Title: What's left of me - Part 4 : Vergeben und vergessen
Author: Megchen
Part: 4/4
Fandom: Pirates of the Caribbean
Pairing: Sparrington
Rating: PG-13
Warning: Slash, hurt/comfort - irgendwie.
Genre: Drama/Romance
Disclaimer: Nix is meins.
Summary: Das Schicksal hatte beschlossen, es mir auf ganz üblem Wege heimzuzahlen und mir dann die seltsamste Rettung in letzter Sekunde zu schicken, die es zu bieten hatte...
Danke an: Meine Beta Susi, die beste und schnellste Beta der Welt! huggles Huzzah!
A/N: Ich habe hier teilweise Texte aus Liedern entnommen, die mich beim Schreiben inspiriert haben, und zwar „Hounds of Winter" von Sting (Teil1), „What's left of me" von Nick Lachey und „No Bravery" von James Blunt (Teil3) und natürlich "Iris" von den Goo Goo Dolls.
Tja und schon sind wir am Ende angekommen. Wäre lieb, wenn ihr mir mitteilen könntet, wie ihr es fandet :)
Disclaimer: Nix is mir.

Danke für eure Reviews, Leute – ich hab mich echt gefreut!

Viechle: Was, Genuschel kannauch erotisch sein? Wusste ich bis jetzt noch nicht…och, James ist das schon gewohnt, was meinst du, was die bei der Navy immer so veranstalten? Da kommt's raus! Die sind auch nicht soo brav, wie sie immer tun.

Über Jacks Vergangenheit erfährt man nicht mehr, aber das hab ich mir nicht ausgedacht…oh, ich bin so gespoilert…ahem. Ich finde deine Reviews schon konstruktiv – ich find sie toll! So lang und so :)

Ich hoffe das Ende gefällt dir ;)

Mimmy: Hey, ein neues/altes Leserchen! Danke für dein Review! Naja, dieser letzte Teil ist schon sowas ähnliches…hoffentlich gefällt dir der auch :)

mazi: Du findest meine Idee goldig? Wow…danke – die kam mir auch ganz spontan. Genauso, wie sich hier in den vierten Teil gewisse Szenen ganz spontan eingeschlichen haben. Na dann müsstest du James ja verstehen, wenn du findest, dass man Jack nur lieben kann… ;)

Viel Spaß beim letzten Teil...

Teil 4: Vergeben und Vergessen

Langsam, ganz langsam tauchte ich aus tiefem Schlaf - wie ein Wal, der nur kurz an der Oberfläche des Meeres erscheint, um zu atmen. Ich wollte nicht aufwachen; wollte nicht schon wieder mit der grausamen Realität konfrontiert werden. Was immer die reale Welt heute auch für mich bereit hielt – es konnte die Ruhe und den Frieden meines Schlafes nicht übertreffen.

Genüsslich räkelte und streckte ich mich. Im Halbschlaf landete mein Arm auf einer muskulösen Brust. Meine Finger fuhren durch langes Haar.

Erst jetzt bemerkte ich, dass ich mich aufgrund des Armes, der Besitz ergreifend um meine Hüfte geschlungen war, nicht sonderlich gut bewegen konnte. Das brachte mich dazu, meine Augen zu öffnen. Mein Verstand war noch viel zu vernebelt, um zu irgendwelchen Schlüssen zu kommen, als mein Blick über den Mann, der neben mir oder eher gesagt unter mir lag, schweifte.

So wie mein Kopf dröhnte, konnte ich keinen klaren Gedanken fassen. Ich blinzelte. Und sah noch einmal hin. Doch der Mann verschwand nicht. Er wurde auch nicht zu einer Frau, was mich zwar auch überrascht hätte, aber die Situation wenigstens etwas vereinfacht hätte. Seufzend schloss ich die Augen wieder. Nein, es war keine Frau, in deren Armen ich lag.

Ich lag im Bett des Piraten, der mich nun wohl vollständig zu seinem Eigentum gemacht hatte. Wenn ich in der Lage gewesen wäre, hätte ich laut aufgelacht, doch das hätte meinen Kopf womöglich zum Platzen gebracht. Ich hätte einiges dafür gegeben, einen Augenblick lang klar denken zu können. Doch das war mir nicht vergönnt. Tränen schossen in meine Augen, wenn ich nur den Kopf etwas bewegte, um Jack anzusehen, der immer noch selig schlief. Ein Lächeln, das ich noch nie an ihm gesehen hatte, zierte sein Gesicht.

