Kommt Zeit, kommt Rat
Disclaimer: Alle hier vorkommenden Charactere gehören J.K. Rowling. Eigentlich gehört ihr alles (wie frustrierend), außer die Handlung.
Pairing: Hm… lasst mich überlegen… ausnahmsweise mal: Harry/Draco. Später kommt ein bißchen Ron/Hermine hinzu.
A/N: Inspiriert zu dieser Story wurde ich von dem tollen Video "Time Is Running Out", und dem gleichnamigen Lied von Muse. Von Muse und Green Day Liedern habe ich auch die Überschriften der meisten Kapitel geklaut... Manchmal ein bißchen abgeändert. Die Story selber spielt im 6. Schuljahr von Harry, ist aber AU. Kein Halbblutprinz, der Harry und Draco das Leben schwer macht. Das können sie auch selber ganz prima.
Kapitel: 1 von 14. Jawohl, das Gröbste habe ich schon geschrieben, muss es nur noch überarbeiten. Vielleicht werden es ja auch mehr Kapitel, wer weiß das schon.
Wake Me Up When August Ends
Wenn der September begann, war das für Harry ein Grund zum Jubeln. Die Schule fing wieder an! Ein neues Jahr, das er ohne die Dursleys verbringen konnte. Okay, das konnte er auch die letzten beiden Wochen der Ferien, aber Schule war noch um einiges besser. Da sah er alle von seinen Freunden wieder. Und seinen Feind.
Harry und Ron hatten Glück und erwischten ein noch leeres Zugabteil im Hogwarts Express, obwohl der Zug jeden Moment abfahren würde. Ron ließ sich mit einem Seufzer in seinen Sitz fallen, als hätte er stundenlang Koffer geschleppt. Es waren höchstens fünf Minuten gewesen.
„Endlich Ruhe", stöhnte er.
„Musst du nicht ins Vertrauensschülerabteil?", fragte Harry. Ron schreckte auf. „Stimmt. Hermine wird ausflippen!", rief er, sprang auf und lief auf den Gang. Harry lächelte über seinen Freund, dann blickte er aus dem Fenster. Häuser zogen vorüber, da der Zug sich gerade in Bewegung gesetzt hatte. Die Stadt London ließ er schnell hinter sich, fuhr in eine ländlichere Gegend.
Die Tür glitt auf und kurz drang der Lärm vom Gang herein, bis sie wieder geschlossen wurde.
„Hi Harry!"
Harry wandte den Kopf. „Hi Neville. Wie waren deine Ferien?"
Neville setzte sich auf den Sitz Harry gegenüber. „Gut. Oma hat versucht, mir Nachhilfe in Zaubertränke zu geben, damit ich es eventuell doch noch belegen kann, aber sie hat es nach einer Woche wieder aufgegeben. Und bei dir?"
Harry zuckte mit den Schultern. „Also, die ersten Wochen waren schrecklich. Mein Cousin ist noch größer und dicker geworden, daher auch meine blauen Flecken."
Harry zeigte auf seinen rechten Unterarm. Neville verzog das Gesicht. „Autsch."
Harry nickte. „Aber ansonsten okay, ich war dann bei Ron und seiner Familie im Fuchsbau. Sein Bruder Bill war da und wir haben viel Quidditch gespielt."
„Das hört sich doch super an", sagte Neville. Sein Blick schweifte aus dem Fenster.
„Wer denkst du, ist dieses Jahr Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste?"
„Slughorn heißt er. Weiß nicht, ob du ihn kennst, wirst ihn schon noch früh genug sehen...", sagte Harry abwesend. Auch er blickte nach draußen, seine Gedanken auf das kommende Jahr gerichtet. Er hatte Malfoy noch nicht gesehen, und Harry sah ihrem Wiedersehen mit gemischten Gefühlen entgegen.
„Wo sind Ron und Hermine?", fragte Neville, während er etwas aus seiner Tasche zog.
„Bei den Vertrauensschülern. Hast du eine Neue?"
Neville nickte. „Trevor konnte ich nicht mehr finden. Zuerst war er immer im Teich im Garten zu finden, aber in der zweiten Woche ist er komplett verschwunden. Hoffe nur, Groggy verschwindet nicht so oft", sagte er, während er seine Kröte, die träge quakte, streichelte. Dann ließ er sie zurück in die Tasche gleiten.
„Ich gehe mal wieder zu den anderen. Willst du nicht mitkommen, solange Ron und Hermine noch nicht zurück sind?"
