Disclaimer: Mir gehört rein gar nichts. Die Figuren entstanden aus der Feder der einzigartigen J.K. Rowling, ich hab sie mir lediglich ausgeborgt.

Marisol ist Schuld! Meine erste FF im HP-Fandom überhaupt, weil sie mich mit diesem unmögichen pairing bekannt gemacht hab. Jetzt hab ich den Salat...äh Virus und werd ihn nicht mehr los.

Ach ja, entgegen dem, was vielleicht einige denken werden, wenn sie das erste Kapitel gelesen haben, wird das hier keine PWP. Das Rating bezieht sich auf spätere Szenen.

Teil 1 – ein ausgeklügelter Plan

Seit mehr als zwei Stunden stand Hermine Granger nun schon vor dem Kamin im Aufenthaltsraum der Gryffindors und starrte in das langsam verglühende Feuer. In ihrer Hand hielt sie fest ein bauchiges Glas mit einer dunklen Flüssigkeit, die träge von der leicht schwenkenden Bewegung ihrer Finger in dem Behälter kreiste. Hin und wieder nahm sie einen Schluck davon und kaum war es leer, füllte es sich selbsttätig wieder bis zur Hälfte auf.

Der Alkohol hatte schon längst seine Wirkung getan und verschleierte ihren Blick, doch noch immer konnte sie sich nicht überwinden, ihren gefassten Plan auszuführen. Alle anderen schliefen längst und auch die Lichter waren bereits bis auf eine einzelne, flackernde Kerze gelöscht, welche kaum genügend Helligkeit abgab den finsteren Raum auszuleuchten.

Sollte sie es wagen? Das Schuljahr war praktisch vorbei – ihr letztes wohlgemerkt – und viele Gelegenheiten würde es nicht mehr geben.

Mit einer lässigen Bewegung ließ sie ihr Glas hinüber auf den Tisch schweben und knotete den Gürtel ihres Bademantels ein wenig enger. Jetzt oder nie, Hermine, dachte sie bei sich und machte einen mutigen Schritt in Richtung Ausgang, doch schienen ihre Beine plötzlich aus einer gelartigen Masse zu bestehen.

„Verdammt", zischte sie. Sie hatte eindeutig zuviel von dem ungewohnten Alkohol zu sich genommen. Sie trank nie, es störte die Konzentration. Und nicht umsonst war sie die Jahrgangsbeste dieses letzten Schuljahres geworden. Und was hieß überhaupt dieses Jahrgangs? Seit Jahrzehnten hatte es niemand mehr geschafft alle UTZ Prüfungen mit 'Ohnegleichen' zu bestehen.

Ein kalter Schauer überzog ihren Rücken, als sie vorsichtig durch das Gemälde hinaus in den Flur trat. So leise sie konnte, um die fette Dame nicht zu wecken, schlich sie ein Stück die Wand entlang und wartete ungeduldig, bis die Treppe endlich kam, die sie nach unten bringen sollte. Eigentlich hätte sie auch den Kamin benutzen können, denn sie wusste, dass der Kamin ihres Ziels ebenfalls an das Flohnetzwerk angeschlossen war, aber die Geräusche hätten vielleicht jemanden wecken können und niemand, wirklich niemand, durfte von ihrem kleinen Ausflug erfahren. Am allerwenigsten Ron.

An ihn musste sie unentwegt denken. Immerhin war er der Grund, warum sie das hier überhaupt tat. Ohne auch nur ein Geräusch zu verursachen, schlicht sie durch die langen Flure Hogwarts´, was gar nicht so einfach war, denn sie schwankte leicht beim Gehen. Außerdem hatte sich ein hartnäckiger Schluckauf eingestellt, den es ständig zu unterdrücken galt.

Sie tat das alles nur für Ron. Er verließ sich auf sie. Bald war das Schuljahr vorbei und sie würden ihr Versprechen einlösen. Schwer atmend, weil ihr schwindelig geworden war, blieb sie stehen und rieb sich die Stirn.