Was hatte ich getan? Als meine Sicht klarer wurde, schien sich auch der Nebel in meinem Kopf, der mir das Denken schwer gemacht hatte, zu lichten. Langsam, schleichend kehrte die Erinnerung zurück. Und mit ihr kam mein schlechtes Gewissen. Und Scham. Wie hatte es nur soweit kommen können? Wie hatte ich mich auf einen Mann einlassen können? Nicht nur der schlafende Pirat neben mir erinnerte mich an die Geschehnisse der letzten Nacht, sondern auch mein schmerzendes Hinterteil.

Ich verzog das Gesicht. Das geschah mir ganz recht. So war das eben, wenn man sich unerlaubter Weise mit dem Feind einließ. Doch war dieser Mensch überhaupt noch mein Feind? Wieder huschte mein unsteter Blick auf den Piraten, der ein ungewohnt friedliches Bild bot.

Die Kohlestriche, die sich sonst perfekt um seine Augen wanden, waren verschmiert und man sah, wo die Kohle seine Schweißtropfen auf ihrem Weg über Jacks Gesicht begleitet hatten. Sein Haar schien zerzaust und neben seinem nackten Oberkörper leuchtete eine gelbe Perle, die sich aus seiner Haarpracht gelöst hatte. Man konnte kaum glauben, dass dies derselbe Mann war, der schon unzählige Verbrechen begangen hatte und für den ‚Ehre' anscheinend ein Fremdwort war.

Ich konnte kaum glauben, dass er mich vergangene Nacht genauso schlimm hereingelegt hatte, wie er es schon immer getan hatte, bei jeder unserer seltenen Begegnungen. Dass er dafür gesorgt hatte, dass ich genügend trank, um nicht mehr gerade laufen zu können. Um mich von ihm verführen zu lassen. Alles hatte mit einer harmlosen Massage angefangen, doch so langsam sollte ich doch wissen, dass nichts, was Captain Jack Sparrow tat, harmlos war.

Die Gedanken an das, was zwischen uns passiert war, sollte mir die Schamesröte ins Gesicht treiben. Früher hätte ich so reagiert. Früher hätte ich eher meinem Leben ein Ende gesetzt, als zuzulassen, dass ich auch nur freundschaftliche Gefühle für einen Piraten empfand. Ich lächelte und begann vorsichtig, etwas von Jack weg zu rutschen. Es waren keinesfalls nur freundschaftliche Gefühle, die ich für ihn empfand. Auf der Bettkante sitzend, betrachtete ich nachdenklich meine Handgelenke. Er musste mir die Fesseln irgendwann doch noch abgenommen haben.

Aber wie konnte man einen Mann lieben, den man als seinen Feind betrachtete? Und bis vor einigen Stunden war ich der festen Überzeugung gewesen, dass dies auf Gegenseitigkeit beruhte.

Mit wackeligen Beinen stand ich auf und ging zu einem kleinen Tischchen hinüber, auf dem eine Waschschüssel stand. Ganz so unreinlich schienen Piraten dann doch nicht zu sein. Als ich mir erfrischend kühles Wasser ins Gesicht spritzte, vernahm ich hinter mir eine wohlbekannte Stimme.

„Lass mir aber auch noch etwas übrig, Jamie. Solange wir keinen Hafen anlaufen, wird das das letzte Mal sein, dass wir uns waschen können. Das restliche Wasser wird getrunken, obwohl ich es vorziehe, meinen Durst mit Rum zu löschen. Hast du gut geschlafen?"

Lächelnd drehte ich mich um und sah ihn an. „So gut wie schon lange nicht mehr."

Langsam schritt ich wieder zum Bett und beugte mich darüber, um Jack zum ersten Mal sanft, aber innig zu küssen. Unter meiner Haut prickelte es, als liefen hunderte Ameisen durch meinen Körper. Er schlang einen Arm um meinen Nacken und vertiefte den Kuss noch etwas.

Ein Räuspern ließ uns auseinander fahren. Als ich mich herumdrehte, blinzelte ich zunächst gegen das Sonnenlicht an, das durch die geöffnete Tür hereinfiel. Eine Frau stand in der Tür. Das konnte nur Anamaria sein und sogleich vernahm ich ihre Stimme, in der nicht der sonst übliche, vorwurfsvolle Ton mitschwang.

„Oh…oh !" Ein wissendes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. „Ich komme dann wohl lieber zu wann anders wieder…"

Damit drehte sie sich wieder um und schloss die Tür zu Jacks Kabine wieder; verhinderte so, dass weitere, neugierige Blicke auf uns fielen. „Nein, das geht jetzt nicht. Der Captain ist…beschäftigt.", hörte ich sie sagen und sah das amüsierte Funkeln, das dabei in ihre Augen trat, nur zu deutlich vor mir.

