Der Deserteur

Heute war es soweit. Minerva war für die monatliche Strategiesitzung ins „Dorf" gekommen. Aber vorher, und das war für Harry viel wichtiger, würde sie ihn für ein Gespräch unter vier Augen empfangen.

Harry war etwas angespannt. Seit seiner Rückkehr hatte er Minerva erst einmal kurz gesehen. Sie hatte sich erfretu gezeigt, dass er wieder hier war und ihm viel Kraft gewünscht. Er konnte also kaum abschätzen wie und ob sich ihr Verhältnis durch seine Abwesenheit verändert hatte.

Harry tigerte vor dem Besprechungszimmer hin und her. Momentan war Hermine bei ihr, um den letzten Monatsbericht durchzugehen.

Endlich öffnete sich die Tür und Hermine trat heraus.

„Hallo Hermine", grüsste Harry freundlich, aber Hermine würdigte ihn keines Blickes und verschwand ohne ein Wort..

Harry schaute beschämt zu Boden, um dieses zerrüttete Verhältnis würde er sich später kümmern. Jetzt musste er zu Minerva.

Als er ins Zimmer eintrat, war Minerva tief über ihre Unterlagen gebeugt. Auch als Harry die Tür schloss, blickte sie nicht auf.

Die Sekunden verstrichen, und Harry begann sich unbehaglich zu fühlen. Er duckste an der Tür herum und wusste nicht, ob er auf Minerva zugehen oder doch wieder verschwinden sollte.

Kurz bevor Harry endgültig glaubte, dass Minerva gar nicht mehr wusste, dass er im Zimmer war, kam der Befehl: „Setz dich!"

Harry fühlte sich zwar nicht wirklich besser als er auf dem weichen Polstersessel Platz nahm. Immerhin wollte Minerva aber wirklich mit hm sprechen.

„So ich höre, dass du mit deiner neuen Aufgabe als Boschafter nicht zufrieden bist", begann Minerva ohne Umschweife als sie Harry zum ersten Mal seit dieser im Raum war ansah.

Harry zuckte etwas unter den scharfen Worten zusammen, aber er traute sich zu sagen: „Minerva, du weißt so gut wie ich, dass ich ein Kämpfer bin. Ihr, du, der Orden und Dumbledore habt mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Ich bin kein Diplomat und ich werde es wohl nie sein."

Minerva liess sich nichts anmerken, aber sie war beeindruckt von Harrys Beharrlichkeit.

„Harry, du musst dich weiterentwickeln. Wir müssen dein Potential mehr ausschöpfen. Erst als du Verschwunden warst, ist dem Rat bewusst geworden, welche Hoffnung du für die magische Welt symbolisierst. Diese spezielle Kraft müssen wir nutzen, um den Krieg für uns zu entscheiden. Deswegen haben wir entschieden dich zu versetzen."

„Ich will aber nicht versetzt werden, ich will weiterhin Kommandant des „Dorfes" sein. Ich will Attacken gegen die Todesser, ja gegen Voldemort selbst, planen und ausführen. Ich will..."

„Harry", unterbrach ihn Minerva scharf, „glaubst du wirklich, es geht darum, was du willst? Das ist doch lächerlich. Dein Schicksal ist vorgegeben, das einzige, was du machen kannst, ist dich so gut wie möglich darauf vorzubereiten und dich damit abzufinden."

Harry war wie erstarrt und alle Farbe wich aus seinem Gesicht. Er hatte diese Worte schon tausende Male gehört, aber dies war das erste Mal seit seiner Rückkehr und jedes Wort traf ihn wie ein Schlag in den Magen. Trotzdem wollte er jetzt nicht einfach klein beigeben, zu intensiv hatte er sich in den letzten Monaten mit seinem Schicksal beschäftigt. Sein Kampfgeist war geweckt: „Und wenn ich dieses Schicksal nicht will? Wenn ich nicht die spezielle Kraft sein will?"

Minerva war mehr als überrascht, seit wann traute sich Harry ihr bei diesen Worten zu widersprechen? Aber sie fasste sich schnell wieder und erwiderte beinahe hämisch: „O doch, Harry, wie sehr du es willst. Dein ganzes Verhalten zeigt, dass du weißt, etwas besonderes zu sein, du merkst es nicht einmal mehr."

„Was?" war alles, was Harry herausbrachte.

„Nur deinem speziellen Status hast du es zu verdanken, dass du überhaupt noch für den Orden arbeiten kannst. Du kannst nicht nur für den Orden arbeiten, nein, du hast sogar die Ehre den Orden als Botschafter zu representieren. Harry, überleg doch einmal! Du warst ein halbes Jahr verschwunden, du hast dich unerlaubt von der Truppe entfernt, Harry, du bist ein Deserteur. Und du weißt ja, was denen blüht."

Harry schluckte, dieses Gespräch nahm eine Wendung, die er nicht vorausgesehen hatte.

„Aber du kommst zurück und stellst noch Forderungen. Harry, du weißt genau, dass du etwas besonderes bist und du nutzt diesen Status auch. Also komm mir nicht damit, dass du darunter leidest. Die vielen Vorzüge, die deine Position mit sich bringt, erfordern nun mal einige Opfer. Und daran solltest du dich in der Vergangenheit doch eigentlich mehr als gewöhnt haben."

„Aber", Harry stockte, „aber ich bin kein Deserteur. Ich bin doch zurück."

„Du hast dich unerlaubt von der Truppe entfernt und zwar für mehr als sechs Monate. Das macht dich zum Deserteur. Du warst selbst dabei, als der Rat diese Regelung verfasst hatte."

Harry schluckte abermals, ja, Minerva hatte Recht. „Aber ich hab' Snape zur Strecke gebracht", versuchte er sich zu verteidigen.

„Das ist ein anderer Punkt. Du hast eigenmächtig gehandelt. Der Rat hat dir diesen Befehl nicht erteilt. Du hast dich unnötig in Gefahr gebracht. Es war bereits geplant Snape zu töten. Eine Gruppe von Mitgliedern wurde trainiert, um ihn anzugreifen. Allerdings bist zu ihnen zuvor gekommen."

„Ich hatte es Dumbledore geschworen", unterbrach Harry sie.

„Harry, hör endlich damit auf! Du kannst nicht an vorderster Front kämpfen. Das Risiko, dass du verletzt oder gar getötet wirst, ist einfach zu gross. Das können wir uns nicht leisten. Wir hatten bereits die grössten Mühen das Volk zu beruhigen, nachdem du verschwunden warst ... ... Aber bevor wir dazu kommen, will ich wissen, ob du als Botschafter arbeiten willst oder nicht."

„Habe ich denn eine Wahl?" erwiderte Harry leise aber trotzig.

„Ehrlich gesagt, nein", bestätigte Minerva.

Harry nickte geschlagen.