A/N: Anfang März hat Zauberfee1979 sich beschwert, dass es zu wenige Oliver-Stories auf deutsch gibt und um Abhilfe gebeten. Ich habe mich angesprochen gefühlt, kurz überlegt, eine Idee gehabt und habe losgetippt. Eigentlich sollte es nur ein OS werden, der maximal 15 - 20 Word-Seiten lang ist. Dann hat dieser OS "leider" ein Eigenleben entwickelt und ist ein zu einem 7-Kapitel-Monster mutiert. Hat mich selber überrascht, aber für euch ist es besser. So gibt es mehr zu lesen. ;-)

Und bevor ich es vergesse:

Disclaimer: Mir gehören weder das Versuchslabor, noch die Testobjekte, gebe aber eine Garantie darauf, dass keine Quidditchspieler gequält wurden, keine DA-Mitglieder fiesen Ausschlag entwickelten und keine Pressevertreter den Tod fanden. Für scheinbar getarnte Todesser übernehme ich diese Garantie allerdings nicht. ;-)


Kapitänssache

Hauptcharaktere: Angelina Johnson, Oliver Wood

Zeitraum:OotP

Nebencharaktere: Alicia Spinnet, Katie Bell, Ginny Weasley, Ron Weasley, Andrew Kirke, Jack Sloper, Fred Weasley, George Weasley, Lee Jordan, Harry Potter, Roger Davies, verschiedene Spieler von Puddlemere United, sowie eine Hauselfe namens Tipsy ... oh, und Hagrid hat einen kleinen aber wichtigen Auftritt. Und natürlich gibt es ganz viele Hogwartsschüler als Statisten. ;)


Kapitel 1: Ein Sturz mit Folgen

Ein lauter Schrei war im Quidditchstadion von Hogwarts zu hören. Dann kam ein dumpfer Aufprall, der von einem gequälten Ächzen begleitet wurde. Angelina verdrehte die Augen genervt gen Himmel und schloss sie dann, um nicht noch länger auf das traurige Drama vor ihr sehen zu müssen. Sie zwang sich krampfhaft, einen langen, tiefen Atemzug nach dem anderen zu machen, um nicht ihr überschäumendes Temperament die Oberhand über ihren Verstand bekommen zu lassen. Gleichzeitig versuchte sie so gut wie möglich, die Geräusche in ihrem Umfeld zu ignorieren, doch ganz konnte sie sie nicht ausblenden. Sie hörte, wie mehrere Besen an ihr vorbei zu Boden zischten, spürte die Luftverwirbelungen, die dadurch entstanden und reagierte vollkommen automatisch, um ihren eigenen Besen in der Balance zu halten.

Mehrere Stimmen wurden laut, verschwammen aber gleich darauf zu einem gleichmäßigen Hintergrundsummen, als sie sich mit Gewalt dazu zwang, sich auf ihre Atmung zu konzentrieren. Gleichzeitig lockerte sie die Hände ein wenig, die sich mit Kraft um ihren Besenstiel klammerten. Sie war sich sicher, dass sie schneeweiße Knöchel sehen würde, wenn sie die Augen jetzt öffnete, aber sie zwang sich dennoch, sie geschlossen zu halten und weiterhin gleichmäßig zu atmen.

Es lohnt sich nicht. Ausflippen lohnt sich nicht. Alles was du damit erreichst, ist ein wahnsinnig überhöhter Blutdruck. Außerdem verknotet sich dein Magen wieder unnötig und du bist nachher nur wieder heiser vor lauter Gebrüll. Verhalte dich ganz ruhig. Ignoriere die anderen. Einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen, einat-'

„Der Besen ist im Kessel und Jack hat sich den Arm gebrochen. Und wahrscheinlich auch die ein oder andere Rippe. Wenn nicht, dürfte er sich eine böse Prellung eingefangen haben. Ich schätze, das war's mit dem Training für heute."

Wortlos öffnete Angelina die Augen und sah sich auf einem knappen Meter Katie gegenüber. Die schulterlangen blonden Locken hatten sich teilweise aus ihrem Pferdeschwanz gelöst und wurden ihr von den leichten Sturmböen, die an diesem Tag über Nordschottland hinwegzogen, immer wieder ins Gesicht geweht. Scheinbar gelassen schob sie sie sich wieder hinters Ohr, wo sie allerdings nicht lange Halt fanden, aber Angelina sah in Katies funkelnden blauen Augen, dass auch ihre Jägerkollegin nur mühsam die Beherrschung behielt.