Peinlich berührt löste ich mich wieder von Jack, doch dieser lachte nur leise. „Das muss dir doch nicht peinlich sein, Jamie. Irgendwann hätten sie es sowieso erfahren. Die Beziehung zweier Menschen zueinander bleibt auf einem Schiff nicht lange geheim. Das wirst du schon noch merken." Er zwinkerte mir zu. „Und jetzt beeil dich lieber, sonst schnappe ich dir noch das letzte Wasser, mit dem man sich waschen kann, weg…"

°°°°

Der kühle Wind, der mir über das Gesicht strich, nachdem er ein paar Wellen gekräuselt hatte, fühlte sich herrlich an. Das Schaukeln der Pearl lullte mich ein, doch in der Hitze des Nachmittags einzuschlafen, wäre tödlich gewesen. Der Zustand, keine Kopfschmerzen zu haben, war zu kostbar, um ihn einfach so zu verspielen. Ich grinste in mich hinein. Eigentlich müsste ich wütend auf Jack sein, da er an meinen geballten Kopfschmerzen während der letzten Tage nicht ganz unschuldig war.

Genau in diesem Augenblick schlangen sich starke Arme um meine Hüften und der Elfenbeinstab, den ich schon so oft betrachtet hatte, wenn das Mondlicht darauf fiel, bohrte sich in meinen Rücken.

„Geht es dir gut?", murmelte Jack gegen meinen Rücken.

„Es geht mir sehr gut, wenn wir einmal außer Acht lassen, dass du die Wahl deines Haarschmucks einmal überdenken könntest und mein Hemd nun wohl noch ein paar schwarze Kohlestreifen mehr aufweisen kann." Ich konnte spüren, wie er grinste.

„Wie wäre es, wenn du aufhörst, dich zu beschweren und einfach nur zugibst, dass du froh bist, dass ich da bin?"

„Ich denke, damit kann ich mich abfinden", erwiderte ich lächelnd und schloss für einen Moment die Augen. Meine Hände legten sich auf seine, die auf meinem Bauch ruhten.

Wir waren nun schon einige Tage unterwegs – ich hatte aufgehört, sie zu zählen. Wenn ich ehrlich war, hatte ich Angst vor dem Ende dieser Reise. Denn dann würde ich die Black Pearl verlassen müssen; würde auch Jack verlassen müssen. Momentan gab es nichts, was ich weniger tun wollte. Auch wenn ich mich anfangs dagegen gewehrt hatte – gegen seine Gefühle konnte man nun einmal nicht ankämpfen, das hatte ich nun schon das zweite Mal lernen müssen. So oft ich mir auch einzureden versuchte, dass der Alkohol an allem Schuld hatte und dass der Pirat mich einfach hereingelegt hatte – die Wahrheit sprach eine andere und nur zu deutliche Sprache.

Ich hatte mich in meinem ganzen Leben noch nie so wohl gefühlt, hatte mich noch nie so geliebt gefühlt. Und das, obwohl ich mir seiner Liebe alles andere als sicher sein konnte. Wir hatten bis jetzt nicht darüber geredet. Wir hatten auch noch nicht über das Ende dieser Reise gesprochen. Bewusst hatte ich dieses Thema bis jetzt vermieden, da ich fürchtete, enttäuscht zu werden. Solange ich hier an der Reling stand, mir den Wind ins Gesicht wehen lassen konnte und Jacks warmen Körper an meinem spürte, gab es nichts, was wichtiger gewesen wäre.

Es gab nur ihn und mich.

Lange konnte ich dieses Gefühl nie genießen – immerhin war Jack der Captain dieses Schiffs, er trug die Verantwortung über die Pearl und da das Schiff für ihn mitnichten nur ein Fortbewegungsmittel war, nahm er seine Aufgabe sehr ernst. Ernster, als ich meine Aufgabe als Commodore je genommen hatte. Vielleicht lag dies auch nur daran, dass seine Arbeit gewürdigt wurde – zumindest von den Mitgliedern seiner Crew.

Ich seufzte leise auf, als ich Gibbs' Stimme vernahm.

„Captain! Wie lautet unser Kurs? Welchen Hafen laufen wir als nächsten an?"

Jack löste sich wieder von mir und man sah ihm an, dass er nachdachte. Doch dann hellte sein Gesicht sich auf.

„Port Royal."

Nicht nur Gibbs starrte ihn ungläubig an. Jack sah gerade lange genug zu mir, um mein verwirrtes Blinzeln zu bemerken, und wandte sich dann wieder Gibbs zu, der ihn einige Meter von mir wegzog.

