Etwas panisch faste Anna sich an die Kehle und holte immer wieder tief Luft, bis sie sich langsam beruhigte.

„Was war das"fragte sie noch sichtlich außer Atem.

„Sie leben"schrie Carl und fiel der noch etwas geschwächten Anna um den Hals.

„Au,.. ja Carl, aber nicht mehr lange wenn du mich so fest drückst"preßte Anna hervor.

„Oh Entschuldigung"sagte Carl etwas schuldbewußt.

Anna rieb sich noch immer etwas schmerzlich die Kehle und blickte sich um, da erspähte sie den schwachen, schwer atmenden Körper Helsings und stürzte auf ihn zu.

„Carl was ist mit ihm pasiert?" sagte sie und schaute Gabriel besorgt an. „Carl was ist mit ihm. Sag schon!Warum wacht er nicht auf. Ich weiß, daß ich ihm das Mittel rechtzeitig verabreicht habe"sagte Anna und strich Helsing die verschwitzen Haare aus dem Gesicht.

„Er ist auch wieder ein Mensch. Nur um dich zu retten hat er seine oder besser die Erinnerungen seiner Vorfahren wieder"sagte Carl und kniete sich zu Anna nieder. Seine blauen Augen sahen Helsing bemitleidend an.

„Wie meinst du daß"fragte Anna.

„Du warst tot. Helsing hatte dich getötet, als Werwolf natürlich. Er hat Gott verflucht und immer wieder gefragt warum und dann hat Gott zu uns gesprochen"sagte Carl und ihm kam die ganze Geschichte immer unglaubwürdiger vor, als wäre alles nur Einbildung gewesen und er versuchte das doch schnellstmöglich über die Bühne zu bringen.

„Gott hat zu euch gesprochen. Aber wie"fragte Anna und wußte nicht so recht ob sie Carl glauben sollte.

„Ein helles Licht war am Himmel und eine rauhe, warme Stimme sprach zu uns. Gott sagte, wenn er dich retten wolle, dann müsse er all die Erinnerungen der Taten seiner Vorfahren bekommen, da dies ein Fluch des Teufels war oder bzw. ist. Gleichzeitig könne jedoch eine Tat des Teufels ungeschehen gemacht werden. Und da der Werwolf ein Geschöpf des Teufels ist, konnte er deinen Tot ungeschehen machen und dich wieder zum Leben erwecken"sagte Carl.

„Aber warum wacht er nicht auf Carl"fragte Anna und ein leichter Anflug von Panik stand ihr in den dunklen Augen.

„So weit ich weiß sind das schreckliche Erinnerungen und sein Körper war ohnehin schon durch den Kampf und die Verwandlungen des Werwolfes geschwächt und nun das. Ich denke er ist einfach am Ende seiner Kräfte" sagte Carl und blickte wehmütig auf Helsing, der vor Schmerzen immer ein leises Stöhnen verlauten ließ.

„Wir können also nichts tun?" flüsterte Anna und ein trauriger Gesichtsausdruck umrahmte ihre noch traurigeren Augen.

„Nein vorerst wohl nicht"gab Carl wehmütig zu.

Die Minuten vergingen und der eisige Wind und der Schnee , bedeckten, daß Labor mit einer kleinen weißen Schicht.Eisige Kälte zog durch Draculas Versteck.

„Woher kommt diese Kälte?"fragte Anna schließlich, zitternd.

„Es könnte durchaus sein, daß dieses Versteck oder Gefängnis verschwinden soll, nach Draculas Ende. Zumindest war ich der Meinung etwas in dieser Art gelesen zu haben"sagte Carl und rieb seine Hände an einander. Der Ordensbruder hatte das Gefühl sein Blut wäre bereits erstarrt. Anna hatte ihm seine Kutte entrissen, damit der fast unbekleidete Helsing nicht erfror.

„Was heißt das, du hast etwas in dieser Art gelesen"fragte Anna leicht gereizt und funkelte Carl zornig und verständnislos zu gleich an.

„Im Turm deines Vaters habe ich etwas dieser Art gelesen, aber ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern"gab Carl zu und kratzte sich am Kopf.

„Verdammt Carl"fluchte Anna und hauchte ihre Hände an um sie etwas zu erwärmen.

Helsing hingegen zeigte langsam wieder Regung. Schwerfällig schlug er die Augen auf und sah an die Decke des Labors, von welcher feiner Staub rieselte. Langsam richtete er sich auf, sehr zur Freude der anderen Zwei Anwesenden.