„Nein, ich will unser Gepäck nicht unbewacht lassen", sagte Harry.
„Na ja, wir sehen uns dann beim Festessen", verabschiedete Neville sich und verließ das Abteil. Als sich die Tür hinter ihm schloss, richtete Harry seine Aufmerksamkeit wieder nach draußen. Wilde Landschaft erstreckte sich nun soweit das Auge reichte. Es dauerte nicht lange, da kamen Ron und Hermine hereingeplatzt. Ihr Gelächter schreckte Harry aus seinen Tagträumen auf.
„Und?", fragte Harry, als sie sich setzten.
„Was und? Alles wie immer", meinte Hermine. „Gleich kommt der Süßigkeitenwagen vorbei, und ich habe Hunger."
Ron nickte, bevor er sich an Harry wandte. „Etwas war aber komisch, das muss selbst Hermine zugeben: Malfoy hat aufgehört, Erstklässler zu tyrannisieren."
„Echt?"
„Jaah. Oh, da ist ja der Wagen!" Ron sprang auf und kramte in seinen Taschen nach Geld. Harry hatte keinen Appetit auf Süßigkeiten. Stattdessen nutzte er die Zeit, in der die beiden mit Kaufen beschäftigt waren, um darüber nachzudenken, warum Malfoy sich so ungewöhnlich verhielt. Vielleicht hatte er Besseres zu tun. Oder ihn langweilte das Tyrannisieren langsam.
„Und denkt ihr, er wird auch aufhören, uns zu ärgern?", fragte Harry leicht besorgt. Das wäre dann der Anfang vom Ende, seine einzige Kommunikationsmöglichkeit mit Malfoy, einfach nicht mehr existent?
„Wer?", fragte Ron, den Mund voller Schokolade.
„Malfoy!"
„Ach! Das wäre zu geil! Ich glaub es zwar nicht, aber man sollte die Hoffnung nie aufgeben." Hermine nickte. Sie aß ein Stück Apfelkuchen. Ron hielt Harry Schokofrösche hin. „Auch einen?"
Harry schüttelte den Kopf. Ron zuckte nur mit den Schultern und schmiss sie auf den leeren Sitz neben sich. Sie vertrieben sich die Zeit bis zur Dämmerung damit, über die Ferien und den neuen Lehrer zu reden. Dann fand Hermine, dass es Zeit wurde, die Schulumhänge anzuziehen.
„Malfoy ist nicht gekommen", stellte Harry fest.
„Ja, du hast Recht, wirklich erfreulich!", sagte Ron grinsend.
„Jetzt trödelt doch nicht!" Hermine war schon fertig, während Harry und Ron noch beim Umziehen waren. „Ja, ja, schon gut", murrte Ron.
Als sie in die Kutschen stiegen, und als sie in die Eingangshalle, und von dort aus in die Große Halle gingen, immerzu ließ Harry seinen Blick über die Menge schweifen. Er entdeckte viele vertraute Gesichter, die ihm zulächelten und winkten, doch eins fehlte (und es hätte ihn nicht angelächelt oder gar gewunken).
Ron stieß Harry in die Seite und deutete auf ein Mädchen. „Sie hat dir gewunken, Harry!"
„Na und? Das ist schon längst vorbei. Nicht, dass da jemals etwas war", sagte Harry, „Wir sind Freunde."
„Ja, aber bestimmt ist sie endlich über Cedric hinweg. Vielleicht hast du ja noch eine Chance!"
„Ron! Erstens ist es doch deutlich, dass Harry nicht mehr an Cho interessiert ist, und zweitens, wecke nicht alte Schuldgefühle!", sagte Hermine, während sie sich an den Tisch setzten.
„Sorry, Kumpel", meinte Ron und starrte hungrig auf die noch leeren Schüsseln. Harry hörte nur noch mit halben Ohr zu, denn er hatte einen Blondschopf am Slytherintisch ausgemacht, einen außergewöhnlich hübschen in seinen Augen. Dieser hob nun die Augen und ihre Blicke trafen sich. Der Blick, mit dem Malfoy ihn bedachte, war ein kalter, abschätzender Blick, doch Harry genügte es. Wärme breitete sich in seinem Magen aus.
Er grinste Seamus, der sich gerade ihm gegenüber niederließ, an. „Na Harry, so fröhlich am ersten Schultag?", fragte er. Harry nickte, während Hermine ihn abschätzend ansah. „Jetzt sag nicht, du willst doch noch etwas von Cho?", fragte sie.