„Jack! Ich will ja nichts sagen, aber jetzt gehst du wirklich zu weit!", hörte ich ihn aufgeregt zischen und bemühte mich gar nicht erst, wegzuhören. „Es war schon nicht gerade einfach, die Mannschaft davon zu überzeugen, dass es allein deine Sache ist, wen du entführst und in deiner Kajüte unterbringst – auch wenn es der Commodore der Royal Navy ist, aber jetzt willst du uns auch noch alle in Gefahr bringen, indem du unbedingt nach Port Royal musst?! Das kann nicht dein Ernst sein! Denk bei deinen Überlegungen doch bitte auch einmal wieder an uns – schließlich bist du unser Captain und hast eine gewisse Verantwortung für uns zu tragen!"

„Lass uns das unter vier Augen besprechen, ja?", hörte ich ihn flüstern und schon verschwand er mit Gibbs außer Hörweite. Einen leisen Seufzer ausstoßend, lehnte ich mich an die Reling. Was hatte Jack überhaupt dazu bewogen, mich zu entführen? Was versprach er sich davon? Dass es etwas anderes als Geldgier gewesen war, wagte ich nicht zu hoffen.

°°°°

Doch es sollte noch einige Tage dauern, bis ich erfuhr, was er vorhatte. Bis ich es wagte, ihn darauf anzusprechen. Die grauen Tage auf See lullten mich ein, das immer gleich bleibende Schaukeln des Schiffes und das Murren der Mannschaft, ja sogar das immerwährende gute Wetter begann irgendwann, mich anzuöden. Ich wollte nicht mehr hier auf diesem Schiff sein, wo alle mich ansahen, wo ich nichts anderes zu sein schien, als ein Störfaktor.

Und zugleich wollte ich bleiben; war bereit, noch eine Ewigkeit auf der Black Pearl zu verbringen, nur um bei Jack sein zu können.

„Jack? Warum tust du das?"

Dunkle Augen musterten mich und er kam auf mich zu, stand nun sehr nahe vor mir.

„Warum begibst du dich freiwillig in die Höhle des Löwen?

Er verdrehte die Augen und ich wollte mich schon abwenden, als er mich mit dem sanften, zugleich aber auch sehr bestimmten Händedruck auf meiner Schulter zurückhielt.

„Ich könnte jetzt etwas sehr schönes und rührendes sagen, Jamie, das dir sicher gefallen würde. Aber eigentlich hat es in erste Linie mit meinem persönlichen Triumph zu tun – klar soweit?!"

Er sah die Enttäuschung in meinem Blick und fuhr fort: „Ich habe den Commodore der Royal Navy nicht nur entführt und ihm gezeigt, dass Piraten im Grunde die besseren Menschen sind."

Wieder registrierte ich dieses überhebliche Grinsen, das mich so wahnsinnig machte.

„– Nein, ich habe sein Herz gestohlen und bringe ihn nun zurück nach Port Royal, komme auf sein Anwesen, in sein…Bett."

Das Grinsen wurde leicht anzüglich und ich konnte mir nicht helfen – auch ich grinste ihn nun an.

„Nein, Jack. Zunächst einmal kommst du in mein Badezimmer."

„Was?" Der Pirat sah mich entrüstet und etwas verwirrt an, was mich dazu brachte, ihm ein sanftes Lächeln zu schenken.

„Du müffelst."

°°°°

Mit einem leisen Rauschen, an das man sich nur zu schnell gewöhnte, klatschten die Wellen gegen unser Boot. Die gleichmäßig gewellte Oberfläche wurde zerstört, als das Ruder ins Wasser klatschte und etwas Wasser zu uns ins Boot spritzte.

„Denkst du wirklich, das ist eine gute Idee?"

Ich musterte Jack, der gegenüber von mir in dem Ruderboot saß, das uns möglichst unbemerkt in den Hafen Port Royals bringen sollte. Er hielt die Paddel so fest, dass die Knöchel seiner Hände weiß hervortraten. Der Ausdruck auf seinem Gesicht zeugte von höchster Konzentration. Seine Augen waren halb geschlossen und er sah aus, als ob er mich überhaupt nicht gehört hätte.

„Jack! Ich rede mit dir!"

Hastig öffnete er die Augen und sah mich an. „Ich weiß. Mach dir keine Sorgen, Jamie. Ich weiß, was ich tue."

„Na da bin ich aber beruhigt…" Genervt rollte ich mit den Augen und blickte übers Wasser, um sein freches Grinsen nicht zu sehen. Wir würden niemals unentdeckt in die Stadt hineinkommen – ich musste das schließlich wissen.

Noch vor wenigen Wochen hätte ich es ihm gegönnt, geschnappt zu werden. Jack würde wieder im Gefängnis Port Royals landen und diesmal würde ihn nichts und niemand vor dem Galgen retten können. War ihm überhaupt bewusst, dass mir dieser Umstand das Herz bräche? War ihm bewusst, dass ich mich um ihn sorgte? Wohl kaum.