Was wollte sie nochmal genau tun? Beinahe war sie versucht loszukichern, als sie sich ihren Plan wieder ins Bewusstsein rief, doch im letzten Moment schlug sie sich die Hand vor den Mund. Gerade noch rechtzeitig um den lauten Ton ihres krampfenden Zwerchfells zu unterdrücken.

Direkt auf dem Gemälde neben ihr schnarchte ein schlafender Mann mit Nachtmütze und langem Bart auf seinem Sessel laut auf, so dass Hermine bis ins Mark erschrak und sich beinahe auf die Lippe bis.

Beim Barte Merlins, sie musste endlich weiterkommen, sonst würde es bald Morgen sein, bevor sie in den Kerkern war.

Vorsichtig tastete sie sich an der Wand entlang um zu verhindern, dass sie über ihre Füße stolperte, welche ein seltsames Eigenleben bekamen, ähnlich dem Gefühl was man auf den Treppen hatte, wenn diese sich bewegten.

Trotz ihres Schwipps hatte sie noch genügend rational funktionierenden Verstand und wusste, dass der übermäßig konsumierte Wein Schuld an diesem Zustand war.

„Mist", entfuhr es ihr, als sie mit dem großen Zeh an eine Statue stieß und sie duckte sich sofort instinktiv.

Hatte sie jemanden geweckt?

Nein, alles um sie herum war in ein dämmriges Nachtlicht getaucht. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, sich von Harry den Tarnumhang zu leihen, aber das hätte unweigerlich bedeutet, dass sie ihm von ihrem Plan hätte erzählen müssen. Sie hatte Angst, Filch oder Peeves zu begegnen, die sie vermutlich lauthals verraten hätten.

Niemand durfte davon erfahren. Es war verrückt genug, dass sie überhaupt auf so eine Idee gekommen war, aber was blieb ihr anderes übrig? Ron verließ sich auf sie. Hermine Granger. Mädchen, das alles weiß und alles beherrscht. Und sie liebte ihn zu sehr, um ihn zu enttäuschen.

So vorsichtig es ihre wackeligen Knie erlaubten, huschte sie weiter und stand endlich am Treppenabsatz zu den Kerkern. Atemlos starrte sie in die düstere Tiefe. Dort unten waren die gruseligen Folterkammern, der Zaubertränkeklassenraum und Snapes Büro, ihr eigentliches Ziel.

Noch war Zeit umzukehren, warnte sie ihre innere Stimme, aber dann sah sie Rons Gesicht vor sich und stöhnte leise auf. Nein, sie musste es nun durchziehen, koste es was es wolle. Und was es sie wirklich kostete, würde ihr Freund nie erfahren.

Das war der wichtigste Aspekt bei ihrem gut durchdachten Plan. Sie hatte sich mehrere zurecht gelegt, war aber immer wieder auf diesen einen zurück gekommen.

Endlich war sie an ihrem Ziel angekommen und stand nun direkt vor der Snapes Tür. Hier unten befanden sich keine Gemälde mehr, nur die rohen Wände des Schlosses. Einzige Lichtquelle war eine Fackel am Ende des Gangs, der direkt zum Klassenzimmer führte. Hier, etwas weiter vorne, war das Büro des Lehrers für Zaubertränke.

Dass er wieder in diesen Lehrberuf zurückgekehrt war, hatte damals nicht nur Hermine überrascht. Nach den großen Prozessen, wo man ihn natürlich von allen Vorwürfen freigesprochen hatte, hatte man ihm sogar wieder die Stelle des Schulleiters angeboten, aber Severus Snape hatte diese ausgeschlagen.

Sicher hätte er auch die früher von ihm so begehrte Stelle des Lehrers 'Verteidigung gegen die dunklen Künste' bekommen, wenn er nur ein Wort gesagt hätte. Aber das hatte er nicht.

Minerva McGonagall war nun Schulleiterin und somit in die Fußstapfen des unvergessenen Dumbledores getreten und der Alltag war wieder auf Hogwarts eingekehrt.