„Soll ich die anderen in die Kabine schicken?" Katie sah Angelina fragend an und schob sich erneut eine verirrte Haarsträhne hinter das linke Ohr. Ihr Blick flackerte dabei kurz zu einem Punkt, der sich hinter – und sehr weit unter – Angelina befand und die Gryffindor-Kapitänin wußte auch ohne hinzusehen, was Katie dort sah.

Sie nickte mühsam beherrscht und konnte dennoch ein genervtes Schnauben nicht unterdrücken. „Mach das. Kriegt ihr Jack alleine in den Krankenflügel?"

„Ja, ich denke schon." Katie sah Angelina, die in diesem Moment von einer weiteren Sturmböe erfaßt und ein wenig seitwärts weggeschoben wurde. Sie gab ihrem eigenen Besen eine leichte Korrektur und schwebte wieder direkt vor Angelina. „Ginny und Alicia sind schon auf dem Weg die Krankentrage aus der Kabine zu holen und Andrew und Ron werden es wohl schaffen, Jack bis zum Krankenflügel zu tragen. Und wenn nicht, sind wir anderen ja auch noch da, um einzuspringen. Soll eine von uns hierbleiben und dir beim aufräumen helfen?"

„Laß mir Ginny hier."

Katie nickte und warf ihrer Freundin und Teamkapitänin noch einen kurzen Blick zu, bevor sie davonflog. Angelina atmete noch ein paar Mal tief durch, achtete diesmal jedoch auf die Unterhaltung unter ihr. Als sie sicher war, dass bis auf Ginny alle das Stadion verlassen hatten, gab sie ihrem Besen den Befehl, sich langsam wieder in Gang zu setzen und drehte in einem großzügigen Boden langsam um, bis sie schließlich neben Ginny schwebte. Diese hatte einen Stoffbeutel an ihrem Besen gebunden und ließ nach und nach die bunten Golfbälle, die sie heute als Trainingsbälle benutzt hatte, mit dem Zauberstab wieder in den Beutel schweben. Ginny sah auf, als Angelina neben ihr auftauchte, zuckte kurz mit den Schultern und ließ einen neonpinken Golfball in den Beutel schweben.

„Ich habe beim besten Willen keine Ahnung, wie Oliver es so lange geschafft hat, uns nicht zu erwürgen.", meinte Angelina schließlich und bückte sich nach dem Quaffle, der völlig vergessen auf dem Rasen lag und von den gelegentlichen Sturmböen leicht hin und her gerollt wurde. „Ich meine, wie hat er es in so einem Moment geschafft, zwar brüllend vor demjenigen zu stehen, ihn aber nicht anzurühren? Wenn ich gerade zu Jack rüber geflogen wäre, hätte ich ihn unter Garantie erwürgt. Merlin nochmal, wie kann man so blöd sein und vom Besen fallen, wenn von nirgendwo Gefahr droht? Es gab keine Klatscher, keine Gegner, nichtmal ich mit meinem Killerblick war in der Nähe, und trotzdem fällt dieser Idiot vom Besen? Wie soll das denn werden, wenn wir ein richtiges Spiel haben?"

Ginny zuckte mit den Schultern, ließ einen hellblauen und einen weiteren neonpinken Golfball in den Beutel schweben und sah Angelina dann mit einem verschmitzten Grinsen an.

„Sieh es positiv, Angelina. Es hätte schlimmer kommen können."

„Ach ja?"

„Ja" Ginny nickte heftig und grinste noch breiter. „Stell dir mal vor, Andrew wäre aus lauter Solidarität mit runtergefallen. Dann hättest du jetzt zwei verletzte Treiber."

Angelina schnaubte und ließ den Quaffel gekonnt in die Ballkiste unter ihr fallen. „Ich weiß wirklich nicht, was daran besser sein sollte, Weasley." Dann sah sie Ginny finster an, doch Ginny blickte ungerührt zurück und sammelte leise vor sich hin pfeifend die Golfbälle weiter ein. „Du kannst wirklich von Glück sagen, dass du so ein Talent bist. Ansonsten hätte ich jetzt dir den Hals umgedreht."

„Ach ja? Weswegen denn? Weil ich die Wahrheit gesagt habe?"

„Nein, weil du ..." Angelina brach irritiert ab und sah Ginny an. Dann winkte sie ab. „Ach vergiß es. Du kannst ja nichts dafür, dass die zwei solche Trottel sind."

