Warnung: Diese Story ist eine sogenannte 'Missing scene' zur G1-Episode "Cosmic Rust", d. h. das Ende ist ziemlich abrupt. Enthält Gewaltszenen.

Disclaimer: Die Transformers gehören nicht mir und ich verdiene kein Geld hiermit.


Fighter

Eine neue Schmerzwelle warf ihn zurück auf die Liege.

Megatrons Finger hinterließen tiefe Dellen im Metall, als der Schmerz durch sämtliche Systeme raste. Er konnte fühlen, wie die Legierungen seiner Außenpanzerung sich auflösten, zerfressen wurden wie von aggressiven Säuren...

Und dann war es vorbei, und er sackte keuchend in sich zusammen, während ein halbes Dutzend Warnmeldungen über sein HUD flackerten. Wo, bei Unicron, blieben die verdammten Stunticons?

--*--

Hook hatte den Raum unter Quarantäne gestellt und sich selbst mit einem medizinischen Kraftfeld umgeben, das ihn vor einer möglichen Ansteckung schützen sollte. So kam er sich wenigstens nicht völlig überflüssig vor, denn abgesehen davon konnte er nicht viel mehr tun, als die Monitore anzustarren, die den Zustand seines Patienten in Zahlen und Graphiken wiedergaben. Er war Mechaniker. Eine gerissene Treibstoffleitung, ein beschädigter Mikrochip, verbeulte Panzerung? Kein Problem, das war sein täglich Brot, sozusagen. Aber das hier...

Halb entnervt, halb fasziniert beobachtete er, wie die Monitoranzeigen in den roten Bereich schnellten, als Megatron sich durch einen weiteren Anfall kämpfte. Doch wie die Male zuvor dauerte es nicht lange, und die Werte kehrten in den Normbereich zurück, oder zumindest in den Bereich, den man unter diesen Umständen als normal bezeichnen konnte.

Hook trommelte nervös mit den Fingern auf seiner Konsole. Er gab es nicht gern zu, aber er war hier am Ende seiner Weisheit. Wo blieben diese Nichtsnutze von Stunticons?

--*--

Es würde vorbeigehen. Ein paar Astrosekunden, und es würde vorbei sein.

Megatron klammerte sich entschlossen an sein Bewußtsein, während sämtliche Drähte und Metallverstrebungen in seinem Körper unter der Anspannung ächzten. Ein Glück, daß er seinen Stimmprozessor schon vor einer ganzen Weile offline geschaltet hatte. Er würde Hook, der irgendwo hinter ihm an den Monitoren hantierte, nicht das Vergnügen gönnen, ihn stöhnen zu hören...

Der Schmerz ebbte ab, und er sank kraftlos zurück. Plötzlich schien alles seltsam verlangsamt zu sein, merkwürdig träge. In seinem benebelten Zustand brauchte er einen Moment, um zu begreifen, daß dieser letzte Anfall seine Systeme offenbar bis zu dem Punkt überbeansprucht hatte, an dem ein automatisches Sicherheitsprogramm griff: Sein Zentralprozessor hatte eine Notfallstasis initiiert. Ein System nach dem anderen wurde heruntergefahren, und er fand nicht mehr die Kraft, den entsprechenden Gegenbefehl einzuleiten. Das schmerzfreie Dunkel der Bewußtlosigkeit hatte etwas sehr Verlockendes, aber bevor er wirklich darüber nachdenken konnte, war er bereits in ein gnädiges Vergessen gesunken.

--*--

„Verdammt!"

Hook sprang von seinem Sitz auf, als Megatrons Lebenszeichen plötzlich absackten, als sei irgendwo ein Stecker gezogen worden. Er stürzte hinüber zur Liege, auf der sein Commander lag, führte hastig mehrere Scans durch.

„Megatron, hörst du mich?"

Die ersten Scanergebnisse beruhigten ihn ein wenig. Notfallstasis. Nun, das war zu erwarten gewesen in diesem Zustand. Obwohl die Geschwindigkeit, mit der es passiert war, nicht gerade zu seiner Entspannung beitrug...