Noch einmal holte sich Hermine die Erinnerungen an dieses schreckliche Jahr zurück. Ja, sie hatten Voldemort besiegt, aber zu welchem Preis? Viele gute Zauberer und Hexen waren auf der Stecke geblieben und auch Severus Snape hätte dazugehört, doch er konnte gerettet werden.

Es war der Phoenix gewesen, der ihn nach Naginis Biss geheilt hatte, wie einst schon Harry.

Nicht wenige, auch sie, hatten lange gebraucht, bis sie das große Ganze hinter Dumbeldores Plan verstanden hatten und damit die Rolle von Severus Snape darin. Aber trotz allem hatte man ihn danach nie als den Helden gefeiert, der er eigentlich gewesen war. Zu schrecklich waren seine alten Verwicklungen mit Voldemort, als dass man ihm alles hätte verzeihen können. Nicht zuletzt war er es selbst gewesen, der keinen Hehl daraus machte, dass er keinen Wert auf einen Heldenstatus legte.

Ron, Harry und sie hatten sich nach langem Überlegen dann doch entschlossen, ihr letztes Schuljahr in Hogwarts nachzuholen. Und auch wenn sie alle versuchten, so normal wie möglich weiter zu leben, hatte ihre Berühmtheit schon nach wenigen Wochen dazu geführt, dass sie sich von den anderen abgrenzten.

Lediglich die Schulstunden bei Professor Snape waren für sie so etwas wie eine Erinnerung an bessere Tage. Hatten sie anfangs geglaubt, dass er sich in seinem Verhalten ihnen und besonders Harry gegenüber ändern würde, so wurden sie schnell eines Besseren belehrt. Nie sprach er auch nur ein einziges Wort über das, was geschehen war. Sein Unterricht war weiterhin streng und für die meisten Schüler die Hölle. Der einzige Unterschied war, dass er die Drei nicht mehr ganz so oft schikanierte, was sie aber eher darauf schoben, dass sie sich wirklich bemühten, gute Abschlüsse zu bekommen.

Eine Gänsehaut überzog ihre Arme und Hermine spürte noch einmal, wie sich ihr Zwerchfell schmerzend zusammenzog. Sie legte sich gut ihre Worte zurecht und atmete schwer durch, bevor sie mit zitternden Händen so leise klopfte, dass selbst sie es kaum hörte.

Himmel, was tat sie da überhaupt? Schlagartig wurde ihr wieder bewusst, welche Ungeheuerlichkeit sie im Begriff war zu tun und sie sah sich hektisch um. Eine eisige Faust packte nach ihrem Herzen und drückte es schmerzend, so dass sie leise aufstöhnte.

Da keine Reaktion von Innen zu kommen schien, schloss sie erleichtert ihre Augen und machte schwankend auf den blanken Fußsohlen kehrt. Die schnelle Bewegung brachte sie ins Straucheln und sie musste sich für einen winzigen Moment an der Wand festhalten, als hinter ihr auch schon die Tür aufgerissen wurde.

„Miss Granger!", zischte es in ihren Ohren und unwillkürlich duckte sie sich, als wäre sie geschlagen worden. Ganz offensichtlich hatte er sie sofort erkannt.

„Darf ich fragen, was Sie um diese Zeit hier zu suchen haben?"

Da war kein Erstaunen in seiner dunklen Stimme, lediglich eine Spur von Hohn, da er sie bei etwas Verbotenem erwischt hatte.

Gut, jetzt war es soweit. Es gab kein Zurück mehr für sie. Zweifelnd schloss sie ihre Augen, zählte in Gedanken bis drei und drehte sich, so würdevoll es mit ihren schlotternden Knien möglich war, wieder zu ihm um.

Er sah aus wie immer, aber was hatte sie auch erwartet? Ganz in schwarz, lediglich ohne den sonst obligatorischen Umhang stand er im Rahmen zu seinem Büro und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Schlief dieser Zauberer eigentlich nie? Zumindest sah es nicht so aus, als hätte sie ihn geweckt.