Während Angelina weiterflog und jetzt ihrerseits die paar noch verbliebenen Golfbälle mit Aufrufezaubern zu sich rauf rief, war Ginny in der Luft angehalten und sah ihr nachdenklich nach.

„Welche zwei meinst du?", rief sie Angelina hinterher.

Angelina drehte sich verdutzt um und zog fragend eine Augenbraue hoch. Doch dann lief ein verstecktes Grinsen über ihr Gesicht und sie wandte sich wieder den Golfbällen zu.

„Ja, die zwei meine ich auch.", antwortete sie schließlich, als Ginny wieder zu ihr aufgeschlossen hatte. „Irgendwas muß an der Treiberposition dran sein, dass nur Trottel sie bekommen."

Ginny nickte wissend. „Dann laß uns bloß hoffen, dass das nicht auch für den Sucherposten gilt."

Angelina nickte schweigend.

„Weißt du", meinte Ginny schließlich, als sie die Ballkiste, den Golfballbeutel und ihre Besen in die Gryffindorkabine trugen. „wenn es dich so interessiert, wie Oliver es geschafft hat, sich so zu beherrschen, warum fragst du ihn dann nicht einfach danach?"

„Warum ich ..." Angelina sah Ginny überrascht an, schüttelte dann jedoch den Kopf. „Nein, das kann ich nicht. Ich habe immerhin seit fast zwei Jahren nichts mehr von ihm gehört. Er ist inzwischen Profispieler und hat bestimmt andere Sorgen, als sich die lächerlichen Probleme einer Schulmannschaft anzutun."

„Meinst du?" Mit einem undeutbaren Lächeln lehnte Ginny ihren Besen an die Wand und hob dann mit beiden Händen die Kiste auf das Regal neben der Tür.

„Ja, ich kenne ihn." Angelina stellte ihren eigenen Besen neben Ginnys und öffnete ihren Schrank. „Er kann es nicht leiden, wenn man ihn mit unwichtigen Dingen nervt. Und im Vergleich zu Puddlemere United ist das Gryffindorteam unwichtig."

„Da wäre ich mir nicht so sicher. Ich habe ihn jahrelang erlebt. Vielleicht nicht ganz so intensiv wie ihr anderen, aber ich habe ihn immerhin soweit miterlebt, dass ich sagen kann, dass ihm sehr viel an diesem Team liegt. Er hat sich jahrelang für das Team eingesetzt, hat unermüdlich immer wieder gekämpft, hat genauso Rückschläge einstecken müssen wie du jetzt und hat nie aufgegeben. Es war ein langer und oft harter Weg, auf dem ihr es ihm nicht unbedingt leicht gemacht habt – ob nun willentlich, wie Fred und George oder unwillentlich wie Harry -, aber am Ende hat es sich gelohnt. Er hat das bekommen, was er wollte. Den Pokal und ein Siegerteam. Glaubst du wirklich, dass es ihm so egal ist, wie sich dieses Siegerteam in der ersten Saison ohne ihn schlägt?" Ginny sah Angelina durchdringend an und wandte sich dann zu ihrem eigenen Schrank um, um ihr Duschzeug rauszuholen. Als sie an Angelina vorbei ging, stand diese stumm da und starrte nachdenklich in ihrem Schrank. „Denk mal darüber nach.", meinte Ginny leise. „Ich bin mir sicher, dass er dir eine Antwort auf deine Frage gibt und ich bin mir auch sicher, dass er dir Tipps gibt, wie du aus dem neuen Gryffindorteam ein ebenso gutes Siegerteam machen kannst, wie er es bei dem alten Gryffindorteam geschafft hat."

Damit ging sie an Angelina vorbei in den Duschraum und ließ eine sehr nachdenkliche Gryffindorkapitänin zurück.


Mit einem erleichterten Seufzer schlug Oliver die Tür zur Puddelmerekabine hinter sich zu. Die Fans, die mit lautem Gekreische und Versuchen, ihn oder einen Teil seiner Kleidung zu fassen zu kriegen, seine Aufmerksamkeit erringen wollten, hatte er schon an der Tür zum geschlossenen Bereich zurücklassen können, doch damit war er dem Wahnsinn noch nicht entkommen. Tatsächlich fing der Wahnsinn da erst wirklich an, denn im geschlossenen Bereich wartete schon ein ganzer Pulk Journalisten auf ihn, die ihn mit Fragen und blitzenden Fotoapparaten wie eine Horde Hornschwanzweibchen attakierten. Nur mit Mühe hatte er es geschafft, seine Beherrschung zu bewahren und nichts unüberlegtes zu sagen.

