Anmerkung: Der Dialog ist natürlich aus der Folge geborgt. Ich liebe diesen Dialog ja und die ganze Szene. Ich hoffe, ich kann sie so rüber bringen, wie sie es verdient.
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Semir hatte Brandt's etwas außergewöhnliche Wohnung ja eigentlich schon zwei Mal kurz gesehen. Beide Male hatte er den verwundeten Mann zu Hause abgeliefert und war dann ziemlich schnell wieder gegangen. So richtig Zeit hatte er also noch nicht gehabt, die Wohnung genauer zu begutachten.
Jetzt schaute er sich in dem umgebauten Fabrikgebäude interessiert um. Die Wohnung passte zu dem Ex-Drogenfahnder. Sie war auch etwas unkonventionell und außerdem weit weg von irgendwelchen Wohnsiedlungen. Anscheinend hatte Brandt schon vor seinem Gefängnisaufenthalt weite offene Räume und Abgeschiedenheit bevorzugt.
In den Regalen türmten sich Bücher, ein alter Sandsack hing von der Decke in was wahrscheinlich das Wohnzimmer war, wenn man diese Wohnung so konventionell aufteilen konnte, und hinter der Treppe konnte Semir die Ducati stehen sehen.
Irgendwie erinnerte ihn Brandt's Wohnung ein bisschen an Jan's. Obwohl, dessen Wohnung war vergleichsweise sehr übersichtlich gewesen und hatte etwas von einer Kreuzung zwischen einem Kampfsportstudio und einer Motorradwerkstatt gehabt.
Junggesellen, dachte Semir nur. Obwohl, irgendwie gehörte er jetzt ja leider auch wieder in diese Kategorie. Im Moment kam er ja gerade bei Dieter unter, aber was er in Zukunft machen sollte, wusste er absolut noch nicht.
Brandt hatte ziemlich schnell auf sein Klopfen reagiert und kam zügig die Treppe herunter. Der misstrauische Mann hatte eindeutig nicht mit Besuch gerechnet und sich vorsichtshalber eine Waffe geschnappt, bevor er nachgesehen hatte, wer denn vor der Tür stand.
Semir wollte nicht wissen, ob der Ex-Polizist die Waffe überhaupt haben sollte.
Als er den älteren Mann in seiner Tür stehen sah, hielt Brandt überrascht, aber auch offensichtlich beruhigt, etwas in seinen Schritten inne und kam den Rest der Stufen deutlich verhaltener herunter.
Semir war froh zu sehen, dass der junge Mann deutlich besser als vor noch vor zwei Tagen aussah, als er ihn und sein Motorrad mitten im Nirgendwo aufgelesen hatte.
Brandt war nicht mehr totenblass, das Veilchen war deutlich schwächer geworden, und der verletzte Mann schien sich fast schmerzfrei zu bewegen. Obwohl Semir selbst schon genug angeschlagene Rippen gehabt hatte, um zu wissen, dass das wahrscheinlich nur Schau war.
Auf dem Weg zu Semir hatte Brandt die Waffe weggesteckt. Jetzt ließ er sich vor dem Autobahnpolizisten auf das Sofa fallen und sah den Deutsch-Türken prüfend an.
„Haben Sie nichts Besseres zu tun, als arbeitslose Kollegen zu besuchen?", fragte er scherzhaft mit einem leichten Grinsen in seinen Augen.
Das war allerdings auch alles, was der ehemalige V-Mann in diesem Moment von sich preisgab. Seinen Schutzwall hatte er wieder vollkommen aufgerichtet und er blockte Semir mit dem leicht angedeuteten schiefen Grinsen ab, das nichts über seine eigentliche Gefühlswelt verriet.
Semir musste kein Psychologe sein, um zu wissen, dass Brandt damit seine Überraschung über Semir's Besuch und auch seine Unsicherheit darüber, was der Deutsch-Türke von ihm wollte, überspielen versuchte.
Und dann war da ja noch die Tatsache, dass Semir das F-Wort hatte fallen lassen, als er den gestrandeten Mann mit dem Transporter nach Hause gefahren hatte.
Nachdem der junge Mann sich mit dem Motorradfahren etwas übernommen hatte, war er zu fertig gewesen, um die Mauer um sich herum aufrechtzuerhalten, und Semir hatte deutlich sehen können, wie sehr Brandt die wohlüberlegte Bemerkung des Deutsch-Türken durcheinander gebracht hatte.
Er hatte damit dem jüngeren Mann zu denken geben wollen, und das hatte er auf jeden Fall geschafft. Trotzdem hatte dieser seine Haltung dem Autobahnpolizisten gegenüber nach außen hin bisher nicht merklich verändert.
Aber hoffentlich würde sich diese Distanz Semir gegenüber ja geben, wenn sie erst einmal eine Weile miteinander zusammengearbeitet hatten und Brandt gemerkt hatte, dass er dem älteren Mann vertrauen konnte.
Aber um daran in ihrer zukünftigen Partnerschaft arbeiten zu können, musste Brandt erst einmal zusagen, und dafür, musste Semir ihn auch erst einmal fragen.