Harry schüttelte den Kopf. „Und warum hast du dann diesen verträumten Blick drauf? Oder irre ich mich da?" Hermines Stimme hatte einen zweifelnden Ton angenommen. Sie besaß normalerweise genauso viel Menschenkenntnis wie Arithmantikkenntnisse, vor allem bei ihrem besten Freund.
„Du irrst dich. Kann gar nicht sein, nein, nein. Psst, Dumbledore will etwas sagen!"
Tatsächlich hatte Dumbledore sich erhoben und hob eine Hand. Während er zur Rede ansetzte, huschten Harrys Augen immer wieder vorbei an Seamus zum Slytherintisch, auf den er einen tollen Ausblick hatte. Auch wenn Draco nicht mehr hinüber blickte, angucken reichte Harry. War es doch das Einzige, was er jemals tun konnte.
„Oh Mann, das kann er uns nicht antun, nein!", rief Ron links neben Harry aus. Ein Gemurmel erhob sich in der Halle. „Was denn, was ist?", fragte Harry.
„Hast du nicht zugehört? Snape unterrichtet jetzt Verteidigung gegen die dunklen Künste, während Slughorn Zaubertränke gibt!"
„Oh Mist, gerade, wo wir Zaubertränke abgewählt haben! Dieses Jahr wird die Hölle", stellte Harry fest.
„Du sagst es!" Ron stützte seinen Kopf mit seinen Händen ab. „Ich habe schon fast keinen Appetit mehr."
In diesem Moment verkündete Dumbledore den Anfang des Mahls und die Schüsseln füllten sich mit Kartoffelbrei, Hähnchenkeulen, Rosenkohl, Salaten und jede Menge anderer Speisen. Ron zog die Schüssel mit den Hähnchenkeulen zu sich.
„Wie gesagt, fast", meinte er, als er sich auftat. Harry lachte. Im Prinzip hatte er selber keinen Appetit, er war den ganzen Tag so aufgeregt gewesen und jetzt war es nicht besser. Aber er hatte auch den ganzen Tag nichts gegessen und Hunger machte sich bemerkbar.
-ooo-
„Harry, komm schon, ich habe Hunger!", forderte Ron ungeduldig. „Ja, ja", meinte Harry, „warum gehst du nicht schon einmal vor?"
„Was ist denn so schwer daran, deine Sachen ein bißchen schneller wegzuräumen? Komm, ich helfe dir!"
McGonagall war gleich am ersten Tag zu ihnen gekommen und hatte sie gefragt, ob sie nicht doch noch am Zaubertrank- Unterricht teilnehmen wollten. Harry und Ron hatten begeistert zugestimmt, während Hermine dankend abgelehnt hatte.
Ron wollte Harrys nun leeren Kessel nehmen, aber Harry hielt ihn zurück. „Nein, wirklich. Ich mach das schon. Geh zum Essen, ich komme gleich nach. Slughorn will auch noch mit mir reden, siehst du?"
Slughorn stand am Pult und schaute zu ihnen hinüber, dann setzte er sich in Bewegung.
„Harry, ich habe ein Anliegen, wegen einem kleinen Treffen... nur du und ich und die anderen Slug- Club- Mitglieder", grinste er. Ron drehte unverhohlen die Augen gen Himmel und stöhnte. „Ich bin in der Großen Halle, Harry!"
Harry schaute Ron hinterher, dann schweifte sein Blick wie zufällig über die restlichen noch anwesenden Schüler (es waren nicht sehr viele) und kehrte dann zu Slughorn zurück.
„Wann hast du Zeit?", fragte er. Sein Schnauzbart tanzte dabei auf und ab, aber Harry achtete nicht darauf.
„Hm, ich spreche das mit Hermine ab, und sag ihnen nächste Stunde Bescheid." Harry nahm nun seinen Kessel, achtete nicht weiter auf Slughorn und stellte ihn zu den anderen Kesseln. Dabei kam er Malfoy in die Quere.
„Potter, warum so eilig? Heute noch was vor?", schnarrte er. Über Harrys Gesicht huschte ein kleines Lachen, als er seinen Kessel verstaute. Schnell unterdrückte er es und drehte seinem „Feind" sein Gesicht zu.