Wie sehr wünschte er sich seine Hogwartstage zurück, denn da war es egal gewesen, wenn er mal redete, bevor er dachte. Nun ja, relativ egal, denn auch in Hogwarts war es nicht wirklich egal, was man sagte, aber immerhin stand es dann nicht am nächsten Tag in allen Zeitungen des Landes. Dieser Teil des Profizirkus gefiel ihm ganz und gar nicht. Er wollte Quidditch spielen und nicht die Marionette der Presse sein, aber scheinbar bekam man das eine nicht ohne das andere. Das wurde ihm in letzter Zeit immer deutlicher klar, seit sich die Presse auf ihn eingeschossen hatte.

„Sieh an, sieh an. Unser Nesthäckchen hat es auch geschafft." Langsam wandte Oliver den Kopf zur Seite und sah sich Connor Livingstone gegenüber. Der bullige Treiber und derzeitige Kapitän von Puddlemere United sah ihn mit einem höhnischen Grinsen an. Ein Grinsen, dass Oliver nicht unbedingt überraschte, denn Connor hatte von Anfang an eine Abneigung gegen ihn gehabt. Weshalb das so war, wußte er nicht genau, auch wenn er so eine leichte Ahnung hatte.

Wortlos warf Oliver ihm einen undeutbaren Blick zu und ging auf seinen Schrank im hinteren Bereich der Kabine zu, doch bevor er dort ankam, verstellte Connor ihm den Weg.

„Ich höre?"

Noch immer wortlos ballte Oliver die Hände zu Fäusten, atmete tief durch und sah Connor direkt in die Augen.

„Du hörst was?", fragte er so beherrscht wie möglich zurück.

Connors Augen flackerten kurz zu Olivers Händen runter und dann wieder rauf, bis er seinem Reservehüter wieder in die Augen sehen konnte. Er verfinsterte seinen Blick noch um einige Nuancen und Oliver mußte sich zusammen reißen, um sich bei der Gänsehaut, die ihm in diesem Moment über den Rücken lief, nicht zu schütteln. Connor Livingstone hatte einen eiskalten Blick, das wußte jeder in der Quidditchbranche. Oftmals war dieser Blick auch genau der Grund, aus dem Puddlemere siegte, denn die gegnerischen Spieler waren ihn einfach nicht so extrem gewöhnt, wie seine Teamkameraden, die wußten, dass dies alles nur Show war, um den Gegner zu verunsichern.

Allerdings war Oliver sich nicht ganz so sicher, ob das wirklich stimmte. Er konnte sich diesen Blick ganz gut unter einer Todessermaske vorstellen, und wenn Harry wirklich Recht haben sollte und Voldemort war wirklich zurück, war die Vorstellung gar nicht so unrealistisch, dass ihm Connor mal in Todesseruniform gegenüber stehen würde. Wieder lief ein Schauer Olivers Rücken hinunter. Wann hatte er eigentlich Connor mal mit entblößten Armen gesehen? Er war jetzt anderthalb Jahre hier und konnte sich nicht an ein einziges Mal erinnern.

„Eine Entschuldigung, warum du zu spät gekommen bist.", gab Connor schließlich leise zurück.

Oliver gab sich einen mentalen Ruck und gab sich Mühe, seine Stimme selbstsicher klingen zu lassen. „Soweit ich weiß, gelten die angegebenen Trainingszeiten ab Anwesenheit auf dem Spielfeld. Bis dahin habe ich noch Zeit und wenn du mich jetzt nicht noch länger aufhältst, schaffe ich es auch pünktlich."

Connors Augenbrauen schossen in die Höhe. Dann trat er zur Seite und machte eine übertriebene Verbeugung vor Oliver.

„Nun, ich will natürlich nicht Schuld sein, wenn unsere Diva zu spät kommt und Strafrunden drehen darf. Wie stehen wir dann da, wenn unser Starspieler nicht ausreichend trainiert? Wir könnten glatt das nächste Spiel verlieren.", spottete er und erntete für Olivers Geschmack zu viele Lacher für seinen lahmen Witz. Dann trat ein übertrieben nachdenklicher Ausdruck auf Connors Gesicht, bevor er scheinbar eine Erleuchtung hatte. „Ach nein, halt! Ich habe doch glatt vergessen, dass du ja nur unser Star im Bankdrücken bist. Wieviele Spielminuten hast du noch gleich, Wood?"