„Na, das sieht doch schon ganz gut aus", sagte eine höhnische Stimme hinter ihm.

Hook spähte zornig über die Schulter. „Sagt dir das Wort ‚Quarantäne' irgendwas, Starscream?" zischte er.

Der Seeker lehnte entspannt im Türrahmen.

„Oh, ich dachte, das gilt nur für die, die keins von diesen hübschen, kleinen Dingern hier haben", erwiderte er honigsüß und hielt etwas hoch, das Hook als eines der Geräte erkannte, mit denen er seine medizinischen Kraftfelder erzeugte. Starscream mußte Scrapper bestochen oder wohl eher bedroht haben, ihm eines zu überlassen.

„Was willst du?" fragte er ungehalten. „Ich kann hier keine Zuschauer gebrauchen, also verschwinde."

Die Tür schloß sich zischend, als Starscream eintrat.

„Nein, ich denke, ich bleibe lieber", antwortete er seelenruhig und zog sich den Stuhl heran, von dem Hook gerade aufgesprungen war. Seine Augen glühten. „Wenn unser glorreicher Anführer tatsächlich das Zeitliche segnet, dann will ich hautnahe dabei sein."

--*--

Statik flackerte vor seinen Augen, als seine Systeme langsam wieder online gingen.

Das erste, was in sein Bewußtsein zurückkehrte, war Schmerz. Sein ganzer Körper war erfüllt davon, und er stöhnte gepeinigt auf. Seltsam. Er war sicher gewesen, seinen Stimmprozessor ausgeschaltet zu haben, aber vielleicht hatte der Neustart diesen Befehl außer Kraft gesetzt.

Dann bemerkte er, daß er mit dem Gesicht nach unten auf kühlem Metall lag. War er von der Liege gefallen? Das wäre allerdings mehr als peinlich.

Und dann nahmen seine Audiorezeptoren ihre Arbeit wieder auf, und Megatron fuhr zusammen unter dem Ansturm von Daten, den dies mit sich brachte.

Es herrschte ein unglaublicher Lärm. Tausende von Stimmen schrieen, johlten und gellten durcheinander, stellenweise unterbrochen von Sprechchören, deren Worte er nicht ausmachen konnte. Der Tumult klang eigenartig vertraut, dachte er, es klang wie...

Seine Sicht schärfte sich.

Er erkannte den Ort sofort. Das war die Arena. Die Arena von Kaon, wo er als junger Gladiator einige seiner spektakulärsten Kämpfe geliefert hatte. Wie kam er hierher? Was, bei Primus, ging hier vor?

Es kostete ihn einige Mühe, wenigstens auf die Knie hochzukommen, um sich umsehen zu können. Die Zuschauerränge waren zum Bersten gefüllt, und ihm gegenüber, auf der anderen Seite des Rings, standen drei schwer gepanzerte Gestalten, die verschiedene Nahkampfwaffen trugen. Ihre Gesichter lagen in unnatürlichen Schatten verborgen; nur das Glühen ihrer Augen war zu sehen.

Gib auf", sagte einer von ihnen. „Du hast keine Chance."

Wir können es kurz und schmerzlos machen", fügte der zweite hinzu.

Wenn du aufhörst, dich zu wehren", schloß der dritte.

Megatron kam taumelnd auf die Füße. Er hatte keine Ahnung, was hier vorging, ob dies alles tatsächlich passierte oder nur ein wirrer Traum war, aber im Grunde spielte esauch keine Rolle. Er hatte offenbar einen Kampf zu kämpfen.

Und er würde ihn kämpfen.

--*--

„Er glüht förmlich", bemerkte Starscream mit einem Blick auf die Monitore.

„Was du nicht sagst", brummte Hook mißmutig. Natürlich war auch ihm nicht entgangen, daß Megatrons Kerntemperatur gefährlich hoch war. Das Metall seiner Außenpanzerung knackte unheilverkündend unter der Hitze.