„Natürlich habe ich heute noch etwas vor, Malfoy. Sag bloß, du nicht? Haben die bösen Slytherins etwa Pläne ohne den armen kleinen Draco gemacht?", antwortete er. Malfoy schubste ihn unwirsch zur Seite und stellte seinen Kessel in die Kammer. „Potter, glaub bloß nicht, ich falle auf so eine Provokation herein. Ich habe doch gesehen, wie du dich bei Slughorn eingeschleimt hast. Nutzt wohl jede Gelegenheit, in Zaubertränke mal eine gute Note zu bekommen?" Er drehte sich Harry zu und verschränkte die Arme.
„Jetzt ist aber genug, Jungs, ich möchte auch mal zum Essen kommen", sagte Slughorn, der angetrödelt kam. „Also raus hier, ihr Nachzügler! Harry, vergiss nicht, deinen Terminkalender zu checken!"
Harry nickte und ging schnellen Schrittes raus. In dem Gang hörte er hinter sich ein Lachen und blickte kurz zurück. Draco holte ihn ein. „Na, Potter, ist denn dein Terminkalender auch nicht zu voll? Hast du auch noch Zeit für Slughorns Fanclub?"
Er hielt sich den Bauch vor Lachen. Harry hatte keine passende Erwiderung parat.. Er schluckte und achtete darauf, Fuß vor Fuß zu setzen, ein schwieriges Vorhaben, wenn man dicht neben Draco lief.
Schließlich erreichten sie die Treppe, Malfoy eilte hinauf, schlüpfte durch die Tür und knallte sie vor Harrys Nase zu. Harry seufzte. Der würde sich niemals ändern, nicht in hundert Jahren. Vielleicht sollte Harry ihn aufgeben, dann ehe Malfoy sich auch nur mit ihm anfreundete, wurde Sirius aus dem Reich der Toten wiederkehren.
Harry ging in die Halle und setzte sich neben Ron, Crabbes, Goyles und Malfoys Lachen ignorierend.
„Wo warst du denn, Kumpel? Hat Slughorn dich so lange aufgehalten?" Harry nickte, was Ron aber nicht sah, da er mit seinem Kopf ziemlich nahe an seinem Teller war. So war der Weg zum Mund kürzer und er konnte das Essen schneller in sich hineinschaufeln.
„Ja. Ich soll ihm bald sagen, wann ich Zeit für eins seiner Treffen habe. Malfoy fand das sehr lustig."
Ron grunzte, zu mehr Geräuschen war er im Moment nicht fähig. Er schluckte schnell und sagte dann: „Dem sollte mal jemand so richtig eins auswischen."
„Ach, das wird nichts nützen. Solche Menschen ändern sich nicht. Er ist eben verzogen, im Grunde ist das ja die Schuld seiner Eltern."
Ron grunzte wieder, diesmal als Kundgebung seiner Missgunst, dann war schon der nächste Schub Pommes in seinem Mund verschwunden.
Harry aß nichts. Seine Beine zeigten noch einen gewissen Grad an Schwachheit, und dass Draco vom anderen Tisch aus immer noch lachte und Harry dauernd seinen Blick auffing, hatte nicht gerade positive Auswirkungen auf seinen Magen.
Als Ron aufstand, sträubte alles in Harry sich dagegen, die Halle zu verlassen. Trotzdem stand er auch auf.
„Was ist eigentlich los, Harry, in den letzten Tagen hast du so wenig gegessen!", sagte Ron, während sie hinaus gingen. Harry sah ihn überrascht an. Normalerweise bemerkte Ron so etwas nicht, er hatte es schon am Ende des letzten Jahres nicht bemerkt. Nur Hermine, aber ihr hatte er eine Lüge von Nervosität auf die bevorstehenden Sommerferien auftischen können. Harry wusste selber nicht, was in ihn gefahren war, aber er hatte damals bemerkt, dass Malfoy eine ganz spezielle Macht auf ihn ausübte.
„Ich... Keine Ahnung. Vielleicht werde ich krank."
„Und manchmal bist du so abwesend. Hermine hat gesagt, du siehst verliebt aus, aber ich dachte eigentlich, Cho ist aus dem Rennen." Ron ließ seine Finger beim Gehen am Treppengelände entlang fahren.
„Ist sie ja auch", bestätigte Harry.
„Also... wer ist es?"
„Niemand. Ich... manchmal denke ich noch an Sirius. Ich weiß, ich sollte nicht, aber ich gebe mir die Schuld für seinen Tod. Und dann sehe ich wieder die Bilder von Cedric..."