Oliver ließ seinen Zauberstab kurz über seinen Schrank streichen, murmelte sein Paßwort und zog die Tür schließlich auf. Er versuchte so gut wie möglich, Connors Sticheleien zu ignorieren, aber er konnte nicht verhindern, dass ihm seine Worte einen kleinen Stich versetzen. Connor hatte nämlich gar nicht so unrecht mit dem was er sagte. Er war der unumstrittene Starspieler im Bankdrücken, denn bis auf ihn, hatten alle Spieler, einschließlich der Reservespieler, Spielerfahrung in der Profiliga.

„Keine Antwort ist auch eine Antwort.", meinte Connor schließlich und verließ zusammen mit einem Großteil des Stamm- und Reserveteams unter Lachern die Kabine in Richtung Spielfeld.

Oliver stöhnte frustriert auf und ließ sich auf die Bank vor seinem Schrank fallen, um sich Schuhe und Hose auszuziehen. Er schleuderte gerade schlecht seinen Pullover und sein T-shirt in den Schrank, als sich eine kleine Hand auf seine Schulter legte. Als er aufsah, sah er in die dunkelblauen Augen von Linda Short, der Reservesucherin von Puddlemere United.

„Nimm dir das nicht so zu Herzen. Du weißt doch, wie er ist.", meinte sie und lächelte ihn an. „Und sieh es mal positiv. Du kriegst sehr viel mehr Aufmerksamkeit von der Presse. Das gleicht es doch ziemlich gut wieder aus."

„Sei dir da mal nicht so sicher.", gab Oliver ironisch lächelnd zurück und griff nach seinen Beinschonern hinter ihm. „So schön ein wenig Aufmerksamkeit auch ist, es ist spätestens dann nervig, wenn man keinen Schritt mehr alleine machen kann und man am nächsten Tag aus der Zeitung erfährt, wie oft man am Tag vorher auf der Toilette war. Ich verstehe sowieso nicht, warum sich die Presse so auf mich eingeschossen haben. Was ist an einem Reservespieler ohne Spielerfahrung so interessant? Nichts für ungut, aber sogar du, hast mehr Spielerfahrung als ich, dabei bist du erst in dieser Saison hier angefangen. Ich bin schon ein ganzes Jahr länger hier und mache nichts anderes, als bei Spielen auf der Bank zu sitzen und zuzuschauen. Warum schießen die sich nicht auf dich ein. Warum ich?"

„Willst du mich verarschen?", gab Linda spöttisch zurück. „Wer ist denn wohl der interessantere Reservespieler von uns beiden? Die unsichere kleine Reservesucherin, die in ihrem ersten Spiel kaum wußte wo bei ihrem Besen vorne und hinten ist und nach lächerlichen 17 Minuten das Spiel verloren hat oder der schweigsame, gutaussehende Reservehüter mit dem heißesten Akzent der Liga und einem Lächeln, dass Frauenherzen höher schlagen läßt?"

„Was?" Vollkommen irritiert sah Oliver Linda an, die mit einem breiten Grinsen vor ihm stand und auf eine Antwort wartete. Schließlich schüttelte Oliver den Kopf, um seine wild durcheinander purzelnden Gedanken wieder zu ordnen und stand auf, um sich die Brust- und Rückenpolsterung anzulegen. „Du spinnst doch. Dass du bei deinem ersten Profispiel so schlecht gespielt hast, lag nicht an dir, sondern daran, dass du es erst knapp eine Stunde vor Spielbeginn erfahren hast. Wer hätte denn ahnen können, dass Cliff auf dem Weg hierher auf dem Schnee ausrutscht und sich die Hüfte bricht? Du warst vollkommen überrumpelt und bist ins kalte, oder besser gesagt eiskalte, Wasser geschmissen worden. Du hast das beste aus der Sache gemacht. Und was mich betrifft, will ich gar keine Frauenherzen höher schlagen lassen. Ich will -"

„Männerherzen höher schlagen lassen?"

WAS? Autsch!" Oliver fuhr so schnell herum, dass er mit dem linken Ellenbogen schmerzhaft gegen die Schranktür stieß. Aufstöhnend griff er nach seinem Ellenbogen und stieß eine Reihe derber Flüche aus, wobei er vollkommen automatisch ins Gälische verfiel, was er seit frühster Kindheit als zweite Muttersprache neben Englisch sprach.

„Mhmm, genau das ist es, wovon Linda da gerade sprach.", ertönte eine Stimme hinter ihm. „Wenn du so vor dich hin plauderst, liegen dir die Frauen reihenweise zu Füßen."