„Und hast du vor, etwas dagegen zu unternehmen?" fragte der Seeker spitz. „Bevor er uns hier zu einem Häufchen Schlacke zusammenschmilzt?"

„Ich dachte, genau darauf wartest du", gab Hook wütend zurück. Starscreams Augen blitzten gefährlich.

„Ich habe dir eine Frage gestellt, Soldat", fauchte er drohend.

Hook fühlte sich gerade nicht imstande, sich mit Starscreams Stimmungsschwankungen auseinanderzusetzen.

„Sein Auto-Reparatursystem läuft auf Hochtouren, um die Infektion einzudämmen", erklärte er erschöpft. „Genauso wie seine Anti-Viren-Programme. Das erzeugt die überflüssige Wärmeenergie. Dagegen kann ich nichts tun, es sei denn, ich wollte die Abwehrreaktion völlig unterdrücken."

Eine Weile beobachtete Starscream ihren Commander nachdenklich, dann schien er zu einem Schluß gekommen zu sein, denn plötzlich stand er ruckartig auf.

„Schön", sagte er. „Wenn nicht von innen, dann eben von außen."

„Was?" fragte Hook alarmiert, aber Starscream hatte bereits eine interne Funkverbindung aktiviert.

„ Rumble, Frenzy, wo steckt ihr? Ihr zwei könnt euch zur Abwechslung mal nützlich machen!"

--*--

Es gab einen dumpfen Knall, als Megatron schwer auf dem Boden aufschlug.

Die Menge kreischte und johlte begeistert, als er sich unter der Wucht des Aufpralls krümmte. Verdammt, tat das weh... und es war nicht einmal ein besonders heftiger Schlag gewesen, den er da eingesteckt hatte.

Keuchend stemmte er sich hoch. Der Schmerz machte ihn schwindlig; er hatte Mühe, überhaupt klar zu denken. Dazu kam die unerträgliche Hitze, die von ihm Besitz ergriffen hatte. Sie machte jede Bewegung doppelt so anstrengend, schien jede Unze Kraft, die er aufbringen konnte, direkt aus seinem Körper herauszusaugen. Er mußte sich an einem der Seitenpfosten des Ringes abstützen, um überhaupt auf die Füße zu kommen.

Was soll das?" fragte einer der Gegner kopfschüttelnd. „Du weißt, daß du nicht stark genug bist für uns. Warum machst du es dir unnötig schwer? Gib endlich auf."

Megatron lehnte sich schwer gegen den Pfosten. Das mochte nicht sehr elegant aussehen, aber zumindest stand er aufrecht. Das könnte... euch so... passen", preßte er zwischen den Zähnen hervor.

Die drei wechselten einen kurzen Blick.

Na schön", sagte der, der zuerst gesprochen hatte. „Wie du willst".

--*--

„Und wer soll die Schweinerei wieder aufwischen?" fragte Hook unwirsch, während er zusah, wie Starscream den dritten Eimer Eiswasser über ihrem reglosen Commander ausgoß. Der Fußboden schwamm bereits.

„Das trocknet von selbst", gab der Seeker frech zurück.

Hook war nicht sicher, ob es ratsam war, das von Rost bedeckte Metall von Megatrons Exoskelett auch noch in Wasser zu tränken, aber die etwas unorthodoxe Behandlung schien anzuschlagen. Megatrons Kerntemperatur war tatsächlich um einige Grad gesunken.

Er lehnte sich gegen seine Konsole und beobachtete nachdenklich, wie der Seeker bedächtig Eimer um Eimer leerte.

"Starscream, was tust du hier?" fragte er unvermittelt.

"Deine Arbeit, würde ich mal sagen", stichelte Starscream, ohne aufzublicken. Hook verzog das Gesicht.

"Ich betrachte es nicht als meine Arbeit, hier Wasserschlachten zu schlagen", gab er im gleichen Tonfall zurück. "Und als deine übrigens auch nicht. Wenn du es wirklich darauf anlegst, daß Megatron 'das Zeitliche segnet', wie du so schön gesagt hast, dann ist das, was du da tust, doch eher kontraproduktiv. Also: Warum bist du hier?"