„Gabriel wie geht es dir"fragte Anna und berührte Helsing sanft an der Schulter.

„Las das"sagte er ärgerlich und schlug Annas Hand beiseite.

Die junge Zigeunerprinzessin wich etwas schreckhaft zurück und blickte irritiert auf Helsing, der sich scheinbar unter Schmerzen an Stirn griff und die Augen schloß.

„Was ist mit dir"fragte Carl etwas besorgt.

„Nichts... nichts. Es geht mir gut"sagte er mit leiser, rauher Stimme und richtete sich auf. Die Mönchskutte spendete ein wenig Wärme, jedoch nicht viel. Die Schnittwunden, Prellungen und Splitter, die in seinem Körper steckten, schienen einen Schmerz zu erzeugen, der ihn fast ohnmächtig werden ließ. Wankend stand er schließlich auf eigenen Beinen und atmete tief ein. Die Kalte, eisige Luft brannte in seinen Lungen und schien ihm seine gerade erst einigermaßen wieder zurück erlangte Kraft zu nehmen. Schwerfällig stützte er sich an einem Pfeiler ab um nicht um zu kippen.

Anna wollte ihm helfen, seinen geschwächten Körper stützen, doch Helsing schob sie von sich weg. Die junge Zigeunerprinzessin schaute ihn mit Tränen in den Augen an. Sie verstand es nicht. Wut kam in ihr auf, sie haßt es wenn etwas nicht so lief, wie sie es gerne hätte.

„Warum läßt du dir nicht helfen?"fragte sie und trat vor Wut gegen einen Kasten mit Laborflaschen, welcher daraufhin geräuschvoll aus dem ohnehin schon zerstörten Fenster flog.

Carl schaffte es sich gerade noch rechtzeitig zu ducken. Und schaute etwas ängstlich zu Anna, die wütend und zornig auf Helsing zu ging. Sie sah ihm tief in seine Augen, als vermute sie dort die Antwort für sein seltsames Verhalten. Doch die trüben, müden Augen blickten sie nicht mal an, sondern wandten ihren Blick zu Boden. Anna hob die Hand und gab Helsing eine Ohrfeige.

"Was soll das"schrie sie und selbst Carl zuckte zusammen.

„Es ist besser wenn du dich von mir fern hältst"Sagte er scheinbar wütend, mit befehlerische Stimme und schleppte sich an ihr vorbei, zum Ausgang des Turmes.

„Kommt ihr oder habt ihr vor hier Wurzeln zu schlagen?"fragte Helsing, als er schließlich die Treppe erreichte, die vom Turm führt.

„Äh eigentlich nicht"sagte Carl und setzte ein unsicheres Lachen hinter her. Sein Blick schweifte kurz zu Anna hinüber, die den Eindruck erweckte äußerst verwirrt zu sein.

Außer Atem und mit wütendem Gesicht starrte sie abwechselnd Helsing und Carl an. Endlich hatten sie Dracula besiegt und eigentlich schien alles in Ordnung, doch scheinbar wäre dies zu einfach gewesen.

Carl zuckte ein wenig entschuldigend mit den Schultern und folgte Helsing, der bereits die Treppen hinab stieg. Die Schritte erfüllten den Turm während der Wind durch die zerstörten Fenster pfiff, und sanft durch die dunklen Haare Annas wehte.

Sie schüttelte verständnislos ihren Kopf und eine kleine, salzige Träne lief ihr die zarte Wange hinunter und tropfte lautlos auf den staubigen Boden. Sie strich sich sanft ein paar Strähnen aus dem müden Gesicht und schaute sich nochmals um. Ihr Blick schweifte zu dem großen zerstörten Fenster, an welchem Carl und Helsing mit Gott geredet hatten, zumindest versuchte sie es zu glauben.

„Danke Gott"flüsterte sie ironisch und mit wütender, erstaunlich dunkler Stimme.

Dann folgte sie den anderen Beiden aus dem Turm. Ihre Schritte hallten auf den Treppen wieder und ihr Atem erfüllte die kalte Luft mit nebelähnlichen Gebilden.

Nach scheinbar endlosen Minuten, die sie die Treppen hinunter gerannt waren, die sich im Kreis den Turm hinunter schlängelten, standen sie schließlich unten in der eisigen Kälte.