„Es gibt Neuigkeiten", antwortete Semir dann auf Brandt's indirekte Frage und konnte dabei seinen ‚Ich weiß etwas, was Du nicht weißt' Ton und das leichte Schmunzeln nicht ganz verbergen.
Dann warf er seinem hoffentlich zukünftigen Partner den Schlüssel zu dem Mercedes zu, den die Krüger schon als Brandt's Dienstwagen organisiert hatte, in der Hoffnung, dass der junge Mann zusagen würde.
Brandt fing ihn sicher mit der linken Hand auf und musterte den Autoschlüssel für einen Moment nachdenklich. Einen flüchtigen Augenblick lang hatte Semir Überraschung in Brandt's Gesicht erkennen können, als der begriffen hatte, was genau ihm der Autobahnpolizist da zugeworfen hatte.
Doch er hatte sich schnell wieder gefangen und als er nach einem kurzen Moment wieder Semir ansah, konnte der wieder nichts mehr in Brandt's Gesicht lesen.
„Sind sie sich sicher?", fragte der jüngere Mann dann Semir mit einem halb skeptischen und halb herausfordernden Ton, der wieder von einem schiefen Grinsen begleitet wurde.
„Kein bisschen", gab Semir in fast dem gleichen Ton wie Brandt zu und grinste dabei leicht.
Und das war die absolute Wahrheit. Er wusste, dass die Partnerschaft zwischen ihnen beiden gerade am Anfang wahrscheinlich nicht ganz einfach werden würde. Aber er hoffte wirklich, dass sie sich zusammenraufen würden, wenn sie erst einmal eine Zeitlang miteinander gearbeitet hatten.
Schließlich konnte es ja nicht schlimmer werden, als ihr holpriger Start gegen die Öko-Aktivisten. Und Semir hatte wohl bemerkt, dass sie sich am Ende sogar ohne Worte verstanden hatte. Und das bedeutete verdammt viel in ihrem gefährlichen Job.
Trotzdem, wollte er eines gleich erst einmal klarstellen. „Wenn das mit uns klappen soll, dann müssen wir uns blind vertrauen.", betonte er und sah dann Brandt prüfend an. „Kriegen sie dass hin?"
Brandt's Antwort kam nach einer kurzen Pause „Klar.", entgegnete er nur und lehnte sich leicht auf dem Sofa zurück. Richtig beruhigen tat diese Antwort Semir's Zweifel ja nicht.
Sie war zu schnell und zu locker gekommen, und Semir wusste, dass für jemanden wie Brandt, Vertrauen nicht so einfach war. Doch Semir nickte nur leicht. Er hatte eigentlich nichts anderes erwartet.
Im Moment war es auch der falsche Zeitpunkt darauf einzugehen. Dafür war ihre Partnerschaft zu neu, und schließlich würden sie ja eine Weile Zeit haben, sich aufeinander einzustellen, wenn sie erst miteinander arbeiteten. Das Vertrauen würde dann hoffentlich mit der Zeit auch kommen.
Dann riss Brandt's Frage Semir aus seinen Gedanken. „Was ist denn mit Jenny?", erkundigte sich der jüngere Mann.
„Macht eine Fortbildung in New York.", antwortete Semir nur.
Brandt nickte nur, als ob die Antwort alles erklären würde.
Dann grinste er Semir schief an. „Sie haben schon wieder eine Frau verjagt", provozierte er verschmitzt.
Semir hatte absolut nicht mit diesem aufgeweckten, scherzhaften Kommentar gerechnet und wusste so schnell gar nicht was er darauf antworten sollte. Deshalb schüttelte er nur leicht fassungslos den Kopf und grinste über soviel Frechheit. Yep, mit dem Jungen würde er wirklich noch seine Freude haben.
In Zukunft würde er sich vor Brandt's scharfsinnigen Humor wohl etwas mehr in Acht nehmen müssen.
Erst dann viel Semir auf, das Brandt ‚Jenny' gesagt hatte, nicht ‚Frau Dorn'. Semir war sich gar nicht bewusst gewesen, dass die Beiden inzwischen schon beim ‚Du' waren. Die waren ja auch ganz schön angeeckt während dem Fall. Aber anscheinend hatten der junge Mann und Jenny inzwischen die Luft geklärt.
Allerdings war es jetzt höchste Zeit, dass er dem anderen Mann auch das ‚Du' anbot. Der Deutsch-Türke streckte seine Hand herüber zu Brandt. „Semir", meinte er nur.
Der jüngere Mann musterte Semir für einen längeren Augenblick. „Alex", entgegnete er dann einfach.
Erst jetzt wurde Semir so richtig klar, dass er jetzt einen neuen Partner hatte.
Einen misstrauensvollen, unsicheren Sturkopf mit einem scharfzüngigen Witz, verwundeten Herzen und messerscharfen Verstand, der es gewöhnt war sich allein durchzukämpfen.
Na, das konnte ja noch heiter werden.
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Lieben Dank noch einmal an alle, die mir und meiner kleinen Geschichte die Stange gehalten haben.
Wäre schön, wenn mir der ein oder andere zum Abschluss noch ein kleines Review da lassen würde. :-)