TITEL: The past may sleep - But it NEVER dies
AUTOR: Nici Cavanaugh
TEIL: 12 von 12
FSK: ab 16 (um sicher zu gehen)
GENRE: Allgemein, Drama, Spannung
CHARAKTER(E)/PAAR(E): Annie, Woody, Jordan, Garret und der Rest
SPOILER: 3. Staffel
INHALT: An einem kalten Wintertag werden Annie, Woody und Garret zu einem Tatort gerufen, der ihr Leben nachhaltig verändern wird …
DISCLAIMER: Nichts gehört mir, alles gehört Tim Kring. Ich borge mir die Figuren und Orte nur aus und werde alles ordentlich gewaschen und gebügelt wieder zurückgeben! Nur die Handlung gehört mir.
WARNUNG: Es geht primär um einen Mordfall, in dem auch ein Baby verwickelt ist. Wer damit nicht klar kommt, sollte besser nicht weiterlesen.
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Epilog
„Es tut mir Leid, Mr. Quinn." Lily sah den Anwalt mit mitfühlendem Blick an und deckte die Leiche seiner Frau wieder zu.
„Dann ist sie nicht umgebracht worden?", fragte Quinn. Er wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und sah zu Garret, der auf der anderen Seite der Bahre stand und ihn beobachtete.
„Soweit wir wissen, hatte sie eine Fehlgeburt, Mr. Quinn", antwortete Garret. „Das Baby war tot, bevor es auf die Welt kam. Ich … Wir denken, dass Ihre Frau das nicht verkraftet hat. Die leere Packung Schlaftabletten und der hohe Anteil an Hypnotika und Tranquilizer lässt darauf schließen, dass Sie versucht hat, sich das Leben zu nehmen. Sie muss gegen den Pfosten des Bettes gefallen sein und hat sich dabei so schwer am Kopf verletzt, dass sie daran gestorben ist."
„Mein Gott." In Quinns Augen war echte Trauer und Bestürzung zu sehen. Er wandte sich kopfschüttelnd von der Bahre ab und ging ein paar Schritte.
„Ich hätte es wissen müssen", sagte er. „Sie war so … so depressiv in den letzten Wochen und Monaten. Ich habe das auf die Schwangerschaft geschoben, aber … Wäre ich nur nicht weggefahren, dann hätte ich das vielleicht verhindern können. Ich -"
„Wissen Sie, was Ihre Frau in Boston wollte, Mr. Quinn?" Woody stieß sich von der Wand ab und trat auf die Gruppe zu. „Warum war sie in Boston. Alleine. In ihrem Zustand."
„Ich weiß es nicht", antwortete Quinn. Er sah Woody mit demselben todbringenden Blick an, den der Detective ihm zugeworfen hatte und schüttelte den Kopf. „Ich habe mir die ganze Zeit schon den Kopf darüber zerbrochen, bin aber zu keinem Ergebnis gekommen. Vielleicht wollte sie zu mir kommen. In die Jagdhütte. Hätte sie doch nur angerufen, dann hätte ich sie geholt."
Woody seufzte und wandte sich von Quinn ab. Diese aufgesetzte Verzweiflung und Trauer machte ihn krank. Er hatte immer noch das Bild vom Vortag vor Augen, als er Quinn in Annies Wohnung getroffen hatte.
Wie konnte der Mann nur so um eine Frau trauern, die er schon kurz nach ihrem Tod mit einer anderen betrog – oder vielleicht hatte er es schon vorher getan. Mit Annie. Oder mit jemand anderem. Kein Wunder, dass seine Frau depressiv war und sich das Leben genommen hatte.
Woody hatte nicht mehr mit Annie gesprochen. Zweimal hatte er ihre Nummer schon gewählt, aber wieder aufgelegt, bevor sie sich melden konnte. Er wusste nicht, was er ihr sagen sollte oder wie er sich ihr gegenüber nach alldem normal verhalten sollte, wenn er doch ständig das Bild von ihr und Quinn vor Augen hatte.
Aber andererseits vermisste er Annie und hätte ihr gerne von ihrem Erfolg erzählt und seine Freude mit ihr geteilt. Vielleicht würde er sie später doch anrufen …
Er folgte Lily, Quinn und Garret nach draußen auf dem Flur, wo sich Garret von dem New Yorker Anwalt verabschiedete und in sein Büro zurückgehen wollte. Weit kam er allerdings nicht, weil Annie gerade aus eben diesem herauskam und ihm eine Akte entgegenhielt, über die sie scheinbar mit Garret sprechen wollte.
Woody blickte irritiert zu ihr und dann zu Quinn, der ebenfalls in diese Richtung starrte und Anstalten machte, zu Annie zu gehen. Als Annie ihn sah, konnte Woody selbst aus der Entfernung die Panik in ihren Augen sehen. Er trat einen Schritt auf Quinn zu, um ihm den Weg zu versperren und ihn in Richtung Schwingtür zu bugsieren, doch Quinn schob sich einfach an ihm vorbei.
