AN: Um es kurz zu machen: Fragen, Reviews und generell Feedback ist immer willkommen. (Gerne auch per e-mail.) Viel Spaß beim Lesen! Irrlicht & Jenna
Kapitel 1
Es war das erste mal in seinem Leben, daß er Angst hatte. Er war immer stark und furchtlos gewesen, ein geschickter, schneller und tödlicher Krieger, mutiger als viele seiner Rasse und waghalsiger als die meisten. Nie hatte er dabei den Überblick über die Situation verloren, nie hatte er wirklich um sein Leben bangen müssen, nie hatte sich etwas seiner Kontrolle entziehen können. Er war ein Krieger des alten Elbengeschlechts, stolz, edel und mehrere tausend Jahre alt. Eine Zeit, die einer halben Ewigkeit nahe kam, eine Zeit, in der er so viel gelernt hatte, in der seine Weisheit und Kampfkunst ins Unermeßliche gewachsen war. Und nun war er am Ende. So plötzlich, so unvermutet.
Der Kontrolle über seinen eigenen Körper beraubt, schleppte er sich nurnoch langsam vorwärts, durch das Dickicht des Waldes. Es grenzte an ein Wunder, daß er sich überhaupt noch vorwärts bewegte, denn er fühlte kaum eine der Bewegungen, die er machte. Aber das war nicht das schlimmste. Das, was ihm wirklich Angst macht, war nicht die Tatsache, daß sämtliche Energie, die er jemals besessen hatte, langsam aus seinem Körper wich, sondern, daß mittlerweile sogar seine übernatürlichen Sinne versagten. Und gerade auf sie war er in einer Situation wie dieser so sehr angewiesen. Er war somit jeglicher Waffen beraubt, die das Überleben eines Elben sonst sicherten. Und der Feind war nah. Das war das einzige, was er noch fühlen konnte, außer der Angst, hervorgerufen durch diese entsetzliche Hilflosigkeit. Aber dennoch war er nicht bereit aufzugeben, nicht, solange es noch Leben in ihm gab, selbst wenn es nur ein kleiner Funken war.
Er mußte über etwas gestolpert sein, denn plötzlich kippte sein so mühsam aufrecht gehaltener Körper nach vorn, schlug gegen einen Baumstamm, um dann seitlich an ihm voreizugleiten. Er versuchte, seine Arme hochzureißen, sich irgendwo festzuhalten, und bekam schließlich einen Ast zu fassen. Doch seine übrig gebliebenen Kräfte reichten nicht aus, um sich vollends vor dem Sturz zu bewahren. Kleine Zweige schlugen in sein schönes Gesicht, als er zu Boden ging, in ein Gebüsch stürzend, und zerkratzten seine glatte Haut. Er versuchte sich abzurollen und landete unsanft auf den Wurzeln eines Baumes. Für einen Moment blieb er reglos liegen, schwer atmend und völlig erschöpft. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn, alles drehte sich um ihn und sein Herz schlug schnell und hart in seiner Brust. Er hoffte, mit ein paar Sekunden Ruhe, vielleicht etwas Kraft sammeln zu können, doch ihm wurde schnell bewußt, daß genau das Gegenteil eintrat. Je länger er lag, desto müder wurde er. Das Gift in seinem Körper machte keine Ruhepause.
Er atmete tief durch und versuchte sich hochzustemmen, doch seine Arme brachten nicht mehr als ein verzweifeltes Zittern zustande. Es war vorbei. In diesem Augenblick war alles vorbei. Er konnte hören, wie sie kamen. Das Knacken von Zweigen unter ihren Füßen, das Rascheln von Blättern, und schließlich ihr Atmen und leise Stimmen. Sie würden ihn nicht am Leben lassen. Sie würden das, was sie von ihm erfahren wollten, aus ihm herausholen und ihn dann töten. Und er hatte noch nicht einmal mehr die Kraft, um sich umzudrehen und seinen Henkern ins Gesicht zu sehen. Jetzt waren sie da, er konnte fühlen, wie sie hinter ihm standen und ihn anstarrten. Es vergingen ein paar Minuten, wortlose, reglose Minuten, Minuten, die ihm wie eine Ewigkeit vorkamen. Doch schließlich packte ihn jemand am Arm und drehte ihn um. Er sah in ein Paar smaragdgrüne Augen. Kalte Augen. Die Augen eines Killers. Ja, es war vorbei.