Mir blieb der Mund offen stehen, als wir das Ruderboot eine halbe Stunde später auf das Stückchen Strand zogen, auf dem ich einige Tage zuvor gelegen war. Zu einer vollkommen anderen Zeit. In einem anderen Leben, so schien es mir.

„Bist du öfters hier, Jack? Du kennst doch sicher noch mehr solcher Plätze, dank denen man unbemerkt in die Stadt hineinkommt…"

Mit einer wedelnden Handbewegung unterbrach er mich. „Vergiss es, Jamie. Komm einfach mit, bleib immer dicht hinter mir, in Ordnung? Und stell ja nichts Blödes an..."

°°°°

Einige Augenblicke später huschten wir durch enge, dunkle Gassen. Zwei Schemen, die mit der Nacht verschmolzen. Mir war noch nie so seltsam zumute gewesen. Bei jedem auffallenden Laut pressten wir uns an die Mauern der wirklich nicht sehr ansehnlichen Häuser, die hier, in den ärmsten Vierteln Port Royals standen. Vor Nervosität zitternd drückte ich mich an Jack und hielt den Atem an, bis die Gefahr, entdeckt zu werden, gebannt war. Wir standen noch einige Augenblicke vollkommen regungslos an die Hausmauer gedrückt und wagten uns dann wieder in die Gasse zurück. Leise, schleichend und doch nicht gerade langsam näherten wir uns Schritt für Schritt meinem Anwesen und standen schließlich vor dem Eisentor, dass vor dem großen Garten aufragte.

Bis hierher und nicht weiter, schien es zu sagen. Und genau das war unser Problem. Ich fluchte leise und sah, dass Jack mich amüsiert anblickte.

„Siehst du, Jamie – du musst nur einige Tage unter Piraten verbringen und schon benimmst du dich genau wie sie."

Seine Finger gruben sich in den Ärmel meiner Uniform und er zog mich weiter, am Zaun entlang. Schließlich erreichten wir eine Stelle, an der ein Baum seine Äste einladend etwas über den Zaun reckte. Jack deutete darauf.

„Also, Commodore…ich klettere jetzt über diesen Zaun, dann komme ich zum Tor und lasse auch dich hinein, okay?"

Argwöhnisch sah ich ihn an. „Und wer sagt mir, dass du nicht einfach im Garten verschwindest und, während ich hier draußen herumstehe, mein Haus plünderst?"

„Niemand…das ist ja das Spannende daran."

Und schon war er in der Dunkelheit verschwunden. Es schien Jahre zu dauern und ich hatte genug Zeit, um mich mit den schlimmsten Schimpfwörtern zu betiteln, die ich kannte, doch gerade in der heftigsten mentalen Schimpftirade horchte ich auf. Das Quietschen, das beim Herunterdrücken der Klinke dieses Tors immer erklang, drang an mein Ohr. Als ich dem Geräusch nachging, mich langsam näherte, vernahm ich auch schon Jacks Zischeln: „Na los! Worauf wartest du denn noch? Auf eine schriftliche Einladung?!"

°°°°

Ich wusste nicht mehr genau, wie wir es geschafft hatten, unbemerkt in mein Haus zu gelangen, als ich mich mit einem erleichterten Seufzer auf den Boden sinken ließ. ‚Aus dieser Perspektive kenne ich mein Schlafzimmer noch gar nicht.', schoss mir durch den Kopf, als ich mein Gesicht auf den sauberen Holzboden presste und mich bemühte, wieder langsamer zu atmen. Einige Sandkörner blieben zurück, als ich mich wieder aufrappelte, um Jack anzusehen.

Dieser stand immer noch neben mir und sah sich interessiert um, lächelte mich schließlich an. „Froh, wieder zu Hause zu sein, Commodore?" Ich konnte nur nicken.

Er reichte mir eine Hand, nach der ich sofort griff, um wieder aufstehen zu können. Diese simple Geste hatte etwas so rührendes an sich, dass ich mir ein Lächeln nicht verkneifen konnte. „Jetzt stehst du also in meinem Schlafzimmer.", bemerkte ich wenig geistreich, doch ich wusste, dass Jack es verstehen würde. „Gleiches Recht für alle, würde ich einmal sagen. Auch wenn ich hier nicht lange bleiben werde."

Als ich das verschlagene Grinsen sah, rollte ich mit den Augen, doch er stand nun sehr nahe vor mir und nahm meine Hand. Ich konnte seinen Atem auf meinem Gesicht spüren.

„Lass uns doch erst einmal dein Badezimmer besichtigen, Jamie. Ich will dir nicht zu nahe treten, aber du stinkst ganz fürchterlich."