„Ähm ich will ja keinen in seiner momentanen Lage stören, aber wie kommen wir zurück"fragte Carl und begann sich räuspern.

„Durch den Spiegel Carl"sagte Helsing schroff und machte sich auf den Weg, durch den Zentimeter hohen Schnee.

„Aber ich wollte ja schon wieder zurück... nur irgendwie ging das nicht" gab Carl etwas schüchtern zu, worauf Helsing sich etwas wütend umdrehte.

„Und du hast nicht gedacht, daß es vielleicht besser wäre uns daß schon früher mit zu teilen Carl"fragte Helsing und versuchte seine Wut zu unterdrücken.

„Äh.. also ich... wollte...ja... irgendwie... ach ich hab es vergessen"gab Carl zu.

Helsing fuhr sich mit der Hand durch die langen dunklen Haare und gab ein hoffnungsloses Stöhnen von sich.

„Tja da hat der Herr Vampirkiller jetzt wohl auch keine Idee"sagte Anna nach einiger Zeit, in der Helsing fieberhaft nach einer Lösung gesucht hatte. Die Zigeunerprinzessin schaute Helsing herausfordernd an und zwang sich ein Lächeln ab, dieser jedoch drehte sich weg von Anna und tat so, als hätte er sie nicht gehört. Es irritierte Anna nur noch mehr, denn Helsing hatte immer die Konfrontation mit ihr gesucht und nun war ihm das scheinbar egal. Anna wußte nicht was schlimmer gewesen wäre, wenn Helsing sie haßte oder wenn sie ihm einfach egal gewesen wäre.

Zitternd, wütend und traurig ließ sie sich auf einen Stein sinken, dessen Spitze gerade noch aus dem Schnee heraus schaute. Der helle Mond schien sich im Schnee zu spiegeln, zeichnete gelbliche Gebilde auf ihm. Die Nacht so verregnet, so verschneit, schien genauso trostlos, wie ihre momentane Situation.

Annas Blick folgte Helsing, welcher hin und her ging, suchend nach einem Ausweg. Carls Kutte eng um seinen Körper geschlungen, das Gesicht ratlos, hektisch, die Augen glasig und traurig.

„Carl hast du nicht irgendwo etwas gelesen über diese Tür"fragte Helsing schließlich und hoffte inständig das Carl sich an irgend etwas brauchbares erinnern würde.

„Naja ich weiß, daß man Dracula dadurch her geschickt hat und das er nicht wieder zurück konnte. Es muß Etwas die Tür öffnen können, was Dracula nicht gekonnt hätte"sagte Carl und man sah ihm die Anstrengung dieser Überlegungen an, denn sein vorher blasses, durchgefrorenes Gesicht, wurde rötlich und verzog sich zu einem angestrengten Ausdruck.

„Also was können wir, aber Dracula nicht"sagte Helsing mehr zu sich selbst ,als zu Anna oder Carl.

„Also er hat kein Spiegelbild"sagte Carl „Und er hat kein Herz"fuhr er fort.

„Ich glaube es wird schwer sein der Tür begreiflich zu machen, daß wir ein Spiegelbild haben und ein Herz"sagte Anna bezweifelnd und gab sich keine Mühe ihre Trostlosigkeit und ihren Unmut über die Situation zu verbergen.

„Er kann ein Kreuz auch nicht länger als ein paar Sekunden halten"sagte Cal noch und zuckte mit den Schultern.

„Gut ich denke wir versuchen es einfach noch mal mit „Im Namen Gottes öffne diese Tür""sagte Helsing, der weder Carl noch Anna scheinbar zugehört hatte.

„Auch eine Möglichkeit"sagte Carl daraufhin und zuckte wieder gleichgültig mit den Schultern und folgte dann Helsing zur Tür durch die sie gekommen waren.

Anna ließ ihren Blick erst eine Weile traurig auf Helsing ruhen, bevor sie ihnen folgte.

Schließlich standen sie wieder vor der spiegelähnlichen Tür und für einen Augenblick blickten sie dieses außergewöhnliche Gebilde einfach nur an, als wären sie überwältigt.

Helsing streckte der Tür schließlich seine Hand entgegen und es war als würde er einfach nur einen Spiegel berühren, die glatte Oberfläche, so kalt.

Er holte tief Luft, als würde es ihn Überwindung kosten.

„Im Namen Gotte öffne diese Tür"sagte er und im selben Augenblick sackte seine Hand durch den Spiegel, wie sie es schon ein mal getan hatte