„Ich wollte Sie sprechen", flüsterte sie und trat, mehr aus Instinkt als gewollt, einen Schritt zurück.

Seine schwarzen Augen schienen sie regelrecht zu durchbohren, während Snape sie musterte, als würde er auf eine weitere Erklärung warten. Seine Miene war starr, wie aus Stein gemeißelt. Lediglich am Flackern seiner Augen erkannte sie so etwas wie eine Spur von Überraschung und sie raffte ihren Bademantel etwas enger um den Hals als nötig.

„Und was ist so wichtig, dass Sie es wagen mich mitten in der Nacht zu stören?"

Sein Blick wanderte an ihr herab bis zu den blanken Füßen und wieder hinauf und ihr war, als könnte er durch sie hindurch sehen. Das flackernde Licht der Fackel zauberte Schatten auf sein blasses Gesicht und ließ es noch schmaler wirken, als es ohnehin schon war.

Was hatte er sie gefragt? Für einen Augenblick hatte sie tatsächlich den Grund ihrer nächtlichen Wanderschaft vergessen, doch bevor sie etwas sagen konnte, wurde Snape ungeduldig. Er sah demonstrativ an ihr vorbei in den Flur und zog spöttisch eine Braue in die Höhe. „Noch dazu allein? Ohne Gesellschaft ihres rothaarigen Schattens? Oder unseres großen Helden? Normalerweise treten Sie doch immer im Rudel auf?"

Sie schauderte über den Sarkasmus und kam nicht umhin, ihm Recht zu geben. Sie waren einfach unzertrennlich, fast wie Drillinge.

„Ich...ich...ich..." Wo waren die gut durchdachten Worte? Irgendwo in den Tiefen ihres Unterbewusstseins verschollen, stotterte sie zähneklappernd vor sich hin und sagte nur, dass sie ihn sprechen wollte.

„Sie wiederholen sich, Miss Granger", warnte er leise und Hermine spürte, dass sich seine Geduld dem Ende neigte. Gleich würde er bestimmt mit Punktabzug oder weitaus Schlimmeren drohen, wenn sie erst einmal gesagt hatte, was sie wollte.

„Es ist sehr privat." Es war heraus. Energisch reckte sie ihr Kinn nach vorne und erwiderte seinen starren Blick. Jedoch verlor ihre würdevolle Geste dadurch, dass sie von einem heftigen Schluckaufanfall heimgesucht wurde.

„Kommen Sie schon herein. So verlockend der Gedanke auch sein mag, ich will nicht Schuld daran sein, wenn Sie sich hier in der Kälte den Tod holen." Mit den harschen Worten auf den Lippen, griff er sie fest am Arm und zog sie energisch in sein Büro.

Hermine hatte nicht einmal mitbekommen, wie kalt es wirklich war. Erst als ihr die heiße, vom Kaminfeuer aufgewärmte Luft seines Zimmers entgegen schlug, wurde es ihr bewusst.

„Setzen Sie sich." Sein knapper Befehl ließ sie augenblicklich auf den Stuhl vor seinen Schreibtisch sinken, während er damit begann, aus dem Regal an der Wand einige Pulver und Flüssigkeiten herauszunehmen.

„Ich verstehe zwar nicht, warum Sie sich nicht an Madame Pomfrey wenden, aber ich wurde noch nie schlau aus Ihnen", knurrte er und schüttete alle Inkredenzien in einen kleinen Behälter, der auf seinem Schreibtisch stand.

„B...'hick' ...Bitte?" Hermine hatte keinen blassen Schimmer was er meinte, sie kramte immer noch in ihrem Gedächtnis nach der Ansprache, die sie hatte halten wollen.

„Der Schluckauf. Deshalb sind Sie doch hier, oder?"