Ron schluckte, ihm schien dies alles unbehaglich zu sein. „Das dachte ich mir schon. Hermine wollte nur.." Ron verstummte. „Hey, ist in Ordnung, Ron. Lass sie, sie ist ein Mädchen und vermutet hinter allem eine Romanze, vermute ich."
„Gut", sagte Ron erleichtert. Harry jedoch fühlte sich ein bißchen schuldig, seinen besten Freund anzulügen fiel ihm nicht gerade leicht. Aber was er gesagt hatte, entsprach der Wahrheit. Das meiste.
-ooo-
Harrys Kopf rutschte ihm von den Händen und knallte auf seinen Pult. Der Laut, den er dabei verursachte, erweckte die Aufmerksamkeit einiger um ihn herum sitzenden Schüler, er selber wurde von dem Schmerz wach und schaute sich verwirrt um.
Seamus grinsendes Gesicht schaute ihn von rechts an. „Na, Harry, Langeweile?" Harry nickte einfach und blickte nach links, wo Ron saß. Er reckte einen Daumen in die Höhe. Professor Binns redete munter (oder auch nicht so munter) weiter, er hatte nichts mitbekommen.
Harry beschloss, dass er unbedingt Schlaf brauchte. Er stand auf. „Professor?", rief er. Binns schaute auf.
„Darf ich in den Krankenflügel? Mir ist so schlecht", fragte Harry. Binns nickte, woraufhin Harry das Klassenzimmer unter neidischen Blicken verließ.
„Das hält ja kein Mensch aus", murmelte er auf dem Weg zum Gryffindorturm. Erst recht nicht, wenn man die letzten Nächte kaum geschlafen hatte. Und wer war Schuld daran? Malfoy, wie konnte es auch anders sein. Harry hatte nicht vor, etwas zu unternehmen, um ihn zu erobern, hatte es nie vorgehabt. Das wäre von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Trotzdem durfte er sich doch Gedanken machen, wenn nötig eben auch bis spät in die Nacht.
Manchmal in diesen Nächten stellte Harry sich vor, wie es wäre, wenn er Draco eindeutige Signale geben würde. Und wie dieser reagieren würde. In der Realität und im Idealfall, wobei letzteres Harry natürlich besser gefiel. In der Realität würde er wahrscheinlich gar nicht mitbekommen, was Harry von ihm wollte (oder, noch schlimmer, ihn auslachen). Und Harry selber wusste, dass er in einer eindeutigen Situation kein Wort herausbringen würde.
Draco Malfoy ging alleine einen sehr langen Gang hinunter, als plötzlich wie aus dem Nichts Harry Potter vor ihm stand und ihn anlächelte. Draco blinzelte. Warum lächelte Potter? Ein Blick über die Schulter verriet ihm, dass sie alleine waren und Harry nur ihn meinen konnte.
„Ach, Draco", säuselte Harry, „Ich habe dich schon überall gesucht!"
„Was willst du, Potter?", fragte Draco verächtlich. Und auch verunsichert, denn dies hier entsprach nicht dem, was er gewöhnt war.
„Das hier", sagte Harry. Mit einem Schritt schloss er die Distanz zwischen ihnen und Draco sah schwarz. Schwarze Haare, bevor er automatisch seine Augen schloss und sich auf seine Lippen konzentrierte, an denen Harry Potter nagte.
Dann löste er sich und schaute in Harrys grüne Augen.
„Das wurde aber auch Zeit", sagte er, dann zog er Harry mit beiden Armen zu sich und wiederholte den Kuss.
Harry erreichte den Turm und begab sich in den Schlafsaal, legte sich dort auf sein Bett und schloss die Augen.
Er erwachte eine Stunde später, als Ron ihn wachrüttelte. „Harry! Essen, und diesmal wirst du etwas zu dir nehmen!"
„Ja, ja", grummelte Harry. Er setzte sich auf und fuhr sich durch die Haare, die ziemlich durcheinander waren. Aber war das etwas Neues? Er hatte es aufgegeben, dagegen anzukämpfen.
Auf dem Weg zur Halle trafen sie Neville. „Hi Neville", sagte Harry, „Wie geht es Groggy?"
Ron schaute ihn verständnislos an, aber Neville sagte: „Gut! Er ist das perfekte Haustier, schläft die meiste Zeit und so!"
„So wie Krätze früher", meinte Ron.
„Krätze war aber ein echt widerlicher Mann, der Cedric getötet hat", erinnerte Harry ihn.
„Ja, aber abgesehen davon war er das perfekte Haustier!"