Starscream hob den Kopf und sah ihn lange schweigend an; so lange, daß Hook ein wenig mulmig zumute wurde. Es wäre ihm lieber gewesen, der Seeker hätte einen seiner berüchtigten Wutanfälle bekommen.

"Halt die Klappe", sagte Starscream schließlich so ruhig, als spräche er über das Wetter. "Und nimm dir einen Eimer."

--*--

Etwas Merkwürdiges geschah.

Die drückende Hitze ließ ein wenig nach, gerade so viel, daß das Schwindelgefühl erträglich wurde. Und dann hatte Megatron den seltsamen Eindruck, in zwei Realitäten gleichzeitig zu sein. Er befand sich nach wie vor in der Arena, aber gleichzeitig lag er in einem halbdunklen Raum mit metallenen Wänden und metallener Decke. Schatten bewegten sich ganz in der Nähe, und er konnte deutlich zwei Stimmen hören:

"... Arbeit, würde ich mal sagen..." ... "...übrigens auch nicht... da tust, doch eher kontraproduktiv..." ... "...halt die Klappe..."

Die Stimmen waren eigenartig vertraut, besonders die, die zuletzt gesprochen hatte. Irgendwo in seinem Datenspeicher wurde eine Sub-Datei aktiv, ein Bild begann sich zu formen...

Und dann schlug der Schmerz erneut zu, und er sank stöhnend zu Boden und blieb bewegungslos liegen.

--*--

"Er ist online", sagte Starscream plötzlich.

Hook sah erst auf Megatron, dann auf seine Monitore, auf denen keine Veränderung auszumachen war. "Nein", antwortete er.

"Doch, ist er", beharrte der Seeker. Er beugte sich über ihren Commander und faßte ihn an der Schulter. "Megatron. Megatron, hörst du mich?

"Finger weg von meinem Patienten!" fauchte Hook, dem nun doch der Geduldsfaden riß. "Er ist in Stasis, das sieht doch eine blinde Retro-Ratte!"

Er machte Anstalten, den Seeker von der Liege wegzudrängen, aber Starscream war zu sehr Soldat, um seine Absicht nicht zu erkennen. Bevor Hook sich versah, deutete eine von Starscreams Nullstrahlenwaffen direkt auf seine Brust.

"Ich habe hier das Kommando, Constructicon!" zischte der Seeker drohend.

--*--

Er war bereit aufzugeben.

Zum ersten Mal plante er keinen strategischen Rückzug, keine fingierte Flucht, um dann aus dem Hinterhalt zuzuschlagen. Als der letzte Schlag eine Kaskade aus Schmerz durch seinen Körper sandte, war er bereit, die Niederlage zu akzeptieren, mit allen Konsequenzen. Sollten sie ihn auseinandernehmen und die Einzelteile im Universum verstreuen, es war ihm gleichgültig, wenn er nur diesen Schmerz, diese tödliche Erschöpfung nicht mehr spüren mußte...

Steh auf."

Den Teufel würde er tun.

Steh auf, du Schwächling."

Ihm wurde blitzartig klar, daß er die Stimme kannte.

Aus der wogenden, verschwommenen Zuschauermenge stach eine Gestalt plötzlich deutlich hervor: ein dunkles Gesicht, blau-rote Außenpanzerung, silberne Tragflächen...

Starscream.

Der Seeker lehnte nonchalant an einem der Ringpfosten und grinste ihn frech an.

Na, was ist, großer Anführer, schon müde?"

Es dauerte einen Moment, bis die Worte zu Megatron durchdrangen. Dann flammte ein heftiger Zorn in ihm auf, so plötzlich und so heiß, daß er für einen Augenblick alles andere verdrängte. Dieser hinterhältige, nichtsnutzige kleine Bastard, wie konnte er es wagen!