Die junge Frau kicherte hysterisch auf, was gar nicht ihre Art war, und legte ihre Hände an ihre Schläfen, als könnte sie damit ihre wirren Gedanken halbwegs ordnen.

Misstrauisch hatte der Professor aufgehört, seine Mixtur herzustellen und war an die beste Schülerin Hogwarts herangetreten. Genau genommen war sie es nicht einmal mehr, da die Prüfungen beendet waren. Die letzten Schultage für die Siebtklässler bestanden lediglich aus Zeremonien, Verabschiedungen und kleineren Wettbewerben. Und nicht zu vergessen, der große Abschlussball am vorletzten Tag.

Schnuppernd zog er die Luft durch die Nase und zum ersten Mal sah Hermine so etwas wie echte Überraschung auf seinem Gesicht.

„Sie sind betrunken." Seine Feststellung traf es auf den Punkt. Und sie war dabei, ihrem Lehrer die wohl unmöglichste aller Fragen zu stellen. Zumindest war ihr das wieder eingefallen.

„Ja. Nein. Deshalb bin ich nicht hier. Ich wollte...ich muss..." Der Faden, den sie eben noch in ihrem Kopf hatte, war wieder wie abgerissen, als sein Gesicht direkt vor ihrem auftauchte, da er vor ihr in die Hocke gegangen war.

„Sind Sie nun völlig verrückt geworden? Sie tauchen hier mitten in der Nacht in meinem Büro auf, betrunken und halbnackt? Wenn ich Sie nicht besser kennen würde, so würde ich das für einen abstrusen Scherz halten."

Ihr Bademantel war ein wenig aufgeklappt, ließ den Blick auf ihre Beine frei und Hermine schlug hektisch die Enden des Frotteestoffs wieder zusammen. Trotz ihres ernsthaften Vorhabens schämte sie sich nun in Grund und Boden.

„Jetzt sprechen Sie, oder muss ich erst Veritaserum anwenden?"

„Ich hab nur Wein getrunken."

Snape war wieder aufgestanden und blinzelte spöttisch auf sie herunter.

„Ach, was Sie nicht sagen. Und Sie sind extra den Weg aus ihrem Schlafsaal gekommen, um mir das zu sagen?"

„Nein. Ich wollte Sie um Ihre Hilfe bitten." Der Anfang war gemacht und erleichtert ließ Hermine die angestaute Luft aus ihren Lungen.

Demonstrativ wedelte sich der dunkelhaarige Mann mit der Hand den Geruch von Alkohol von seinem Gesicht weg und setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch.

Seine Mimik zeigte nichts von der Neugierde, die ihn beherrschte. Hermine Granger war sicherlich niemand, der sich einen üblen Scherz erlaubte. Und er war sich sicher, dass das, was sie zu sagen hatte, wirklich wichtig sein musste. Sie gehörte unzweifelhaft zu den begabtesten und intelligentesten Schülern, die er je gehabt hatte. Egal wie schwer er es ihr gemacht hatte, sie hatte sich immer durchgebissen. Außerdem war sie schon immer sehr vernünftig und unglaublich erwachsen für ihr Alter gewesen.

Niemals hätte er es zugegeben, aber er respektierte sie dafür.

„Also?" Mit dem Wink seines Stabes erschien ein gefülltes Glas vor ihm auf dem Tisch und seine langen Finger umschlungen das Gefäß, als würde er etwas zum Festhalten brauchen. „Um was wollen Sie mich bitten?"

Gute Noten konnten es kaum sein, dachte er ironisch. Hatten Weasley oder Potter etwas angestellt, von dem er noch nichts wusste? Nun, egal was es auch war, er würde keine Nachsicht walten lassen.

„Sie müssen mir etwas beibringen."

Beinahe war er versucht aufzulachen, aber die Ernsthaftigkeit mit der sie das sagte, machte ihn stutzig. Sie war betrunken, aber nicht so betrunken, dass sie nicht mehr wusste, was sie sagte, also wartete er so geduldig wie es ihm nur möglich war weiter ab, um was es sich dabei handeln konnte.