„Ja, abgesehen davon, das stimmt", lachte Harry. Ron klopfte ihm auf die Schulter. Dann kamen sie in die Halle. Harry suchte automatisch den Slytherintisch mit den Augen ab, Ron stürmte automatisch zu ihrem Stammplatz und tat sich Essen auf.
Seufzend ließ sich Harry neben Ron und Hermine nieder. Er würde wohl etwas essen müssen. Als er seinen Teller zur Hälfte geleert hatte, sah er Draco frühzeitig den Tisch und die Halle verlassen.
„Ich muss weg!", sagte Harry und schob den Teller fort.
„Nichts da, du isst zuende!", befahl Hermine.
„Es ist wirklich wichtig", sagte Harry. „Ich... muss ganz dringend auf Klo."
„Kannst du nicht einhalten?"
„Harry schüttelte den Kopf. „Ich komme auch gleich wieder", versprach er, dann stand er auf und verließ die Halle.
Was zum Teufel tat er gerade? Er wusste noch nicht einmal, was er Malfoy sagen wollte, wenn er ihn einholte. Und dass sein Vorhaben idiotisch war, musste ja nicht erst erwähnt werden.
Die Tür zu den Kellern schwang gerade zu. Harry eilte dahin und stürzte die Treppen herunter. Malfoy war nur noch zehn Meter vor ihm... Seine Schritte hallten im Keller wider, genauso wie Dracos. Malfoy warf einen Blick nach hinten und blieb unwillkürlich stehen, als er sah, wer da hinter ihm ging.
„Potter, du hast hier nichts zu suchen! Muss ich dir etwa Punkte abziehen?"
„Ich darf hier sein, Malfoy, genauso wie du in der Nähe des Gryffindorturms sein dürftest!", sagte Harry. Er hatte das Gefühl, dass sein Gehirn leergefegt worden war, und wenn ihm ein Gedanke kam, sprach er ihn schnell aus, bevor er ihn wieder vergaß.
„Beim Gryffindorturm, so, so. Was sollte ich da wollen? Und was willst du hier?" Draco stemmte die Hände in die Hüften und wartete auf eine Antwort.
„Ich muss zu Snape", sagte Harry.
„Wieso?", fragte Draco.
„Geht dich nichts an", sagte Harry. Wenn er sich bloß etwas ausdenken konnte. Wenn die Gegenwart von Draco bloß nicht seinen Puls zum Rasen und seine Handflächen zum Schwitzen bringen würden.
„Na schön. Ich bringe dich zu ihm." Draco grinste, als wüsste er, dass es nur eine Ausrede war.
„Das wird nicht nötig sein." Harrys Hals war trocken. „Ich finde den Weg selber, vielen Dank."
„Zufälliger Weise war ich auch gerade auf dem Weg zu ihm", meinte Draco.
„Und mir ist gerade eingefallen, dass ich mein Problem auch mit McGonagall besprechen kann", sagte Harry und machte auf dem Absatz kehrt. Mit einem Satz war Malfoy neben ihm und hielt ihm am Arm fest. Harry glaubte unter dieser Berührung explodieren zu müssen. Nach dem Kribbeln, das sich an dieser Stelle ausbreitete, zu schließen.
„Potter! Was hattest du wirklich vor?"
Harry riss sich los, das war ja nicht auszuhalten. Doch augenblicklich bereute er das, schon fast schmerzlich verzerrte sein Arm sich wieder nach Dracos Hand.
„Weißt du was? Das wirst du nie erfahren!" Harry wollte ja schon gerne etwas Nettes sagen. Aber Malfoy konnte man nur auf seine eigene Art begegnen.
Draco stieß ihn wütend gegen die Wand. „Au!", entfuhr es Harry. Draco legte seine Hände neben Harrys Schultern und sah zornig auf ihn hinunter.
Harry drückte sich so feste an die Wand wie es ging. „Lass mich in Ruhe, Malfoy!"
Zu Harrys Erstaunung trat Draco einen Schritt nach hinten. Harry brachte nichts zustanden, außer die ganze Zeit in diese Augen zu starren, diese wunderbaren Augen. Sie waren an allem Schuld, warum taten sie so, als gehörten sie nicht der gemeinsten und undurchdringlichsten Person in Hogwarts?
„Du bist die Mühe nicht wert", sagte Draco kühl, dann wandte er sich ab und ging den Gang hinunter. Harry konnte sich nicht rühren. Seine Beine gaben nach und er rutschte die Wand hinunter, seine Augen füllten sich mit Tränen.
o TBC o