„Annie, können wir bitte reden?" Quinns Tonfall klang eher wie ein Befehl, als wie eine Bitte und Woody spürte, wie sich ein dicker Knoten in seinem Magen bildete, der noch um einiges anschwoll, als er Annie soweit zurückweichen sah, bis sie schließlich in Garrets Büro verschwand und die Tür schloss.
Woody ließ Lily stehen, die das Ganze teilnahmslos beobachtete hatte, und mit Garrets Hilfe schafften sie es, Quinn dazu zu bewegen, das Institut zu verlassen, ohne eine Szene zu machen oder dafür so sorgen, dass Woody ihm festnehmen ließ. Eine kleine Drohung, dass er beim nächsten Mal einen Rundgang durch den Knast gewinnen würde, wenn er sich Annie auch nur näherte, konnte Woody sich dann doch nicht verkneifen und genoss die Resignation in Quinns Augen. Doch erst als Quinn sicher im Fahrstuhl stand, dessen Türen sich gerade vor ihren Augen schlossen, erlaubte Woody es sich, erleichtert auszuatmen.
„Was war das denn?", fragte Garret erstaunt. „Ich hoffe, es war nicht das, was ich denke, was ich war."
Woody sah Garret nervös an und zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung", log er, „aber vielleicht finde ich es heraus. Ich wollte sowieso mit Annie sprechen. Und wo sie schon mal da ist ..."
„Ich hatte gedacht, sie wäre beurlaubt", sagte Garret, während sie gemeinsam zu seinem Büro zurückgingen.
„Das habe ich auch gedacht", meinte Woody. „Aber scheinbar hat sich da was ergeben." Er sah Garret mit einem wissenden Grinsen an. „Sie wissen doch, wie das hier so ist. Für alles gibt es eine Ursache und auch ein Mittel, wie man diese bekämpft." Woody wusste, dass Garret ihn jetzt scheinbar für verrückt erklärte, aber er wollte dem Pathologen nicht auf die Nase binden, dass Jordan und er dafür gesorgt hatten, dass Marquette Walcotts Anordnung widerrufen hatte. Sie waren sich immer noch nicht sicher, in welcher Beziehung Garret und die Staatsanwältin zueinander standen, und er hatte auch keine Lust, in ein Fettnäpfchen zu treten und es sich so mit Garret zu verderben.
„Sagen wir mal so", erklärte er dann aber doch, nachdem er das große Fragenzeichen in Garrets Gesicht nicht länger ertragen konnte. „Es hat ein paar Missverständnisse gegeben, die wir aus der Welt schaffen konnten."
Ohne eine Reaktion abzuwarten, ließ Woody Garret stehen und betrat dessen Büro, wo Annie noch immer wartete.
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„Es tut mir Leid, Woody", sagte Annie leise. Sie hatte den Blick auf ihren Donut gerichtet, und wagte es nicht, Woody anzusehen.
Die beiden saßen gemeinsam in dem kleinen Diner in der Nähe des Instituts und tranken Kaffee. Woody hatte es sich nicht nehmen lassen, Annie in einen frühen Feierabend zu entführen.
Er war zwar immer noch verwirrt und ein wenig enttäuscht von dem, was passiert war, aber er war auch neugierig. Und Annie tat ihm Leid. Diese Panik, die sie vorhin in den Augen gehabt hatte, war so erschreckend echt gewesen, dass Woody einfach nicht anders konnte, als ihr eine Chance zu geben, sich zu erklären und die Sache wieder ins Reine zu bringen.
„Es ist schon in Ordnung, Annie", sagte Woody. „Dir muss es nicht Leid tun. Ich glaube, ich habe es verstanden. Du und dieser Quinn … ihr beide seid ein …"
„Wir waren", antwortete Annie leise. „Ich habe Max vor zwei Jahren kennen gelernt. Er ist mir ins Auto gefahren und … na ja, du kennst das doch aus den Filmen." Sie lächelte Woody traurig an. „Er hat mich ins Krankenhaus gefahren, sich um mich gekümmert und dann ist es halt einfach passiert. Ich habe mich in ihn verliebt. Und er sich in mich." Sie seufzte leise und sah Woody traurig an.
„Am Anfang war auch alles in Ordnung", fuhr sie leise fort. „Wir haben viel Zeit miteinander verbracht und waren glücklich. Doch dann … dann haben sich die Tage gehäuft, an denen er nicht zu mir kommen konnte, weil er irgendwelche Treffen mit Geschäftspartnern hatte oder auf Geschäftsreise musste. Das dachte ich zumindest."
„Aber in Wirklichkeit war er bei seiner Frau zuhause?", vermutete Woody.