°°°°

Hier standen wir nun also. In meinem Badezimmer. Das alles erschien mir mehr denn je wie ein seltsamer und doch schöner, tröstlicher Traum, aus dem ich sicher gleich erwachen würde. Bald würde die grausame, leere Wirklichkeit mich wiederhaben, doch solange sie nicht nach mir griff, konnte ich auch genauso gut hier stehen bleiben und Jack zusehen, wie er das von ihm auf dem kleinen Ofen erwärmte Wasser in die Badewanne kippte. Mein Blick wanderte von den Löwenfüßen der Badewanne, auf die ich besonders stolz war, zu Jacks Arm, beobachtete das faszinierende Zusammenspiel seiner Muskeln.

„Wie wäre es, wenn du etwas Nützliches tun würdest, anstatt nur hier herumzustehen?"

Ich zuckte zusammen. Anscheinend war es der letzte Eimer Wasser gewesen, den er gerade in die Wanne geschüttet hatte – ich war auf etwas vollkommen anderes konzentriert gewesen. Das war anscheinend offensichtlich, denn Jack wirkte sehr mit sich zufrieden, als er einladend auf die Badewanne wies.

„Bitteschön, Commodore."

Peinlich berührt, begann ich mich auszuziehen, warf meine Kleidung einfach auf den Boden, anstatt sie wie sonst über die Lehne eines Stuhles zu hängen. Eine leichte Röte breitete sich auf meinem Gesicht aus, als ich merkte, dass er mich neugierig musterte. Um weiteren Blicken zu entgehen, stieg ich in die Wanne. Doch wenn ich geglaubt hatte, so vor ihm sicher zu sein, hatte ich mich gründlich getäuscht. Er lehnte nun lässig am Badewannenrand und ein mildes Lächeln umspielte seine Lippen.

Mit der Zeit wurde mir unter seinen amüsierten Blicken etwas unwohl und ich wollte gerade etwas sagen, als der Pirat plötzlich begann, sich zu entkleiden. Ich schluckte trocken, konnte jedoch nicht einmal mehr so tun, als interessiere mich nicht, was er da tat, als hätte ich nicht das Gefühl, jeden Quadratzentimeter seines Körpers für immer in mein Gedächtnis brennen zu müssen.

Als er Anstalten machte, zu mir in die Wanne zu steigen, erwachte ich aus meiner Trance. „Was…machst du da?"

„Ich möchte baden. Sieht man das etwa nicht?"

„Doch, natürlich. Es ist nur…"

„Ja?..."

Verdammt. Er wusste, dass niemand dem Hundeblick, den er jetzt aufsetzte, widerstehen konnte – auch ich nicht. Jack streckte einen Arm nach mir aus, begann mit dem Zeigefinger neckisch Kreise auf meine Brust zu malen. Meine Konzentration ließ immer mehr nach. Was hatte ich noch einmal sagen wollen? Leicht hilflos sah ich ihn an, verlor mich in seinen Raubtieraugen.

„Jack, also…weißt du…"

Sein Grinsen wurde breiter und er rutschte etwas näher an mich heran, schlang seine Arme um mich.

Es gelang mir gerade noch, einen leisen Protestlaut von mir zu geben, als sich seine Lippen auch schon auf meine pressten. Resigniert seufzend öffnete ich den Mund, um zu spüren, wie seine Zunge die meine anstupste, was mir ein lustvolles Keuchen entlockte.

Ich konnte nicht verhindern, dass mein Blick über seinen ganzen Körper glitt, der nass sehr begehrenswert aussah.

Er spielte mit mir. Und gewann andauernd.

°°°°

Im ersten Moment war mir nicht klar, wo ich mich befand. Doch alles roch so vertraut – ich musste Zuhause sein! Etwas ganz entscheidendes war allerdings anders als sonst…

Ich lag in deinen Armen. Captain Jack Sparrow lag in meinem Bett und hatte seine Arme um mich geschlungen. Seufzend lehnte ich mich zurück und schloss die Augen. Ich hatte herrlich geschlafen, so tief und fest wie schon lange nicht mehr. Und, anders als beim letzten Mal, konnte ich mich noch sehr genau an das erinnern, was nach unserem gemeinsamen Bad passiert war.

Ich hatte noch den Geruch seiner Haut in der Nase, fühlte die Narben, die hier und dort seinen Körper zierten, noch immer unter meinen Händen. Diese unbändige Gier nach seinen Lippen. Das Verlangen, ihn zu küssen, ihn nie wieder loszulassen. Ihn zu spüren.

Ich lag in meinem Bett und erwachte nicht alleine. Ich hatte mich nicht wie schon so oft alleine in den Schlaf geweint – ich war von einem unglaublichen Abenteuer zurückgekehrt. Der wertvollste Schatz, den ich dabei erbeutet hatte, lag neben mir und murmelte in diesem Moment etwas ganz und gar unverständliches vor sich hin.

