Steine um sich herum zerschoss. Es schien ein wenig zu helfen. Er setzte sich auf die gewaltige Wurzel eines alten hohlen Baumes, nachdem er den halb verwesten Kadaver einer Schlange aus dem Weg geblasen hatte.
„Es ist alles so ungerecht!", rief er aufgebracht in den Wind, der aufgekommen war.
'Was ist ungerecht?', schien der Wind zu fragen.
„Einfach alles!", stieß Joel heftig hervor. „Mein ganzes Leben! Wieso versteht mich keiner? Wieso mag mich keiner? Alle lachen immer nur über mich!"
'Das muss in der Tat frustrierend sein.', bemerkte der Wind.
„Ich wünschte, ich könnte es ihnen allen zeigen! Ihnen beweisen, dass ich nicht wertlos bin. Dann wäre ich derjenige, der lacht! Ha!"
'Ich könnte dir dabei helfen.'
Joel wurde allmählich bewusst, dass er mit einer unsichtbaren Stimme redete. Wenn irgendjemand das heraus fand, war er endgültig unten durch. Dann würde man ihn zu allem Überfluss auch noch für verrückt halten! Zum Glück war er in einem einsamen Wald in Albanien und niemand, nicht einmal ein Tier, war zugegen.
'Ich kann dir zu Macht und Einfluss verhelfen.', säuselte die Stimme, 'Jedermann wird dich bewundern. Deine Feinde werden dich fürchten. Sie werden vor dir im Staub knien und um Gnade bitten. Niemand wird mehr wagen, über dich zu lachen oder an dir zu zweifeln.'
Gegen seinen Willen musste Joel grinsen. Diese Vorstellung war wirklich zu gut...
'Die Zauberwelt wird dir zu Füßen liegen.', fuhr die Stimme fort, 'Deine glorreichen Taten werden in aller Munde sein. Ihre Herzen werden dir gehören, dir allein. Selbst Rose Weasley wird dir nicht widerstehen können...'
Joel fuhr hoch. „Woher weißt du..."
'Ich weiß mehr, als du ahnst. Ich weiß, dass du... Gefühle für Rose Weasley hegst, aber dass sie diese nicht zu erwidern scheint... wie sehr du Scorpio Malfoy hasst, weil sie ihm mehr Aufmerksamkeit schenkt, als dir... und wie sehr du Albus Potter beneidest, wegen seiner Berühmtheit und seiner ach so perfekten Familie.'
„Liest du meine Gedanken?", fragte Joel entgeistert und ein wenig beunruhigt. Gab es magische Kreaturen, die zu so etwas in der Lage waren? Er wünschte sich plötzlich, er hätte in Professor Novaks Unterricht besser aufgepasst.
'Auch das ist eine Kunst, die ich dir beibringen kann. Die Geheimnisse der Magie haben sich mir offenbart. Es gibt so viel, das ich dir zeigen könnte..."
„Wer bist du?", frage Joel voller Verwunderung.
'Wenn du es willst, bin ich deine Zukunft. An meiner Seite wirst du stärker werden, als je ein Zauberer zu träumen gewagt hat.'
„Du willst mir einfach so helfen?", sagte Joel zweifelnd. Er war vielleicht ein Hufflepuff, aber nicht blöd. „Was ist für dich dabei drin?"
'Im Gegenzug musst du etwas für mich tun. Ich verspreche dir, es ist nichts, was über deine Fähigkeiten hinaus geht, oder was dich in Schwierigkeiten bringen kann. Und sobald du alles erledigt hast, worum ich dich bitte, werde ich mich bei dir erkenntlich zeigen.'
„Und dann bringst du mir all das bei, wovon du gesprochen hast, ja?", wollte Joel hoffnungsvoll wissen, „Wirst mich mächtig machen und alles?"
'Glaub mir!' Triumph schwang in der Stimme. 'Du wirst genau das erhalten, was du verdienst.'