Annie nickte. „Eines Tages hat er mir von ihr erzählt", sagte sie. „Ich war total geschockt und wollte mich sofort von ihm trennen, aber er hat mich bekniet und angefleht, dass ich ihm etwas Zeit lassen solle, bis er alles mit seiner Frau geklärt hat. Er hat behauptet, sie wären nur noch auf dem Papier verheiratet und nur noch wegen seiner Partnerschaft in der Kanzlei ihres Vaters zusammen. Er … er hat gesagt, sie würden sich nicht mehr lieben. Ich habe ihm geglaubt und gewartet, aber …"
„Er hat dich immer weiter hingehalten."
Annie nickte wieder und griff nach der Serviette, um sich die Tränen wegzuwischen. „Irgendwann habe ich dann erfahren, dass sie schwanger ist. Und da habe ich es nicht mehr ausgehalten und bin dann aus New York weggegangen. Ich war feige und bin einfach weggelaufen, Woody. Ich habe wirklich gedacht, ich könnte das alles hinter mir lassen und neu anfangen, aber es … es ging nicht. Plötzlich war alles wieder da. Plötzlich war er wieder da und ich war wieder zu feige, um ihn einfach wegzuschicken."
„Du warst nicht feige, Annie", sagte Woody leise. Er griff nach ihrer Hand und lächelte sie aufmunternd an. „Manchmal muss man einfach machen, was das Herz einem sagt. Du warst durcheinander und hast einfach nur instinktiv reagiert. Vielleicht … vielleicht hättest du stärker sein können, aber du warst es nicht. Nicht sofort. Aber dafür heute. Du hast dich gegen ihn gestellt und ihn weggeschickt. Das muss man dir hoch anrechnen, Annie. Niemand kann dir etwas zum Vorwurf machen. Und du solltest es auch nicht. Okay?" Annie nickte leicht. „Und was das andere betrifft … hat man eben manchmal keine andere Wahl. Manchmal kommt eben der Zeitpunkt, wo man dann einfach seine Sachen packen und irgendwo anders neu anfangen muss. Es geht oft nicht anders. Aber das ist auch nicht feige."
„Denkst du?", fragte Annie leise.
„Ja, das denke ich, Annie", sagte Woody ernst. Er spielte einen Moment lang mit dem Gedanken, Annie zu erzählen, warum und aus welchen Gründen er damals aus Wisconsin weggegangen war, entschied sich aber dagegen. Bisher hatte er noch mit niemandem darüber gesprochen, außer mit seinem Bruder Calvin. Und das wollte er auch nicht so schnell ändern. Ihm gefiel es, dass alle von ihm dachten, er wäre das Landei, das in der Großstadt sein Glück suchte. Warum sollte er daran etwas ändern?
„Und ich denke auch, dass man die Vergangenheit nicht einfach ruhen lassen kann und darf", fuhr er fort. „Das ist deine Vergangenheit, dein Leben, das dich zu dem gemacht hat, was du heute bist. Das kann und darf man nicht einfach ignorieren oder vergessen. Das gehört zu dir dazu. Das hat dich zu dem gemacht, der du bist. Verstehst du?"
Annie blinzelte ihre Tränen weg und sah Woody mit einem schwachen Lächeln an. „Ja, ich glaube, das verstehe ich. Aber ich … ich brauche wohl einfach ein bisschen Zeit, um mit mir selber wieder ins Reine zu kommen. Ich schäme ich einfach für das, was ich getan habe."
Woody war zwar der Meinung, dass Annie sich nicht zu schämen brauchte, trotzdem nickte er und widmete sich wieder seinem Donut.
Sie saßen eine Weile schweigend nebeneinander und tranken ihren Kaffee, bis das Klingeln von Woodys Handy die Stille zwischen ihnen brach.
„Officer Case hier, Detective. Wir haben einen Toten in der Boylston Street Nr. 449. Übernehmen Sie das?"
„Ein Mord?"
„Ich würde sagen, dass der alte Herr sich nicht absichtlich das Messer in den Rücken gerammt hat, Detective. Aber vielleicht vergewissern Sie sich selber."
„Ja, sicher", sagte Woody. „Bin schon unterwegs." Er klappte das Handy zu und steckte es in seine Jacke zurück, während er Annie ansah. „Sind Sie bereit für einen neuen Einsatz, Detective Capra?"
„Aber nur, wenn wir Ihren Wagen nehmen, Detective Hoyt", antwortete Annie. „Sie wissen doch, ich bin neu hier. Und wir wollen uns doch nicht verfahren."
Woody lachte und zog ein paar Scheine aus der Tasche, um zu zahlen, während Annie nach ihrer Jacke griff und ihn frech angrinste.
Als er ihr grinsend die Tür des Diners öffnete, sah Woody in ihren Augen wieder dieses alte Feuer flackern, das er so lange vermisst hatte. Noch lag zwar ein Schatten darüber, aber der würde auch noch verschwinden. Da war sich Woody sicher.
-Ende-
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Lesern und Reviewern bedanken, die mir so lange treu geblieben sind. Ich hatte zwischenzeitlich leider einige Hänger mit der Story, aber jetzt zum Ende ging es wieder erfreulich gut. Ich hoffe, die Geschichte hat Euch gefallen.