Er kam auf die Füße. Er war nicht ganz sicher, wie er das bewerkstelligte, doch die Wut verlieh ihm Kraft. Ohne auf den Schmerz zu achten, machte er zwei, drei entschlossene Schritte auf den Seeker zu. „Du...", zischte er drohend.

Starscream hatte den Kopf in den Nacken gelegt, um zu ihm hinaufsehen zu können. Das Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden, doch er zeigte keine Spur von Angst.

Hinter dir", sagte er leise.

Megatron fuhr herum.

Die Bewegung rettete ihm wahrscheinlich das Leben, denn die Energon-Axt seines Gegners sauste nur ein paar Fingerbreit an ihm vorbei. Er taumelte zurück. Starscream lachte schrill.

Die Anwesenheit des Seekers hatte einen Vorteil: Sie gab ihm etwas, vorauf er seine Konzentration lenken konnte, etwas anderes als Schmerz oder Erschöpfung. Zunächst mußte er die drei wandelnden Ärgernisse auf der anderen Seite des Ringes loswerden. Und wenn das erledigt war, würde er sich dem sinnlichen Vergnügen hingeben, Starscream ganz langsam in seine Einzelteile zu zerlegen, und zwar Stück - für - Stück.

Die alten Gladiator-Instinkte erwachten in ihm. Der Schmerz war nach wie vor präsent, doch er verlor zunehmend an Bedeutung, als sein Körper in den vertrauten Rhythmus von Stoß, Schlag, Ducken, Schlag und Tritt fand - Primus, es war so einfach. Hatte er gerade noch daran gedacht, aufzugeben? Lächerlich.

Und schließlich kam einer der drei ihm nahe genug. Megatron wich einem Faustschlag aus, seine Hände fanden zielsicher die Haupttreibstoffleitung im Nacken des anderen.

Es war nicht viel Kraft nötig. Dunkel-violettes Energon spritzte auf den Boden des Ringes, der Gegner stürzte, zuckte noch ein paarmal, und dann lag er still, und das Licht in seinen Augen erstarb.

Die Zuschauer grölten vor Begeisterung. Megatron trat einen Schritt zurück und starrte auf die Überreste zu seinen Füßen. Es war lange her, daß er auf diese Weise getötet hatte, mit bloßen Händen...

Früher hättest du in der gleichen Zeit alle drei erledigt, nicht nur einen", kommentierte Starscream hinter ihm verächtlich. „Du läßt nach, Megatron."

Ach ja?" knurrte er über die Schulter. „Dann paß mal auf."

Er wich der Klinge eines Energon-Dolches aus und bekam die Hand zu fassen, die selbigen hielt. Ein kräftiger Ruck und eine Drehung, und der Gegner flog gegen seinen Kumpan, so daß beide zu Boden gingen.

Megatron gab ihnen nicht die Zeit, sich wieder aufzurappeln. Aus der Drehung heraus wechselte er in einer einzigen, fließenden Bewegung in seinen Waffen-Modus.

Ein gleißender Lichtblitz, ein Geräusch wie ferner, grollender Donner und eine Erschütterung, die selbst die Luft um ihn herum vibrieren ließ. Und dann Stille.

Er ging hart zu Boden, wieder in seiner natürlichen Form, und blieb benommen liegen. Die Transformation war vielleicht doch keine so gute Idee gewesen, denn offenbar hatte er damit das letzte aus sich herausgeholt. Der Kampfrausch war verflogen. Er spürte den Schmerz wieder, und seine Glieder fühlten sich an wie flüssige Schlacke.

Er stützte sich mühsam auf die Ellbogen, um sich umzusehen.

Die Arena war leer. Die Zuschauerränge lagen verlassen, seine drei Gegner waren verschwunden, und auch von Starscream war keine Spur zu sehen.

Er sank zurück und blieb liegen, wo er lag, einfach deshalb, weil er nicht mehr die Kraft hatte, sich zu wundern. Primus, er wollte für den Rest seines Lebens schlafen.