„Darf ich offen reden, Professor?" Ihr Schluckauf war wie weggeblasen und zumindest wusste sie auch wieder, was sie hierher getrieben hatte. Wenn auch die gut geübte Rede immer noch wie unter einem Tarnumhang in ihrem Unterbewusstsein versteckt war.

„Bitte." Er machte eine großzügige Geste mit der rechten Hand in ihre Richtung und sah scheinbar gleichgültig auf die Jahrgangsbeste von Hogwarts.

„Es ist mir bestimmt nicht leicht gefallen, gerade Sie um dies zu bitten. Aber wenn ich genau erklären darf worum es geht, werden Sie mich vielleicht verstehen. Sie erschienen mir genau der Richtige für mein Vorhaben. Natürlich hätte ich auch jemanden der anderen Schüler fragen können, aber ich brauche dringend jemanden mit..." Sie stockte kurz um sich zu sammeln und sprach dann leise weiter. „... Erfahrung. Außerdem haben Sie sich meiner Meinung nach als sehr verschwiegen und loyal erwiesen. Ich wäre niemals zu Ihnen gekommen, wenn ich nicht genau wüsste, dass das, um was ich Sie nun bitte, selbstverständlich unter die größte Geheimhaltung fällt."

Wenigstens waren ihr einige Bruchstück ihrer Ansprache wieder eingefallen und angespannt musterte sie sein Gesicht. Der schlimmste Teil stand ihr noch bevor, aber sie war klug genug erst einmal seinem Ego zu schmeicheln.

Doch Snape schien sie sehr gut zu durchschauen.

„Sie müssen mir keinen Honig um den Bart schmieren, Miss Granger. Ich bin mir durchaus bewusst, was sie in Wahrheit von mir denken. Aber da ich neugierig bin, was Ihr dringendes Anliegen ist, das nicht warten kann, werde ich Ihnen versprechen, dass alles, was Sie sagen werden, unter uns bleibt, sofern Sie das wünschen. Das beinhaltet aber nicht die Zusage, dass ich Ihnen Ihre Bitte erfüllen werde, oder dass ich Sie nicht trotzdem bestrafe."

Ein wenig erleichtert nickte sie und sah zu, wie er einen Schluck aus seinem Glas nahm. Sie hätte jetzt auch viel darum gegeben, noch etwas Alkohol zu bekommen, nur um lockerer zu werden, aber sie wagte nicht danach zu fragen.

Hermine Granger sah auf dem Stuhl direkt vor ihm so verloren und verzweifelt aus, dass er für einen Augenblick Mitleid bekommen hatte. So kannte er die selbstbewusste junge Frau gar nicht.

Snape hatte genug Kenntnis um zu sehen, dass sie wirklich etwas auf dem Herzen hatte. Und so wie es aussah musste es etwas wirklich schwerwiegendes sein, was würde sie sonst zu einem so verhassten Lehrer wie ihn treiben?

„Also, sprechen Sie", befahl er mit harter Stimme und konnte seine Ungeduld kaum zügeln. „Um was genau geht es?"

„Liebe", antwortete Hermine wahrheitsgemäß und wartete gespannt eine irgendwie geartete Reaktion ihres Gegenübers ab.

Zunächst passierte gar nichts, seine Miene blieb völlig ausdruckslos. Dann aber, so schien es ihr, sah sie ein leichtes Zucken seiner Mundwinkel, als hätte sie einen Scherz gemacht, dessen Pointe sich ihm erst später offenbarte.

Zu ihrem Erstaunen wurden seine Züge fast weich, als er sich ein wenig zu ihr vor lehnte und lächelte. Diese Seite hatte sie noch nie an ihrem Lehrer gesehen und es irritierte sie ein wenig, dass sie ihn mit einem Mal gar nicht mehr so grauenerregend fand. Allerdings hielt dieser Zustand nicht lange an.