Leicht genervt und immer noch den Ellenbogen mit der anderen Hand haltend drehte Oliver sich erneut um und sah in Annika Svenssons Gesicht. Die hellblonde Schwedin mit den blassblauen Augen sah ihn mit übertriebenem Wimperngeklimper an und Oliver faßte den Entschluß, dass eine Antwort unnötig war. Er schnaubte lediglich und sah dann Linda wieder an.

„Wie kommst du auf den Blödsinn, dass ich Männerherzen höher schlagen lassen will?", fragte er sie vollkommen perplex, ließ den Ellenbogen wieder los und beugte und streckte den Arm ein paar Mal, bevor er nach den Armschonern griff. „Hast du ein paar Mal zu oft Bekanntschaft mit Kollege Klatscher gemacht oder was?"

Linda zuckte lediglich mit den Schultern und sah ihn vollkommen unschuldig an. „Nein, aber das ist ja auch nicht auf meinem Mist gewachsen. Und selbst wenn es so wäre, hätte ich ganz bestimmt kein Problem damit."

„Kein Problem damit?", wiederholte Oliver irritiert und ließ die Hand wieder sinken. „Sag mal, wie kommt ihr auf so einen Blödsinn? Auf wessen Mist ist das denn dann gewachsen?"

Stille machte sich in der Umkleidekabine breit und als Oliver sich fragend umsah, sah er, wie Connors Treiberkollege Shane Hamilton schweigend von Oliver zu einem Schrank links von ihm sah und mit den Schultern zuckte. Oliver folgte seinem Blick und stöhnte genervt auf, als er sah, auf wessen Schrank sein Kollege sah.

„Na toll.", schnaubte er und zog verärgert die Riemen seines linken Armschoners fest. „Jetzt bin ich nicht nur ein Nesthäckchen und Bankdrücker, sondern neuerdings auch noch schwul. Wäre schön, wenn man mich darüber mal informieren würde, bevor es die halbe Welt weiß. Wie kommt unser allseits beliebter Kapitän denn da nun schon wieder drauf?"

Shane warf ihm einen entschuldigenden Blick zu und zuckte mit den Schultern.

„Frag mich was besseres, Junge.", meinte er und ging zur Tür rüber. „Soweit ich das verstanden habe, will Connor rausgefunden haben, dass du es in Hogwarts nicht so mit den Mädchen hattest. Und wenn das wirklich so ist, dann ist die Schwulen-Schiene eine logische Schlußfolgerung auf die irgendwann auch die Presse kommen wird. Es muß nicht so sein, schließlich kann es auch eine vollkommen logische Erklärung dafür geben, dass du es nicht so mit den Mädchen hattest – falls das überhaupt stimmt -, aber du weißt ja selber, wie die Presse ist. Die machen da gleich einen gewaltigen Skandal von. Und Connor gießt da bereitwillig noch Öl ins Feuer. In einem hat Linda nämlich Recht. Du kriegst wesentlich mehr Aufmerksamkeit von der Presse, und das stinkt ihm gewaltig."

Mit diesen Worten verließ Shane die Kabine und ließ einen ratlosen Oliver zurück, der sich den fragenden Blicken der verbliebenen Puddlemerespieler gegenübersah.

„Was ist?", brauste er schließlich auf. „Ich bin nicht schwul, kapiert? Ich habe mich damals nur ziemlich intensiv mit Quidditch und Schule beschäftigt. Da blieb nicht mehr besonders viel Zeit für Mädchen, Merlin nochmal."

„Wie gesagt, ich hätte kein Problem damit.", meinte Linda gelassen und auch die anderen nickten bestätigend. Doch als Oliver zu ihr rüber sah, sah er ein schelmisches Lächeln auf ihrem Gesicht, als sie ihn langsam von oben bis unten musterte. „Obwohl es wirklich eine Schocknachricht für die Frauenwelt wäre, wenn es so wäre."


A/N: OK, für die, die mich kennen, ist es vielleicht ein wenig überraschend, dass ich hier Angelina und Oliver zusammen schmeiße, immerhin bin ich bekennender Oliver/Katie-Fan. Aber ich dachte, dass ich auch mal ein wenig rebellieren und neu zusammen setzen darf. Ich hoffe, ihr lest trotzdem weiter. Nicht, dass ich mich selber loben will, aber es lohnt sich. Laßt euch das gesagt sein. ;-)