Plötzlich ging ein heftiger Ruck durch seinen Körper, gefolgt von einem Strom prickelnder Hitze, und riß ihn aus dem leichten Dämmerzustand, in den er gesunken war. Es war kein Schmerz, aber auch kein besonders angenehmes Gefühl.

Bevor er auch nur die Chance bekam, sich aufzusetzen, hatte eine zweite Welle ihn erfaßt und riß ihn mit sich fort in Dunkelheit.

--*--

"Alle Systeme startbereit", sagte Starscream mit aalglatter Stimme.

Hook ignorierte ihn, während er versuchte, aus den verwirrenden Anzeigen schlau zu werden, die seine Monitore ihm lieferten.

Aus einem ihm nicht ersichtlichen Grund hatte Megatrons Kernprozessor den Befehl der Notfallstasis außer Kraft gesetzt und alle Systeme in den Standby-Modus geschaltet, aber der Neustart, der normalerweise bei Beendigung einer Stasis initialisiert wurde, war nicht erfolgt. Ihm kam eine Vermutung, während sein Blick über die abgebildeten Daten glitt.

"Seine Energielevel sind bei 38 Prozent", überlegte er laut. "Das reicht vermutlich nicht für einen kompletten Neustart."

"Okay", sagte Starscream. "Wenn er einen kleinen Schubs braucht, kann er ihn haben. Gib ihm zehntausend Volt Gleichstrom."

Hook, der die Ladegeräte schon in der Hand hielt, erstarrte in der Hoffnung, sich verhört zu haben.

"Zehntausend Volt, in seinem Zustand? Du bist wohl nicht ganz bei Trost!"

„Tu es", befahl Starscream, „oder ich sorge dafür, daß du nähere Bekanntschaft mit einigen von meinen Instrumenten schließt."

Hook erwog seine Optionen. Er konnte den direkten Befehl eines vorgesetzten Offiziers verweigern, dann würde Starscream seinen Kopf fordern. Er konnte gehorchen und Megatron damit umbringen, dann würde der Rest der Nemesis-Crew seinen Kopf fordern. Dritte Möglichkeit: Er konnte gehorchen und Megatron vielleicht das Leben retten, dann würde Starscream die Lorbeeren einheimsen, aber er, Hook, würde zumindest seinen Kopf behalten.

„Auf deine Verantwortung", knurrte er und brachte die Ladegeräte in Position.

Der erste Stromstoß ließ sämtliche Monitoranzeigen in die Höhe schnellen, aber auch fast genauso rasch wieder sinken. Nur ein Datensatz kehrte nicht in seine Ausgangsposition zurück.

„Energielevel 45 Prozent", las Starscream ab. „Noch mal."

Die Luft knisterte elektrisch, als Hook die zweite Ladung freisetzte. Kleine, blaue Flämmchen liefen am Rand der Liege entlang, ein paar Funken verloschen auf dem nassen Boden.

Das rote Licht in Megatrons Augen glomm so hell auf, als sei darin ein Feuer entfacht worden, als seine Maschinen mit protestierendem Stottern in einen Kaltstart gezwungen wurden. Sein Körper spannte sich, bäumte sich auf, ein Dutzend Warnsignale schrillten durch den Raum - aber nach ein paar Augenblicken kehrten die Anzeigen langsam, eine nach der anderen, wieder in den grünen Bereich zurück. Megatron sackte auf der Liege zusammen und sah benommen von einem zum anderen.

Starscream richtete sich auf.

„Na bitte", sagte er kühl.

--*--

Megatron fand sich auf der Krankenstation wieder, so plötzlich und ohne Übergang, daß es ihn schwindelte. Eine Woge unterschiedlicher Empfindungen brandete durch seinen Körper; Hitze, Kälte, Schmerz und eine wahnwitzige Energie, die jeden Draht in seinem Inneren bis zum Äußersten anspannte. Instinktiv stemmte er sich dem Gefühl entgegen, und plötzlich schien eine Grenze überschritten zu sein, er fiel zurück, und die hektisch flackernden Warnmeldungen auf seinem HUD begannen eine nach der anderen zu erlöschen.