„Miss Granger. Bei aller Achtung vor ihren Leistungen, ich denke nicht im Traum daran, Ihnen bei einem wie-auch-immer gearteten Vorhaben zu helfen. Derartige Dinge gehören nun wirklich nicht in meinen Aufgabenbereich. Wenn Sie Probleme mit Ronald Wesley haben, dann machen Sie das unter sich aus. Darf ich Sie jetzt bitten zu verschwinden?"

Natürlich war auch ihm nicht entgangen, dass sich die Beziehung zwischen dem Weasley Abkömmling und Granger etwas weiter entwickelt hatte. Derartiges gehörte zum Schulalltag der höheren Klassen. Es interessierte ihn schlich und ergreifend nicht ein bisschen. Bestenfalls empfand er es unterhaltsam, wie sich pubertäre Hexen und Zauberer zum Affen machten.

Überhaupt fand er es eher erstaunlich, was so eine junge, intelligente Frau an einem Trottel wie diesem rothaarigen Schnorrer fand. Er wusste genau, dass die meisten seiner Arbeiten aus ihrer Feder stammten, nur hatte er es nie beweisen können.

„Das ist es nicht. Zumindest nicht ganz. Theoretisch habe ich gar keine Probleme, es hapert an der Praxis."

Ihr Einwand hörte sich so konfus an, dass er entschloss sich diese amüsante Farce noch ein wenig weiter anzuhören. Erneut nahm er einen Schluck und lehnte sich zurück, dabei spielte er mit dem Glas in der Hand und wartete ab, was Hermine sonst noch so an Lächerlichkeiten preisgeben würde.

„Was wollen Sie genau von mir, Miss Granger? Und reden Sie nicht wieder in Rätseln, meine Geduld ist am Ende."

„Wie ich schon sagte. Es geht um Liebe. Und ich dachte...", erneut machte sie eine kurze Pause und holte noch einmal Luft, „...Sie könnten es mir beibringen."

Der Professor war mit seinem Glas in der Hand aufgestanden und baute sich nun vor der Schülerin auf. Das Lächeln war zynisch geworden und es sah aus, als wollte er sie umgehend vor die Tür setzen, aber er stellte sich hinter sie und beugte sich ein wenig zu ihr herab.

Sich unwohl fühlend, nestelte Hermine an ihrem Ausschnitt und wagte nicht nach hinten zu sehen. Sie spürte seinen Atem an ihrem Ohr und eine Gänsehaut jagte über ihren Körper. Er würde sie doch nicht schlagen, oder? Diese Option hatte sie bei ihren Überlegungen nicht mit einbezogen.

„Und was, meine liebe Miss 'Ohnegleichen', bringt Sie zu der Annahme, dass ich ein Experte darin bin?", zischte es höhnisch an ihrem Ohr.

„Ist es meine liebenswürdige Art, die jedes weibliche Herz zum Schmelzen bringt? Mein unvergleichlich gutes Aussehen? Mein erfülltes Eheleben? Oh, ich vergaß – es mangelt mir an einem Weibe – Nun, dann vielleicht meine ständig wechselnden Beziehungen zu den atemberaubenden Frauen an dieser Schule?"

Seine Stimme tropfte vor Sarkasmus und ließ Hermine verzweifelt die Augen schließen.

„Nun, wie kann ich Ihnen da bloß etwas raten? Ich fürchte, Sie müssen sich einen anderen Berater in Liebesdingen suchen. Oder geht es Ihnen um Profaneres? Ein Trank vielleicht? Das schafft jemand wie sie doch allein. Ich könnte Ihnen da hervorragende Literatur empfehlen."

Jetzt begriff sie. Er hatte sie noch gar nicht richtig verstanden. Aber wenn er jetzt schon so reagierte, was würde er tun, wenn sie die Dinge auf den Punkt brachte? Es war eh zu spät. Sie saß mittendrin in dem Schlamassel. Schlimmer konnte es gar nicht werden.

„Ich möchte, dass Sie mit mir schlafen."

Tbc?