Hier nun der dritte Teil dieser kleinen Mini Story … Viel Spaß

LG Leila :D


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Schlaflos ...

Dean erwachte ohne Vorwarnung und wurde erbarmungslos aus seinem Tiefschlaf gerissen. Seine Gedanken schlugen Purzelbäume, noch gefangen im Hin und Her zwischen Wachsein und Traum. Sein Herz hetzte im wilden Rhythmus von innen gegen seinen Brustkorb, jagte das Blut in schwindelerregendem Tempo durch seinen Körper, so dass kleine bunte Punkte vor den Augen tanzten. Langsam ein und ausatmend versuchte er, wieder zur Ruhe zu kommen. Die Handflächen in das zerknautschte Bettzeug gepresst, um dem Schaukeln der Welt um ihn herum keine Chance zu mehr zu geben.

Seltsam, wie die Sinne durchdrehen konnten, das hektische Keuchen blieb, auch wenn das Luftholen schon leichter ging.

Unruhiges Hin und Her – nur er selber lag still.

Dean drehte irritiert den Kopf zur Seite, sah Sam in der Dunkelheit einen ungleichen Kampf austragen. Finger, die sich in Laken krallten, die Stirn in tiefe Falten gelegt und der Kopf ein kreisendes Hin und Her, gemischt mit undeutlichem Gemurmel.

Träume.

Dessen Lippen formten immer wieder ein Wort. Vier Buchstaben, in denen die Macht über Leben und Tod lag.

‚Nein.'

Immer wieder.

Sam musste dringend etwas schlafen, aber von Erholung konnte so keine Rede sein.

„Sam."

Keine Reaktion.

„Sammy", etwas lauter jetzt.

Nur die Antwort war keineswegs die erwartete. Schlagartig wich alle Müdigkeit aus Deans Körper, jedes Haar an seinem Körper stellte sich auf, jeder eben noch verschlafene Sinn erwachte voll zum Leben.

Die Luft um sie herum, ohnehin kühl und klar durch die hereinströmende Nacht des geöffneten Fensters, wurde plötzlich eisig, den Atem vor ihren Mündern zu kleinen weißen Dampfwölkchen werden lassend.

Ein Windstoß riss die Gardinen zur Seite, drückte gegen dünnes Glas, rüttelte an alten Scharnieren, um sich Einlass zu verschaffen, fegte durch den Raum, ein gefährliches Raunen in sich tragend und direkt auf das hintere Bett zu, in dem dunkle Besucher in Sams Träumen ihr Unwesen trieben.

Dessen gepresster Aufschrei ging unter in dem Poltern, das Dean verursachte, als er aus dem Bett sprang, sich dabei in den Decken verfing und mit den bloßen Knien auf den Boden krachte.

Aber jeder pochende Schmerz war ohne Bedeutung, denn als der Ältere den Kopf hob, blickte er in ein Gesicht, gezeichnet von blankem Terror.

Arme, die wild in die Luft gestreckt waren, mit Sehnen und Muskeln zu Knoten geballt, Hände, die versuchten, das Ungreifbare zu fassen oder wegzustoßen -wer konnte das schon so genau sagen - ein Körper, der sich aufbäumte im ungleichen Kampf.

Sams Beine traten ins Leere, wehrten sich gegen fesselnde Gegner, die- in Form von verknotetem Bettzeug - ihn immer enger umschlangen

Und immer wieder ein Wort.

‚Nein'

Finger suchten in der Leere über dem Bett, griffen zu, krümmten sich.

Sams Gesicht war ein Wechsel der Emotionen – blanker Horror, Unglaube, Angst und Schmerz. Ein ständiges Hin und Her. Die vereinzelten Tränen auf den Wangen und Schweiß auf der Stirn gaben ihr Übriges dazu.

Dean, endlich aus dem Gewirr aus Stoff befreit, rappelte sich auf, überwand den letzten Meter zu seinem Bruder und packte ihn an den Schultern.

„Sam!"

Nur keuchender Atem.

„SAM!"

Der erste Schlag, der Dean traf, kam unvorbereitet, der zweite schon weniger. Sam wehrte sich gegen die für ihn bedrohliche Berührung und das mit aller Macht.

„Hey - …"

Uff- ein weiter Hieb in die Rippen, der mit Sicherheit schillerndes Blau und Lila zur Folge haben würde und Dean kurz den Atem raubte. Da waren sie dann schon mal zwei. Sam lief bereits rot an, jappste nur noch, den Kopf verzweifelt in das Kissen gedrückt, der Körper in wildem Aufbegehren.

„N-… Nein."

„SAM!"

„N-…"

„HIMMEL NOCHMAL … WACH AUF!"

Mist verdammter.

Schütteln, rufen, schreien, nichts half - im Gegenteil, es wurde schlimmer und Sam würde jeden Moment zusammenklappen bei dem Versuch, ihn abzuschütteln, also machte Dean das Einzige, was ihm noch einfiel – loslassen, nur um mit den Händen sanft dessen Gesicht zu umfassen und ihm leise zuzuflüstern.