Starscream und Hook standen zu beiden Seiten der Liege, der Seeker mit einem halb selbstzufriedenen, halb spöttischen Grinsen im Gesicht, der Constructicon mit zwei elektrischen Ladegeräten in den Händen. Beide starrten ihn erwartungsvoll an.

Behutsam kam Megatron in eine sitzende Position hoch.

Der Boden zu Füßen seines Ersten und seines Medizinischen Offiziers war ein nasses Durcheinander aus Wasser und Eisklumpen. Eis schmolz auf den Rändern der Liege, und an seiner rostigen Außenpanzerung rann das Wasser in winzigen Bächen hinab.

"Ich hoffe für euch... daß ihr eine gute... Erklärung habt." Er mußte zweimal ansetzen für diese wenigen Worte; seine Stimme war heiser vor Statik, und er spürte die Vibrationen schmerzhaft in der Brust.

Starscream verzog höhnisch den Mund, aber er kam nicht dazu, zu antworten.

Es tat einen Knall, als habe ein Flugzeug die Schallmauer durchbrochen, und Skywarp materialisierte unbekümmert mitten im Raum. „Quarantäne!" zischte Hook wütend, aber der Seeker beachtete ihn gar nicht.

„Starscream, die Stunticons sind hier, und sie haben..."

Weiter kam er nicht. Starscream machte auf dem Absatz kehrt und rauschte erhobenen Hauptes an ihm vorbei wie eine Diva auf dem Weg zur Bühne.

„... Perceptor mitgebracht", schloß Skywarp verdattert.

„Wird ja auch langsam Zeit", bemerkte Starscream bissig, als die Tür vor ihm aufglitt. „Ach, Skywarp..." Er drehte sich noch einmal um und gestikulierte ohne bestimmtes Ziel in den Raum hinein. „Wisch das auf, ja?" Und damit war er verschwunden.

„Ähm", sagte Skywarp verunsichert. „Sollen die Jungs den Autobot dann reinbringen, oder...?"

Megatron hielt sich mit beiden Händen am Rand der Liege fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, als er sich im Kampf gegen eine neue Schmerzwelle vornüber beugte. „Nein, sie sollen ihn als Galionsfigur benutzen, du Idiot!" fauchte er. „Natürlich sollen sie ihn herbringen, ein bißchen plötzlich!"

Skywarp entfernte sich rasch, um den Befehl auszuführen und hoffentlich ein paar Arbeitsdrohnen zu schicken, die die Sauerei auf dem Boden beseitigen würden.

Der Schmerz ließ etwas nach, und Megatron kam nach oben. Er war immer noch nicht sicher, ob er tatsächlich hier war, oder ob er sich nicht im nächsten Moment erneut in seiner Arena wiederfinden würde, oder was überhaupt geschehen war.

Er wandte sich an Hook. „Was war hier los?"

Der Constructicon war dabei, die Ladegeräte wieder zu verstauen. „Ich werde einen vollständigen Bericht einreichen, sobald du außer Gefahr bist", erwiderte er. „Aber ich muß gestehen, das meiste an dieser Geschichte ist mir ebenfalls schleierhaft."

Megatron starrte ihn einen Moment lang an, dann verlor er die Geduld und machte eine scharfe Kopfbewegung in Richtung Tür. „Raus", befahl er knapp.

Hook zögerte einen Augenblick, doch dann salutierte er und verließ ohne Widerspruch den Raum.

Die Tür schloß sich mit leisem Zischen, und Megatron entspannte sich ein wenig, nun, da er allein war. Sei's drum. Er würde schon herausfinden, was passiert war, und wenn er dafür ein paar seiner Leute auseinander nehmen mußte.

Vorzugsweise Starscream.

Aber nicht jetzt. Jetzt, als die Tür erneut aufging und die Stunticons einen unwilligen Perceptor in den Raum führten, hatte er Wichtigeres zu tun.