Lächelnd betrachtete ich ihn eine Weile. Ich war nicht mehr so unsicher, wie noch vor ein paar Tagen. Vor ein paar Tagen, als ich diesen Weg eingeschlagen hatte, ohne zu wissen, wohin er mich führen würde. Es gab kein Zurück mehr. Ich war schon viel zu weit gegangen, um umzukehren. Doch wie um alles in der Welt sollte ich ihm das klarmachen?

In diesem Moment räkelte er sich und schlug die Augen auf. Kaum hatte Jack realisiert, wo er war, schenkte er mir ein freudiges Lächeln. Ich musste ihn einfach küssen…

°°°°

„Du…du kommst doch wieder, oder?"

Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen und als ich sie wieder öffnete, sah ich, dass meine Frage ihn wirklich davon abgehalten hatte, aus dem Fenster meines Schlafzimmers zu klettern. Für diesen Augenblick hatte ich ihn aufgehalten. Erleichtert seufzte ich auf. Hoffentlich freute ich mich nicht zu früh…

Er war schon auf das Fensterbrett geklettert, um durch den Garten wieder verschwinden zu können, doch nun kam er in seinem gewohnt torkelnden Gang auf mich zu. Ich hatte keine Kerzen angezündet, doch das bleiche Licht des Mondes erhellte die Szenerie ein wenig. Seine Hand wog schwer, als er sie auf meine Schulter legte und ich schloss die Augen. Erwartete sie. Die unerbittliche und grausame Wahrheit. Was dachte ich denn? Dass ein hohes Mitglied der Royal Navy eine Beziehung mit einem Piraten führen könnte? Dass ich, ausgerechnet ich einem Mann wie Captain Jack Sparrow wichtig war? Das war lachhaft.

Ich zitterte, als sein Atem mein Ohr streifte.

„Ich werde immer wieder hierher kommen. So einfach wirst du mich nicht los, James."

Ich blinzelte. Ein Mal. Ein zweites Mal. Was hatte er gerade gesagt? Schließlich gab ich mir doch einen Ruck und sah ihn an. Sah in seinen Augen einen Glanz, den nur die Augen verliebter Menschen innehaben.

„Ich liebe dich."

Einer Ohnmacht nahe, starrte ich ihn einen Moment einfach nur an. Dann warf ich mich regelrecht in seine Arme. Jack sah mich eine Weile einfach nur an und schob mich dann sanft von sich.

„Das ändert allerdings nichts daran, dass ich nun gehen muss. Wir wollen unser junges Glück doch nicht gefährden…" Jack tippte zum Gruß an seinen Hut, zwinkerte mir zu und verschwand dann in der Dämmerung. Lange Zeit stand ich am Fenster und sah ihm nach, obwohl er schon längst aus meinem Blickfeld verschwunden war.

Dies war der erste Tag meines zukünftigen Lebens und ich wollte ihn in vollen Zügen genießen.

°°°°

Ich hatte mich noch einmal hingelegt, konnte nach dem, was in den letzten Stunden geschehen war, aber beim besten Willen nicht mehr einschlafen. Deshalb stand ich nun nur einige Stunden, nachdem Jack gegangen war, angezogen vor dem Spiegel in meinem Schlafzimmer und warf einen kritischen Blick hinein.

Grinsend betrachtete ich mein Spiegelbild, das wohl noch nie so heruntergekommen ausgesehen hatte. Die ersten Sonnenstrahlen dieses Tages fielen auf den Boden des Zimmers und tauchten alles in ein rötlich-goldenes Licht. Die ersten Vögel begannen zu zwitschern.

Es war Zeit, mit der Vergangenheit abzuschließen, um die Zukunft genießen zu können.

°°°°

Wie jeden Morgen hatte sie sich auch heute sehr früh auf den Weg gemacht. Sie wollte rechtzeitig wieder zurück sein, um mit Will zu frühstücken. Die Gewohnheit, so früh wie möglich aufzustehen, um in die Kirche zu gehen, war ihr mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen.

Der Morgen war ihrer Meinung nach sowieso der schönste Zeitpunkt des Tages. Die Straßen waren fast leer und es herrschte eine himmlische Ruhe, als sie zur Kirche schritt. Sie blieb nicht sehr lange dort, aber sie hatte das Bedürfnis, diesem heiligen und so friedvollen Ort jeden Tag einen Besuch abzustatten.

Nachdem sie einige Zeit vor dem Altar gekniet hatte, erhob sie sich wieder und betrachtete staunend die Bilder, die die frühen Sonnenstrahlen auf den Boden malten, wenn sie von den kunstvoll verzierten Scheiben der Kirchenfenster gebrochen wurden. Einen Moment lang sah sie ihre Hochzeitszeremonie vor sich, die in genau dieser Kirche stattgefunden hatte. Es war ein so schöner Tag gewesen und sie war froh, dass sie sich letztendlich doch dazu entschieden hatten, die Hochzeit wie geplant stattfinden zu lassen.