Früher hatte das auch geholfen. Warum sollte sich das geändert haben und Dean hoffte, dass Sam durch die grauen Schleier des Unterbewusstseins verstand.

„Sam, bitte wach auf, es ist nur ein Traum …", ein tiefes Luftholen: „Ein Traum hörst du! Und ich bin hier, passe auf dich auf …"

Noch leiser dann: „Ich hab's doch versprochen, erinnerst du dich?"

Und die Fesseln gaben nach - mit einem Ruck schoss Sams Oberkörper in die Höhe. Jetzt sitzend sog dieser gierig Luft in seine Lungen, immer noch nur halb gewahr, was gerade um ihn herum geschah.

Dean, eine Hand stützend an der Schulter des anderen, setzte sich neben ihn, versuchte dem Jüngeren vergeblich ins von schweißnassen Haaren verhangene Gesicht zu sehen, ehe er stützend einen Arm um dessen Oberkörper legte, dessen linke Schulter umfasste und ihn behutsam an sich zog.

Sam, noch kaum zu einem klaren Gedanken fähig, hatte alle Mauern fallen gelassen, vergaß seine Sturheit für den Augenblick und lehnte sich dankbar in dieses stützende Angebot, folgte dem ruhigen Rhythmus des Herzschlages seines großen Bruders, den er gegen seine Seite schlagen spürte.

Sam zitterte wie Espenlaub, sackte immer mehr in sich zusammen und weiter gegen den anderen.

Dean bot Halt und Sam verlor sich dankbar darin, nahm, so lange der zu geben bereit war.

Der Jüngere konnte es nicht verhindern, dass heiße Tränen über sein Gesicht liefen, sein Atmen stoßweise seinen Körper verließ, als er hinab auf seine Hände sah, die Finger immer wieder wie unter Schmerzen krümmte.

Deans fragendes Zucken spürte er mehr, als dass er es sah.

„Ich -…", stockend.

Wie in Trance hob Sam seine Hände höher, betrachtete sie unsicher im Schummerlicht des Morgens, der gerade hereinbrach.

Deans Blick über dessen Schulter und das besorgte Runzeln der Augenbrauen, als er seinen Bruder musterte, gingen verloren im Flüstern des anderen.

„Sammy?"

„Ich kann sie fühlen …"

Stille.

„Was kannst du fühlen, Sam?" Behutsam, leise fragend.

„Die Br-… Brandwunden, das rohe Fleisch – riechst du es nicht?" Eine kurze Pause: „ …als ich ins Feuer gegriffen habe, um sie zu retten, J-Jessica."

Dean spürte heiße Tropfen auf seiner Schulter, einer nach dem anderen, konnte das Leid spüren, das in Wellen von dem schlotternden Körper in seinem Arm ausging.

„Shhh – das ist lange her Sam, alles ist okay."

Ein sanftes Wiegen, hin und her.

Wie früher.

„N-nein." Leiser Wiederspruch, erneut angespannte Muskeln.

„Er wollte mir zeigen, wie Gott sie tötete, wie er sie im Stich gelassen hat – wie ich sie im Stich gelassen habe, weil ich zu schwach bin … ohne ihn."

Deans stutzte, als er verstand.

"Ich kann niemanden, den ich liebe schützen - ...D-Das konnte ich n-nie."

Aus Trauer und Mitgefühl wurde bordelnder Zorn, der Deans Gedanken vergiftete.

Luzifer.

Er würde ihn töten, ihn in Stücke reißen, ob Engel oder nicht. Es würde einen Weg geben. Und er, Dean Winchester, würde ihn finden. Sie hatten genug durchgemacht, damals wie heute, aber Sam wieder durch diese Hölle gehen zu lassen, war entschieden zu viel.

Durch Sam ging ein Ruck. Er schüttelte die Arme seines Bruders ab, obwohl er dieses Gefühl der Sicherheit gerade so sehr brauchte, es nicht verlieren wollte, wusste er doch, dass es ein seltenes Zugeständnis von Dean war, das der Jüngere nicht verdient hatte. Sam stürzte halb aus dem Bett und dem Bad entgegen, torkelte, rammte die Wand, nur um dem drängenden Würgen in seiner Kehle nachzugeben, als er die Kloschüssel erreicht hatte.

Sam konnte das Feuer riechen, genau wie den verbrannten Körper der darin schwelte, roch das schwälende Fleisch seiner Hände, fühlte es.

Immer weiter würgte er, bis nichts mehr da war, was er von sich geben konnte und selbst dann noch ging es weiter.

Der einzige Punkt, der ihn nicht durchdrehen ließ bei all dem, war die stille Präsenz in seinem Rücken, die warme Hand auf seiner Schulter.

Dean.

Sein rettender Anker im Sturm.

~ ENDE