Wie es James wohl gerade erging? Sie schloss ihn jeden Morgen in ihre Gebete ein, hoffte, er würde unversehrt wieder nach Port Royal zurückkehren. Ihre Schritte hallten vom Steinfußboden der Kirche wider, als sie den Mittelgang entlang schritt, um das Gebäude wieder zu verlassen.

Erschrocken zuckte sie zusammen, als das Kirchenportal mit einem Ruck aufgerissen wurde. Ein Mann stürmte herein – und direkt auf sie zu! Sie wich einen Schritt zurück, bevor sie merkte, dass der Mann, der auf sie zurannte, niemand anderes als Commodore James Norrington war. Das erkannte man allerdings erst auf den zweiten Blick. Noch nie hatte sie ihn so gesehen. Was von der Jacke seiner Uniform noch übrig war, drohte ihm im nächsten Moment vom Körper zu fallen und auch sein sonstiger Zustand deutete darauf hin, dass er eine schwere Zeit durchgemacht haben musste.

Sie wollte gerade etwas Derartiges von sich geben, als er sie von den Füßen riss und herumwirbelte. Er strahlte über das ganze Gesicht und diesen heiteren Ausdruck in seinen Augen hatte sie noch nie gesehen.

Danke…danke, Elizabeth, dass ich dich nicht mehr liebe. Ich liebe dich nicht mehr!" Er strahlte sie an und ehe sie es sich versah, hatte er sie an sich gezogen und küsste sie stürmisch. Mit weit aufgerissenen Augen machte sie sich wieder von ihm los und wollte die Gelegenheit ergreifen, etwas zu sagen – oder ihm eine Ohrfeige zu verpassen, doch sie kam nicht dazu.

Ich liebe dich nicht mehr…und ich bin so froh darüber. Es tut mir leid, dass ich eure Hochzeit verpasst habe."

Dabei grinste er sie glücklich an. Erst jetzt drangen seine Worte überhaupt zu ihr vor und sie lachte leise, schlang nun von sich aus ihre Arme um ihn.

Das freut mich, James. Das freut mich sehr."

°°°°

Das Schicksal hatte schließlich doch noch Erbarmen mit mir gehabt und mir einen Ausweg präsentiert, der mich retten und mich noch viele Jahre am Leben halten sollte.

Und so saß ich auch jetzt wieder hier, in meinem Schlafzimmer und betrachtete den Sonnenuntergang. So oft hatte ich diesem Naturschauspiel beigewohnt, doch erst seit ungefähr 30 Jahren wurde ich nervös, wenn es dämmerte. Ein leises Gefühl der Erwartung beschlich mich mit jedem Mal, wenn die Sonne im Meer versank, nur um über einem anderen Teil der Erde wieder aufzugehen.

So leise, wie die Dämmerung sich in den Tag schlich und die Welt langsam in Dunkelheit hüllte, genauso leise würdest du dich bald in mein Schlafzimmer schleichen. Bald. Ein Lächeln erschien auf meinen Lippen. Hände, die schon von leichten Altersflecken gezeichnet waren und bis vor kurzem noch ruhig auf meinen Knien gelegen hatten, rutschten nun nervös auf dem Stoff meiner Hose herum.

Und richtig – einige Augenblicke später klettertest du auch schon durchs Fenster, das ich in weiser Voraussicht offen gelassen hatte.

Nur wenige Leute wissen von deinen regelmäßigen Besuchen. Alle anderen habe ich glauben lassen, nur durch deinen Tod sei meine Flucht geglückt.

Ich musste dich töten, um dein Leben zu erhalten. Um dafür zu sorgen, dass du immer wieder zu mir zurückkehren würdest. Wenn ich behaupten würde, es täte mir leid, müsste ich lügen.

Der Großteil der Bevölkerung Port Royals ist der Meinung, ihr Commodore sei ein bemitleidenswerter Mann, der Zeit seines Lebens alleine blieb. Sie alle wussten nichts von dem berüchtigten Piraten, der sich jeden Abend in mein Bett stahl und mich beim ersten Sonnenstrahl wieder verließ.

And I'd give up forever to touch you

Cause I know that you feel me somehow

You're the closest to heaven

That I'll ever be

And I don't wanna go home right now

And all I can taste is this moment

And all I can breathe is your life

Cause sooner or later it's over

I just don't want to miss you tonight

And I don't want the world to see me

Cause I don't think that they'd understand…

Manche Geheimnisse müssen gewahrt werden. Auch unseres.

°°°°

Ende